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Thursday, June 1, 2017

Kabul-Anschlag, Abschiebeprotest, Asylfehler - Ein Tag zeigt die ungelösten Konflikte der deutschen Flüchtlingspolitik

Kabul-Anschlag, Abschiebeprotest, Asylfehler: Ein Tag zeigt die ungelösten Konflikte der deutschen Flüchtlingspolitik
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Zu Hochzeiten der Flüchtlingskrise schienen die Behörden in Deutschland überfordert mit den vielen Schutzsuchenden. Die Bilder von Flüchtlingen, die in Bahnhöfen übernachteten oder im Freien vor Behörden anstanden, sind unvergessen. Aber inzwischen hat sich die Situation normalisiert.

Die Flüchtlinge sind untergebracht und die Flüchtlingsbehörde, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), arbeitet die Asylanträge ab. Auch die gesellschaftliche Debatte hat sich beruhigt. Zur Normalität gehört ebenso, dass regelmäßig Flüchtlinge abgeschoben werden, die nicht in Deutschland bleiben dürfen.

Doch der vergangene Mittwoch hat gezeigt, dass die Flüchtlings- und Asylpolitik auf wackeligen Beinen steht. Drei Ereignisse an diesem Mittwoch offenbaren noch immer ungelöste Konflikte:

Ereignis 1: Anschlag in Kabul mit mindestens 90 Toten

Bei einem Anschlag in der Nähe der deutschen Botschaft in Kabul wurden mindestens 90 Menschen getötet, darunter eine deutsche Diplomatin und eine afghanische Mitarbeiterin der Botschaft. Das Botschaftsgebäude wurde dabei schwer beschädigt. Seit 2016 ist es bereits der zweite schwere Anschlag, bei dem auch deutsche Diplomaten in Gefahr gerieten.

Das zeigt das moralische Dilemma der deutschen Afghanistan-Politik: Wenn nicht einmal die Mitarbeiter der deutschen Botschaft vor Anschlägen sicher sind – kann man dann guten Gewissens Menschen in dieses Land abschieben?

Die Bundesregierung beantwortet diese Frage weiterhin mit „ja“, die Bundeskanzlerin hat sich am Donnerstag gegen einen Abschiebestopp ausgesprochen. Der Anschlag hat die Sicherheitslage in Afghanistan nicht grundsätzlich verändert – sie war auch vorher schon verheerend, wie jeder in der Reise- und Sicherheitswarnungen des Auswärtigen Amtes nachlesen kann.

Aber die Bilder vom Anschlagsort zwingen Deutschlands Innenpolitiker, sich zu positionieren: Warum wird gerade die Abschiebung nach Afghanistan so forciert? Unter welchen Bedingungen würde man die Abschiebungen doch zeitweise aussetzen? Die Debatte ist noch lange nicht zu Ende.

Im Video: Aufnahmen zeigen, wie der Protest in Nürnberg aus dem Ruder läuft

Ereignis 2: Abschiebeprotest eskaliert an Nürnberger Berufsschule

Am selben Tag setzte die Polizei in Nürnberg die Abschiebung eines 20-Jährigen aus Afghanistan durch. Die Beamten wollten den jungen Mann dazu direkt aus dem Unterricht holen. Mehrere hundert Menschen, darunter Berufsschüler, versuchten mit einer Sitzblockade und einer spontanen Demonstration, die Abschiebung zu verhindern. Der zunächst friedliche Protest eskalierte später. Die Polizei berichtete, Einsatzkräfte seien mit einem Fahrrad und Bierflaschen beworfen worden, mehrere Polizisten seien dabei verletzt wurden. Die Polizei setzte ihrerseits Pfefferspray, Schlagstöcke und Hunde mit Beißschutz ein. Nach Polizeiangaben wurde kein Demonstrant dabei verletzt.

Natürlich ist es nicht in Ordnung, Polizisten zu attackieren und zu verletzen. Gleichzeitig zeigen die dramatischen Bilder aus Nürnberg aber eine Diskrepanz auf, die viele Menschen in Deutschland beschäftigt: Auf der einen Seite sollen sich Flüchtlinge integrieren, Deutsch lernen, sich so bald wie möglichen einen Job oder einen Ausbildungsplatz suchen.

Auf der anderen Seite wird ein junger Afghane, der genau das getan hat, aus dem Klassenzimmer heraus abgeschoben. Nun fragen sich viele Bürger: Wie passt die Forderung nach Integration mit der Abschiebung Integrierter zusammen? Die Frage ist ebenso legitim wie die Haltung von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und anderen Unionspolitikern, man müsse unangenehme Bilder von Abschiebungen aushalten, um geltendes Recht durchzusetzen.

Eine Sache, die uns Mut macht

Die Suche nach qualifizierten Arbeitskräften unter Flüchtlingen fällt Mittelständlern in Deutschland leichter als noch vor einem Jahr. Nur noch gut 23 Prozent der Unternehmen gaben in einer Umfrage der Wirtschaftsberatung Ernst & Young an, dass dies schwierig sei. 2015 waren es noch 43 Prozent. Das geht aus der Untersuchung hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Auch die Bedenken wegen der komplizierten Gesetzeslage während laufender Asylverfahren sind demnach zurückgegangen. Nur noch 34 Prozent der Befragten (Vorjahr: 58 Prozent) sehen das als Problem.

Dennoch glauben nur noch 45 Prozent der befragten Firmen, dass Flüchtlinge dazu beitragen können, den Fachkräftemangel zu mildern. Im Vorjahr waren es 55 Prozent. Vier von fünf Mittelständlern nennen mangelnde Deutschkenntnisse, fast jeder zweite (46 Prozent) Betrieb fehlende Qualifikation als Einstellungshindernis. Dabei beschäftigt inzwischen jeder sechste Mittelständler schon Flüchtlinge, 59 Prozent wären grundsätzlich dazu bereit. Nur etwa ein Viertel schließt das eher aus. (dpa)

Ereignis 3: BAMF muss Asylentscheidungen prüfen

Ebenfalls am Mittwoch gab Innenminister de Maizière bekannt, dass die Flüchtlingsbehörde BAMF bis zu 100.000 Asylentscheidungen der vergangenen zwei Jahre überprüfen muss. Dabei geht es um Fälle junger Männer bis 40 Jahre aus zehn Herkunftsländern.

Die Entscheidung ist eine Reaktion auf eine Stichprobe in Zusammenhang mit dem Fall Franco A.: Der mittlerweile unter Terrorverdacht stehende Bundeswehroffizier hatte sich als syrischer Flüchtling ausgegeben und erfolgreich Asyl beantragt. Nach Bekanntwerden des Falles hatte das BAMF 2000 Asylentscheidungen stichprobenartig überprüft.

Dabei wurden laut de Maizière keine vergleichbaren Fälle gefunden. Die Stichprobe habe aber gezeigt, „dass nicht in allen Fällen alle Vorgaben eingehalten worden sind“, sagte der Bundesinnenminister am Donnerstag. Dabei gehe es vor allem um Dokumentation und Vorschriften zur Qualitätssicherung, also eher um "Formmängel".

Das Ergebnis wirft Fragen auf. Vor allem danach, ob möglicherweise die Qualität der Asylentscheidungen unter dem Druck gelitten hat, die zahlreichen Asylanträge in angemessener Zeit abzuarbeiten.

mit Agenturmaterial

Video: Anfrage zeigt: Nur jeder zweite afghanische Flüchtling wird in Deutschland anerkannt

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