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Saturday, September 30, 2017

CSU-Chef kämpft mit Rücktrittsforderungen - Kleinlaut und blass: Horst Seehofer ist nach Wahlschlappe nicht wiederzuerkennen

CSU-Chef kämpft mit Rücktrittsforderungen: Kleinlaut und blass: Horst Seehofer ist nach Wahlschlappe nicht wiederzuerkennen
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Die historische Wahlschlappe kommt in einem ungünstigen Augenblick für die CSU, denn im Freistaat wird im nächsten Jahr ein neuer Landtag gewählt. Zwar wurde Seehofer erst im Frühjahr als Spitzenkandidat für die Wahl aufgestellt. Doch nach dem enttäuschenden Ergebnis bei der Bundestagswahl ist kaum vorstellbar, dass er sich halten kann. Und das sieht man ihm an.

Horst Seehofer zählt zu jenen Politikern, die bekannt dafür sind, einen ausprägten Spaß am Redewettstreit haben. Der 68-Jährige ist nie verlegen um einen rhetorischen Seitenhieb und verbale Sticheleien, selbst nicht in schwierigen Situationen. Doch 38,8 Prozent bei einer Bundestagswahl - das ist aus Sicht der Christsozialen, deren Verzweiflung normalerweise schon einsetzt, wenn sie die absolute Mehrheit verlieren, schlicht eine Katastrophe.

Schmallippig und ohne ironisches Mienenspiel

Schon die ersten Kommentare nach dem aus CSU-Sicht erniedrigenden Ergebnis ließen am Tag nach der Wahl erkennen, wie sehr der Ausgang der Bundestagswahl den CSU-Chef persönlich schockiert haben muss. 10,5 Prozent hatte die CSU im Vergleich zur Bundestagswahl 2013 eingebüßt, der geringste Wert seit 1949. Und er versuchte die Last auf mehreren Schultern zu verteilen, indem er im Plural sprach: „Wir haben verstanden“, sagte er schmallippig nach der Sitzung des Parteivorstandes - ganz ohne sein gewohntes ironisches Mienenspiel.

Schon vor dieser ersten Krisensitzung am Montag im Parteivorstand waren Rücktrittsforderungen aus bayrischen Landen laut geworden. Viele hatten daher mit eine Personaldebatte über Seehofer gerechnet. Teilnehmer berichteten, dass der CSU-Vorsitzende selbst gefragt habe, ob es jemanden gebe, etwas an der Parteiführung ändern wolle. Doch niemand solle sich auf diese Frage zu Wort gemeldet haben, hieß es.

Strafe für Schlingerkurs mit Merkel

Die Wähler in Bayern haben Seehofers Schlingerkurs in der Flüchtlingspolitik abgestraft. Monatelang hatte Seehofer mit wortgewaltigen Drohungen gegen CDU-Chefin und Kanzlerin Angela Merkel im Kampf um eine Flüchtlingsobergrenze gepoltert. Der CSU-Patriach, seit 2008 Ministerpräsident und auch Parteichef, drohte sogar mit einer Verfassungsklage, falls Merkel nicht einlenke. Am Ende war es dann nur einer, der nicht mal mehr verbal klagte, sondern auf CDU-Kurs einlenkte: Horst Seehofer.

Zwar versuchte Seehofer, mit zahlreichen Versprechen den Eindruck zu erwecken, dass er die Partei wieder auf Kurs zu bringen. Etwa, indem er versprach, offene Stellen an der "rechten Flanke" wieder zu schließen, ohne allerdings zu erklären, was genau er damit meinte. Doch durch seinen Auftritt nach der Sitzung der Landtagsfraktion am Mittwoch verstärkte er den Eindruck der Ratlosigkeit und Unsicherheit noch.

Im Video: ZDF-"Politbarometer" zeigt: Große Mehrheit ist unzufrieden mit Wahlergebnis

Fast fünf Stunden lang dauerte die Sitzung, an deren Ende ein sichtlich mitgenommener Ministerpräsident vor die Presse trat. „Der Schaden ist schon entstanden. Der ist nicht mehr auszuradieren“, sagte ein blass wirkender Parteichef auf eine Frage zum Ergebnis der Sitzung. Die Antworten kamen kleinlaut und mit langen Pausen, Seehofer rang sichtbar um Fassung. So sehr, dass ein Journalist verdutzt nachfragte: „Meinen Sie jetzt das Wahlergebnis oder die Rücktrittsforderungen?“ Nach einer weiteren, endlos wirkenden Pause schob der Ministerpräsident ausweichend nach, dass die letzten zwei Tage eine Belastung für die CSU gewesen seien.

Kronprinz Söder kann Zweifel an Loyalität kaum zerstreuen

Finanzminister Markus Söder, der schon länger als Seehofers Kronprinz gehandelt, von diesem allerdings nicht sonderlich favorisiert wird, hielt sich zwar auch nach dem Treffen der Fraktion zurück. Doch mit seiner Bemerkung, dass es wichtig für eine Partei sei, in „schwierigen Zeiten miteinander zu arbeiten“, konnte Zweifel aus dem Kreis um Seehofer kaum zerstreuen. Zweifel, dass er hinter einer Palastrevolte in der Fraktion stecke, obgleich es auch noch andere Interessenten für die Seehofer-Nachfolge gibt. Zwei Fraktionsabgeordnete hatte vor der Sitzung offen Seehofers Rücktritt gefordert.

Personaldebatten, so hat die Landtagsfraktion beschlossen, sollen erst auf dem CSU-Parteitag geführt werden, der am 17. und 18. November in Nürnberg stattfindet. „Ich habe jetzt da keinen Grund, da eine Neuorientierung vorzunehmen“, antwortete der CSU-Chef ungewohnt zögerlich und mit leerem Blick auf eine Journalistenfrage, ob er an seiner erneuten Kandidatur für den Parteivorsitz festhalte.

Ein Neustart mit Seehofer scheint mehr als fraglich

Doch wenn schon ein großer Teil der Stammwähler es dem Parteichef offenbar nicht mehr zutraut, die Geschicke der CSU zu lenken, dürfte dies für die Partei noch viel weniger der Fall sein. Denn die CSU will nicht nur schnell den schalen Nachgeschmack der größten Schlappe bei einer Bundestagswahl loswerden, wozu es einen glaubwürdigen Neuanfang braucht, für den Seehofer kaum noch stehen kann.

Der CSU stehen in Berlin auch zähe Koalitionsverhandlungen für das Jamaika-Bündnis bevor, bei denen ein Schlingerkurs wie jener von Seehofer bei der Flüchtlingsobergrenze nur hinderlich ist. Und zuletzt  geht es für die kleine Schwester der CDU auch um eine mögliche Neuordnung für den Landtagswahlkampf 2018.

Nach außen hat die CSU den Eindruck wahren können, dass eine Entscheidung über einen möglichen Generationswechsel an der Spitze von Partei und Bundesland auf Ende November vertagt wird. Doch intern könnte diese Frage schon früher geregelt werden. Zumindest, was eine Neubesetzung als Spitzenkandidat für die Landtagswahl 2018 betrifft.

Im Video: Tausende Parteieintritte: Ein Wahlverlierer profitiert am stärksten

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16 Reporter, 16 Bundesländer - Mecklenburg-Vorpommern - Vor lauter Wut auf Merkels Politik kommen einer Ur-Vorpommerin die Tränen

16 Reporter, 16 Bundesländer - Mecklenburg-Vorpommern: Vor lauter Wut auf Merkels Politik kommen einer Ur-Vorpommerin die Tränen
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„Ostsee 7 Kilometer“, steht in altdeutscher Schrift auf einem Schild am Ortseingang geschrieben. Hinter den Toren eines Hauses ist lautes Gebell zu vernehmen. Die beiden Deutschen Schäferhunde wirken wie Wachposten des mecklenburgischen Dorfes Jamel. Im Zentrum des Ortes steht ein Wegweiser. Neben Berlin zeigen die Schilder auch nach Königsberg und Braunau am Inn – der Geburtsstadt Adolf Hitlers.

Bereits nach wenigen Minuten ist klar – Jamel ist kein gewöhnliches Dorf.

Der 35-Einwohner-Ort liegt südwestlich der Hansestadt Wismar und ist für seine stramm rechten Einwohner bekannt. Die Dorfgemeinschaft um den Neonazi Sven Krüger bezeichnet sich selbst als „national befreite Zone“.

Vor einer Scheune mit der Reichkriegsflagge auf dem Dach werkelt der NPD-Politiker auf seinem Hof herum. Breite Schultern, tätowiert, der lange Bart ist zu einem Zopf zusammengebunden. Seine ganze Erscheinung flößt Respekt ein.

 „Die Köppe schreien nur am lautesten. Das zieht viele Menschen an“

Die ganzen AfD-Wähler seien nicht wirklich rechts, ist Krüger überzeugt: „Sie haben es nur satt, von denen da oben kontrolliert zu werden.“ Das sei ein Signal an die sogenannten Volksparteien. Von der rechtspopulistischen Partei halte er allerdings wenig: „Die Köppe schreien nur am lautesten. Das zieht viele Menschen an.“ Sein Kreuz hat er bei einer anderen Partei gemacht.

Deutschland deine Gesellschaft – 16 Reporter, 16 Bundesländer

Die Bundestagswahl hat gezeigt, dass ein Riss durch Deutschland geht. FOCUS Online nimmt das Wahlergebnis zum Anlass, mehr über Deutschland und die Deutschen zu lernen: Was waren ihre persönlichen Gründe für ihre Wahlentscheidung? Wo sehen sie Probleme, was sind ihre Wünsche und Hoffnungen? Um Antworten darauf zu finden, reisen 16 FOCUS-Online-Reporter eine Woche lang in die 16 Bundesländer.

Alle bereits veröffentlichten Geschichten finden Sie verlinkt am Ende dieses Beitrags.

 

Ein Ehepaar wehrt sich gegen das Nazi-Dorf

Auf der gegenüberliegenden Seite des kleinen Ortes wohnt ein aufgeschlossenes Ehepaar inmitten von 10 Katzen. Vor ihrem Haus thront ein fünf Meter hohes Mahnmal aus verkohlten Holzbalken. Ein letztes Überbleibsel ihrer alten Scheune, die im Jahr 2015 durch Brandstiftung zerstört worden war. Es war der Gipfel einer Serie von Straftaten gegen Familie Lohmeyer.

Auf die Frage, ob sie einen Rechtsruck in Mecklenburg-Vorpommern sehen, reagiert die Frau des Hauses Brigitte mit einem zynischen Lachen: „Hier ist der Rassismus salonfähig. Die ehemaligen DDR-Bürger haben es nie gelernt, mit fremden Nationen umzugehen. In einer Diktatur aufzuwachsen, bedeutet, Grenzen zu kennen. Vielen fehlt die Neugier aufs Neue.“

Ihr Mann Horst stimmt ihr zu: „Die AfD hatte leichtes Spiel. Die Menschen haben Angst. Angst bedeutet immer ein Mangel an Informationen. Da ist die Partei reingegrätscht und stieß auf fruchtbaren Boden.“

"Union und SPD können Chance nutzen, das Volk wieder auf ihre Seite zu ziehen"

Eine große Mitschuld sieht Familie Lohmeyer bei den etablierten Parteien. „Sie verfolgen die Vogel-Strauß-Politik – bloß nichts Unangenehmes ansprechen, um keine Wählerstimmen zu verlieren“, so die Meinung von Brigitte. Jetzt wo die AfD im Bundestag sitze, könnten Union und SPD die Chance nutzen, das Volk wieder auf ihre Seite zu ziehen. Sie sollen endlich mal Tacheles reden, so die ehemalige Hamburgerin. Die Lohmeyers glauben aber nicht wirklich daran.

Auch die Wähler müssen Verantwortung übernehmen: „Demokratie bedeutet, mitzumachen“, appelliert Horst. Seine Frau setzt den Gedanken fort: „Wer diese Möglichkeit nicht nutzt, hat kein Recht zu protestieren.“ Sie selbst haben sich eine gesellschaftliche Verantwortung auferlegt. Ihr Ziel: Menschen für die Demokratie zu begeistern.

 „Eigentlich müsste man alle Parteien komplett einstampfen“

Bei Kevin Geruschke hätten die Lohmeyers noch einiges an Arbeit vor sich: „Mitmachen? Das eigene Land gestalten? Wer das glaubt, ist vernebelt“, schnaubt der gelernte Bankkaufmann auf. Geruschke arbeitet in Teilzeit in einem Kiosk am Hauptbahnhof in Wismar. Das Geld reicht knapp für den Lebensunterhalt.

„Wenn ich hierbleiben will, muss ich damit rechnen, keinen Job zu finden.“ Er fühle sich wohl in der Hansestadt, doch Perspektive sieht er keine. Schuld seien die Politiker.

„Eigentlich müsste man alle Parteien komplett einstampfen und mit Menschen aus der Mitte der Gesellschaft neu gründen. Dann würde endlich etwas passieren.“ Nach einem kurzen Abschiedsgruß wendet er sich ab und bedient den nächsten Kunden.

 Die „Zurückgelassenen“ von Kamminke

Komplett den Glauben an Fortschritt verloren, haben die Menschen im äußersten Osten des Bundeslandes. Auf der Insel Usedom, kurz vor der polnischen Grenze, liegt das malerische Kamminke.

Möwen kreisen am Steg, der Duft von geräuchertem Fisch liegt in der Luft. Ein Touristenpärchen küsst sich auf einer Bank mit Blick auf die Ostsee. Harmonie pur – so scheint es.

An einem Metzgerwagen treffen sich die Bewohner der 300-Einwohner-Gemeinde. Der Einkauf ist gemütlich, die Menschen plaudern, lachen hin und wieder.

Doch als sie auf das Wahlergebnis angesprochen werden, verfinstern sich ihre Mienen kurz. „Was soll damit sein?“, fragt einer der Rentner und lässt keinen Zweifel daran, dass eine Antwort seiner Meinung nach überflüssig ist.

Die AfD war in der Gegend so stark wie sonst nirgendwo in Mecklenburg-Vorpommern. Mit 42,8 Prozent wurden die Rechtspopulisten hier klar stärkste Kraft. Direktkandidat Enrico Komning holte sogar 61 Prozent der 215 abgegebenen Stimmen.

Annemarie Ackermann redet nicht viel um den heißen Brei herum: „Ich wähle AfD.“, sagt die Fischverkäuferin. "Ich finde dieses Land zum Kotzen. Deutschland vergisst seine eigenen Leute. Kein Wunder, dass hier keiner mehr Kinder haben will“, klagt die 62-Jährige. „Die Politiker und vorneweg Angela Merkel sollten sich schämen.“ Bei diesen Worten schießen Tränen in ihre Augen.

Sie schluckt kurz und setzt dann mit brüchiger Stimme fort: „Das ist Wut, die mir im Halse stecken bleibt. Und dann wundern die sich, dass plötzlich AfD gewählt wird“. Sie sei nicht rechtsradikal, sie habe einfach nur den Glauben an die Politik verloren. Nach einem Schlaganfall fange sie nun wieder an zu arbeiten: „Was bleibt mir für eine Wahl. Ich war mein Leben lang Selbstständige. Da brauche ich jeden Cent für die Rente.“ Es seien die Ungerechtigkeiten, die sie so wütend machen. Noch einmal wischt sie sich eine Träne von der Wange.

"Ich konnte meiner Frau nie eine Hochzeitsreise schenken"

Die Meinung der Imbissbudenbesitzerin teilt auch Sven Hollatz. Der Besitzer eines kleinen Gasthofs baut gerade die Garage seines Hauses um. Auch er habe die AfD gewählt. „Wenn uns Sachen vorgeschrieben werden, werden wir bockig. Deutschland hat nicht so viel Geld, um jeden einzelnen Flüchtling aufnehmen zu können. Wurden wir gefragt, ob wir die haben wollen? Nein!“

Im Prinzip habe er nichts gegen Ausländer, sie müssen sich nur gut integrieren. Er habe immer CDU gewählt, doch die Partei wäre ihm heute zu liberal. „Die Obergrenze von diesem Seehofer – das finde ich ja schon einen guten Ansatz“, murmelt er. Wenn sich Merkels Partei an den Bayernplan der CSU annähern würde, könnten sie mit seiner Stimme wieder rechnen.

Ein Auto fährt rückwärts die Einfahrt hinauf. Ein Mann in schmutzigen Klamotten und Basecap steigt aus. Der selbstständige Bauarbeiter Raasch und sein Kumpel Sven sind sich einig: „Wir brauchen in der Politik einen Störfaktor. Das ganze System ist verfahren. Tafeln wachsen wie Pilze aus dem Boden. Es kann ganz schnell gehen, und dann stehe auch ich plötzlich dort und bettle um Essen.“ Er würde sich wünschen, dass die Abgeordneten auch mal eine Woche auf Hartz-IV-Niveau leben müssten: „Die würden zerbrechen, aber stattdessen bekommen sie ihre hohen Diäten. Für mich heißt Diät eigentlich, abzuspecken. Die bekommen jedoch Tausende Euros.“

Raasch hat die Hoffnung auf einen Wandel mittlerweile aufgegeben. Die Politiker müssten endlich mal ehrlich mit ihnen darüber sprechen, was sie wirklich beschäftigt. Sie seien doch der Motor der Gesellschaft. „Ich bin seit acht Jahren verheiratet. Bisher konnte ich meiner Frau nie eine Hochzeitsreise schenken. Dabei arbeite ich jeden Tag sehr hart, doch das Geld reicht hinten und vorne nicht.“

CDU-Mitglied greift Merkel an

Der Bürgermeister des kleinen Ortes Uwe Hartmann kennt die Sorgen seiner Gemeinschaft. Die Einwohner von Kamminke seien nicht rechts, sie fühlen sich nur ignoriert und zurückgelassen, sagt er.

Doch er ist sich sicher: Deren Hilferufe werden ohne Reaktion verstummen. „Wenn sich die Bundeskanzlerin einen Tag nach der Wahl hinstellt und sagt, sie wüsste nicht, was sie in Zukunft anders machen sollte, ist das ein fatales Signal an die Bevölkerung.“ Deutliche Worte von einem CDU-Mitglied.

Merkels Erfolg in ihrem Wahlkreis täuscht über die Realität hinweg

Zumindest in Merkels Wahlkreis „Vorpommern-Rügen – Vorpommern-Greifswald I“ kann sich die in der DDR aufgewachsene Kanzlerin auf ihre Anhänger verlassen. Zwar verlor sie 12 Punkte im Vergleich zu 2013, doch landete sie mit 44 Prozent immer noch deutlich vor dem AfD-Landesvorsitzenden Leif-Erik Holm (19,2 Prozent der Erststimmen).

Reinhard T. ist der Stolz sichtlich anzusehen: „Merkel hat es einfach drauf“, sagt der gebürtige Stralsunder freudestrahlend. Er ist sich sicher, sie wird die Deutschen bis zu ihrem Rücktritt so gut es geht vertreten. Jemand Besseres könnte es für die Bundesrepublik nicht geben. Mit diesen Worten steigt der junge Mann wieder auf sein Fahrrad und radelt davon.

"Merkel vergisst ihr Volk"

Wenige hundert Meter hat Regina Seidel-Otto eine ganz andere Meinung. Die 51-Jährige ist Hut- und Mützenmacherin. Sie besitzt einen kleinen Laden im Zentrum Stralsunds. Die Stimmung ist prächtig. Sie scherzt mit zwei Kunden und verabschiedet die beiden mit einer Lebensweisheit: Gehen Sie nie bei minus acht Grad ins Wasser und tragen sie dabei einen Badeanzug. Der wird steinhart. Lautes Gelächter.

Auch sie ist auf die Bundestagswahl nicht gut zu sprechen, doch es ist eine andere Art von Unmut als zuvor beim Fleischwarenhändler in Kamminke.

Ihr liegt das Thema sichtlich am Herzen, es ist keine Resignation, die aus ihr spricht. Vielmehr versteckt sich hinter ihrem traurigen Blick eine tiefe Enttäuschung, allerdings auch ein Fünkchen Hoffnung.

Merkel sei eine populäre Politikerin, die positiv für die Region sei, aber nicht für die Menschen, die dort leben. „Sie vergisst ihr Volk“, so die Hutmacherin. „Wir sind ein Bundesland, das wenig Kontakt zu Menschen hat, da alles so landläufig ist.“ Die Menschen würden deshalb besonders sensibel auf fremde Nationalitäten reagieren. „Sie haben Angst, dass ihnen das Wenige, was sie haben, auch noch weggenommen wird. Ich habe es zum Beispiel geliebt, ins Theater zu gehen. Wir haben demonstriert, Unterschriftenaktionen gestartet, doch es hat nichts genutzt, unser Theater fusionierte und Stellen wurden gekürzt.“

Diesen Fehler verzeihe sie den Landesvorständen nie. Dennoch kämpfe sie weiter. Jede Veränderung beginne mit kaum wahrnehmbaren Schritten: „Ich liebe die Menschen hier. Deshalb werde ich die Gegend nie verlassen. Ich versuche einfach die kleine Welt zu gestalten, die große politische Welt ist schon lange unantastbar.“

Alle Geschichten aus der Reihe "16 Reporter, 16 Bundesländer"

 

Im Video: 5 Mythen über den Norden, die Sie auf keinen Fall glauben sollten

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Katalonien-Referendum im News-Ticker - Hunderte strömen bereits zu den Wahllokalen in Katalonien

Katalonien-Referendum im News-Ticker: Hunderte strömen bereits zu den Wahllokalen in Katalonien
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Die Katalanen wollen am Wochenende über ihre Unabhängigkeit von Spanien abstimmen. Das spanische Verfassungsgericht hat das Referendum verboten, die Regierung ließ zuletzt hochrangige katalanische Politiker verhaften und Wahlurnen sowie Stimmzettel beschlagnahmen. Doch die Katalanen halten trotzig an ihrem Vorhaben fest. Lesen Sie alle aktuellen Entwicklungen im News-Ticker von FOCUS Online.

  • Am Sonntag wollen die Katalanen über ihre Unabhängigkeit von Spanien abstimmen
  • Die Zentralregierung in Madrid will das mit allen Mitteln verhindern
  • Wahlurnen und Stimmzettel wurden beschlagnahmt
  • Spanische Polizei nahm katalanische Regierungsmitarbeiter fest

Hunderte strömen bereits zu den Wahllokalen in Katalonien

Sonntag, 01. Oktober, 06.48 Uhr: Zum Auftakt des umstrittenen Referendums über die Unabhängigkeit Kataloniens haben sich bereits am frühen Sonntagmorgen hunderte Menschen vor den Wahllokalen versammelt. In der katalanischen Hauptstadt Barcelona, aber auch in den Städten Girona und Figueres strömten die Menschen zu den Abstimmungslokalen. Sie wollten die Wahllokale vor dem Zugriff der Polizei schützen und ihr Stimmrecht verteidigen, erklärten Wähler.

Die Zentralregierung in Madrid versucht mit allen Mitteln, die Abhaltung des von ihr als illegal bezeichneten Referendums zu verhindern. Die Polizei beschlagnahmte Stimmzettel und Abstimmungsunterlagen, katalanische Regierungsmitarbeiter wurden festgenommen und mehr als die Hälfte der rund 2300 Wahllokale geschlossen. Ein massives Polizeiaufgebot wurde mobilisiert, außerdem leiteten die Behörden der Zentralregierung Ermittlungen gegen die Bürgermeister Kataloniens ein, die das Referendum unterstützen.

Tausende Katalanen demonstrieren gegen Unabhängigkeit von Spanien

22.17 Uhr: Tausende Katalanen haben am Samstag in Barcelona gegen eine Unabhängigkeit von Spanien demonstriert. "Auch wir sind Katalanen", riefen die Menschen am Vorabend des von Madrid verbotenen Unabhängigkeitsreferendums. Sie schwenkten katalanische, spanische und Europaflaggen und forderten Haft für den Regionalpräsidenten Carles Puigdemont. Dessen Unterstützer demonstrieren immer wieder für die Loslösung von Spanien.

Obwohl viele Katalanen gegen eine Abspaltung der Region von Spanien sind, sind Demonstrationen von Unabhängigkeitsgegnern eher selten. Laut einer letzten Umfrage im Auftrag der Regionalregierung waren 49,4 Prozent der Katalanen gegen eine Unabhängigkeit,  41,1 Prozent dafür. Auch in zahlreichen anderen spanischen Städten fanden am Samstagabend Demonstrationen für die Einheit des Landes statt.

Spanische Zentralregierung blockiert Auszählungssystem in Katalonien

16.13 Uhr: Nach mehreren Maßnahmen zur Verhinderung des Referendums haben die spanischen Behörden nach eigenen Angaben jetzt auch das System zur Auszählung von Stimmen in der Region außer Betrieb gesetzt. Durch eine Blockade des elektronischen Systems habe man die von der Justiz verbotene Abstimmung "annulliert", sagte der Sprecher der Zentralregierung, Íñigo Méndez de Vigo. Mehrere Beamte der staatlichen Polizeieinheit Guardia Civil hatten zuvor am Samstag in Barcelona das katalanische Technologie- und Kommunikationszentrum aufgesucht, wo sich die Auszählungssoftware befindet. Dieser "weitere Schlag gegen die illegale Ausrufung" des Referendums sei "im Rahmen des Gesetzes erfolgt", so der Sprecher.

Der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy beteuerte mehrfach, das Referendum werde auf keinen Fall stattfinden. Madrid versucht, die Befragung mit allen Mitteln zu verhindern. In den vergangenen Tagen waren bei Dutzenden von Razzien bereits mindestens zwölf Millionen Wahlzettel sowie Millionen von Wahlplakaten und Broschüren beschlagnahmt worden. Viele Webseiten wurden gesperrt. Mehr als 4000 Angehörige der staatlichen Polizeieinheit Guardia Civil und der Nationalpolizei wurden nach Katalonienentsandt. Sicherheitskräfte riegelten Hunderte von Wahllokalen ab.

Mehr als 2300 Wahllokale geplant

11.51 Uhr: Mit der Verkündung der Abstimmungsdetails hat die Regionalregierung Kataloniens am Freitag zwei Tage vor dem umstrittenen Unabhängigkeitsreferendum der Zentralregierung die Stirn geboten. Am Sonntag würden 2315 Wahllokale öffnen, sagte der katalanische Regierungssprecher Jordi Turull am Freitag. Die Abstimmung finde zwischen 09.00 und 20.00 statt. Auch die Wahlurnen aus Kunststoff wurden erstmals öffentlich präsentiert. Die Abstimmung wurde vom Verfassungsgericht und von der Madrider Regierung verboten.

Insgesamt sind mehr als 5,3 Millionen Katalanen aufgerufen, über die Abspaltung der wirtschaftsstarken Region von Spanien abzustimmen.

Vor Unabhängigkeitsreferendum: Katalanen besetzen Wahllokale

Samstag, 30. September, 10. 48 Uhr: Katalonien bewegt sich im Konflikt um das für Sonntag angesetzte Unabhängigkeitsreferendum auf eine handfeste Konfrontation mit der Zentralregierung in Madrid zu. Unterstützer des Volksentscheids besetzten am Freitag in Barcelona mehrere als Wahlbüros vorgesehene Schulen. Das spanische Bildungsministerium reagierte mit einer Erklärung, wonach Schulleiter nicht von der Haftung für die entstehenden Folgen befreit seien. Madrid sieht das Referendum als illegal an.  

Die Aktivisten nahmen am Freitagabend zwei Schulen im Zentrum der Regionalhauptstadt Barcelona in Beschlag, wie Reporter der Nachrichtenagentur AFP beobachteten. Im Kurzbotschaftendienst Twitter wurden Bilder von weiteren Besetzungen veröffentlicht. Die Besetzer wollen offenbar verhindern, dass die Polizei die Wahllokale auf Weisung der Zentralregierung dicht macht.

Eltern kündigten an, dass sie die Nacht mit ihren Kindern in deren Schulen verbringen würden. In der Nacht zu Sonntag würden noch mehr kommen, versicherten sie. Die spanische Staatsanwaltschaft hatte die Polizei am Mittwoch angewiesen, alle voraussichtlichen Wahllokale zu schließen und zu blockieren.

Im Video: Spaniens Regierung geht hart gegen Katalanen vor: Droht jetzt ein Bürgerkrieg? 

pcl/mit dpa und AFP
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FDP-Chef nach der Wahl - Der Königsmacher: So bereitet Christian Lindner Jamaika-Verhandlungen vor

FDP-Chef nach der Wahl: Der Königsmacher: So bereitet Christian Lindner Jamaika-Verhandlungen vor
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Der Parteivorsitzende hat es geschafft. Mit 10,6 Prozent zur Bundestagswahl, das zweibeste FDP-Ergebnis nach vier Jahren außerparlamentarischer Opposition.

Aber der 38-jährige Spitzenkandidat ist auch ein bisschen selber geschafft. Am Montagabend zog er sich in seine Berliner Wohnung im Prenzlauer Berg zurück. Nach einem langen Nachwahltag sortiert er seine digitalen Unterlagen, durchforstet noch mal das Netz nach neuesten Informationen.

Via iPhone und iPad hat er seinen Arbeitsalltag fast papier- und bürolos gestaltet. Er ist der Digiman der FDP: „Ich bin fast immer unterwegs – in der Bahn, im Auto und Flugzeug. Meine Büros in Düsseldorf und Berlin habe ich in der Woche zwei Stunden gesehen.“

Doch jetzt nach der Wahl sucht er Ruhe und Besinnung in den eigenen vier Wänden. Der Wahlkampf hat ihn geschlaucht. Dennoch meldet sich bei Lindner sein Mobiltelefon fast unaufhörlich. Gut 250 SMS beantwortet der Chef-Liberale abends noch, Glückwünsche und Ratschläge trudeln ein.

Hektisches Telefonieren über Jamaika gibt es eher nicht. Mit CDU-Chefin Merkel hat er telefoniert und kurz mit CSU-Spitzen wie Alexander Dobrindt gesprochen. Mit Horst Seehofer jedoch noch nicht. SMS-Kontakte gibt es zu den Grünen-Spitzen und auch das eine oder andere Gespräch. Sondierungen will die FDP allerdings zunächst mit der Union ab 8. Oktober sich vornehmen.

FDP, Grüne und Union – kann das gut gehen?

Besorgt beobachtet die FDP-Spitze den Kampf innerhalb der Grünen, wer an der Verhandlungskommission teilnehmen darf. Auch zwischen CDU und CSU eskaliert die Lage über die künftige Ausrichtung, erkennt die FDP-Führung. Kanzlerin Angela Merkel wolle weiter keine Fehler einsehen und CSU-Chef Seehofer offene Flanken nach rechts schließen. Wie soll das gut gehen?

Doch selbst Lindners Stellvertreter Wolfgang „Jamaika“ Kubicki will sich zum Insel-Bündnis im Bund nicht drängen lassen. Sein Rat: „In der Ruhe liegt die Kraft.“ Wenn es nach den Gesprächen nicht funktioniere, sei das dann erklärbar und die Menschen würden es verstehen.

Vorerst zeigt sich Lindners FDP „gesprächsfähig“. Dieses Wort lässt der Parteichef immer wieder fallen. Er will konstruktiv bleiben und kein Verweigerer sein. Nach vier Jahren vom Wähler erzwungener Bundestagspause wird die FDP „jetzt die Lücke in der Mitte wieder füllen“, verspricht Lindner. Egal ob Regieren oder Opponieren – mit dem Startup-Unternehmen FDP ist Wirtschaftspolitik im Bundestag jetzt wieder verfügbar.

Denn der bei seinem Antritt jüngste FDP-Chef der Geschichte hat mit 38 Jahren noch Zeit. Er kann sich in vier Jahren Opposition weiter profilieren und auch das Ende der Ära Merkel getrost abwarten.

Lindner duldet keine Querschüsse

Inzwischen hält der Fraktionschef die Zügel fest in Hand. Im beigen Anzug mit Einstecktuch, weißem Hemd und tiefblauer Krawatte eröffnete Lindner zwei Tage zuvor ganz allein auf dem Podium im Saal 1 des Hans-Dietrich-Genscher-Hauses die konstituierende Sitzung seiner Fraktion. Sein Stellvertreter Kubicki schlägt ihn zur Wahl des Vorsitzenden vor. Das Ergebnis ist einstimmig.

In der Debatte macht der Fraktionschef schnell klar, wie der Laden läuft. Kakophonie gibt’s nicht. Der Thüringer FDP-Chef und neue Bundestagsabgeordnete Thomas Kemmerich machte gleich so eine Erfahrung. Er warnte vor der Sitzung laut vor einer Regierung mit Merkel: „Wer sich mit dieser Bundeskanzlerin ins Bett legt, kommt darin um.“

Lindner forderte Kemmerich prompt auf, sich vor der Fraktion dazu zu erklären. Eine Meinung könne man ja haben, aber sie so jedenfalls nicht äußern. Die FDP-Führung will einen Konfrontationskurs vermeiden. Am Ende der Sitzung gab Lindner Neuling Kemmerich die Hand mit der Bemerkung, er müsse den Hinweis sportlich sehen. Viele Fraktionsmitglieder wissen jetzt: Querschüsse wird ihr Chef nicht dulden.

„Jamaika wird für uns eine Todesinsel“

Jamaika ist innerparteilich umstritten genug. Selbst FDP-Granden wittern im Regierungsbündnis mit Union und Grünen eine explosive Mischung – wenn nicht sogar eine Falle. Schließlich besteht die neue Bundestagsfraktion fast zu zwei Dritteln aus Neulingen. Lindners FDP-Frischlinge im Sandwich zwischen den ausgebufften Schwarzen und Grünen? „Bloß nicht Jamaika, das wird für uns eine Todesinsel“, warnt ein erfahrener Spitzenliberaler.

Obendrein stimmt am Ende die FDP-Basis per Mitgliederentscheid über Jamaika ab und diese Koalition ist hier kein absolutes Wunschobjekt. Auch für den FDP-Chef nicht.

Für die Oldie-Generation der Grünen hingegen ist es nach der Abwahl 2005 die letzte Gelegenheit, wieder Ministerposten zu ergattern. Obendrein sähen viele Medienvertreter ihre Lieblingspartei die Grünen gerne wieder in Regierungsverantwortung.

Vor allem kann Merkels CDU gut mit den Ökos. Kanzleramtsminister Peter Altmaier und Parteichef Cem Özdemir sind seit der schwarz-grünen Pizzaconnection in Bonn ganz dicke. Auch Finanzminister Schäuble schätzt Özdemir aus Zeiten der Öko-Steuerreform in den neunziger Jahren. Gesundheitsminister Hermann Gröhe pflegt christliche Bande mit Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt.

Lindner weiß das genau. Im FOCUS-Interview (09/09/2017) bekannte er: Für ein Jamaika-Bündnis fehle ihm jegliche „Fantasie“. Das war vor der Wahl, jetzt nach dem sich die SPD verweigert, weitet sich etwas der Blick. Doch die FDP lässt sich nicht in eine Regierung zwingen, heißt es in der FDP-Spitze unisono. Dennoch wird Lindner Sondierungen mit Schwarz und Grün machen – auf Augenhöhe mit der Kanzlerin. Zwei, drei Runden, zur Not muss der Ball auch noch mal in die Hälfte der SPD gespielt werden. Trotz aller Verweigerung der Sozialdemokraten.

Über Jamaika sprechen – ja, aber Regieren?

Zuvor wird jedoch über Jamaika gesprochen. „Die FDP ist selbstverständlich zur Übernahme von Verantwortung bereit“, signalisiert der Parteichef vorsichtig. Lindners FDP der Vernunft will gestalten, aber nicht um jeden Preis. Sie macht Trendwenden zur Regierungsbedingung.

Deutschland brauche bezahlbare Energie durch mehr Marktwirtschaft statt weitere Öko-Subventionen und Kohlestromausstieg; geordnete Zuwanderung statt grenzenloser Aufnahme und zu großer Nachsicht bei Integrationsdefiziten. Genauso wie Steuerentlastungen für die Mittelschicht. Lindner will ein handlungsfähiges Europa statt eine Transfer-Union mit deutschem Geld. Und ein viertes Milliardenpaket für Griechenland gibt es auch nicht.

Wenn es für die FDP nicht möglich sei, solche Trendwenden in Sondierungen oder Verhandlungen zu erreichen, „dann ist unsere Rolle Opposition“, stellt Lindner klar. Christian Lindner jedenfalls wird sein Landtagsmandat in Nordrhein-Westfalen aufgeben, sobald sich der Bundestag am 24. Oktober zum ersten Mal konstituiert hat. Bis dahin ist er nur gewählter Chef einer Bundestagsfraktion in Gründung. Lindner würde sagen, eines aufstrebenden Startup-Unternehmens.

Im Video: Jamaika-Koalition – Christian Lindner dämpft die Hoffnungen

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16 Reporter, 16 Bundesländer - Bremen - "Das ist keiner aus dem Volk": Bremer kennen die Gründe für die SPD-Schmelze im Norden

16 Reporter, 16 Bundesländer - Bremen: "Das ist keiner aus dem Volk": Bremer kennen die Gründe für die SPD-Schmelze im Norden
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Nur dämmriges Licht fällt durch die Scheiben einer Kneipe direkt neben einem Einkaufszentrum in Bremen-Vahr. Obwohl sich die Sonne endlich durch die trübe Wolkendecke gekämpft und die 60er-Jahre-Bauten um die Gaststätte von ihrem grauen Schleier befreit hat, ist die Theke am Nachmittag bereits voll besetzt.

Die Vahr galt einst als Vorzeigeprojekt für urbanes Leben, dann als sozialer Brennpunkt. Heute wohnen viele Ausländer, junge Familien und Arbeiter in dem Stadtteil.

„Ich komme aus einer Arbeiterfamilie, da wählt man eigentlich die SPD“, sagt die 60-jährige Sylvia und nimmt einen tiefen Schluck aus ihrem Bierglas. Die blonde Frau mit der weichen, warmen Stimme arbeitet in der Kneipe. Eigentlich hat sie schon längst Feierabend, doch die Stammgäste haben sie noch zu einem letzten Bier überredet. „Der Schulz ist aber nicht der richtige Mann, das ist keiner aus dem Volk.“ Sie hat sich zum ersten Mal für die FDP entschieden, um frischen Wind in die Regierung zu bringen.

„Es herrscht doch Stillstand in der Regierung, wir brauchen Menschen mit Charisma und Visionen“, fügt Christian zwischen zwei Zügen aus seiner Zigarette hinzu. Der 53-Jährige ist Buchhändler, arbeitet zurzeit als Aushilfe – immer da, wo man ihn braucht. Er hat sich schwer getan mit dem Wählen. „Ich bin dann nach dem Ausschlussverfahren vorgegangen, da blieb nur noch die Linke übrig.“

Einen Platz weiter schüttelt Siegbert nur verständnislos den Kopf und murmelt in seinen grauen, buschigen Vollbart. Der 56-jährige Gerüstbauer hat die CDU gewählt – weil er das schon immer so gemacht hat. „Ich komme aus der DDR, da erinnern mich die Linken und die SPD zu sehr an die SED. Denen kann man doch nicht vertrauen.“

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Alle bereits veröffentlichten Geschichten finden Sie verlinkt am Ende dieses Beitrags.

„Die Regierung hat die Menschen vergessen“

In der Östlichen Vorstadt sehen das viele Menschen anders: Mit 22,25 Prozent erreichte die Linke in dem Szene-Viertel ihren höchsten Wert. Die engen Straßen im „Viertel“ sind gesäumt von schmalen Altbremer Häusern. Bars, Geschäfte und Cafés zwängen sich dicht nebeneinander. Im Vorgarten eines weißen Hauses mit einem Tattoo-Studio schneidet eine ältere Frau die Pflanzen.

„Uns in Bremen geht es gut, aber die Regierung hat die Menschen vergessen“, sagt die 64-jährige Kristina. „Die Politiker wissen doch gar nicht mehr, was in der Straßenbahn so los ist.“ Sie würden die gesellschaftliche Ungleichheit und wachsende Armut nicht sehen. Neben der Bildung und dem Niedriglohnsektor würde das vor allem die Rentner betreffen. Obwohl sie Jahre lang gearbeitet und zwei Kinder großgezogen hat, bekommt sie nur 800 Euro Rente. „Ich habe glücklicherweise ein wenig geerbt, daher geht es mir sehr gut. Aber andere Frauen haben nicht das Glück und müssen mit einer so kleinen Rente auskommen - das geht doch nicht“, sagt sie mit lauter Stimme. Ihr ganzer Körper richtet sich vor Aufregung auf.

Die Regierung habe es versäumt, den Menschen ihre Ängste vor der Armut zu nehmen. Daraus entstehe der Neid und der Hass – auch gegen Ausländer, der ihrer Meinung nach so viele Menschen von den großen Parteien zur AfD getrieben hätte. „Die Parteien müssen sich wieder auf ihre soziale Herkunft rückbesinnen und die christlichen Werte, für die sie stehen, umsetzen“, sagt sie. Sonst könne man ihnen nicht mehr vertrauen.

Im Video: "Wir wollen Veränderung": Parteiloser Bürgermeister sagt, warum er AfD wählte

Kein Vertrauen in die Regierung

Auch Angelika hat kaum noch Vertrauen. „Ich habe dieses Jahr das erste Mal seit 50 Jahren nicht gewählt“, sagt die 69-Jährige und fummelt nervös mit den Fingern an dem Brief, den sie gerade zur Post bringen will. „Die Politiker versprechen nur Dinge, die sie nicht einhalten können. Der Wahlkampf war verlogen.“

Die Menschen würden immer nur gesehen werden, wenn Wahlkampf ist, kritisiert die Rentnerin. „Ich habe einfach kein Vertrauen mehr in die Regierung.“ Die Politik müsse mehr auf den Menschen eingehen und die Politiker Zwischenmenschlichkeit vorleben. Dann könne sie sich auf vorstellen wieder zu wählen.

Die Wahlbeteiligung ist in Bremen im Gegensatz zu 2013 zwar um 3,4 Prozent gestiegen, liegt mit 72,2 Prozent jedoch unter der bundesweiten Wahlbeteiligung von 76,6 Prozent. Die SPD wurde trotz erheblicher Verluste mit 26,8 Prozent stärkste Partei. Die CDU kam hingegen nur auf 25 Prozent. Linke (13,5), AfD (10,0) und FDP (9,3) holten in Bremen deutlich mehr Stimmen als noch 2013. Die Grüne verlor hingegen 1,1 Prozent und kommt nur noch auf 11 Prozent.

Studiert, ausgebildet und arbeitslos

Auf einer feuchten Bank im Bremer Stadtteil Schwachhausen sitzt ein großer, junger Mann mit Cappy und liest ein Buch von Dan Brown. Dennis hat seine Mutter in ein Krankenhaus um die Ecke gebracht und wartet auf sie. Er ist SPD-Stammwähler.

„Die Wahlergebnisse sind nicht wirklich überraschend. Schulz hatte von vornherein keine Chance“, sagt der 35-Jährige. Die großen Parteien seien sich zu ähnlich geworden und Schulz habe kein Standing im Gegensatz zu Merkel gehabt. Trotzdem hat er die SPD gewählt. Sie stehen immer noch für soziale Gerechtigkeit, meint er.

„Die Politik muss jedoch mehr für den Arbeitsmarkt tun“, sagt der 35-Jährige mit lauter, fester Stimme und schiebt seine Brille nach oben. Dennis hat eine Ausbildung zum Industrie-Kaufmann, doch nachdem er immer nur Zeitarbeitsjobs hatte, entschied er sich noch mal zu studieren. Gebracht hat ihm das bisher wenig: „Ich räume zur Zeit Regale in einem Supermarkt ein. So versuche ich mein Leben zu finanzieren. Ich will dem Staat nicht auf der Tasche liegen, sondern für mich selbst sorgen.“ Fast 50 Bewerbungen hat er seit seinem Abschluss vor einem Jahr schon geschrieben.

Um Geld zu sparen, wohnt er noch zu Hause bei seinen Eltern im Burglesum, im Bremer Norden. „Das geht gar nicht. Ich bin ja schon 35 Jahre alt“, sagt Dennis. Er lehnt sich zurück und lacht kurz auf. „Doch bisher konnte ich mir das nicht leisten.“ Er sei zwar ein positiver Mensch, aber er habe gelernt nicht zu viel zu hoffen. Dennis reibt sich nachdenklich die Stirn unter der Cappy und sieht die Augenbrauen hoch. Plötzlich klingelt das Handy, seine Mutter ist fertig. „Ich habe morgen noch ein Vorstellungsgespräch. Wer weiß, was passiert“, sagt er lächelnd und steht auf. „Dabei kann mir keine Partei helfen.“

Alle Geschichten aus der Reihe "16 Reporter, 16 Bundesländer"

 

Im Video: "SPD hat versagt": Lübecker wählen nach 48 Jahren plötzlich CDU - aus guten Gründen

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Gastbeitrag von Frank Uekötter - Jamaika kann nur gelingen, wenn die Grünen auf das Umweltministerium verzichten

Gastbeitrag von Frank Uekötter: Jamaika kann nur gelingen, wenn die Grünen auf das Umweltministerium verzichten
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Koalitionsverhandlungen kreisen um ein Paradoxon. Sie dienen einerseits dazu, verschiedene Gruppen auf eine gemeinsame Linie zu verpflichten. Andererseits dienen sie auch der Abgrenzung, insbesondere dann, wenn es um die Vergabe der Ministerien geht. Wer die Spitze eines Ministeriums stellt, steht damit auch für ein bestimmtes Thema.

Feste Regeln gibt es bei der Verteilung der Ressorts kaum. Nur beim Umweltministerium kann man ziemlich sicher sein, dass es an die Grünen geht, wenn sie in eine Koalition eintreten. Es wirkt wie ein Naturgesetz, falls es so etwas in der Politik gibt. So steht es auch in einem Dokument aus Verhandlungskreisen, das unter der Woche zirkulierte.

In Zeiten der Ungewissheit klammert man sich gerne an Traditionen. Aber ein grüner Bundesumweltminister könnte sich für eine mögliche Jamaika-Koalition als fataler Webfehler erweisen. Das Umweltministerium ist nämlich nicht mehr, was es mal war, und Umweltpolitik erst recht nicht.

Über den Autor

Umweltministerium gab es 1986 erstmals im Bund

Umweltministerien wurden zunächst in den Ländern und 1986 auch im Bund gegründet, um den Bedeutungsgewinn der Umweltpolitik zu signalisieren. Damals waren Umweltminister im Konzert der Ressorts in erster Linie Bremser. Es ging vor allem darum, all das zu hinterfragen, was die Kollegen in den Ministerien für Wirtschaft, Verkehr, Forschung und Landwirtschaft so planten.

Auf diesem Wege konnte man tatsächlich eine Menge für Mensch und Natur erreichen, und ganz nebenbei ergaben sich damit für Umweltminister auch prächtige Chancen zur persönlichen Profilierung. Alle Parteien haben Spitzenpolitiker, deren Karriere von Umweltpolitik beflügelt wurde: Hans-Dietrich Genscher, Joschka Fischer, Klaus Matthiesen, Max Streibl, Edmund Stoiber, Klaus Töpfer, Angela Merkel.

Im Video: FDP-Chef versetzt Jamaika-Hoffnungen mit Aussage deutlichen Dämpfer

Heutige Umweltpolitik braucht flexible Manager

Aber nach ein paar Jahren hatten die Kabinettskollegen ihre Lektion gelernt, und Umweltpolitik drehte sich immer weniger um schlagzeilenträchtiges Opponieren und immer mehr ums kreative Gestalten. Energiepolitik, Landnutzungsplanung, Ressourcen schonende Produktion – da geht es vor allem um Kompromisse und kluges Abwägen. Heutige Umweltpolitik braucht flexible Manager, nicht Volkstribunen.

Das dokumentierte sich 2013, als das Bundesumweltministerium bei der Regierungsbildung die Federführung für die Energiewende an das Wirtschaftsministerium abgeben musste. Zuvor hatten sich Umwelt- und Wirtschaftsministerium heftige Scharmützel geleistet, als es nach Fukushima um die Neuausrichtung der Energiepolitik ging. Ähnliche Konflikte zwischen einem grünen Umweltminister und anderen Ressorts (vorzugsweise denen der FDP) wären in einer Jamaika-Koalition vorprogrammiert.

Naturschutz ist ein bürokratischer Moloch

Auch sonst bietet das Bundesumweltministerium für ambitionierte Politiker nicht mehr viele Möglichkeiten. Aus der Atompolitik, jahrzehntelang ein bewegendes Thema, ist seit Fukushima die Luft raus. Bleibt der Naturschutz. Der ist ein bürokratischer Moloch, wo außer ein paar netten Tierfotos nicht viel zu holen ist.

Deshalb wären die Grünen gut beraten, auf das Umweltministerium zu verzichten und Ressorts anzupeilen, in denen sie tatsächlich Zukunft gestalten können. Man könnte zum Beispiel an ein eigenes Ministerium für die Energiewende denken oder an Verkehr und Landwirtschaft. Da könnte man zeigen, dass Umweltpolitik viel mehr bieten kann als ein nörgeliges Dagegen.

Umweltressort einem heimatverbundenen Politiker lassen

Das Umweltressort könnte man unterdessen einem heimatverbundenen Politiker aus CDU oder CSU überlassen. Umweltpolitik aus Liebe zur eigenen Region, mit Leidenschaft und ohne Bürokratie – das wäre ein neues Projekt, bei dem die grünen Hipster aus der großen Stadt plötzlich blass aussehen könnten. Und politische Profilierung gehört bekanntlich zum Geschäft.

Video: Wirbel um internes Dokument: FDP und Grüne sollen Ministerien schon aufgeteilt haben

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Kleiner Parteitag - Grüne stimmen für Sondierungen über Jamaika-Koalition

Kleiner Parteitag: Grüne stimmen für Sondierungen über Jamaika-Koalition
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Die Grünen sind offen für erste Gespräche über eine Jamaika-Koalition. Der kleine Parteitag votierte für erste Sondierungsgespräche.

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Im Video: FDP und Grüne sollen Ministerien schon aufgeteilt haben - Parteien dementieren

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Atomstreit mit Kim-Regime - USA suchen direkte Gespräche mit Nordkorea

Atomstreit mit Kim-Regime: USA suchen direkte Gespräche mit Nordkorea
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Im Streit um die atomare Bewaffnung Nordkoreas stehen die USA nach den Worten ihres Außenministers Rex Tillerson in Kontakt mit Nordkorea, um die Möglichkeit von Verhandlungen über dessen Atom- und Raketenprogramm auszuloten.

Es gebe „Kommunikationskanäle nach Pjöngjang“, sagte Tillerson am Samstag bei einem Besuch in Peking. „Wir sondieren“, fügte er hinzu.

Tillerson berät sich derzeit mit der chinesischen Regierung, um das weitere Vorgehen der beiden Länder gegenüber Nordkorea zu besprechen. Sogar Staats- und Parteichef Xi Jinping empfing Tillerson, der zugleich den geplanten Besuch von US-Präsident Donald Trump im November in China vorbereitete.

Xi Jinping lobte dabei die „sehr guten Arbeitsbeziehungen und persönliche Freundschaft“, die seit seinem ersten Treffen mit dem US-Präsidenten im April in Trumps Golfclub Mar-a-Lago in Florida bestünden. Er gehe davon aus, dass Trumps erster Besuch in China „besonders, wunderbar und erfolgreich“ werde.

Mehr Informationen in Kürze auf FOCUS Online

Im Video: Es brodelt bedenklich – hat Kim Jong-uns Wasserstoff-Bombe einen Super-Vulkan geweckt?

flr/AFP/dpa
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Bundestagswahl 2017 im News-Ticker - Spitze der Grünen wirbt auf kleinem Parteitag für Jamaika

Bundestagswahl 2017 im News-Ticker: Spitze der Grünen wirbt auf kleinem Parteitag für Jamaika
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Bundestagswahl 2017: Die Regierungsparteien CDU/CSU und SPD haben deutlich verloren. FDP und AfD schaffen den Einzug in den Bundestag, letztere sogar als drittstärkste Kraft. Alle Informationen zur Bundestagswahl im Live-Ticker von FOCUS Online.

Alle Neuigkeiten und Stimmen hier im Live-Ticker:

Spitze der Grünen wirbt auf kleinem Parteitag für Jamaika

13.45 Uhr: Die Spitze der Grünen hat auf einem kleinen Parteitag für die geplanten Sondierungen über ein Jamaika-Bündnis geworben. Parteichef Cem Özdemir sagte bei dem Treffen in Berlin, die Grünen würden in die Gespräche geschlossen und in Verantwortung für jene Wähler gehen, "die ihr Kreuz bei Bündnis 90/Die Grünen gemacht haben". Er räumte zugleich ein, dass die Gespräche kompliziert würden.

Schließlich sei Jamaika eine "Konstellation, die sich keiner der Akteure so gewünscht hat", sagte Özdemir. Vehement trat er Spekulationen entgegen, es gebe bereits Vorabsprachen zu einem Jamaika-Kabinett. Es habe weder vor nach der Wahl Geheimtreffen gegeben. Der Parteichef bezog sich damit auf einen Pressebericht, demzufolge Grüne und FDP sich bereits getroffen und über Kabinettsposten beraten haben. "Wir werden uns durch solche Husarenmeldungen nicht auseinander dividieren lassen."

Ko-Parteichefin Simone Peter rief die Grünen auf, selbstbewusst in die Verhandlungen zu gehen. Die Grünen seien eine Partei, die werteorientiert sei und nicht machtorientiert. Deshalb würden sich die Grünen nicht "mit Plattitüden und Absichtserklärungen abspeisen lassen". Die Grünen müssten sich klar zum Grundrecht auf Asyl bekennen, fügte Peter hinzu. Sie forderte zudem ein Ende der auf Einsparungen ausgerichteten Austeritätspolitik in Europa. "Deshalb ist es für mich noch längst nicht ausgemacht, dass FDP-Chef Christian Lindner Finanzminister wird", sagte sie.

Am Samstagnachmittag wollen die Delegierten auf dem Länderrat formal über die Aufnahme von Sondierungen abstimmen und das 14-köpfige Verhandlungsteam dafür offiziell benennen. An der Spitze sollen Özdemir und Ko-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt stehen. Der Beginn der Sondierungen wird für die Zeit nach der niedersächsischen Landtagswahl erwartet, die am 15. Oktober stattfindet.

Kreuzberger Direktkandidatin warnt Grünen-Parteitag vor Zustimmung für Verhandlungen

Samstag, 30. September, 05.13 Uhr: Die direkt gewählte Kreuzberger Grünen-Politikerin Canan Bayram appelliert an ihre Partei, auf dem heutigen Grünen-Parteitag gegen die Aufnahme von Sondierungsgesprächen mit Union und FDP zu stimmen. "Ein Jamaika-Bündnis wäre ein Konjunkturprogramm für die AfD im Osten", sagte Bayram dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

"Die CDU hat massiv an die AfD verloren im Osten, die FDP ist dort nicht verankert und auch unsere Grünen-Ostverbände haben heftig verloren. Eine Jamaika-Koalition würde im Osten stark als westdeutsche Koalition empfunden", warnte die Berlinerin. "Wir Grüne müssen uns fragen, ob wir wirklich in eine Regierung wollen, die mit der stark polarisierenden Angela Merkel an der Spitze noch mehr Wähler der AfD in die Arme treiben würde", betonte Bayram.

Nach Ansicht der Grünen-Politikerin wäre die Macht der Grünen in einem Jamaika-Bündnis stark begrenzt. Zwar würden sich die Grünen in dieser Konstellation als einzige Partei links der Mitte verstärkt um die Lösung sozialer Fragen kümmern wollen. "Aber als kleinste Fraktion in diesem Bündnis wird das nicht möglich sein. Wir wären bloß das soziale Feigenblatt dieser Regierung", sagte Bayram dem RND.

Im Video: „Hinterhof-Jargon“ - Empörung nach „Fresse“-Spruch: Politiker zerpflücken Nahles nach Verbal-Entgleisung

glö/dn/dpa/AFP
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„Die Blauen“ - Petry droht Rechtsstreit bei möglicher Parteineugründung

„Die Blauen“: Petry droht Rechtsstreit bei möglicher Parteineugründung
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Sollte die ehemalige AfD-Politikerin Frauke Petry eine neue Partei unter dem Namen „Die Blauen“ gründen, droht ihr ein Rechtsstreit mit dem Nomos-Verlag. Das meldet das Nachrichtenmagazin FOCUS.

Hintergrund ist, dass der Verlag unter der Bezeichnung „Die Blauen“ juristische Studienbücher herausgibt. Eine Verlagssprecherin sagte gegenüber FOCUS, der Nomos Verlag habe zur Kenntnis genommen, dass unter dem Namen Frau Petry die Domain „dieblauen.de“ registriert worden sei. Diese Domain sei den vom Verlag für juristische Studienliteratur genutzten Domains „dieblauen.info“ und „die-blauen.info“ sehr ähnlich.

„Das wäre uns unangenehm“

Man müsse damit rechnen, dass Internet-Nutzer, die eigentlich zum Angebot des Verlages wollen, auf der Seite „dieblauen.de“ landen würden. Weiter sagte die Sprecherin: „Sofern diese Domain für eine politische Partei aus dem rechtspopulistischen Spektrum genutzt würde, wäre uns das unangenehm. Daher werden wir die Rechtslage gründlich prüfen und die weitere Entwicklung genau beobachten.“

Parteiinsider sehen hier eine Parallele zum AfD-Parteigründer Bernd Lucke, der nach seinem Austritt eine neue Partei unter dem Namen Alfa gegründet hatte. Nach einem Rechtsstreit musste sich die Partei in Liberal-Konservative Reformer umbenennen.

Im Video: AfD-Aderlass – nach Petry-Aus folgt nun die Rücktrittswelle

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Katalonien-Referendum im News-Ticker - Katalanen besetzen Wahllokale

Katalonien-Referendum im News-Ticker: Katalanen besetzen Wahllokale
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Die Katalanen wollen am Wochenende über ihre Unabhängigkeit von Spanien abstimmen. Das spanische Verfassungsgericht hat das Referendum verboten, die Regierung ließ zuletzt hochrangige katalanische Politiker verhaften und Wahlurnen sowie Stimmzettel beschlagnahmen. Doch die Katalanen halten trotzig an ihrem Vorhaben fest. Lesen Sie alle aktuellen Entwicklungen im News-Ticker von FOCUS Online.

  • Am Sonntag wollen die Katalanen über ihre Unabhängigkeit von Spanien abstimmen
  • Die Zentralregierung in Madrid will das mit allen Mitteln verhindern
  • Wahlurnen und Stimmzettel wurden beschlagnahmt
  • Spanische Polizei nahm katalanische Regierungsmitarbeiter fest

Vor Unabhängigkeitsreferendum: Katalanen besetzen Wahllokale

Samstag, 30. September, 10. 48 Uhr: Katalonien bewegt sich im Konflikt um das für Sonntag angesetzte Unabhängigkeitsreferendum auf eine handfeste Konfrontation mit der Zentralregierung in Madrid zu. Unterstützer des Volksentscheids besetzten am Freitag in Barcelona mehrere als Wahlbüros vorgesehene Schulen. Das spanische Bildungsministerium reagierte mit einer Erklärung, wonach Schulleiter nicht von der Haftung für die entstehenden Folgen befreit seien. Madrid sieht das Referendum als illegal an.  

Die Aktivisten nahmen am Freitagabend zwei Schulen im Zentrum der Regionalhauptstadt Barcelona in Beschlag, wie Reporter der Nachrichtenagentur AFP beobachteten. Im Kurzbotschaftendienst Twitter wurden Bilder von weiteren Besetzungen veröffentlicht. Die Besetzer wollen offenbar verhindern, dass die Polizei die Wahllokale auf Weisung der Zentralregierung dicht macht.

Eltern kündigten an, dass sie die Nacht mit ihren Kindern in deren Schulen verbringen würden. In der Nacht zu Sonntag würden noch mehr kommen, versicherten sie. Die spanische Staatsanwaltschaft hatte die Polizei am Mittwoch angewiesen, alle voraussichtlichen Wahllokale zu schließen und zu blockieren.

Im Video: Spaniens Regierung geht hart gegen Katalanen vor: Droht jetzt ein Bürgerkrieg? 

pcl/mit dpa und AFP
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Friday, September 29, 2017

Bundestagswahl 2017 im News-Ticker - Grünen-Frau warnt: "Jamaika-Bündnis wäre ein Konjunkturprogramm für die AfD im Osten"

Bundestagswahl 2017 im News-Ticker: Grünen-Frau warnt: "Jamaika-Bündnis wäre ein Konjunkturprogramm für die AfD im Osten"
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Bundestagswahl 2017: Die Regierungsparteien CDU/CSU und SPD haben deutlich verloren. FDP und AfD schaffen den Einzug in den Bundestag, letztere sogar als drittstärkste Kraft. Alle Informationen zur Bundestagswahl im Live-Ticker von FOCUS Online.

Alle Neuigkeiten und Stimmen hier im Live-Ticker:

Kreuzberger Direktkandidatin warnt Grünen-Parteitag vor Zustimmung für Verhandlungen

Samstag, 30. September, 05.13 Uhr: Die direkt gewählte Kreuzberger Grünen-Politikerin Canan Bayram appelliert an ihre Partei, auf dem heutigen Grünen-Parteitag gegen die Aufnahme von Sondierungsgesprächen mit Union und FDP zu stimmen. "Ein Jamaika-Bündnis wäre ein Konjunkturprogramm für die AfD im Osten", sagte Bayram dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Die CDU hat massiv an die AfD verloren im Osten, die FDP ist dort nicht verankert und auch unsere Grünen-Ostverbände haben heftig verloren. Eine Jamaika-Koalition würde im Osten stark als westdeutsche Koalition empfunden", warnte die Berlinerin. "Wir Grüne müssen uns fragen, ob wir wirklich in eine Regierung wollen, die mit der stark polarisierenden Angela Merkel an der Spitze noch mehr Wähler der AfD in die Arme treiben würde", betonte Bayram.

Nach Ansicht der Grünen-Politikerin wäre die Macht der Grünen in einem Jamaika-Bündnis stark begrenzt. Zwar würden sich die Grünen in dieser Konstellation als einzige Partei links der Mitte verstärkt um die Lösung sozialer Fragen kümmern wollen. "Aber als kleinste Fraktion in diesem Bündnis wird das nicht möglich sein. Wir wären bloß das soziale Feigenblatt dieser Regierung", sagte Bayram dem RND.

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Weißes Haus teilt mit - US-Gesundheitsminister Tom Price tritt zurück

Weißes Haus teilt mit: US-Gesundheitsminister Tom Price tritt zurück
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Das Weiße Haus kommt nicht zur Ruhe: Nun hat Gesundheitsminister Tom Price seinen Rücktritt bekanntgegeben. Price war unter Beschuss geraten, nachdem herauskam, dass er Regierungsflugzeuge für private Zwecke genutzt hatte.

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Im Video: Trumps Kulturbeirat tritt geschlossen zurück und schickt ihm versteckte Botschaft

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So kommentiert Deutschland: Schröder bei Rosneft - "Genosse der Bosse tanzt nun nach der Pfeife einer Autokratie"

So kommentiert Deutschland: Schröder bei Rosneft: "Genosse der Bosse tanzt nun nach der Pfeife einer Autokratie"
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Altkanzler Schröder hat sich in den Aufsichtsrat des russischen Ölkonzerns Rosneft wählen lassen. Mehr noch: Er wird Boss des Gremiums. Was für viele ein großer Aufreger ist, hält er für ganz normal. So kommentiert die Presse.

"Schröders Aufstieg in den Rosneft-Olymp macht ihn zum Feigenblatt"

"Landeszeitung": "Gerhard Schröder hat seine ganz persönliche Variante von 'Wandel durch Annäherung' gefunden. Als Aufsichtsratschef des sogar für russische Verhältnisse übel beleumundeten Energiegriesens Rosneft nähern sich des Altkanzlers Altersbezüge Summen an, die für russische Oligarchen normal sind. Was der Kreml von Schröder erwartet, ist klar: Lobbyismus. Sein Aufstieg in den Rosneft-Olymp macht ihn zum Feigenblatt.

Er soll verdecken, dass Putin Russland autokratisch führt, dass die demokratischen Institutionen Potemkinsche Papp-Fassaden sind, dass der geschürte aggressive Nationalismus nach Eroberungen wie der Krim oder wenigstens nach Siegen wie in Syrien verlangt, dass des Kremls digitale Destabilisierungs-Kolonnen im Westen die Demokratie verächtlich machen sollen. Schröders Instinktlosigkeit, den eigenen Nutzwert für den neuen Zaren nicht zu erkennen, schadet seinem Ansehen."

"Genosse der Bosse tanzt nun nach der Pfeife einer Autokratie"

"Hessische Niedersächsiche Allgemeine:" "Im Grunde haben sich die Herrn im Kreml den Mann ja gekauft. Der ewige Genosse der Bosse, soeben an die Spitze des Aufsichtsrats des Ölkonzerns Rosneft berufen, tanzt nun - lukrativ entlohnt - nach der Pfeife einer Autokratie, die der Welt eine Scheindemokratie vorgaukelt, Menschenrechte mit Füßen tritt und das Völkerrecht bricht. Wie konnte der Altkanzler so weit sinken? Ja, es ist sein Leben, wie er betont. Aber es ist auch das Amt des Kanzlers, das er im Nachhinein beschädigt. Und die Schäden für seine Partei sind da noch nicht eingerechnet."

"Schröder ist es egal, wie er in Deutschland wahrgenommen wird - solange das Geld stimmt"

"Mitteldeutsche Zeitung": "Rosneft wird vom Kreml kontrolliert und von Staatschef Wladimir Putin als Hebel für die russische Außenpolitik eingesetzt. Das weiß Alt-Kanzler Schröder natürlich, und deshalb muss man davon ausgehen, dass es ihm egal ist, wie er in Deutschland wahrgenommen wird. Solange das Geld stimmt. Das sei Schröder vergönnt. Es darf nur niemand an das von ihm selbst verbreitete Märchen glauben, er mache den Job, weil er zu einer sicheren Versorgung Deutschlands mit Energie beitragen will."

"Einzigartiger Bruch aller Regeln des politischen Anstands"

"Münchner Merkur": Anders als seine Berliner Genossen, die nach der Bundestagswahl ihre Regierungsposten los sind, hat Gerhard Schröder einen neuen Job. Einen ziemlich lukrativen noch dazu. Dass sich ein deutscher Ex-Regierungschef so unverblümt in den Dienst einer ausländischen Macht stellt, ist ein einzigartiger Bruch aller Regeln des politischen Anstands. Seiner Partei gibt Schröder noch immer gerne Ratschläge.

Einer lautete jetzt, die SPD solle die Tür für eine Fortsetzung der Großen Koalition nicht voreilig zuschlagen. Man darf darüber nachdenken, wer da sprach: Der ehemalige SPD-Chef? Oder Putins Handlanger, der bedauert, dass er über seine Partei nun nicht mehr Einfluss nehmen kann auf die deutsche Regierungspolitik?

"Noch nie ist ein Bundeskanzler so tief gesunken"

"Frankfurter Allgemeine Zeitung": Mit der Wahl zum Aufsichtsratsvorsitzenden des russischen Energiekonzerns Rosneft zieht Gerhard Schröder das Amt des Bundeskanzlers vollends in den Schmutz. Denn nicht als 'Botschafter' deutsch-russischer Beziehungen, auch nicht als Privatmann, sondern einzig als ehemaliger Bundeskanzler (...) muss er sich rechtfertigen. Ein ehemaliger Bundeskanzler ist nie mehr 'nur' Privatmann, genauso wenig, wie er das während seiner Amtszeit war.

Sich in einem Unternehmen an führender Stelle zu engagieren, das einer korrupten Autokratie hörig ist und Staatsverbrechen deckt, bedeutet nichts anderes, als sich rückwirkend an diesem Amt zu vergreifen. Schröder tut es dennoch. Es ist ihm egal, weil es seiner machohaften Feierlaune entgegenkommt - und natürlich: seinem Geldbeutel. Noch nie ist ein Bundeskanzler so tief gesunken.

"Aufgabe Schröders dürfte weniger die des Kontrolleurs sein, sondern die eines Feigenblattes"

"Mittelbayerische Zeitung": "Man könnte, wie Gerhard Schröder das beansprucht, die Wahl des Alt-Kanzlers in den Aufsichtsrat des Ölkonzerns Rosneft als Privatsache eines Rentners abtun. Aber das ist sie natürlich nicht. Der russische Konzern ist in den vergangenen Jahren unter Leitung des Putin-Vertrauten Igor Setschin von einer kleinen Ölfirma zum globalen Akteur aufgestiegen. Der russische Staat hält nicht nur viele Anteile an Rosneft, sondern der Konzern ist zugleich der größte Steuerzahler.

Er ist wirtschaftlich und politisch eine Macht. Die Aufgabe des Bundeskanzlers a.D. im Aufsichtsgremium dürfte nun weniger die des Kontrolleurs von Setschin sein, sondern die eines Feigenblattes. Dass sich der Putin-Freund als Fürsprecher der Aufhebung von Sanktionen und für das Akzeptieren der Annexion der Krim ausspricht, wird in russischen Medien gefeiert. In der SPD dagegen graust man sich."

Im Video: "561.000 Euro für Altkanzler-Büro und bald kassiert Schröder auch noch bei Rosneft"

nbu/dpa/ots
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CSU-Chef kämpft mit Rücktrittsforderungen - Kleinlaut und blass: Horst Seehofer ist nach Wahlschlappe nicht wiederzuerkennen

CSU-Chef kämpft mit Rücktrittsforderungen: Kleinlaut und blass: Horst Seehofer ist nach Wahlschlappe nicht wiederzuerkennen
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Die historische Wahlschlappe kommt in einem ungünstigen Augenblick für die CSU, denn im Freistaat wird im nächsten Jahr ein neuer Landtag gewählt. Zwar wurde Seehofer erst im Frühjahr als Spitzenkandidat für die Wahl aufgestellt. Doch nach dem enttäuschenden Ergebnis bei der Bundestagswahl ist kaum vorstellbar, dass er sich halten kann. Und das sieht man ihm an.

Horst Seehofer zählt zu jenen Politikern, die bekannt dafür sind, einen ausprägten Spaß am Redewettstreit haben. Der 68-Jährige ist nie verlegen um einen rhetorischen Seitenhieb und verbale Sticheleien, selbst nicht in schwierigen Situationen. Doch 38,8 Prozent bei einer Bundestagswahl - das ist aus Sicht der Christsozialen, deren Verzweiflung normalerweise schon einsetzt, wenn sie die absolute Mehrheit verlieren, schlicht eine Katastrophe.

Schmallippig und ohne ironisches Mienenspiel

Schon die ersten Kommentare nach dem aus CSU-Sicht erniedrigenden Ergebnis ließen am Tag nach der Wahl erkennen, wie sehr der Ausgang der Bundestagswahl den CSU-Chef persönlich schockiert haben muss. 10,5 Prozent hatte die CSU im Vergleich zur Bundestagswahl 2013 eingebüßt, der geringste Wert seit 1949. Und er versuchte die Last auf mehreren Schultern zu verteilen, indem er im Plural sprach: „Wir haben verstanden“, sagte er schmallippig nach der Sitzung des Parteivorstandes - ganz ohne sein gewohntes ironisches Mienenspiel.

Schon vor dieser ersten Krisensitzung am Montag im Parteivorstand waren Rücktrittsforderungen aus bayrischen Landen laut geworden. Viele hatten daher mit eine Personaldebatte über Seehofer gerechnet. Teilnehmer berichteten, dass der CSU-Vorsitzende selbst gefragt habe, ob es jemanden gebe, etwas an der Parteiführung ändern wolle. Doch niemand solle sich auf diese Frage zu Wort gemeldet haben, hieß es.

Strafe für Schlingerkurs mit Merkel

Die Wähler in Bayern haben Seehofers Schlingerkurs in der Flüchtlingspolitik abgestraft. Monatelang hatte Seehofer mit wortgewaltigen Drohungen gegen CDU-Chefin und Kanzlerin Angela Merkel im Kampf um eine Flüchtlingsobergrenze gepoltert. Der CSU-Patriach, seit 2008 Ministerpräsident und auch Parteichef, drohte sogar mit einer Verfassungsklage, falls Merkel nicht einlenke. Am Ende war es dann nur einer, der nicht mal mehr verbal klagte, sondern auf CDU-Kurs einlenkte: Horst Seehofer.

Zwar versuchte Seehofer, mit zahlreichen Versprechen den Eindruck zu erwecken, dass er die Partei wieder auf Kurs zu bringen. Etwa, indem er versprach, offene Stellen an der "rechten Flanke" wieder zu schließen, ohne allerdings zu erklären, was genau er damit meinte. Doch durch seinen Auftritt nach der Sitzung der Landtagsfraktion am Mittwoch verstärkte er den Eindruck der Ratlosigkeit und Unsicherheit noch.

Im Video: ZDF-"Politbarometer" zeigt: Große Mehrheit ist unzufrieden mit Wahlergebnis

Fast fünf Stunden lang dauerte die Sitzung, an deren Ende ein sichtlich mitgenommener Ministerpräsident vor die Presse trat. „Der Schaden ist schon entstanden. Der ist nicht mehr auszuradieren“, sagte ein blass wirkender Parteichef auf eine Frage zum Ergebnis der Sitzung. Die Antworten kamen kleinlaut und mit langen Pausen, Seehofer rang sichtbar um Fassung. So sehr, dass ein Journalist verdutzt nachfragte: „Meinen Sie jetzt das Wahlergebnis oder die Rücktrittsforderungen?“ Nach einer weiteren, endlos wirkenden Pause schob der Ministerpräsident ausweichend nach, dass die letzten zwei Tage eine Belastung für die CSU gewesen seien.

Kronprinz Söder kann Zweifel an Loyalität kaum zerstreuen

Finanzminister Markus Söder, der schon länger als Seehofers Kronprinz gehandelt, von diesem allerdings nicht sonderlich favorisiert wird, hielt sich zwar auch nach dem Treffen der Fraktion zurück. Doch mit seiner Bemerkung, dass es wichtig für eine Partei sei, in „schwierigen Zeiten miteinander zu arbeiten“, konnte Zweifel aus dem Kreis um Seehofer kaum zerstreuen. Zweifel, dass er hinter einer Palastrevolte in der Fraktion stecke, obgleich es auch noch andere Interessenten für die Seehofer-Nachfolge gibt. Zwei Fraktionsabgeordnete hatte vor der Sitzung offen Seehofers Rücktritt gefordert.

Personaldebatten, so hat die Landtagsfraktion beschlossen, sollen erst auf dem CSU-Parteitag geführt werden, der am 17. und 18. November in Nürnberg stattfindet. „Ich habe jetzt da keinen Grund, da eine Neuorientierung vorzunehmen“, antwortete der CSU-Chef ungewohnt zögerlich und mit leerem Blick auf eine Journalistenfrage, ob er an seiner erneuten Kandidatur für den Parteivorsitz festhalte.

Ein Neustart mit Seehofer scheint mehr als fraglich

Doch wenn schon ein großer Teil der Stammwähler es dem Parteichef offenbar nicht mehr zutraut, die Geschicke der CSU zu lenken, dürfte dies für die Partei noch viel weniger der Fall sein. Denn die CSU will nicht nur schnell den schalen Nachgeschmack der größten Schlappe bei einer Bundestagswahl loswerden, wozu es einen glaubwürdigen Neuanfang braucht, für den Seehofer kaum noch stehen kann. Der CSU stehen in Berlin auch zähe Koalitionsverhandlungen für das Jamaika-Bündnis bevor, bei denen ein Schlingerkurs wie jener von Seehofer bei der Flüchtlingsobergrenze nur hinderlich ist. Und zuletzt  geht es für die kleine Schwester der CDU auch um eine mögliche Neuordnung für den Landtagswahlkampf 2018.

Nach außen hat die CSU den Eindruck wahren können, dass eine Entscheidung über einen möglichen Generationswechsel an der Spitze von Partei und Bundesland auf Ende November vertagt wird. Doch intern könnte diese Frage schon früher geregelt werden. Zumindest, was eine Neubesetzung als Spitzenkandidat für die Landtagswahl 2018 betrifft.

Im Video: Tausende Parteieintritte: Ein Wahlverlierer profitiert am stärksten

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Es passt ins Bild: Nach dem Petry-Abgang will die AfD das parteiintern umstrittene Ausschlussverfahren gegen Petrys Widersacher Bjön Höcke offenbar ins Leere laufen lassen. Höcke führt den rechtsnationalistische Parteigruppe "Der Flügel" an.

Nach Recherchen von NDR, WDR und "Süddeutscher Zeitung" will die Partei das Parteiausschlussverfahren geräuschlos enden lassen.

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Im Video: Kurz nach Rückzug: Petry tritt gegen AfD nach und macht vielsagende Andeutung

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Kuba - Nach mysteriösen Krankheitsfällen - US-Regierung zieht Botschaftsmitarbeiter ab

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Nach mysteriösen Erkrankungen amerikanischer Diplomaten in Kuba zieht die US-Regierung mehr als die Hälfte ihres Botschaftspersonals von der Insel ab. Es häuften sich hier Gehörstörungen, Tinnitus, Schwindel und Schlafstörungen. US-Regierung geht nicht von einem Zufall aus.

Die Botschaft in Havanna solle offen bleiben, allerdings würden von dort keine gewöhnlichen Visa mehr ausgestellt. Das erklärten Regierungsvertreter am Freitag, die nicht namentlich zitiert werden wollten. Das Außenministerium warnte US-Bürger zudem vor Reisen nach Kuba.

Die Regierung in Washington reagiert damit auf Erkrankungen mehrerer Botschaftsmitarbeiter, hinter denen sie gezielte Attacken vermutet.

Mysteriöse Gehörschäden

In den vergangenen Monaten hatten mehrere Mitarbeiter in Havanna Gehörerkrankungen erlitten. Vermutungen gehen dahin, dass sie absichtlich Schall ausgesetzt waren. Die kubanische Regierung bestritt, etwas mit den Vorfällen zu tun zu haben.

Nach Darstellung des US-Außenministeriums wurden die ersten Fälle Ende 2016 bekannt. Mindestens 21 Menschen erkrankten demnach. Einige der Betroffenen hätten dauerhaft ihr Gehör verloren, erklärte ein Regierungsvertreter am Freitag. Andere Symptome seien Tinnitus, Kopfschmerzen, Schwindel und Schlafstörungen gewesen.

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Manchmal sind es keine großen Reden, sondern einzelne Sätze, die die Lage des Landes bestens beschreiben. In dieser Woche kamen sie aus allen Parteien und zeigen berechtigte Sorge, unerwartete Besonnenheit und fragwürdige Strategie.

Die politische Lage lässt sich gut an einigen markanten Sätzen dieser Woche beschreiben.

Horst Seehofer: „Wir haben verstanden“

Der CSU-Chef interpretiert das Wahlergebnis als Denkzettel für die Union insgesamt, vor allem als Absage an die Flüchtlingspolitik von Angela Merkel. Die Analyse ist richtig. Wer wollte, konnte schon im Wahlkampf hören, dass langjährige Anhänger mit der Union haderten, dass sie sich nicht ernst genommen fühlten und entschlossen waren, dieses Mal einer anderen Partei die Stimme zu geben – der FDP, aber eben auch der AfD. Sie versicherten, dass sie das schweren Herzens täten und wirkten dabei glaubhaft.

Doch die Analyse würde zu kurz greifen, wenn sie in der kompromisslosen Forderung nach einer Obergrenze endete. Denn zur Wahrheit gehört auch die Einsicht, dass nicht allein Merkels „Wir schaffen das“ ein Problem darstellte, sondern auch das permanente „Wir schaffen das nicht“ aus Bayern – und das, obwohl vor allem der Freistaat die Herausforderungen des Ansturms Hunderttausender bravourös gemeistert hat. Die verbalen Feindseligkeiten aus München in Richtung der Kanzlerin haben zur Verunsicherung beigetragen. Nachdem Seehofer ordentlich Misstrauen gegen die Schwesterpartei geschürt hatte, griff die Skepsis auch auf die CSU über. Die Folge daraus kann nur sein, dass die Union schnell zu einer gemeinsamen Linie zurückfindet. Insbesondere im Fall der Flüchtlingspolitik könnte diese in Richtung eines Einwanderungsgesetzes gehen, das die Zuwanderungsmöglichkeiten nach Deutschland umfassend neu regelt.

Angela Merkel: „Ich kann nicht erkennen, was wir jetzt anders machen müssten“

Das allerdings setzt ein Aufeinander-Zugehen voraus, das zu dem zweiten bemerkenswerten Satz dieser Woche führt. „Ich kann nicht erkennen, was wir jetzt anders machen müssten“, hat Angela Merkel am Tag nach der Wahl gesagt. Damit bezog sie sich explizit auf eine Frage nach dem Wahlkampf in der Rückschau. Diese Passage aus der Pressekonferenz konnte allerdings so viel Furore machen, weil man von Merkel den Eindruck haben kann, dass sie grundsätzlich so denkt. Ein paar Worte des Bedauerns gab es zwar, aber auch die vermittelten nicht das Gefühl, dass die CDU-Vorsitzende das schlechteste Wahlergebnis der Union seit 1949 irgendwie erschüttert hätte. Im Gegenteil. Das frühe Beteuern, man habe den Regierungsauftrag erhalten, klang wie eine Bestätigung, dass es in erster Linie darauf ankomme, die Kanzlerschaft zu sichern.

Doch darum geht es nicht allein. Es ist wichtiger denn je, dass die Union als bürgerliche Kraft breit aufgestellt ist und all ihre Wurzeln zum Tragen kommen – ihre liberalen, aber auch ihre christlich-sozialen und ihre wertkonservativen. Nach dem Einzug einer rechtspopulistischen Partei in den Bundestag ist die strategische Mehrheit im Parlament zwar nicht mehr links. CDU und CSU müssen jedoch wieder erstarken, um all denen eine Heimat zu bieten, die über ein gesundes Nationalbewusstsein hinaus für ein starkes Europa und eine weltoffene und aufgeschlossene Gesellschaft stehen. Das erfordert auch eine Debatte ohne Tabus – in CDU und CSU gleichermaßen. Und es erfordert auch, jüngere Politiker in die Verantwortung zu holen, selbst wenn sie bisweilen unbequem sind. Es gibt somit einiges zu erkennen, was anders gemacht werden müsste.

Wolfgang Kubicki: „Man muss verstehen, wo die Schmerzgrenze des anderen liegt“

Die Gespräche über ein neues Regierungsbündnis bieten dafür erste Gelegenheit. Denn die Politik muss neue Wege der Zusammenarbeit finden, was zu dem dritten Satz dieser Woche führt, der Beachtung verdient. „Man muss verstehen, wo die Schmerzgrenze des anderen liegt“, hat Wolfgang Kubicki von der FDP gesagt. Was wie eine Binsenweisheit klingt, ist längst nicht selbstverständlich. Doch in den bevorstehenden Verhandlungen über eine Jamaika-Koalition geht es nicht um die Durchsetzung von Maximalforderungen. Vielmehr kommt es darauf ein, Kompromisse zu finden, die allen Seiten die Möglichkeit bieten, vor der eigenen Anhängerschaft das Gesicht zu wahren.

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Cem Özdemir: „Deutschland muss gut regiert werden, vier Jahre lang"

Das wird ein hartes Ringen, weshalb auch niemand schnell mit einer Regierungsbildung rechnen sollte. Sorgfalt am Anfang ist allemal besser als ein schnelles Bündnis, das bei der ersten Belastungsprobe auseinanderbricht. Da gilt der vierte interessante Satz dieser Woche, der von Grünen-Spitzenkandidat Cem Özdemir kommt: „Deutschland muss gut regiert werden, vier Jahre lang. Stellen Sie sich mal vor, wir machen im Schnelldurchgang irgendwas, scheitern nach einem halben Jahr, dann ist die AfD doppelt so stark.“

Alexander Gauland: „Der Wahlkampf ist vorbei“

Schließlich kann man es drehen und wenden, wie man will: Die AfD ist die große Herausforderung dieser Legislaturperiode – für die Politik wie für die Medien. Ein fairer Umgang muss selbstverständlich sein. Dass die Neulinge im Parlament dabei unbequem sein werden, ist ihr gutes Recht. Genauso ist es das Recht aller anderen Fraktionen, darauf zu verweisen, dass die AfD eben nicht den Anspruch erheben kann, die Mehrheit zu repräsentieren. 87 Prozent der Bevölkerung haben diese Partei nicht gewählt. Deshalb kann sie sich nicht ihr Volk zurückholen, wie Spitzenkandidat Alexander Gauland am Wahlabend rief, als er ankündigte, Angela Merkel zu jagen. Doch sollte man auch hier auf einen auffälligen Satz aus dieser Woche verweisen: „Der Wahlkampf ist vorbei“, sagte Gauland am Montag und fügte an, der Bundestag verlange selbstverständlich eine andere Tonlage. Das lässt zumindest hoffen.

Andrea Nahles: „Ab morgen gibt’s in die Fresse“

Auch wenn die neue SPD-Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles mit ihrer derben Wortwahl nicht gerade für die gepflegte Auseinandersetzung sprach: „Ab morgen gibt’s in die Fresse“, ist hoffentlich nicht der Debattenstil im neuen sozialdemokratischen Selbstfindungsprozess.

Dietmar Bartsch: "Wenn wir jedes Mal fünf zulegen..."

Der Vollständigkeit halber muss nun auch noch ein Satz der Linken erwähnt werden. „Wir haben noch einmal fünf zugelegt. Wenn wir jedes Mal fünf zulegen, wissen Sie, wann wir die absolute Mehrheit haben: 2043“, sagte Fraktionschef Dietmar Bartsch und bezog sich auf fünf zusätzliche Mandate. Die Rechnung erschließt sich irgendwie nicht. Gut möglich, dass sie schlicht ein Pfeifen im Walde ist - aus der Sorge heraus, dass den Linken in den kommenden vier Jahren die am wenigsten beachtete Rolle zukommt.

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