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Monday, April 30, 2018

Interner Bericht - Bundesregierung will Kinder von deutschen IS-Frauen nach Rückkehr "deradikalisieren"

Interner Bericht: Bundesregierung will Kinder von deutschen IS-Frauen nach Rückkehr "deradikalisieren"
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Die Bundesregierung will Kinder deutscher IS-Frauen in die Heimat zurückholen. Das geht aus einem internen Bericht des Bundesinnenministeriums hervor

Dieser liegt der "Bild am Sonntag" vor. Ihm zufolge sollen die Kinder nach Rückkehr von Angehörigen und sozialen Einrichtungen betreut und "deradikalisiert" werden.

Laut Bericht sollen sich mindestens 270 Frauen mit deutschem Pass und ihren Kindern in den Kampfgebieten in Syrien oder im Irak aufhalten. Rund 50 Prozent der Kinder sind Geheimdiensterkenntnissen zufolge im Bürgerkriegsgebiet geboren. Insgesamt 980 deutsche Islamisten haben den IS bei Kampfhandlungen unterstützt. Von ihnen sind rund 170 getötet worden. Etwa ein Drittel ist nach Deutschland zurückgekehrt. Die Kinder der deutschen IS-Frauen sind rechtlich gesehen deutsche Staatsbürger.

Der Parlamentarische Innen-Staatssekretär Günter Krings sagte zu "Bild am Sonntag", dass beim G7 Innenministertreffen die deutsche Linie im Umgang mit Rückkehrern auf großes Interesse gestoßen sei. Sie beinhalte "Strafverfolgung vor Ort und in Deutschland, individuelle Gefahreneinschätzung vor allem bei Rückkehr deutscher Staatsangehöriger nach Deutschland und Deradikalisierungs- und Betreuungsangebote. Letzteres gilt insbesondere für zurückkehrende Kinder, für die ein Strafprozess nicht in Frage kommt.“

Im Video: Ösi-Regierungschef Kurz plant Kopftuchverbot für Mädchen in Kitas und Grundschulen

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Hugo Müller-Vogg: Das muss doch mal gesagt werden - Gewerkschaften sind Teil unserer Wirtschaftsordnung - trotz roter Fahnen

Hugo Müller-Vogg: Das muss doch mal gesagt werden: Gewerkschaften sind Teil unserer Wirtschaftsordnung - trotz roter Fahnen
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Es werden rote Fahnen wehen, Kampflieder erschallen und kräftige Worte fallen - Ausbeutung, Lohndrückerei, gierige Bosse, Steuerhinterziehung und den ganzen "asozialen Neoliberalismus". Beschworen werden die Kampfkraft der Arbeiter, ihre Solidarität, ihr Nein zu Krieg und Rassismus. Schließlich ist heute der 1. Mai, der Tag der Arbeit, der Kampftag der Gewerkschaften.

Markige Worte können freilich nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Gewerkschaften dasselbe durchmachen wie Parteien, Kirchen und andere Organisationen. In einer Gesellschaft von Individualisten lässt die Bereitschaft zum Engagement überall nach. Zählten die DGB-Gewerkschaften im Jahr 2000 noch 7,7 Millionen Mitglieder, so waren es Ende letzten Jahres nur noch knapp 6 Millionen. Und diese Abwärtstendenz hält an. Machtvolle Aufmärsche am 1. Mai - das war einmal.

Um mehr Arbeitnehmer für sich zu begeistern, flüchten sich die Gewerkschaften gerne in schrille Rhetorik und unrealistische Forderungen. In ihrem Aufruf zum 1. Mai verlangen sie schlichtweg die Abschaffung von Niedriglöhnen, Mini- und Midijobs. Künftig wegfallen sollen ebenso "Überstunden und Überlastung im öffentlichen Dienst". Auch schreckt der DGB nicht davor zurück, eine angebliche "Lohnlücke von 21 Prozent bei der Bezahlung von Frauen" anzuprangern, obwohl alle seriösen Untersuchungen zeigen, dass die tatsächliche Lohnlücke bei 6 Prozent liegt. Schließlich soll es Arbeitgebern verboten werden, "aus der Tarifbindung zu flüchten", das heißt Arbeitgeberverbände zu verlassen. Dass eine Zwangsmitgliedschaft in einem Tarifverband nicht mit dem Grundgesetz vereinbar wäre, stört offenbar niemanden.

Über den Autor: Hugo Müller-Vogg

Dr. Hugo Müller-Vogg ist Publizist und ehemaliger Herausgeber der FAZ.

Nun darf man bei den Gewerkschaften nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen. Es empfiehlt sich vielmehr, zwischen der Tarifpolitik einerseits und der Kampftag-Rhetorik zu unterscheiden. Dass sich die deutsche Wirtschaft im vergangenen Jahrzehnt so gut entwickelt hat und dass der Arbeitsmarkt boomt, geht auch auf die insgesamt vernünftige Tarifpolitik der Gewerkschaften zurück.

Ungeachtet manch klassenkämpferischer Töne dominiert bei den Gewerkschaften der Pragmatismus. Das zeigt sich unter anderem an ihrer Ablehnung eines bedingungslosen Grundeinkommens, wie es von linken Theoretikern, Teilen der Linken und der Grünen gefordert wird. Demnach soll jeder vom Staat 1.000 oder 1.500 Euro im Monat erhalten. Und arbeiten muss in diesem Freizeit-Paradies niemand mehr; das tut nur, wem die "Staatsknete" zu wenig ist. DGB-Chef Reiner Hoffmann hat jetzt davor gewarnt, "Menschen mit einer  Stillhalteprämie aufs Abstellgleis zu stellen". Auch der mächtige Vorsitzende der IG Metall, Jörg Hofmann, hat dem bedingungslosen Grundeinkommen eine klare Absage erteilt. Und schätzt richtig ein, dass die Menschen nicht glücklich wären, "wenn sie daheim sitzen und alimentiert werden".

Man kann an den deutschen Gewerkschaften vieles kritisieren. Aber sie sind ein wichtiger Teil unserer sozialen Wirtschaftsordnung. Denn wie es um Arbeitnehmer ohne gewerkschaftlichen Schutz bestellt ist, davon können die Beschäftigten in solchen Betrieben ein Klagelied singen, in denen es weder Tarifverträge noch Betriebsräte gibt, und der Verstoß gegen Gesetze eher die Regel als die Ausnahme ist.

"Pippi", "Bätschi", "in die Fresse": 90 Nahles-Sekunden! Wie will sie die SPD retten?

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Skandal um UN-Blauhelme - Schickten österreichische Soldaten Syrer in den Tod? „Hat es nahezu tagtäglich gegeben“

Skandal um UN-Blauhelme: Schickten österreichische Soldaten Syrer in den Tod? „Hat es nahezu tagtäglich gegeben“
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Im Fall der neun Syrer, die 2012 von österreichischen Blauhelmen am Golan offenbar nicht vor einem tödlichen Hinterhalt gewarnt wurden, hat die Staatsanwaltschaft Wien Ermittlungen aufgenommen.

Konkret werde geprüft, unter welchem Tatbestand das Vorgehen der Soldaten fallen könnte, sagte Behördensprecherin Nina Bussek dem „Standard“ am Montag (Online-Ausgabe).

Bereits Samstag hatte der österreichische Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ) wegen des Vorfalls eine Untersuchungskommission eingesetzt. Der Untersuchungsbericht werde Ende Mai vorliegen, sagte Ministeriumssprecher Michael Bauer der österreichischen Nachrichtenagentur APA.

„Nahezu tagtäglich“

Im Österreichen Rundfunk (ORF) erklärte Bauer, Vorfälle „in dieser Art“ wie Ende September 2012 habe es „nahezu tagtäglich gegeben“. Die österreichischen Soldaten seien damals auf dem Golan fast täglich Zeugen militärischer Handlungen einschließlich Toter und Verwundeter geworden, obwohl es eigentlich eine demilitarisierte Zone gewesen sei.

Ein von der Wochenzeitschrift „Falter“ am Freitag veröffentlichtes Video scheint zu zeigen, wie neun Syrer in einem Hinterhalt in einem Kugelhagel sterben. Die UN-Soldaten, die nur zu hören und nicht zu sehen sind, hatten den Vorfall vermutlich selbst gefilmt.

Im Video: Erschreckendes Video – schickten österreichische Soldaten syrische Polizisten in den Tod?

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Prozess gegen Flüchtlingshelfer - Er rettete tausende Menschen aus dem Mittelmeer – jetzt drohen ihm zehn Jahre Knast

Prozess gegen Flüchtlingshelfer: Er rettete tausende Menschen aus dem Mittelmeer – jetzt drohen ihm zehn Jahre Knast
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Auf der griechischen Insel Lesbos gilt Salam Aldeen als Legende: Mehrere tausend Menschen soll der irakischstämmige Däne aus dem Mittelmeer gerettet haben. Doch die griechische Justiz will ihn nun ins Gefängnis stecken – wegen angeblichen Menschenhandels. Am 7. Mai beginnt der Prozess.

Als Salam Aldeen das Foto des toten Flüchtlingsjungen Aylan Kurdi gesehen hatte, ließ er sein altes Leben hinter sich. Das Bild des ertrunkenen Zweijährigen, der mit rotem T-Shirt und Turnschuhen angespült am Strand lag, ging um die Welt. Auch Aldeen ließ es nicht kalt. Aldeen war in seiner Heimat Dänemark eigentlich Unternehmer – doch nachdem er sich über die humanitäre Krise vor Lesbos informiert hatte, flog er an seinem 33. Geburtstag auf die griechische Insel, um zu sehen, wie er dort helfen kann.

„100 oder 200 Boote pro Tag“

Sein Unternehmertum setzte Aldeen seitdem für die Zehntausenden verzweifelten Flüchtlinge ein, die aus Syrien, dem Irak, Afghanistan oder Afrika die gefährliche Überfahrt nach Europa auf sich genommen hatten. Zusammen mit Helfern mietete er ein Boot, rettete Flüchtlinge aus dem Wasser, organisierte Decken, Schlafplätze und Essen für die Neuankömmlinge. „100 oder 200 Boote pro Tag“ seien es gewesen, sagte Aldeen Anfang April bei einer Veranstaltung der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin, „unmöglich zu zählen“.

Griechenland hat er in all jener Zeit nur einmal verlassen – um weitere Helfer zu rekrutieren. Aldeen gründete die Organisation „Save Humanity“, die seitdem Flüchtlingshilfe auf Lesbos koordiniert. „Wir wollten nur helfen“, sagte Aldeen in Berlin.

„Versuchter“ Menschenschmuggel

Monatelang engagierte sich Aldeen auf Lesbos, doch in einer Nacht im Januar 2016 änderte sich alles. In jener Nacht sei ein Notruf via Whatsapp eingegangen, so erzählt Aldeen es heute, er und seine Crew hätten sich mit dem Rettungsboot sofort ins Wasser aufgemacht. Zwei überfüllte Boote seien liegengeblieben und vom Kentern bedroht, so habe es in der Whatsapp-Nachricht eines Flüchtlings geheißen.

Allein: Aldeen und seine Helfer fanden die Boote nicht. Die Ortsmarke aus der WhatsApp-Nachricht war nur ungenau. Immer weiter fuhr das Rettungsschiff auf die See hinaus – bis es plötzlich von einem Boot der griechischen Küstenwache angehalten wurde. Aldeen und seine Crew wurden verhaftet. Der Vorwurf: Menschenschmuggel. Sie sollen versucht haben, Flüchtlinge aus der Türkeinach Griechenland zu bringen.

Zwar haben die Helfer keine Flüchtlinge an Bord genommen und sind auch nicht in türkische Hoheitsgewässer eingefahren. Doch nach griechischem Recht ist schon der Versuch des Menschenschmuggels strafbar – und was als „Versuch“ gilt, entscheiden im Zweifelsfall die Behörden. Zwar existiert eine UN-Vorgabe, dass Helfer nicht wegen Menschenschmuggels belangt werden dürfen, wenn sie Leben retten. Verbindlich für die Mitgliedsstaaten ist diese Vorgabe aber nicht.

Systematische Einschüchterung?

Menschenrechtler kritisieren schon seit langem, dass Länder wie Griechenland und auch Italien auf diese Weise versuchen, Seenotretter einzuschüchtern. In einer Studie aus dem November 2017 zählte der britische Think Tank „Institute of Race Relations“ (IRR) europaweit 26 Fälle, in denen 45 Helfer angeklagt waren. „Der Raum für humanitäre Taten schrumpft in einer politischen Kultur, in der die Unterscheidung zwischen 'Uns' und 'Ihnen' sicherstellen soll, dass menschliche Solidarität an der Tür zu Europa endet“, hieß es in einer begleitenden Mitteilung.

Griechenland und Italien, die faktisch alleingelassen von den übrigen EU-Staaten einen Großteil der neuankommenden Flüchtlinge schultern, wollen so nachfolgende Migranten von der Überfahrt nach Europa abhalten, wenn sie sich nicht mehr auf eine Rettung durch Flüchtlingshelfer verlassen können.

Aber die Zahlen belegen, dass diese Annahme falsch ist: Eine Studie der University of London zeigte im Juni 2017, dass es keinen Zusammenhang gibt zwischen der Zahl von Flüchtlingshelfern und der Zahl von Menschen, die die gefährliche Überfahrt über das Mittelmeer wagen. Zumal die Zahl der Flüchtenden auch in jenem kurzen Intervall angestiegen war, in dem die EU ihr staatliches Seenotrettungsprogramm beendet hatte und private Initiativen noch nicht in die Bresche gesprungen waren. Die Zustände in den Heimatländern der flüchtenden Menschen sind der weitaus bedeutendere Faktor.

Aldeen saß zwischenzeitlich im Gefängnis, gegen eine Kaution von 10.000 Euro wurde er wieder auf freien Fuß gesetzt. Weil durch den EU-Türkei-Deal die Zahl der Flüchtlingsboote stark zurückgegangen war, ging Aldeen nach Nordgriechenland, um Flüchtlingen in den dortigen Camps zu helfen. Am 7. Mai beginnt der Prozess gegen ihn, laut „Team Humanity“ drohen ihm bis zu zehn Jahre Haft. Aldeen könnte sich irgendwo in der EU verstecken, aber er will zur Gerichtsverhandlung nach Griechenland reisen. Denn wenn es ein Verbrechen sei, Leben zu retten, sagte Aldeen bei der Heinrich-Böll-Stiftung, „dann bin ich ein Verbrecher.“

Im Video: Grünen-Chef fordert Bleiberecht für Flüchtlinge, die Pfleger werden wollen

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Pressekonferenz von Netanjahu - Israel: Haben Beweise für geheimes Atomwaffenprogramm im Iran

Pressekonferenz von Netanjahu: Israel: Haben Beweise für geheimes Atomwaffenprogramm im Iran
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Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu behauptet, sein Land habe Beweise für en „geheimes“ iranisches Atomwaffenprogramm. Sollten die Behauptungen stimmen, hätte der Iran damit das Atom-Abkommen mit der westlichen Welt verletzt – das US-Präsident Donald Trump bald aufkündigen könnte.

Auf einer Pressekonferenz am Montag sagte Netanjahu, der israelischen Regierung lägen 55.000 Seiten geheimer Dokumente vor, die belegen, dass der Iran seit dem Abschluss des Abkommens im Jahr 2015 getäuscht habe. Statt sich an den Atom-Deal zu halten, habe Teheran sein nukleares Waffenprogramm leidiglich an einen geheimen Ort verlegt. Israel habe das Beweismaterial mit den US-Geheimdiensten geteilt, die für die Echtheit der Dokumente bürgen könnten, sagte Netanjahu.

Mehr in Kürze auf FOCUS Online

Im Video: „Weggeworfene Generation“: Arche-Sprecher kritisiert Großteil der Hartz-IV-Eltern

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- "Nicht mit Glauben überfallen"

"Nicht mit Glauben überfallen"
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Jedes Jahr am 1. Mai treffen sich junge Christen in Altenberg, um ein Licht zu entzünden - für Diözesanjugendseelsorger Schwaderlapp ein attraktives Angebot der Jugendarbeit.

DOMRADIO.DE: Was ist das Altenberger Licht?

Tobias Schwaderlapp (Diözesanjugendseelsorger im Erzbistum Köln): Das Altenberger Licht hat in unserem Bistum eine sehr lange Tradition. Entstanden ist es nach dem Krieg, 1950 fand das erste Altenberger Licht statt. Altenberg ist weit über die diözesanen Grenzen hinaus schon seit den 1920er Jahren ein ganz wichtiger Teil für die Jugendpastoral in ganz Deutschland gewesen. Pfadfinderverbände haben sich hier gegründet, viele Gruppenleiterschulungen mit jungen Menschen aus dem ganzen Bundesgebiet haben hier stattgefunden.

1950 wollten die Jugendlichen dann ein Zeichen für den Frieden und die Versöhnung zwischen den Völkern setzen. Und sie haben dann das Altenberger Licht am 1. Mai etabliert. An der Osterkerze wird das Licht entzündet, dieses Licht wurde dann symbolträchtig in die Nachbarländer Polen und Frankreich gebracht. Ein kraftvolles Zeichen dafür, dass junge Leute Verantwortung für den Frieden in der Welt und die Versöhnung zwischen den Völkern übernehmen. Das ist heute nach wie vor genauso wichtig wie damals.

DOMRADIO.DE: Das Motto lautet in diesem Jahr "Wo bist du? Standort wird vermittelt." Was ist damit gemeint?

Schwaderlapp: Das Motto wird vom Initiativkreis des Altenberger Lichts gefunden, das sind einige junge Leute, die Feuer gefangen und die das Licht in sich brennen haben und das weiter geben wollen. Sie haben sich in diesem Jahr nach ihrem Standort gefragt, von dem aus sie aufbrechen. Aufbrechen hat ja nur Sinn, wenn man weiß, woher man kommt und wohin man möchte. Wo stehen wir im Glauben, im Leben?

In der Vigil am Vorabend wird dann das Licht entzündet und am 1. Mai dann entsendet. Die jungen Menschen nehmen dann am 1. Mai das Licht mit nach Hause in ihre Heimatgemeinden. Sie tragen diese Begeisterung und dieses kleine symbolhafte Licht in die Welt, in ihre Verbände, Familien und an die Krankenbetten. Dieses Licht wird durch die jungen Menschen ganz echt weitergegeben.

DOMRADIO.DE: Vor einem Jahr war das für Sie ein ganz besonderes Erlebnis in Altenberg. Wie war dieses erste Jahr im Amt?

Schwaderlapp: Es war ein unglaublich schönes, anstrengendes und abwechslungsreiches Jahr. Die Herausforderungen, die das Amt mit sich bringt, waren mir vorher nur rudimentär bekannt. Das macht es sehr reizvoll. Ich bin ja gleichzeitig auch Rektor von Haus Altenberg, das heißt, ich lebe zwischen zwei Welten. Das eine ist eher auf der Verwaltungsebene im Generalvikariat in Köln und das andere tatsächlich in Altenberg die direktere Jugendseelsorge.

Das reißt den Horizont auf für all die Dinge, die Kirche mit und für junge Menschen tut. Die Vielfalt der Angebote ist ja sehr groß, die offenen Türen, die Jugendsozialarbeit, die offenen Ganztagsschulen, die Jugend- und Verbandsgruppen. Diese Entfaltung der Jugendpastoral ist in meinen Augen beispielhaft. Und für mich sind all diese Begegnungen sehr bereichernd.

DOMRADIO.DE: War die Arbeit mit Jugendlichen immer schon ihr Ziel als Priester?

Schwaderlapp: Mit Sicherheit. Meine eigene Ministrantenzeit war sehr bereichernd. Und als junger Mensch hatte ich schon damals überlegt, was man für Gleichaltrige tun kann in der Pastoral.

DOMRADIO.DE: Wie empfinden Sie denn die Situation in der heutigen Zeit? Ist die Jugend offen für die Angebote und überhaupt den katholischen Glauben?

Schwaderlapp: Das Engagement in der Kirche war auch schon in meiner Jugend keine Selbstverständlichkeit. Wir haben also heute ein viel bewussteres Engagement der jungen Menschen, die sich entschieden haben. Ganz automatisch rutscht man da nicht mehr hinein. Es muss also die Möglichkeit geben, Kirche und Gesichter, die mit Kirche verbunden werden, kennenzulernen.

DOMRADIO.DE: Das heißt konkret?

Schwaderlapp: Das Altenberger Licht ist ein gutes Beispiel, wir stecken da viel Zeit und Liebe in die Vorbereitung und Durchführung. Wir wollen die Leute nicht mit dem Glauben überfallen, sie sollen erst einmal etwas Schönes, Verbindendes erleben, das mit dem Glauben zu tun hat. Es soll also ein attraktives Angebot sein, das inhaltlich gespeist und durchtränkt ist von diesem Glaubensbewusstsein, das uns alle so beflügelt.

Aber auch eine Offene Tür ist eine Möglichkeit, zu der Jugendliche und Kinder kommen, die eigentlich erst einmal gar nichts zu tun haben mit Glaube und Kirche. Sie suchen einfach Gesellschaft und eine Bleibe am Nachmittag. Auch dort erleben sie dann echte, authentische und gute kirchliche Mitarbeiter, die die Kinder nicht instrumentalisieren möchten, sondern zunächst einfach für diese Menschen da sein wollen. Darüber kommt dann oft auch der Kontakt zu Glaube und Kirche zustande.

Das Interview führte Hilde Regeniter.

Dieser Artikel wurde verfasst von domradio

*Der Beitrag ""Nicht mit Glauben überfallen"" stammt von DOMRADIO.DE. Es gibt keine redaktionelle Prüfung durch FOCUS Online. Kontakt zum Verantwortlichen hier.

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- "Stimmungsmache voller Hass und Rassismus"

"Stimmungsmache voller Hass und Rassismus"
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Nach einem tödlichen Messerangriff in Hamburg bekommt ein Pfarrer Drohbriefe. Der mutmaßliche Täter hat eine Zeit lang in seiner Kirche gelebt. Die Flüchtlingsbeauftragte der Nordkirche, Dietlind Jochims, beklagt den mangelnden Respekt vor den Opfern.

DOMRADIO.DE: Der mutmaßliche Täter des tödlichen Angriffs auf eine Mutter und ihre kleine Tochter in Hamburg vor einigen Wochen hat mal in der St. Pauli Kirche gelebt. Hat das Kirchenasyl in dieser Diskussion etwas zu suchen?

Dietlind Jochims (Vorstandsvorsitzende der ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche und Flüchtlingsbeauftragte der Nordkirche): Hier wird leider vieles vermischt. Mit dem Entsetzen über den Mord, der stattgefunden hat, hat das leider gar nichts zu tun. Auf St. Pauli wurde vor fünf Jahren Menschen in einer humanitären Notlage geholfen. Eine Gruppe von Geflüchteten drohte, mitten in Hamburg auf der Straße zu verelenden. Damals handelte es sich nicht um Kirchenasyl. Denn dafür gibt es bestimmte Voraussetzungen und Vorgehensweisen, und längst nicht jeder Aufenthalt in einer Kirche ist ein Kirchenasyl.

DOMRADIO.DE: Sie sind im ökumenischen Netzwerk Kirchenasyl. Versuchen die im Netzwerk Aktiven, die Hilfesuchenden einzuschätzen, ob die vielleicht irgendwann einmal straffällig werden könnten?

Jochims: Es findet natürlich eine sorgfältige Prüfung statt, was die Notlage und auch was die Perspektive nach einem Kirchenasyl angeht. Und es wird geschaut, ob jemand zu dem Zeitpunkt straffällig geworden ist. Aber die Frage, was in fünf oder zehn Jahren sein wird, wie sich ein Mensch im weiteren Laufe seines Lebens verhalten wird, die lässt sich nicht beantworten. Was für ein Menschenbild steckt dahinter, wenn man denkt, Menschen sind vorhersehbar nur gut oder schlecht?! Dass das nicht so ist, das wissen wir alle.

DOMRADIO.DE: Wie erleben Sie vor diesem Hintergrund die Debatte über den Hamburger Vorfall?

Jochims: Sie ärgert mich. Ich finde es in erster Linie furchtbar, wie wenig Anstand gegenüber den Opfern manche zeigen. Mich macht wütend, dass nicht einmal davor zurückgeschreckt wird, einen furchtbaren Mord zu instrumentalisieren. Es werden Zusammenhänge konstruiert, die es nicht gibt. Es wird polarisiert und gehetzt. In erster Linie gegen Geflüchtete, die als potenzielle Gewalttäter beschrieben werden. Gegen das Kirchenasyl - auch wenn der Mann, der jetzt zum Mörder wurde nie im Kirchenasyl war. Gegen die Kirchen - denen eine Mitschuld unterstellt wird. "Falsches Denken kann schlimme Folgen haben", heißt es da zum Beispiel. Es wird gehetzt gegen den Kollegen, der "Mörder" genannt wird. Das ist keine Betroffenheit über den Tod zweier Menschen, das ist Stimmungssache voller Hass und Rassismus.

DOMRADIO.DE: Sie sagen, Kirchenasyl ist immer eine offizielle aber nicht unbedingt öffentliche Sache. Was bedeutet das?

Jochims: Offiziell ist jedes Kirchenasyl, weil es nicht um etwas Verstecktes oder Geheimes geht. Den zuständigen Behörden wird immer umgehend Bescheid gegeben, wer sich wo in kirchlichem Schutz befindet. Das ist wichtig, um gemeinsam nach einer Lösung zu suchen. Aber öffentlich, im Sinne von Öffentlichkeitsarbeit oder Medienberichten, machen wir Kirchenasyle meist nicht. Das ist nur selten hilfreich bei der Suche nach Lösungen, und es könnte die Menschen im Kirchenasyl sogar gefährden.

DOMRADIO.DE: Glauben Sie, dass Fälle wie der aktuelle aus Hamburg dazu beitragen, dass Gemeinden ihr gewährtes Kirchenasyl noch weniger öffentlich werden lassen?

Dietlind Jochims: Kirchenasyl ist kein Verstecken. Und ich hoffe sehr, dass wir uns nicht schrecken lassen im Einsatz für Menschen in Not und für Menschenrechte. Ich denke, wir werden weiter umsichtig sein. Vielleicht ist aber auch zu überlegen, wie wir der Lautstärke und der gezielten Desinformation durch manche Berichterstattung offensiver entgegen treten. Das ist sicherlich etwas, das wir diskutieren werden.

Das Interview führte Hilde Regeniter.

Dieser Artikel wurde verfasst von domradio

*Der Beitrag ""Stimmungsmache voller Hass und Rassismus"" stammt von DOMRADIO.DE. Es gibt keine redaktionelle Prüfung durch FOCUS Online. Kontakt zum Verantwortlichen hier.

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Überangebot im Markt - Unter 5 Euro je Kilo: Spargel so günstig wie seit mehr als zehn Jahren nicht mehr

Überangebot im Markt: Unter 5 Euro je Kilo: Spargel so günstig wie seit mehr als zehn Jahren nicht mehr
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Der Spargelpreis ist vergangene Woche stark gesunken. Verbraucher bekommen die weißen Stangen so günstig wie seit mehr als zehn Jahren nicht mehr.

Noch Anfang April machten Meldungen die Runde, der deutsche Spargel sei dieses Jahr besonders teuer. Doch jetzt ist das Gegenteil der Fall: Die Spargelpreise haben zum Wochenanfang einen neuen Tiefstand erreicht. Am Montag kostet das Kilo Spargel im Raum München in einigen Supermärkten schon weniger als 5 Euro pro Kilo. An der Münchener Großmarkthalle wurde Spargel – je nach Qualität – zwischen zwei und sechs Euro pro Kilo gehandelt.

Damit ist Spargel so günstig wie seit mehr als einem Jahrzehnt nicht mehr: „Ich bin seit 25 Jahren im Geschäft. Aber dass Spargel so günstig war ist lange her – auf jeden Fall länger als zehn Jahre“, sagt Gerhard Dressel, Geschäftsführer der Ludwig Blendinger GmbH & Co. KG am Münchener Großmarkt. Noch vor zwei Wochen habe der Kilopreis am Großmarkt bei acht Euro und mehr gelegen. Langjährige Statistiken über den Spargelpreis führt Dressel jedoch nicht.

Warmes Wetter lässt den Spargel sprießen

Der Grund für den Preisrutsch ist ein Überangebot an Spargel, ausgelöst durch die warme Witterung der vergangenen Tage. „Die Bodenwärme lässt den Spargel schießen“, erklärt Josef Plöckl, erster Vorsitzender des Spargelverbands Südbayern in Schrobenhausen nördlich von München. Nachdem die klugen Spargelbauern bereits früher im Jahr zu hohen Preisen von den Junganlagen abverkauft hätten, werde nun die Ernte von den Daueranlagen in den Handel gebracht.

„Die Qualität ist gut, deshalb lässt sich der Spargel gut verkaufen“, sagt Plöckl. Allerdings sei der Preis „nicht der, den sich jeder wünscht“. Der Deckungsbeitrag der Spargelbauern liegt bei etwa fünf bis sechs Euro. Das entspricht ungefähr dem Preis, zu dem sie ihre Ernte selbst ab Hof verkaufen. Sollte der Großmarktpreis dauerhaft darunter liegen, bekommen die Bauern ein Problem. Doch dazu wird es nach Erfahrungen der Händler nicht kommen. „Sobald das Wetter etwas bedeckter wird, steigt der Preis wieder“, prophezeit Großmarkthändler Dressel.

Für Verbraucher heißt das: Sie sollten ihren Spargel am besten jetzt kaufen und genießen. Wer sich einen Vorrat anlegen will, kann auch das tun: „Man kann Spargel sehr gut einfrieren“, sagt Verbandschef Plöckl.

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Fakt & Fake - Wahrheiten der Woche mit Josef Seitz - Das Land ist verrückt geworden, wenn uns Kruzifix-Söder eine Woche lang beschäftigt

Fakt & Fake - Wahrheiten der Woche mit Josef Seitz : Das Land ist verrückt geworden, wenn uns Kruzifix-Söder eine Woche lang beschäftigt
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Kruzifix, geht das denn immer so weiter? Wobei: „Kruzifix“ an dieser Stelle nicht als Fluch oder Lästerei missverstanden werden sollte.

Es ist eher, so viel Gebrauchsanweisung für den Bayern und das Bayerische muss sein, ein Ausdruck bayerischen Verbal-Brauchtums, sozusagen ein Stück der von Ministerpräsident Markus Söder verteidigten Kultur in den Traditionsfarben Weiß-Blau. Womit wir natürlich auch schon beim Thema sind. Unser Land ist endgültig verrückt geworden.

In München hängt Markus Söder ein Kreuz an die Wand. Dieser Satz hat in seiner Schlichtheit nicht ganz zufällig den Sound des anderen Belanglos-Klassikers: In China fällt ein Sack Reis um. Trotzdem beschäftigt der Kruzifix-Söder seit einer Woche die öffentliche Diskussion. Von Juni an soll im Eingangsbereich jedes öffentlichen Gebäudes in Bayern ein Kreuz hängen.

Über den Autor - Josef Seitz

Politik ist viel mehr als das, was Politiker sagen. Davon ist Josef Seitz überzeugt. Er hat eine Regionalzeitung geleitet und ein Medien-Fachmagazin, war in der Chefredaktion einiger der großen Fernsehzeitschriften, Ressortleiter und Textchef beim Nachrichtenmagazin FOCUS. Für FOCUS Online begeistert er sich für das, was Politik auch sein kann: ein Thema, das alle angeht.

Relevant eigentlich nur für den Berufsstand der Kreuzschnitzer

Dieser Ministerratsbeschluss hat Relevanz eigentlich nur für Kreuzschnitzer, die ein ungeahntes Umsatz-Plus vor Augen haben dürften, dazu für Hausmeister, denen überraschende Mehrarbeit ins Haus steht. Und natürlich für Wahlkämpfer. Vor der Leistung des Wahlkämpfers Söder lässt sich der Hut ziehen, auch die Kippa. Denn ihm ist es gelungen, die Wertediskussion dorthin zu lenken, wo sie wirklich keinem wehtun dürfte: an die Wände öffentlicher Gebäude in Bayern. Und dort ist sie nun eben genau das: an die Wand gefahren.

22,5 Millionen Menschen in Deutschland haben ausländische Wurzeln. Jeder fünfte Deutsche läuft also Gefahr, von anderen Deutschen ausgegrenzt zu werden. Da hatte die AfD durchaus ihre Berechtigung und Funktion. Vielleicht haben wir sie gebraucht als eine Art Impfung fürs Immunsystem.

Nehmen wir die Wahlkämpfer nicht allzu ernst...

Sie hat den Volkskörper auf Touren gebracht, hitzig und mit ein paar kurzen Fieberschüben. Jetzt muss er sich neu sortieren und neu bestimmen. Und wird danach robuster als zuvor in die Zukunft gehen können. Sagen wir ja sagen zu Identitäten und Nein zu Radikalismen, ächten wir Ausschwitz-Rapper und seien wir uns einig, dass eben nicht nur der Döner und die Pizza zu Deutschland gehören, sondern auch die Menschen, die sie uns servieren.

Und nehmen wir die Wahlkämpfer nicht allzu ernst, denen es ja doch nicht wirklich um das Kreuz an den Wänden geht, sondern um das Kreuzchen auf den Wahlzetteln. Wobei: Wenn schon der Münchener Kardinal Marx, immerhin Vorsitzender der deutschen Bischofskonferenz, das von der CSU aufgehängte Kreuz als vom Staat enteignetes Kreuz ablehnt, dann ist es an der Zeit, einen Schritt weiter zu denken.

Selten waren Zweifel so sehr angebracht, ob Religionen – oder zumindest das, was die Menschen aus ihr machen und sie aus den Menschen machen kann – unsere Welt zu einer besseren werden lässt. Jesus selbst wird zitiert, dass er sich für eine klare Trennung aussprach. „Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser, und Gott, was Gott gebührt“, sind seine Worte überliefert. Machen wir Schluss mit Symbolpolitik!

Video: Söder unterstützt in Seehofer: "Wir wollen keine islamischen Feiertage einführen"

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Angespitzt - Kolumne von Ulrich Reitz - Wir müssen Erdogan Wahlkampfauftritte in Deutschland erlauben

Angespitzt - Kolumne von Ulrich Reitz : Wir müssen Erdogan Wahlkampfauftritte in Deutschland erlauben
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Wir sollten den türkischen Präsidenten und die Seinen hier reden lassen - und dann den direkten Schlagabtausch mit ihm suchen.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan zieht die Wahlen in seinem Land um ein Jahr vor und natürlich wird ein heftiger türkischer Wahlkampf auch in Deutschland stattfinden, schließlich sind hier für ihn mehr als 1.5 Millionen Stimmen zu holen. Deutsche Politiker, von ganz links bis ganz rechts, wollen mit aller Macht verhindern, dass türkischer Wahlkampf in deutschen Städten abgehalten wird.

Teils, weil sie Erdogan ablehnen, vor allem aber, weil die Bilder mit Tausenden ihre rote Fahnen schwingenden Türken ein verstörendes Identitäts- und Souveränitätsthema wieder auf die Tagesordnung setzen: Was ist für türkische Türken und Deutsche türkischer Abstammung ihre Heimat? Wer ist der Regierungschef der hier lebenden Türken: Erdogan oder Merkel?

Jedenfalls: Deutschland igelt sich ein. Eine seltsame, passive Haltung. Weshalb kämpfen deutsche Politiker nicht offensiv um die westlichen Werte, die in der Türkei mit Füßen getreten werden, anstatt nach der Wahl Krokodilstränen zu vergießen, weil die Mehrheit der in Deutschland lebenden Türken wieder einmal für Erdogan und seine Demokratur gestimmt hat?

Über den Autor: Ulrich Reitz

Ulrich Reitz arbeitete als Korrespondent bei der Welt, war in der Startmannschaft von FOCUS, den er zuletzt führte, und war insgesamt 17 Jahre lang Chefredakteur der beiden größten deutschen Regionalzeitungen "WAZ" und "Rheinische Post". Er beschäftigt sich mit den gesellschaftlichen Folgen der Digitalisierung, der kulturellen Verfasstheit Deutschlands und der Performance seiner Eliten in Politik und Wirtschaft. Reitz versteht sich als wirtschaftlich ordoliberal und politisch konservativ. Er schätzt die gepflegte Kontroverse.

Kaum hatte Erdogan Neuwahlen für den 24. Juni angekündigt, setzten deutsche Spitzenpolitiker voll auf Abwehr. Bei der UN-Vollversammlung erklärte Bundesaußenminister Heiko Maas von der SPD seinem türkischen Kollegen Cavusoglu, dass ausländische Politiker drei Monate vor einer Wahl daheim hierzulande nicht auftreten dürften.

Ein Parlament sollte mehr sein als ein Ort staatstragender Repräsentation

Und Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet, von Konservativen in der eigenen Partei wegen seiner integrationsfreundlichen Haltung einst als „Türken-Armin“ verspottet, warnt denselben Cavusoglu, dieser dürfe auf gar keinen Fall Wahlkampf machen, wenn er Ende Mai auf einer Gedenkfeier für die Solinger Familie Genc teilnimmt. Vor 25 Jahren hatten Rechtsradikale fünf Familienmitglieder der Familie ermordet. Aber was soll Cavusoglu dazu bitte sagen, das nicht als Wahlkampf zu verstehen wäre?

Seit wann ist ein Außenminister ein politischer Eunuch? Am Ende beugte sich die Landesregierung sogar dem Druck der Opposition aus SPD und Grünen, die Cavusoglu gar nicht erst in den Landtag lassen wollten. Dahinter steckt ein eigentümlicher Demokratie-Begriff: Ein Parlament sollte mehr sein als ein Ort staatstragender Repräsentation. Müssen nicht gerade hier die demokratischen Spielregeln ausgehandelt werden?

Im Video: Deutsche Waffen für Erdogan: Als Illner Zahlen nennt, fehlen CDU-Mann Röttgen die Worte

In der Türkei werden Menschenrechte geschliffen. Erdogan will so seine konservativ islamisch grundierte Alleinherrschaft konsolidieren. Kritische Journalisten werden unter dem Vorwand, Terror-Sympathisanten zu sein, eingeknastet. Der wichtigste Oppositionsmann, Demirtas, sitzt im Gefängnis. Erdogan-kritische Staatsdiener, unter ihnen viele Professoren, wurden aus dem Staatsdienst entlassen.

Gerade wurde der Ausnahmezustand verlängert, zum achten Mal in Folge. Er ist ein Freibrief für Behördenwillkür. Kurzum: Es gäbe eine Menge von Sachverhalten, die mit türkischen Spitzenpolitiker kritisch zu diskutieren wären. Und vielleicht hätten die in Deutschland lebenden Türken ein Interesse daran zu erfahren, wie sich deutsche Politiker von Cem Özdemir über Sara Wagenknecht, Alexander Gauland, Andrea Nahles bis hin zu Bundeskanzlerin Angela Merkel, dazu verhalten. Und wie sie sich das Zusammenleben von Deutschen und Türken in Deutschland vorstellen.

Was passiert denn, wenn Erdogan hierzulande öffentlich sprechen würde?

Nehmen wir einmal spieltheoretisch an, Erdogan macht seine Ankündigung (Drohung?) wahr, irgendwo in Europa in einer Sporthalle öffentlich zu reden, wo 10000 seiner Landsleute, ob mit türkischem oder deutschem Pass, Platz finden. Selbstredend würde er die europäische Politiker angreifen, auch deutsche. Aber könnte er ihnen auch dann noch Nazi- Methoden vorwerfen, wenn diese ihm seinen Auftritt gestattet hätten? (Der Nazi-Vorwurf ist ohnehin lächerlich, verfängt aber offensichtlich bei Wählern in der Türkei.)

Und nehmen wir einmal an, der Außenminister Heiko Maas und Özdemir, den Erdogan für einen Verräter hält, würden auf den Präsidenten öffentlich antworten, was würde passieren? Ja, es gäbe Geschrei in dieser Sporthalle, weil türkische Hurra-Patrioten dies als persönlichen Angriff auf ihren geliebten Führer werten würden. Na und? Es gibt kaum einen deutschen Spitzenpolitiker, der auf öffentlichen Plätzen nicht schon einmal lautstark angegangen worden wäre. Bislang konnte sich noch jeder von ihnen dagegen wehren.

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Deutsche Politiker könnten Türken offensiv auseinander setzen, dass sie nicht mehr willens seien, auf den nationalistischen Opfer-Kult des türkischen Präsidenten herein zu fallen. Dass man in Deutschland weiß, wie Erdogan mit jenem Trauma Politik macht, das noch aus der Auflösung des osmanischen Großreiches resultiert, für das bis heute der Westen verantwortlich gemacht wird. Dass der traditionelle Islam, den Erdogan predigt, nicht zu Deutschland passt. Dass man es auch nicht mehr länger hinnehmen werde, wie von Ankara finanzierte Jubel-Imame Erdogans Religionspolitik auf deutschem Boden fortsetzten und damit nicht zur Integration der hier lebenden Türken beitragen, sondern dem Gegenteil davon: zu ihrer wachsenden Entfremdung von der neuen Heimat.

Das Schweigen sollte enden: Wieso Angriffe türkischer Politiker nicht direkt kontern?

Die Integration von Türken in Deutschland ist leider keine Erfolgsstory. Unsere Politiker haben die Parallel-Gesellschaften, zum Teil mit eigener Rechtsprechung, mehr oder weniger schweigend hingenommen. Wer dagegen aufbegehrte, war ein Ausländerfeind, mindestens. In Sonntagsreden haben sie die Integration beschworen, um tatsächlich die Segregation hinzunehmen.

Man könnte es nach all den Jahren des Beschweigens jetzt ja einmal anders probieren: Zivil-Courage nicht nur fordern, sondern auch leben. Demokratie, das heißt auch: Streit. Und Debatte. Gewiss: dazu braucht es Mut. Andererseits: Gibt es etwas, dass wir gegenüber den hier lebenden Türken zu verschweigen hätten? Weshalb sollten wir es nicht einmal damit versuchen, Angriffe türkischer Politiker auf die westlichen Werte im direkten Schlagabtausch zu kontern? Und damit auch den Türken zu demonstrieren, wie die deutsche Gegenwelt zur Erdogans Gehorsams-Staat aussieht.

Im Video: CDU und SPD wollen Erdogan Wahlkampf in Deutschland verbieten

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Hälfte hat kriminellen Hintergrund - Lage im Abschiebegefängnis Büren eskaliert

Hälfte hat kriminellen Hintergrund: Lage im Abschiebegefängnis Büren eskaliert
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In Büren bei Paderborn steht Deutschlands größtes Abschiebegefängnis, rund 140 abgelehnte Asylbewerber sitzen dort in Haft. Einem Bericht des „Spiegel“ zufolge wird die Lage dort immer bedenklicher: Fast täglich soll es zu Zwischenfällen kommen.

Laut „Spiegel“ griffen die Insassen häufig das Wachpersonal an oder randalierten in ihren Zellen. Einer soll einem Bediensteten etwa mit einem Faustschlag den Kiefer gebrochen haben. In einem internen Bericht über einen anderen Inhaftierten soll es dem „Spiegel“ zufolge heißen: „Der Untergebrachte zerstörte den Fernseher, bewaffnete sich mit Scherben und drohte wiederholt damit, Kollegen umbringen zu wollen.“ Manche besonders aggressive Insassen würden in besonders gesicherte Hafträume verlegt und dort über Nacht gefesselt.

Insasse verschluckte Besteck, um nicht abgeschoben zu werden

Auch zu Selbstmordversuchen soll es immer wieder kommen. Ein Häftling aus Marokko soll seinen „gesamten Oberkörper mit Schnittverletzungen unter Zuhilfenahme einer Rasierklinge übersät“ haben. Ein anderer Insasse soll Besteck verschluckt haben, damit er nicht abgeschoben werden kann.

Das Gewaltpotenzial unter den Häftlingen habe sich zuletzt stark erhöht, sagte Anstaltsleiter Nicolas Rinösl dem „Spiegel“. Mehr als die Hälfte der Insassen habe „eine strafrechtliche Vorgeschichte“. Die Insassen seien aber nicht wegen ihrer Straftaten in Haft, sondern weil sie auf ihren Abschiebeflug warten.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt derzeit gegen eine Vollzugsleiterin – wegen Körperverletzung und Misshandlung von Schutzbefohlenen. Sie soll angeordnet haben, einem Häftling heimlich Medizin ins Essen zu mischen, weil er diese nicht einnehmen wollte.

„Das ewige Warten zermürbt die Leute“

Einer, der die Einrichtung gut kennt, ist Frank Gockel. Er ist Sprecher des Vereins „Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren“. Er ist jede Woche in dem Abschiebegefängnis vor Ort, bietet den Betroffenen ehrenamtlich Beratung an. Auch er beobachtet eine Zunahme der Gewalt – und macht mehrere Ursachen aus. „Uns bereitet vor allem die Anzahl der psychisch kranken Menschen Sorgen“, sagt Gockel im Gespräch mit FOCUS Online. Problematisch sei außerdem, dass es keine ausgebildeten Sozialarbeiter vor Ort gebe. Viele Menschen seien in Isolationshaft eingesperrt. Der Einzelne werde dadurch häufig noch aggressiver und trage daher nicht zu einer Entspannung der Situation bei.  

Außerdem kritisiert Gockel, dass die Zeiträume bis zu einer Abschiebung zu lang sind: „Es gibt viele Menschen, die zwölf Wochen in Büren sitzen, weil die Behörden sich nicht vernünftig koordinieren und die Abschiebung nicht vorangetrieben wird. Das ewige Warten zermürbt die Leute.“ Viele der Gefangenen – vor allem diejenigen aus Algerien und Marokko – hätten bereits ihre Passersatzpapiere. „Einzig der Flug kann nicht organisiert werden, weil es bei der Bundespolizei an Personal mangelt“, so Gockel.

Der Ehrenamtliche und sein Verein fordern eine externe Kontrolle: „Es gibt abgesehen von uns als NGO keine Person, die Beschwerden der Abzuschiebenden einholt und abarbeitet.“  Wer mit seinem Anliegen zur Anstaltsleitung gehe, werde kaum gehört.

Im Video: „Nicht vertretbar“: Polizeigewerkschaft stemmt sich gegen Seehofers Flüchtlingszentren

Verein fordert externes Beschwerdemanagement

In Erstaufnahmeeinrichtungen in Nordrhein-Westfalen ist nach Übergriffen auf Flüchtlinge durch einen Sicherheitsdienst ein externes Beschwerdemanagement eingerichtet worden. „Das müsste es in Büren auch geben, um die Situation transparent zu machen“, fordert Gockel.

Es müsse das Ziel sein, mit allen Beteiligten zu reden und nach Lösungsansätzen zu suchen. „Da muss dann auch besprochen werden, wie erreicht werden kann, dass psychisch Kranke eher in Krankenhäusern als in Isolationshaft untergebracht werden“, sagt Gockel.

Integrationsministerium räumt Probleme ein

Das nordrhein-westfälische Integrationsministerium hat die Probleme in der Abschiebehaftanstalt indes eingeräumt: Die Zusammensetzung der Inhaftierten habe sich verändert. Der strafrechtliche Hintergrund vieler Insassen führe zusammen mit dem wachsenden Aggressionspotenzial zu erschwerten Bedingungen insbesondere für das Sicherheitspersonal, erklärte ein Ministeriumssprecher.

Vorwürfe, dass das Personal im Umgang mit den Inhaftierten zu zweifelhaften Methoden greife, wies das Ministerium zurück. „Unserem Haus sind keine Fälle bekannt, in denen das Personal seine Kompetenzen überschritten und Gefangene nicht nach geltenden rechtsstaatlichen Grundsätzen behandelt hat“, teilte die Behörde mit. Um besser auf die Probleme reagieren zu können, will die Landesregierung das Gesetz zur Abschiebehaft verschärfen.

Landesintegrationsminister Joachim Stampf (FDP) hatte bereits im März in einem Gespräch mit dem Deutschlandfunk über die Lage in Büren gesagt, „da tanzen jetzt doch einige der dort Inhaftierten den Mitarbeitern ziemlich auf der Nase herum und deswegen muss es Korrekturen geben, bei den Schließzeiten und es muss Korrekturen geben, beispielsweise bei der Handy-Nutzung“.

Im Video: Zahl unbegründeter Aslyanträge von Georgiern drastisch gestiegen

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In Berlin - Immer mehr Verfahren eingestellt: "Staatsanwälte wissen sich nicht mehr zu helfen"

In Berlin: Immer mehr Verfahren eingestellt: "Staatsanwälte wissen sich nicht mehr zu helfen"
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Mehr als 1500 Stellen im Strafvollzug sind deutschlandweit unbesetzt. Wie sich dieser Personalmangel auswirken kann, zeigt sich in Haftanstalten wie der JVA Diez in Rheinland-Pfalz, wie FOCUS Online kürzlich berichtete. Grassierender Drogenhandel und Beschwerden über mangelnde Resozialisierungsangebote sind die Folge.

Doch nicht nur der Strafvollzug hierzulande leidet unter Personalmangel – sondern auch die Justiz. Die Akten stapeln sich, doch Staatsanwälte fehlen, beklagt der Berliner Oberstaatsanwalt Ralph Knispel, der zugleich Vorsitzender der Vereinigung Berliner Staatsanwälte ist, im Interview mit FOCUS Online. Die Folgen für den Rechtsstaat sind demnach fatal.

FOCUS Online: In Berlin ist der Anteil der angeklagten Fälle seit 2006 um nahezu ein Drittel gesunken - zugleich wurden von Jahr zu Jahr immer mehr Ermittlungsverfahren eingestellt, wie der rbb kürzlich berichtete. Demnach wurde im vergangenen Jahr in nur 21 Prozent der Ermittlungsverfahren Anklage erhoben. Zehn Jahre zuvor waren es noch fast 30 Prozent. Woran liegt das?

Ralph Knispel: Das liegt ganz bestimmt nicht nur daran, dass die Zahl der Fälle steigt, in denen kein hinreichender Tatverdacht nachweisbar ist und die Verfahren eingestellt werden, wie es uns der Senat gerne weismachen will. Was massiv ansteigt, ist die Zahl der sogenannten Opportunitätsentscheidungen: Also Verfahren, die wegen geringer Schuld – nicht wegen Unschuld – eingestellt werden, gegen Auflage oder ohne. Viele Kollegen machen davon zunehmend Gebrauch.

"Viele Kollegen wissen sich nicht mehr anders zu helfen"

FOCUS Online: Warum?

Knispel: Um der Verfahrensflut Herr zu werden. Viele Kollegen wissen sich in Zeiten des Personalmangels nicht mehr anders zu helfen, zeigt unsere Erfahrung. Wenn das Zimmer jeden Tag aufs Neue mit Akten überflutet wird, dann ist die geringe Schuld ein vergleichsweise gut begründbarer Grund für die Einstellung eines Verfahrens. Dann ist schon mal ein Fall mehr vom Schreibtisch.

FOCUS Online: Von welchen Delikten sprechen wir hier?

Knispel: Verfahren, die Sie wegen geringer Schuld einstellen können, betreffen vor allem kleinere Delikte. Das geht aber bis hin zur Körperverletzung. Juristen sind hier ein Stück weit Sprachjongleure: Was denn nun eine geringe Schuld ist und was nicht, werden verschiedene Kollegen unterschiedlich bewerten.

Im Video: JVA Tegel startet Sofortprogramm für mehr Sicherheit

Kriminelle kommen wegen Personalmangels ungestraft davon: "Das ist leider ein Fakt"

FOCUS Online: In Berlin kommen also vermehrt Kriminelle ungestraft davon, nur weil Personalmangel in der Justiz herrscht?

Knispel: Das ist leider ein Fakt. Die Strafjustiz ist nicht mehr in vollem Umfang funktionstauglich.

FOCUS Online: Das klingt dramatisch für einen Rechtsstaat.

Knispel: Das ist es auch. Um eins klarzustellen: All das führt nicht dazu, dass der Rechtsstaat abgeschafft wird, nein. Natürlich findet bei Tötungsdelikten und anderen schweren Fällen Strafverfolgung statt. Aber nicht in dem Maß, in dem es sein müsste und in dem die Bevölkerung übrigens auch einen Anspruch darauf hat. Auf DNA-Gutachten müssen wir selbst bei Tötungsdelikten teils Monate warten. Bei kleineren Delikten wie Einbrüchen dauert es teils Jahre. Wenn der Verdächtige dann zu einer reisenden Tätergruppe gehört, können Sie sich vorstellen, dass er nicht mehr in Berlin auf seine Festnahme wartet. Dazu kommt dann noch, dass es – wenn das Verfahren nicht eingestellt wird – mittlerweile immer länger dauert, bis es zu einem Prozess kommt.

Je länger sich ein Verfahren zieht, desto milder das Urteil für den Angeklagten

FOCUS Online: Welche Auswirkungen hat das?

Knispel: Je länger sich ein Verfahren in die Länge zieht, ohne dass der Angeklagte daran Schuld trägt, desto mehr wirkt sich das bei der Strafmaßfindung zu seinen Gunsten aus. Das heißt: Das Urteil fällt tendenziell milder aus, wenn der Staat das Verfahren lange nicht auf die Reihe bekommt und die Tat zum Prozesszeitpunkt schon länger zurückliegt. Man muss auch sehen, dass mögliche Belastungszeugen in einem Prozess Jahre später nicht mehr über dieselbe Erinnerung verfügen wie kurz nach der Tat. Wenn es dann um einen möglichen Berufungsprozess geht, gilt dasselbe.

FOCUS Online: Inwiefern?

Knispel: In Berlin sind auch die dafür zuständigen kleinen Strafkammern hoffnungslos unterbesetzt und es dauert oft ein bis zwei Jahre, bis überhaupt über die Berufung verhandelt werden kann. Weil die Angeklagten auch für diese Verzögerung nichts können, verbessern sich somit ihre Chancen auf eine geringere Strafe im Berufungsprozess.

Mehrere Verdächtige in Berlin entlassen: "Erschüttert das Vertrauen in den Rechtsstaat"

FOCUS Online: Wenn Verdächtige in Untersuchungshaft sitzen, darf es aber doch nicht Jahre dauern, bis es überhaupt zu einem Prozess kommt?

Knispel: Nein, bei U-Haft gilt das Beschleunigungsgebot. Nach spätestens sechs Monaten müssen die Akten in Berlin dem Kammergericht – anderswo dem OLG – vorgelegt werden, davor muss aber beschleunigt ermittelt werden. In Berlin gab es jedoch schon mehrere Haftentlassungen, weil das Kammergericht eine rechtsstaatswidrige Verzögerung der Verfahren festgestellt hat. Salopp gesagt: Dringend Tatverdächtige laufen frei herum, weil es die Justiz nicht auf die Reihe bekommt. Das erschüttert das Vertrauen der Bevölkerung in den Rechtsstaat. Es ist den Menschen nicht vermittelbar, dass jemand auf freien Fuß gesetzt wird, der dringend tatverdächtig ist.

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FOCUS Online: Sie beschreiben viele erschreckende Entwicklungen. Welche Möglichkeiten sehen Sie denn, um diese Justizprobleme zu lösen?

Knispel: Wir sehen, dass der Justizsenator sich bemüht, die Personalsituation zu verbessern. Immerhin 20 zusätzliche Stellen für Staatsanwälte auf Probe waren zuletzt ausgeschrieben. Aber das reicht lange nicht.

FOCUS Online: Was heißt das genau?

Knispel: Eine Zahl zu nennen ist schwierig, aber 50 Staatsanwälte zusätzlich in Berlin wären schon hilfreich. Alleine 38 Staatsanwälte in Berlin sind abgeordnete Kollegen: Sie zählen zwar formell zu uns, arbeiten jedoch etwa für den Generalbundesanwalt, die Generalstaatsanwaltschaft und vor allem die Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung. Das sind natürlich die erfahreneren und besseren Kollegen, die dorthin abgezogen werden. Berufsanfänger können die Leistung dieser Kollegen ja gar nicht 1:1 ersetzen.

Doch selbst Berufsanfänger zu finden, wird wegen der verfassungswidrig unangemessenen Besoldung immer schwieriger: Staatsanwälte verdienen in Berlin bundesweit am wenigsten. Im Vergleich zu Bayern etwa beträgt der Unterschied mehrere Tausend Euro netto im Jahr. Hier muss nachgebessert werden. Junge Kollegen, die in Berlin vielleicht gerne mal ins Berghain gehen würden, entscheiden sich so im Zweifel lieber doch für Brandenburg, wenn sie selbst dort mehr verdienen.

Im Video: „Du fühlst dich als Mittäter“: Flugbegleiter beschreibt, wie er Abschiebeflüge erlebt

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Neuer bayerischer Ministerpräsident - Aufregung um Kruzifix-Beschluss: Hinter Söders Kontroversen steckt eine Strategie

Neuer bayerischer Ministerpräsident: Aufregung um Kruzifix-Beschluss: Hinter Söders Kontroversen steckt eine Strategie
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Spätestens jetzt dürfte Markus Söder der bundesweit bekannteste Ministerpräsident sein. Mit seinem Kruzifix-Vorstoß für alle bayerischen Behördenfoyers hat der Regierungschef, der gerade wenige Wochen im Amt ist, nicht nur an den Stammtischen im Freistaat das Thema schlechthin gesetzt.

Politiker in Bund und Ländern, Kirchen, Gewerkschaften, Verbände - jeder nutzte nach dem aufsehenerregenden Kabinettsbeschluss der bayerischen Staatsregierung alle Möglichkeiten zu Kritik, Spott und Häme. Auch im Netz entbrannte sofort ein „Shitstorm“.

Egal wie man persönlich zu dem Beschluss steht - die Debatte zeigt einen ganz wichtigen Teil von Söders polarisierendem Politikstil: die kalkulierte Kontroverse. Jenes System hat Söder über die Jahre nicht nur viele Kritiker und Erzfeinde beschert - darunter gar sein eigener Parteichef Horst Seehofer. Es hat ihn dank seines Fleißes auch über verschiedene Ministerposten und Talkshows hinweg in das Amt geführt, welches er immer wollte: Ministerpräsident in Bayern.

Bei Söders Kreuzzug war Kritik eingeplant - aber der Plan ging nur zum Teil auf

Um eines vorwegzunehmen: Bei Söders Kreuzzug war zwar Kritik durchaus eingeplant, in einer Sache ging der Plan aber nicht auf. Für einen aus Söders Sicht ausgewogenen Diskurs fehlten am Ende externe Unterstützer, allen voran die Kirchen. Dabei hätte dies so gut ins CSU-Selbstbild als Retterin der christlichen Werte und Traditionen gepasst. Wie gesagt hätte. Denn es kam anders.

Söder selbst reagierte leise, bedauerte den Streit. Zum Gegenangriff blies dafür umso mehr CSU-Generalsekretär Markus Blume, sonst kein Freund verbaler Rundumschläge. Er macht die Kritiker kurzerhand zur „unheiligen Allianz von Religionsfeinden und Selbstverleugnern“. Für Kirchenvertreter und Kirchenanhänger ein Affront sondergleichen. Auch weil der bekennende Christ Söder den Kirchen früher immer wieder vorhielt, sie sollten sich nicht in politische Themen einmischen.

Im Video: Nach Kruzifix-Beschluss: FDP-Chef vergleicht Söder mit Erdogan

CSU als konservativer Taktgeber

Wer Söders Bereitschaft für solche Vorstöße zumindest ansatzweise verstehen will, muss aber noch mehr wissen: Am 14. Oktober wird in Bayern ein neuer Landtag gewählt und Söder hat wiederholt erklärt, dass für ihn am Ende nur ein großes Ziel zählt - die Verteidigung der absoluten Mehrheit der CSU im Landtag. Trotz der 38-Prozent-Pleite bei der Bundestagswahl im September, trotz AfD und letztlich auch trotz Angela Merkels einstiger Flüchtlingspolitik.

In diesem Kontext belegt die Kreuzdebatte eines klar: Söder und die CSU und nicht etwa andere Parteien, vor allem nicht die AFD, sind in aller Munde, „setzen Themen und sind Taktgeber“, wie es sich Söder vor Monaten wünschte. Ob das für die absolute Mehrheit reicht, muss sich zeigen. In Umfragen hat die CSU seit Söders Wahl deutlich dazugewonnen, zuletzt lag sie bei 44 Prozent, Tendenz steigend.

Söder schaut nicht nur auf die Schlagzeile von morgen

Wer Wegebegleiter von Söder - auch aus anderen politischen Lagern - nach dessen besonderer Stärke fragt, der hört oft folgendes: „Söder beherrscht wie kaum ein anderer die Klaviatur aus Provokation, Ehrgeiz und Blick in die Zukunft.“ Während die ersten beiden Punkte schon lange bekannt sind, zeigt sich der letzte Punkt in diesen Wochen offensichtlich wie selten zuvor. Was immer Söder sagt oder macht, in seinem Kopf ist nicht nur die Schlagzeile des nächsten Tages, sondern mindestens auch schon die von übermorgen.

Bei der Festlegung seiner Strategie verlässt sich Söder aber in erster Linie auf sich selbst. Dabei helfe ihm sein Jura-Abschluss ebenso wie seine Erfahrung als Fernsehjournalist, sagt er gerne, am Ende verweist er aber auch auf sein christlich-konservatives Gespür.

Und natürlich ist dann da auch Söders Selbstdarstellungsdrang, den er etwa in sozialen Netzwerken auslebt - egal ob Bilder von Nürnberger Bratwürsten, bayerischen Trachtlern, einem Video mit Edmund Stoiber vor einem altbackenen Sofa von Franz Josef Strauß oder jüngst ein nicht ohne Stolz zur Schau gestellter „Söder-Taler“, ein Geschenk des Bayerischen Beamtenbundes, der Söders glänzendes Konterfei trägt.

Kurzum: Söder liebt es, mit Emotionen zu spielen und mit seiner eigenen Inszenierung auch linksliberale Milieus zu provozieren. Mal als Reizfigur, die sich um die bayerische Identität oder den Schutz der Grenzen sorgt, mal als spendabler, fast schon landesväterlicher Sozialpolitiker, der kurzerhand Wohltaten für Familien und Alte in Milliardenhöhe möglich macht.

Zu all dem passt das Motto „schaut's her, ich bin wie ich bin, einer von Euch, hab aber Visionen für morgen“. Genau deshalb schätzen ihn übrigens seine treusten Anhänger. Und genau deshalb wird Söder auch weiterhin immer wieder sein krachledernes Ego präsentieren - nicht nur bei Wahlkampf-Auftritten in Bierzelten, sondern einfach weil er so ist.

Video: Umfrage zeigt: Söders Kruzifix-Vorstoß wird von Deutschen mehrheitlich abgelehnt

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Deutsches Stipendienprogramm - Laserscanner über Palmyra: Wie junge Syrer ihr Land wiederaufbauen wollen

Deutsches Stipendienprogramm: Laserscanner über Palmyra: Wie junge Syrer ihr Land wiederaufbauen wollen
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Wann die Waffen in Syrien schweigen, vermag niemand zu sagen. Doch genau auf diesen Tag bereiten sich etliche junge Akademiker vor. Was Friedensnobelpreisträger Kofi Annan davon wohl halten würde?

Wenn in Syrien eines Tages Frieden herrscht, wird Samer Karam dort sein. Mit Laserscannern will er dann über das zerbombte Palmyra fliegen, um aus den Punktewolken des Scanners 3D-Modelle der zerstörten Kulturschätze zu entwickeln. „Ich hoffe, dass dieser Tag bald sein wird“, sagt der 29-Jährige. „Aber vorhersagen kann das wohl niemand.“

Der gebürtige Syrer aus Idlib hat in Stuttgart einen Master in Geomatics gemacht – einem Fach, das die Forschungsfelder Photogrammetrie, Navigation sowie Luft- und Raumfahrttechnik vereint. Viele seiner Kommilitonen arbeiten danach bei Daimler oder Bosch, um das autonome Fahren voranzubringen. Karam hingegen will sein Heimatland wieder aufbauen.

„Das Stipendium basiert auf Vertrauen“

Aus diesem Grund ist er Teil des „Leadership for Syria“-Programms des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD): Mit Geldern des Auswärtigen Amtes und des nordrhein-westfälischen Wissenschaftsministeriums begannen 2015 deutschlandweit 221 junge, syrische Akademiker ein Studium. Ihre Gemeinsamkeit: Nach dem Krieg wollen sie zurück in ihr Heimatland und dessen Zukunft aktiv gestalten.

Und was, wenn sie ihre Meinung ändern? „Das Stipendium basiert auf Vertrauen. Wir tragen eine große Verantwortung“, sagt Karam. Eine möglichst schnelle Rückkehr nach Syrien stand für ihn aber nie außer Frage. „Meine Eltern und viele Kollegen sind noch dort. Die möchte ich unbedingt wiedersehen.“

Bunt gemischte Fächer, bunt gemischte Pläne

Ingenieure, Pädagogen, Archäologen, Programmierer – die Fachrichtungen der jungen Syrer sind genauso bunt gemischt wie ihre politischen und religiösen Überzeugungen. „Jeder denkt, sein Job ist der wichtigste für den Wiederaufbau. Und jeder stellt sich die Zukunft unseres Landes anders vor“, sagt Stipendiatin Tasneem Barakat. Die Umwelttechnikerin will sich in Syrien nach dem Krieg darum kümmern, dass Schutt und Asche entsorgt werden und Leitungswasser wieder fließen kann. „Ich glaube, wir gehen alle mit einer größeren Offenheit aus diesem Programm heraus“, sagt die 31-Jährige.

„Solche Stipendien müssen noch viel stärker ausgebaut worden“, fordert der Wissenschaftler Michael Cramer, der am Stuttgarter Institut für Photogrammetrie lange die Studierenden betreut hat. Sehr qualifiziert und motiviert - so beschreibt Cramer die Stipendiaten, die er selbst erlebte. Der Studiengang Geomatics ist auf internationale Studierende ausgelegt. „Lange hatten wir rund 40 Studenten pro Jahrgang. Jetzt sind es nur noch 20“, sagt Cramer. Das liege auch an den Studiengebühren, die ausländische Studierende in Stuttgart zahlen müssen – anders als zum Beispiel in Berlin oder München.

„Vielleicht würde Kofi Annan unseren Friedensvertrag in der Luft zerreißen“

An der Uni Konstanz trafen sich die syrischen Stipendiaten mehrmals, um an den ganz großen Fragen zu arbeiten: Was macht eine Verfassung aus? Wie schreibe ich einen Friedensvertrag? Was können wir von demokratischen Ländern lernen? Für die meisten sind das Themen, die fernab von ihren eigentlichen Studienfächern liegen.

Fühlt man sich danach bereit, die Scherben eines zerbrochenen Landes zusammenzusetzen? „Vorbereitet sein kann man darauf nicht, glaube ich“, sagt Karam. „Vielleicht würde Kofi Annan unseren Friedensvertrag in der Luft zerreißen“, sagt Karam. Aber immerhin hat er schon einen Entwurf.

Im Video: Erschreckendes Video – schickten österreichische Soldaten syrische Polizisten in den Tod?

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459.000 Euro wurden nie bezahlt - Ex-Minister Günther Krause hat illegal bewohntes Haus geräumt

459.000 Euro wurden nie bezahlt: Ex-Minister Günther Krause hat illegal bewohntes Haus geräumt
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Der ehemalige Bundesverkehrsminister Günther Krause hat ein von ihm seit einem Jahr bewohntes Haus an der Mecklenburgischen Seenplatte nun kurz vor der Zwangsräumung geräumt.

Krauses Anwalt Peter-Michael Diestel übergab am Montag vor dem Grundstück in Knüppeldamm die Schlüssel an den Hamburger Anwalt Arne Trimpop. "Es ist auch alles in Ordnung", bestätigte Trimpop nach einem ersten Rundgang.

Ermittlungen wegen Betrugsverdacht

Der Hamburger Jurist vertritt die Unternehmerfamilie, die das komfortabel ausgebaute Siedlungshaus vor einem Jahr an Krauses Frau verkauft, aber dafür kein Geld bekommen hatte. Mit dem Auszug kam der frühere CDU-Politiker einer bereits gerichtlich eingeleiteten Zwangsräumung zuvor. "Er ist ins Brandenburgische gezogen", sagte Diestel über Krause. Die Staatsanwaltschaft Neubrandenburg ermittelt gegen Krauses auch wegen des Verdachts des Betruges.  

Für das mit Sauna und Pool ausgestattete Haus sollten 459.000 Euro bezahlt werden, die Zahlung war aber nie erfolgt. Die Unternehmerfamilie klagte. Es kam im Februar zu einem Zivilprozess am Landgericht Neubrandenburg. Dort einigten sich Anwälte in Krauses Namen auf eine weitere Zahlungsfrist bis Ende März und - falls nicht gezahlt wird - einen Auszug bis 10. April. Beide Termine ließen Krauses ergebnislos verstreichen.

1993 Rückzug aus Politik

Danach schaltete Anwalt Trimpop einen Gerichtsvollzieher ein. Dieser wäre in der zweiten Maihälfte zum Zuge gekommen, sagte Trimpop. Mehrere Dorfbewohner zeigten sich erleichtert, dass die Aufregung um den früheren Politiker sich künftig nicht mehr in ihrem Umfeld abspielt. "Die Familie ist schon am Sonntagabend weggefahren", erklärte eine Anwohnerin. Im Dorf habe niemand Kontakt zu Krauses gehabt. "Auch bei der CDU hat er sich nicht vorgestellt", sagte Bürgermeister Erich Nacke (CDU). 

Krause hatte als DDR-Verhandlungsführer 1990 den Einheitsvertrag mit ausgehandelt und gemeinsam mit Wolfgang Schäuble (CDU) als damaligem Bundesinnenminister unterschrieben. Nach seinem Rücktritt wegen mehrerer Affären als Bundesverkehrsminister 1993 hatte er sich weitgehend aus der Politik zurückgezogen und war als Unternehmer tätig. In dem Zusammenhang musste sich der 64-Jährige mehrfach vor Gerichten verantworten.

Zuletzt hatte das Amtsgericht Potsdam Krause Ende März wegen Insolvenzverschleppung und vorsätzlichen Bankrotts zu 5400 Euro Geldstrafe verurteilt. Diestel hatte im Auftrag seines Mandanten den Strafbefehl des Gerichtes sofort angenommen. Der Streit um das Wohnhaus ist aber noch nicht ganz abgeschlossen: Trimpop will von Krauses noch eine Entschädigung für zwölf Monatsmieten, die seinen Mandanten entgangen seien. "Das wäre etwa 18 000 Euro", sagte er. Diestel kündigte an, eine Nutzungsentschädigung werde akzeptiert.

Im Video: Bouffier fordert Umdenken: Abgelehnte Asylbewerber sollen kein Geld mehr bekommen

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Grenzkontrollen sollen erneut verlängert werden - Bundespolizei steht an Österreich-Grenze, dabei nutzen Flüchtlinge andere Routen

Grenzkontrollen sollen erneut verlängert werden: Bundespolizei steht an Österreich-Grenze, dabei nutzen Flüchtlinge andere Routen
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Eigentlich sind innerhalb der Europäischen Union keine Grenzkontrollen vorgesehen. Seit gut zwei Jahren – seit der Flüchtlingskrise – gibt es aber Schwerpunktkontrollen besonders an der deutsch-österreichischen Grenze. Die EU-Kommission muss diese Kontrollen genehmigen. Derzeit bemüht sich die Bundesregierung um eine weitere Verlängerung um sechs Monate, die Kommission ist eigentlich dagegen.

Zur Verlängerung passt allerdings nicht, dass über Österreich immer weniger Flüchtlinge kommen. Die Zahl der illegalen Grenzübertritte geht dort laut Bundespolizei immer weiter zurück. Waren es zum Höhepunkt der Flüchtlingskrise noch mehrere tausend illegale Grenzübertritte täglich, sind es mittlerweile im Durchschnitt um die 200 pro Monat. Die „Welt am Sonntag“ berichtet von durchschnittlich 23 Menschen täglich, die die Bundespolizei im ersten Quartal 2018 aufgegriffen habe.

Migranten sind auf andere Routen ausgewichen

Die Daten legen nahe, dass die Migranten längst auf andere Routen ausgewichen sind, zum Beispiel über Tschechien. Erst kürzlich meldete der „Spiegel“, dass die Bundespolizei im vergangenen Jahr an allen anderen Grenzen zu Nachbarländern (mit Ausnahme der Schweiz) mehr unerlaubte Einreisen feststellte als an der Grenze zu Österreich.

Obwohl sich also abzeichnet, dass weniger Migranten versuchen, über die österreichische Grenze nach Deutschland zu kommen, hält die Bundesregierung an den Kontrollen fest und will sie erneut verlängern. Für die Bundespolizei bedeutet das einen enormen Personalaufwand: Wie die „Welt am Sonntag“ berichtet, seien etwa 20 bis 30 Beamte an der grenznahen Raststätte Inntal Ost im Einsatz – auch an Tagen, an denen „eigentlich nichts passiert“.

Großer Personalaufwand für immer weniger Migranten

Die Beamten stammen aus mehreren Bundesländern. Die Gewerkschaft der Bundespolizei monierte deswegen dem Blatt gegenüber, dass die Beamten wegen dieser Einsätze an der Grenze an ihren eigentlichen Dienststellen fehlten. Wegen Personalnot unterstützen auch Beamte der bayerischen Landespolizei bei den Grenzkontrollen.

Die bayerische Landesregierung unter dem neuen Ministerpräsidenten Markus Söder hat das Thema Grenzkontrollen offenbar auch als Wahlkampfthema entdeckt: Söder kündigte kürzlich den Aufbau einer eigenen bayerischen Grenzpolizei an, obwohl eigentlich die Bundespolizei für Grenzkontrollen zuständig ist. Die neue Grenzpolizei soll 1000 Stellen bekommen und auch den Raum Bayern/Tschechien abdecken.

Die bayerische Opposition schimpfte schon, Söder traue seinem Ex-Rivalen und nunmehr Bundesinnenminister Horst Seehofer offenbar nicht zu, sich um den Grenzschutz zu kümmern. SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher sprach von einem Misstrauensvotum Söders gegen Seehofer.

Die Polizeigewerkschaft GdP reagierte verärgert auf den Vorstoß: GdP-Vizechef Jörg Radek berichtete, Beamte der Bundespolizei sähen darin „eine Geringschätzung ihrer Arbeit“. Söders Ankündigung sei offensichtlich ein „wahltaktisches Manöver“ mit Blick auf die bayerische Landtagswahl. Die Wahl findet am 14. Oktober statt – und noch kann die CSU nicht sicher sein, dass sie die absolute Mehrheit erringt.

Video: Umfrage zeigt: Söders Kruzifix-Vorstoß wird von Deutschen mehrheitlich abgelehnt

akw/mit dpa-Material
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Angriffe in Syrien - Sorge vor Eskalation zwischen Israel und Iran

Angriffe in Syrien: Sorge vor Eskalation zwischen Israel und Iran
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Schwere Raketenangriffe in Syrien haben Sorge vor einem direkten militärischen Konflikt zwischen Israel und dem Iran geschürt. Bei den Attacken am späten Sonntagabend auf Militärziele in mehreren Teilen des Landes wurden der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte zufolge mindestens 26 Menschen getötet und 60 weitere verletzt.

Verschiedene Staatsmedien äußerten die Vermutung, Israel stecke hinter den Angriffen und habe iranische Stellungen bombardieren wollen.

Das israelische Militär kommentiert derartige Vorgänge grundsätzlich nicht. Der israelische Geheimdienstminister Israel Katz forderte jedoch: „Der Iran muss sich aus Syrien zurückziehen“. Israel habe auf allen Ebenen eindeutig klargemacht, dass es dem Aufbau einer iranischen Front im Norden Syriens nicht zustimmen wird. Man werde „alles unternehmen, was notwendig ist“.

„Teheran ruft regelmäßig zur Zerstörung Israels auf“

Die meisten Todesopfer am Sonntag gab es laut den Menschenrechtlern bei dem Angriff auf das Hauptquartier der 47. Brigade westlich der Stadt Hama im Zentrum des Landes. In dem bombardierten Gebiet sind auch mit Syrien verbündete iranische Truppen stationiert. Die meisten der Opfer seien Iraner, hieß es von den Menschenrechtlern. Der Iran dementierte über seine Nachrichtenagentur Isna dagegen, dass auch iranische Soldaten getötet worden seien. Isna selbst hatte zuvor unter Berufung auf ausländische Quellen von 18 toten Iranern berichtet.

Stunden vor den Angriffen, die unter anderem auch nahe Aleppo einschlugen, hatte Israels Verteidigungsminister Avigdor Lieberman erklärt, die Streitkräfte behielten sich weitere Einsätze in Syrien vor. Israel hat immer wieder betont, es werde keinesfalls dulden, dass sein Erzfeind Iran sich dauerhaft militärisch im Nachbarland Syrien festsetzt. Am Montag sollte das israelische Sicherheitskabinett zu einer Dringlichkeitssitzung zusammenkommen.

„Teheran ruft regelmäßig zur Zerstörung Israels auf“, sagte der ehemalige israelische Militärgeheimdienstchef Amos Jadlin der Deutschen Presse-Agentur am Montag in Tel Aviv. Jetzt baue der islamische Gottesstaat in Syrien noch entsprechende militärische Fähigkeiten aus, zum Beispiel zielgenaue, hochmoderne Raketen, die Israels Luftwaffe bedrohten. „Wenn man eine Absicht erkennt, und den Ausbau der Fähigkeiten, diese Absicht umzusetzen, wird man alles unternehmen, um dies zu verhindern“, sagt Jadlin.

Erstmals besitzt die US-Navy ein Schiff, das ohne Besatzung ins Gefecht ziehen kann

Immer wieder Angriffe gegen Ziele in Syrien geflogen

Teheran ist neben Russland und der libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah der wichtigste Verbündete des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad. Der Iran hatte in den vergangenen Monaten seine militärische Präsenz im Land weiter ausgebaut und unter anderem viele Waffen nach Syrien geschickt. Das schiitsche Land finanziert dabei auch die Hisbollah und vermutlich auch etliche lokale Milizen.

Israel hatte in den vergangenen Monaten deshalb immer wieder Angriffe gegen Ziele in Syrien geflogen. So hatten Syrien und seine Verbündeten Israels Luftwaffe für einen Angriff Anfang April verantwortlich gemacht, bei dem Aktivisten zufolge 14 Menschen getötet wurden - darunter 7 Iraner. Teheran drohte mit Vergeltung.

Trump hat noch Zeit bis zum 12. Mai

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu forderte erneut eine Aufkündigung des Atomabkommens mit dem Iran. Er sagte am Sonntag nach einem Treffen mit dem neuen US-Außenminister Mike Pompeo: „Ich denke, die größte Bedrohung der Welt und unserer beiden Länder und aller Länder ist die Kombination des militanten Islams mit Atomwaffen, und speziell der Versuch des Irans, nukleare Waffen zu erlangen.“

US-Präsident Donald Trump muss bis zum 12. Mai entscheiden, ob von den USA ausgesetzte Sanktionen gegen den Iran außer Kraft bleiben. Dies wird de facto auch als Entscheidung über den Verbleib der USA in dem Abkommen angesehen. Die Trump-Administration stellt den Atomdeal mit dem Iran von 2016 in Frage.

„Recht, sich selbst zu verteidigen“

Teheran hat jedoch mehrfach betont, dass es nicht zu einer Nachverhandlung bereit ist. Am Montag sagte Vizeaußenminister Abbas Araghchi sogar, das Abkommen sei angesichts eines ausbleibenden wirtschaftlichen Aufschwungs in seiner derzeitigen Form nicht mehr tragbar. So sind Großbanken aus Sorge vor möglichen Strafmaßnahmen der USA kaum zur Finanzierung von Handelsprojekten im Iran bereit.

Pompeo sagte in Israel, eine enge Zusammenarbeit mit Verbündeten wie dem jüdischen Staat sei „entscheidend für unsere Bemühungen, die destabilisierenden und bösartigen Aktivitäten des Irans im Nahen Osten und der ganzen Welt zu bremsen“. Der Iran wolle den Nahen Osten dominieren und Israel habe das „Recht, sich selbst zu verteidigen“.

Ex-Militärgeheimdienstchef Jadlin sieht das Risiko einer direkten und offenen Konfrontation zwischen Israel und dem Iran. Gleichzeitig hält er es für möglich, dass Teheran angesichts des starken Drucks seine Kräfte in Syrien wieder reduzieren könnte. Es gebe auch interne Kritik im Iran an der militärischen Etablierung in Syrien, sagte Jadlin. „Außerdem üben die Russen Druck aus.“ Es sei nicht im Interesse Moskaus, dass die Rettung des syrischen Herrschers Baschar al-Assad durch einen militärischen Konflikt zwischen Israel und dem Iran gefährdet werde.

Erschreckendes Video: Schickten österreichische Soldaten syrische Polizisten in den Tod?

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Gesundheitsminister Jens Spahn plant, dass die Krankenkassen ihre Geldreserven abbauen sollen, um so die Zusatzbeiträge zu senken. Experten warnen jedoch vor diesem Vorhaben.

Erzwungene Senkungen könnten die Mitgliederwanderung von Kassen mit hohen Zusatzbeiträgen zu solchen mit niedrigeren beschleunigen, erklärte der Duisburger Gesundheitsökonom und Regierungsberater Jürgen Wasem in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ). Die von der Abwanderung betroffenen Kassen "müssen ihre Zusatzbeiträge weiter erhöhen, was eine "Todesspirale" in Gang setzen könne. Der Vizevorsitzende des vom Ministerium berufenen Sachverständigenrats Gesundheit, Eberhard Wille, befürchtet eine solche Entwicklung besonders im Osten.

Entlastungsvolumen von vier Millionen Euro

Spahn hat angekündigt, Kassen mit hohen Finanzreserven zu verpflichten, diese abzubauen - etwa durch Senkung des Zusatzbeitrags. Daraus ergebe sich ein Entlastungsvolumen von rund vier Milliarden Euro.

Wasem empfahl stattdessen eine schnelle Reform des Finanzierungssystems. Die sei zwar von Spahn angekündigt, komme allerdings nicht schnell genug. "Wenn man an dem Zeitplan festhalten will, braucht man eine Übergangsregelung, die Krankenkassen mit sehr schlechter finanzieller Situation hilft, damit sie nicht unter dem Druck zahlreicher Abwanderungen kollabieren", erläuterte er.

Auch in der eigenen Partei, der CDU kommt Widerstand. Die Sprecherin der Gesundheitspolitiker Karin Maag sehe in dieser Diskussion "großen Gesprächsbedarf", wie sie der "FAZ" mitteilte. Auch die Opposition sei gegen Spahns Vorhaben.

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mja/mit Material der dpa
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