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Thursday, February 28, 2019

Gastbeitrag von Gabor Steingart - USA und Nordkorea verhandeln weiter - das liegt an unsichtbarem Drittem

Gastbeitrag von Gabor Steingart: USA und Nordkorea verhandeln weiter - das liegt an unsichtbarem Drittem
Das Treffen zwischen US-Präsident Donald Trump und dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong Un in Vietnam wurde zwar abgebrochen, aber die Verhandlungen über die atomare Abrüstung Nordkoreas gehen weiter. Das Schauspiel wurde von der Bühne in die Kulisse verlagert.

Wenn man die Katastrophen-Kommentare liest – TAZ: „Trumps planloses Vorgehen“; SZ: „Gaga-Gipfel – Zum Scheitern verurteilt“; Financial Times: „Trumps diplomatisches Vietnam” – könnte man denken, die Tageszeitungen seien Teil einer medialen Apokalypse- Industrie. Dabei hat das Weiße Haus im nüchternen Stile der Diplomatie den Sachverhalt präzise kommuniziert: „Zu diesem Zeitpunkt wurde keine Einigung erzielt“. Die Betonung liegt auf „zu diesem Zeitpunkt“.

Was war passiert? Trump wollte die Sanktionen nicht als Vorleistung lockern, und Kim war seinerseits nicht bereit, mit der Verschrottung von Atomraketen in Vorlage zu treten. Beide wissen um ihr argwöhnisches heimisches Publikum, das empfindlich auf Nachgiebigkeit reagiert. Dem einen sitzt das Politbüro, dem anderen die eigene Fanbasis im Nacken. Abrüstungsverträge, das weiß man aus der Vergangenheit, wollen als Duell inszeniert werden, nicht als politischer Fruchtbarkeitstanz.

Zur Person

Gabor Steingart, 56, ist Journalist und Buchautor. Sein kostenloses Morning Briefing erhalten Sie hier: www.gaborsteingart.com

Durchbruch ist wahrscheinlich

Ein Durchbruch bei diesen nordkoreanisch-amerikanischen Friedensgesprächen ist nicht nur möglich, sondern weiterhin wahrscheinlich. Und das liegt weder an Trump noch an Kim Jong Un, sondern an jenen unsichtbaren Dritten, die in Vietnam auf keinem der Bilder auftauchten: den Chinesen.

Drei Gründe sind ausschlaggebend dafür, dass die chinesische Staatsführung einen Friedensschluss wünscht.

1. Amerika würde so zur Rücksichtnahme auch auf die Schutzmacht der Nordkoreaner verpflichtet. Konkret: China möchte erreichen, dass Trump seinen Handelskrieg absagt.

2. Amerika soll durch ein Friedensabkommen zum Truppenrückzug aus Südkorea bewegt werden. China wünscht sich auf der koreanischen Halbinsel – also vor der eigenen Haustür – eine Amerika-freie Zone.

3. Das chinesische Protektorat Nordkorea liegt der Staatsführung in Peking finanziell auf der Tasche. Von einem wirtschaftlichen Aufschwung des Landes, finanziert von den USA, würde China in besonderer Weise profitieren. Und auch Trump könnte einen außenpolitischen Erfolg gut gebrauchen, denn die ökonomische Lage seiner Stammwähler hat sich in den letzten Monaten deutlich verschlechtert: Unter Trump schlossen mehr Kohlekraftwerke als in der ersten Amtsperiode von Barack Obama, die Stahlproduktion stagniert, die Autoproduktion geht zurück und das gigantische Handelsbilanzdefizit will einfach nicht verschwinden.

Teile der eigenen Wähler im Rust Belt entzogen ihm in den Umfragen und bei den Zwischenwahlen das Vertrauen. Vor allem in Illinois, Minnesota, Pennsylvania, Wisconsin und Michigan gewannen die Demokraten Senatoren, Gouverneure und Sitze im Abgeordnetenhaus dazu. Trump weiß: Die nächsten Präsidentschaftswahlen werden womöglich nicht in Pennsylvania, sondern in Pjöngjang gewonnen.

Im Video: Reporter fragt Trump nach Abrüstung Nordkoreas - dieser eiert rum

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Stille Revolution im Geldgewerbe

Der Shootingstar der deutschen Börse heißt Wirecard. Das Unternehmen ist seit kurzem in den Dax aufgestiegen, die Königsklasse der Deutschland AG. Mit einem Börsenwert von 14,5 Milliarden Euro übertrifft Wirecard die Commerzbank um rund 70 Prozent und liegt knapp hinter der Deutschen Bank, die zur Zeit bei 16,5 Milliarden Euro rangiert.

Das Geschäftsmodell von Wirecard erzählt von der stillen Revolution im Geldgewerbe. Die Menschen stammen aus der Welt der Naturalwirtschaft, in der Kühe gegen Schweine getauscht wurden, sind über die Goldwährung zur Geldwirtschaft gelangt, um von dort die Welt der Kreditkarten, also das Reich des Bargeldlosen, zu betreten. Wirecard will dem Bezahlen nun die letzten Reste der Körperlichkeit nehmen. Vorstandschef Markus Braun drückt es so aus: Die Zahlung von Geld unsichtbar zu machen, ist in den nächsten zehn Jahren sicher eines der spannendsten und weltweit sehr dynamischen Felder im Technologiebereich.

Markus Braun ist seit 2002 Chef der Wirecard AG. Er hält einen Anteil von 7,05 Prozent am Unternehmen und ist damit der größte Einzelaktionär, größer als Blackrock. Mit ihm habe ich für den Morning Briefing Podcast gesprochen – vor allem über die Zukunft des Bezahlens. Wirecard überprüft mit seinen Algorithmen die Kreditwürdigkeit des Kunden und garantiert das Geld auch bei Zahlungsausfall. Für das damit verbundene Risiko erhält die Firma eine Gebühr, die im Durchschnitt bei deutlich unter zwei Prozent des Transaktionsvolumens liegt. Das Unternehmen agiert damit als Makler zwischen Käufer und Händler, wobei nicht nur eine Provision den Besitzer wechselt, sondern auch jede Menge Daten.

Glücksspiel und Pornographie

Über die Anfänge des Unternehmens, die in der diskreten finanziellen Abwicklung von Glücksspiel und Pornographie lagen, haben wir ebenfalls gesprochen. Zugeknöpft gab sich der CEO lediglich, als wir auf Berichte des „Financial Times“-Journalisten Dan McCrum („House of Wirecard“) über frisierte Bilanzen und gezielte Leerverkäufe zu sprechen kamen. Mittlerweile beschäftigen sich Staatsanwälte und die BaFin mit den Vorwürfen, was dem Aktienkurs der Firma nicht gut getan hat. Das war spürbar nicht das Lieblingsthema des Milliardärs Markus Braun: Das Geschäft läuft operativ hervorragend, und alles andere betrachte ich als Geräusche in einem spekulativen Markt.

Fazit: Wirecard ist eine atemberaubende Erfolgsgeschichte, bei der wir nur nicht wissen, ob wir uns im Vorwort oder bereits im Schlusskapitel befinden. Die Revolution der Finanzindustrie frisst die herrschenden Mächte – und danach womöglich ihre Kinder.

Der mächtigste Staatsfond der Welt

Der norwegische „Government Pension Fund“ ist der mächtigste und größte Staatsfonds der Welt. Mehr als eine Billion US-Dollar verwaltet Yngve Slyngstad, der die Geschäfte des Staatsfonds seit der Finanzkrise führt. Das ist etwa anderthalbmal so viel wie die jährliche Wirtschaftsleistung seines Landes. Der Fonds soll vorsorgen – für die Zeit nach dem Öl.

Allein zwischen 1998 und 2015 hat der Fonds nach Abzug der Inflationsrate 3,8 Prozent pro Jahr erwirtschaftet. 1,25 Prozent aller Aktien weltweit hat er im Portfolio, 2,5 Prozent aller Dividendenpapiere in Europa, ihm gehören mehr als sieben Prozent der Deutsche Wohnen AG, mehr als sechs Prozent von Linde, mehr als zwei Prozent von Bayer. Und bis Ende 2017 auch 1,32 Prozent von Volkswagen.

Aus einer nun veröffentlichten Vermögensaufstellung geht hervor, dass der Ölfonds seine VW-Aktien 2018 im Wert von 1,1 Milliarden Dollar auf 534 Millionen Dollar halbiert hat, was für die Zukunftsfähigkeit von VW durchaus Fragen aufwirft. So sehen in der Welt der Wirtschaft Misstrauenserklärungen aus. Die Fridays for Future-Bewegung nimmt weiter Fahrt auf. Jeden Freitag demonstrieren tausende Schüler in den Großstädten Europas gegen den Klimawandel. Heute wird die Initiatorin der Bewegung, die Schwedin Greta Thunberg, 16, in Hamburg erwartet, um vor Tausenden von Umweltschützern aufzutreten.

Für den Morning Briefing Podcast habe ich mit drei Schülerinnen und Schülern über ihr Engagement gesprochen. In den Aussagen von Carla Reemtsma, Miriam Eichelbaum und Luca Peters begegnet uns eine neue Protestgeneration, die sich mit Gipfelerklärungen und Parteitagsinszenierungen nicht zufriedengibt. Nicht nur die Erde, auch das politische Klima heizt weiter sich auf.

Dieser Beitrag wird bereitgestellt von: Gabor Steingart. Eine redaktionelle Prüfung durch FOCUS Online hat nicht stattgefunden.

Im Video: Mütterrente, WhatsApp, Feiertage - Das ändert sich ab heute

Gabor Steingart
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- Maduro gegen Guaidó: Kampf in der Karibik

Maduro gegen Guaidó: Kampf in der Karibik
Der Konflikt in Venezuela spitzt sich weiter zu: Guaidó will zurück nach Caracas, Maduro droht ihm mit Festnahme. Ein Experte vergleicht den Machtkampf zwischen mit einem legendären Boxkampf.

"Rumble in the Jungle": Kinshasa, der 30. Oktober 1974, 30 Grad und 90 Prozent Luftfeuchtigkeit - der amtierende Schwergewichts-Weltmeister und haushohe Favorit George Foreman hämmert und drischt immer wieder auf seinen Kontrahenten Muhammad Ali ein. Der selbsterklärte "Größte" kassiert Treffer um Treffer, wankt, schwebt dann aber doch noch wie ein Schmetterling und sticht wie eine Biene. In der achten Runde schickt er Titelträger Foreman auf die Bretter, die 100.000 Zuschauer im Stadion toben und feiern den Sieg ihres Lieblings frenetisch.

"Der Machtkampf zwischen Guaidó und Maduro ist genauso wie dieser größte Boxkampf aller Zeiten", sagt der venezolanische Politikwissenschaftler Luis Salamanca: ein Abnutzungskampf, ein Taktieren in einer extrem explosiven Stimmung, eine Schlacht mit klar verteilten Rollen. Aber wer ist Ali und wer Foreman?

"Natürlich ist Juan Guaidó Ali", antwortet Salamanca mit einem Lachen. "Maduro dagegen ist wie George Foreman. Der war ja damals ein Riese mit gewaltiger Kraft, aber auch ein wenig tollpatschig." Der Machtkampf in Venezuela gehe jedenfalls über eine lange Distanz, in welcher Runde die Entscheidung falle, sei völlig offen, so der Politologe. Und immer könne ein Schlag für die Entscheidung sorgen. Vorteil Guaidó: Wie Ali damals in Kinshasa hat der selbst ernannte Präsident von Venezuela den Großteil der Bevölkerung auf seiner Seite.

Runde 1: Juan Guaidó kontert

Guaidó will noch diese Woche nach Caracas zurückkehren, nach einem Zwischenstopp in Brasilien und einem Treffen mit Brasiliens Präsidenten Jair Bolsonaro. "Ich bin diese Verpflichtung nicht eingegangen, um sie außerhalb Venezuelas zu erfüllen", erklärte mit Blick auf seine internationale vielfach anerkannte Interimspräsidentschaft. Und schickte im kolumbianischen Sender Caracol noch die Warnung hinterher, seine Festnahme würde eine "beispiellose" Reaktion in Venezuela selbst und im Ausland nach sich ziehen: "Sollten sie den politischen und historischen Fehler begehen, mich zu inhaftieren, werden sie sich vor der Welt verantworten müssen. Dies wäre ein Staatsstreich und ein Attentat auf die Stabilität des Landes!"

Für Luis Salamanca ist Juan Guaidó ein Phänomen: "Nicolás Maduro ist Anfang Januar ins Bett gegangen und als er am nächsten Morgen aufwachte, war plötzlich Guaidó da. Wie aus dem Nichts. Und dieser Mann macht ihm auch noch seine Bolivarische Revolution kaputt." Der kometenhafte Aufstieg Guaidós sei - Ironie des Schicksals - mit dem von Hugo Chávez Ende der 1990er Jahre vergleichbar.

Guaidó habe in den vergangenen Wochen seine Feuertaufe als Interimspräsident bestanden, sagt Salamanca: "Er ist der richtige Mann im richtigen Moment am richtigen Platz."

Und wenn dieser richtige Mann für Venezuela doch am falschen Platz landet, wenn er nach Caracas zurückkehrt, nämlich im Gefängnis? "Es gibt kleine Fehler, mittlere Fehler und riesige Fehler. Wenn die Regierung Guaidó anfasst, begeht sie einen riesigen Fehler. Denn er ist mittlerweile eine politische Weltfigur", ist sich Luis Salamanca sicher.

Runde 2: Nicolás Maduro attackiert

Der venezolanische Staatschef Nicolas Maduro hat Guaidó mit strafrechtlichen Maßnahmen im Falle einer Rückkehr nach Caracas gedroht. "Er kann nicht einfach kommen und gehen, die Justiz hat ihm das Verlassen des Landes verboten", sagte Maduro in einem Interview des US-Senders ABC. Guaidó hatte sich über das Ausreiseverbot aus Venezuela hinweggesetzt und war letzten Freitag beim Benefiz-Konzert für Venezuela im kolumbianischen Cúcuta aufgetaucht.

Maduros Drohung sorgte wiederum für internationale Reaktionen: die USA gaben klar zu verstehen, dass sie eine Inhaftierung Guaidós nicht akzeptieren würden, Kolumbiens Außenminister Carlos Holmes Trujillo sekundierte, jegliche Gewaltaktion gegen Guaidó werde eine "internationale Situation heraufbeschwören, die gemeinsames Handeln erforderlich machen würde".

Die Regierung um Nicolás Maduro könne derzeit nur verlieren, sagt der Jurist Jesús Ollarves von der Universidad Católica Andrés Bello in Caracas: "Egal, ob sie Guaidó inhaftiert oder nicht, der Konflikt wird auf jeden Fall an Schärfe zunehmen." Ollarves ist vor allem davon überzeugt, dass es beim Militär, dem Schlüssel im venezolanischen Machtkampf, weitere Überläufer geben wird, sollte Maduro seinen Kontrahenten tatsächlich festnehmen: "Es könnte sogar der Tropfen sein, der das Fass zum Überlaufen bringt. Weil es das Militär dazu zwingen könnte, die Seiten zu wechseln und damit die Regierung Maduro zu Fall zu bringen."

Runde 3: Kampf vor der Entscheidung?

Die nächste (und laut Ollarves vielleicht schon letzte) Runde im Machtkampf in Venezuela ist also eingeläutet, das Wortgefecht vor der Rückkehr Guaidós erinnert fatal an die verbalen Scharmützel, die es im Vorfeld der geplanten Hilfslieferungen am Samstag gegeben hatte. Dort hatte sich Maduro zwar am Ende durchgesetzt, indem er die Grenzen blockieren ließ und am Ende kein Hilfskonvoi ins Land gelangte. Doch durch die Schüsse auf die eigene Bevölkerung stand Maduro gleichzeitig als Verlierer da.

Dennoch hatte auch Guaidós Ruf als Retter Venezuelas einige Kratzer bekommen - viele Venezolaner, die sich extra am sogenannten D-Day auf den Weg ins kolumbianische Cúcuta gemacht hatten, kritisierten, Guaidó wäre am Samstag nur kurz für die Kameras aufgetaucht und hätte dann die freiwilligen Helfer alleine gelassen.

"Juan Guaidó muss auf jeden Fall schnell wieder zurück nach Caracas, denn ohne seine Präsenz besteht immer die Gefahr, dass die Einigkeit der Opposition bröckelt", sagt Geoff Ramsey vom Think-Tank "Advocacy for Human Rights in the Americas" in Washington. Der Politikanalyst geht durchaus davon aus, dass die Regierung Guaidó inhaftiert, wenn auch nur temporär: "Maduro wird ihn höchstwahrscheinlich für eine kurze Zeit festnehmen lassen, allein um seine Macht zu demonstrieren."

Die Regierung stehe sowohl innen- als auch außenpolitisch unter einem gewaltigen Druck, hinzu kämen die Sanktionen der internationalen Gemeinschaft. "Die Strafmaßnahmen werden Venezuela weiter die Luft abschnüren", glaubt Ramsey, "wobei sie schon jetzt ja kaum noch zu steigern sind." Juan Guaidó hingegen werde versuchen, auf die Chavisten in der Bevölkerung zuzugehen - und zwar: "Mit der Strategie: Mehr Zuckerbrot als Peitsche. Also mit einem Gesprächsangebot, welche Rolle sie in einer möglichen Übergangsregierung spielen könnten."

"Wer nicht mutig genug ist, Risiken einzugehen, wird es im Leben zu nichts bringen." Das hat Muhammad Ali einmal gesagt. Juan Guaidó könnte sich dieses Zitat ins Bewusstsein rufen - vor allem für seine Rückkehr nach Venezuela.

Autor: Oliver Pieper

*Der Beitrag "Maduro gegen Guaidó: Kampf in der Karibik" stammt von Deutsche Welle. Es gibt keine redaktionelle Prüfung durch FOCUS Online. Kontakt zum Verantwortlichen hier.

Deutsche Welle
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- Außenminister Maas strandet in Bamako

Außenminister Maas strandet in Bamako
Wieder bleibt ein Regierungsflieger am Boden, diesmal trifft es den Bundesaußenminister. In der malischen Hauptstadt hatte er dafür plädiert, dass die deutschen Soldaten vor Ort bleiben - trotz und wegen des Terrors.

Ein defekter Regierungsjet hat die Heimreise von Außenminister Heiko Maas aus Mali verzögert. Die Maschine vom Typ A319 konnte ihn am Abend nicht wie geplant von der malischen Hauptstadt Bamako zurück nach Berlin bringen. Welcher Defekt die Maschine am Boden hält, ist bislang nicht bekannt. Maas übernachtet nun in Bamako und wird am Freitag mit einer Ersatzmaschine zurückfliegen.

Vier Tage nach dem Terroranschlag auf ein EU-Trainingscamp in Mali hat Maas die dort stationierten Bundeswehrsoldaten besucht. Es war die letzte Station seiner fünftägigen Westafrika-Reise. Die Sicherheitslage in dem westafrikanischen Krisenstaat sei "tatsächlich nicht so, wie wir uns das vorstellen", räumte Maas bei seinem Besuch ein.

Zwei mutmaßliche islamistische Selbstmordattentäter hatten das Trainingscamp Koulikoro am Sonntag angegriffen. Soldaten aus der EU bilden dort die malische Armee aus. Drei einheimische Wachsoldaten wurden bei dem Angriff leicht verletzt. Bundeswehrsoldaten kamen nicht zu Schaden. Maas plädierte trotz des Anschlags dafür, dass die deutschen Soldaten vor Ort blieben. "Das Schlimmste was wir tun können, ist jetzt hier rauszugehen", sagte er im ZDF-Morgenmagazin. Die bisher aufgebauten Strukturen würden sonst wieder zusammenbrechen und die Terroristen und die organisierte Kriminalität die Oberhand über das Land zurückgewinnen. "Dann wäre alles umsonst gewesen", so Maas.

'Mit Angriffen muss gerechnet werden'

Der Norden Malis war 2012 in die Hände von Rebellen gefallen. Sie strebten die Unabhängigkeit der Region an und wollten eine islamische Republik errichten. Im Januar 2013 drohten sie, auch in die Hauptstadt Bamako einzumarschieren. Französische Truppen unterstützten in der Folge die malische Armee bei der Rückeroberung der verlorenen Gebiete. Seit Juli 2013 ist die UN-Friedensmission MINUSMA vor Ort. Sie soll den Waffenstillstand sichern und bei der Umsetzung des Friedensabkommens helfen. An dem Einsatz sind auch rund rund 800 Bundeswehrsoldaten beteiligt. Das Mandat für ihren Einsatz ist bislang bis zum 31. Mai 2019 befristet.

Koulikoro liegt nur 60 Kilometer südlich der Hauptstadt Bamako. Die Gegend galt bislang als verhältnismäßig sicher. Carina Böttcher, Expertin für internationale Friedenseinsätze der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, hält Mali für den aktuell gefährlichsten Friedenseinsatz der UN weltweit. "Es ist ein Hochrisiko-Einsatz, auch für die Bundeswehr", sagt sie im DW-Interview. Selbst wenn diese keine sehr exponierten Aufgaben wie die Bekämpfung terroristischer Gruppen übernehme. Mit Attacken wie auf das Trainingszentrum in Koulikoro müsse man in Zukunft auch weiterhin rechnen. "Umso wichtiger ist es, dass die Soldaten adäquat trainiert sind und die richtige Ausrüstung haben" fordert Böttcher. Das hatte Außenminister Maas bei seinem Besuch den Soldaten zugesichert.

Sie räumt ein, dass es die Umsetzung der Ziele der MINUSMA-Mission nur sehr langsam voran ginge: "Das liegt an der unruhigen Sicherheitslage, aber auch an der fehlenden Umsetzung des Friedensabkommens." Fortschritte gäbe es aber bei der Ausbildung der malischen Soldaten, die dadurch die staatliche Ordnung im Land besser aufrechterhalten könnten. "Aber auch bei der Entwaffnung und Reintegration von früheren Kämpfern in die malische Gesellschaft sei schon einiges erreicht worden", meint Böttcher. Der Schutz vor weiteren Kämpfen durch die MINUSA schaffe erst die Rahmenbedingungen für zivile Maßnahmen, die das Land langfristig stabilisieren. Dazu gehörten humanitäre Hilfe oder der wirtschaftliche Wiederaufbau.

Böttcher rät zu einer Verlängerung des Bundeswehr-Mandats. Deutschland stelle wichtige Fähigkeiten zur Verfügung, die von vielen anderen Staaten, die an der Mission beteiligt sind, nicht geleistet werden könnten – zum Beispiel medizinische Versorgung oder Expertise in der Aufklärung. Außerdem habe Deutschland ein großes Interesse daran, dass Mali langfristig stabilisiert werde. "Die Instabilität in der Region hat eben auch Folgen für Deutschland und die EU", sagt Böttcher. "Organisierte Kriminalität und Terrorismus, die sich dort in der Region ausgebreitet haben, können auch bis an die Grenzen der EU kommen und das kann zu weiteren Fluchtbewegungen führen."

Malis Außenministerin erhofft sich Hilfe von Deutschland

Auch die Regierungen in der Region wünschen sich deutsche Unterstützung. Sie haben sich zur Anti-Terrorallianz G5 Sahel zusammengeschlossen, der Mauretanien, Mali, Niger, Burkina Faso und Tschad angehören. Die G5 ist dabei, eine Eingreiftruppe mit 5000 Soldaten für den Kampf gegen die Extremisten aufzubauen. Sie wird dabei von der EU unterstützt. Die Erfolge lassen allerdings auf sich warten. Malis Außenministerin Kamissa Camara erhofft sich von Deutschland Hilfe, "insbesondere im Bereich der Rüstung und bei der Unterstützung der Verteidigungs- und Sicherheitskräfte". Die Deutschen seien sehr pragmatisch in ihren Arbeitsmethoden, vor allem aber auch in der Art und Weise, wie sie ihre internationale Hilfe verwalten, sagte sie der Deutschen Welle.

Auch Außenminister Heiko Maas spricht sich für mehr deutsches Engagement in Mali aus. Während seines Besuchs traf er sich auch mit Mitarbeitern ziviler Projekte. Diese seien derzeit noch auf Soldaten angewiesen, um die Arbeit im Gesundheitswesen und beim Aufbau der Infrastruktur abzusichern. Auf lange Sicht sei er zuversichtlich, dass die Ziele des internationalen Engagements erreicht werden: "Dafür zu sorgen, dass in Mali dauerhaft Frieden geschaffen wird und die Verantwortlichen in diesem Land selbstbestimmt die Geschicke ihres Landes in die Hand zu nehmen", so Maas.

Autor: Clarissa Herrmann

*Der Beitrag "Außenminister Maas strandet in Bamako" stammt von Deutsche Welle. Es gibt keine redaktionelle Prüfung durch FOCUS Online. Kontakt zum Verantwortlichen hier.

Deutsche Welle
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- Sierens China: Deal-Maker unter Druck

Sierens China: Deal-Maker unter Druck
Beim Gipfel in Hanoi kam es zu keiner schnellen Einigung. Der Druck auf Trump wird nun noch größer. Dass Kim Handlungsspielraum hat, um seine Interessen zu wahren, liegt vor allem an Peking, meint Frank Sieren.

Damit hatte wohl auch Trump nicht gerechnet: Er habe zwar "keine Eile", aber "würde nicht überrascht sein, wenn etwas klappen würde", hatte er im Vorfeld des Treffens mit Kim Jong Un erklärt. Hinterher betonte er, man dürfte sich nicht scheuen, die Verhandlungen auch mal ohne Ergebnis zu verlassen. Die "jeweiligen Teams" der USA und Nordkoreas würden die Gespräche nun fortsetzen, fügte er hinzu. "Wir sind nicht mit bösen Worten auseinander gegangen."

Washington hatte gehofft, schon jetzt neben konkreten Zusagen zur Denuklearisierung einen Friedensvertrag verkünden zu können, der den Koreakrieg offiziell beendet hätte. Trump hatte Kim im Vorfeld mit markigen Slogans geködert. Nordkorea könne zum "Powerhouse", zu "einer anderen Art von Rakete werden - einer wirtschaftlichen."

Treffpunkt Vietnam war kein Zufall

Es war kein Zufall, dass das Treffen in Vietnam stattfand. Das kommunistische Land ist heute eine der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften Asiens. Firmen wie Samsung, Nike und Adidas produzieren hier für den Weltmarkt. McDonalds und Starbucks gehören in Hanoi mittlerweile zum Stadtbild. Blühende Landschaften, die sich Trump auch für Nordkorea vorstellen könnte: "Eine große Chance für meinen Freund Kim Jong Un." Natürlich möchte er als Deal-Maker dabei ein großes Stück vom Kuchen abbekommen. Nordkorea, das wegen seines Atom- und Raketenprogramms seit 1996 mit UN-Sanktionen belegt ist, ist reich an Rohstoffen, die Arbeitskräfte sind billig, die Infrastruktur wenig erschlossen. Das Potenzial hier Geschäfte zu machen ist enorm.

Kim ist der erste nordkoreanische Führer, der dieses Potenzial erkannt hat und dementsprechend auf der Weltbühne taktiert. Seit seiner Machtübernahme hat er die Wirtschaft reformiert: 13 neue Entwicklungszonen hat er eröffnet, um ausländische Investoren anzuziehen. Die Steigerung des Lebensstandards wurde unter ihm zur politischen Agenda. Kim weiß, dass es für sein Regime überlebenswichtig ist, dass die Sanktionen verschwinden. Er will eine starke Mittelschicht im Land, aber eben nur nach seinen Regeln. Immerhin konnte Kim bei dem Gipfel deutlich machen, dass er nicht die Maus ist, mit der die amerikanische Katze spielen kann. Dass Kim genug Handlungsspielraum hat, um sich den Vorstellungen der USA nicht einfach fügen zu müssen, liegt nicht nur an seinem Nukleararsenal, sondern auch an China.

Peking fordert zwar ebenso wie Washington die Denuklearisierung der Halbinsel, will aber auf keinen Fall die Stabilität Nordkoreas riskieren. Fast der gesamte Handel des Nachbarn läuft über China. Trotz der Sanktionen immer noch so viel, dass Nordkorea nicht zusammenbricht. Aber auch so wenig, dass Washington sich nicht ärgert. Peking hat die Balance offensichtlich hinbekommen. Denn Trump hat nach dem Gipfel in Hanoi die Rolle Chinas als "sehr hilfreich" bezeichnet. "Könnte Xi noch hilfreicher sein?" fragte Trump, und antwortete nur: "Vielleicht."

Keine Einigung ohne China

In einem war er sich jedoch sicher: Peking war eine größere Hilfe, "als die meisten Menschen glauben". Er weiß natürlich auch, dass es wenig bringt, sich bei diesem Thema gegen China zu stellen. Viermal innerhalb von zehn Monaten hat Kim Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping besucht. Vor Trumps Annäherung und seiner außenpolitischen Hochstilisierung Chinas zum geopolitischem Gegner, hatten sich die beiden als Staatschefs nie getroffen. Ein klares Signal, dass eine Einigung in den Verhandlungen mit Nordkorea nicht ohne die Berücksichtigung chinesischer Interessen stattfinden wird. Dass Trump lieber die Verhandlungen vertagt hat, als irgendein Papier zu unterschreiben, was sicherlich möglich gewesen wäre, zeugt davon, dass er an einer langfristigen stabilen Lösung interessiert ist, die ihm einen Platz in den Geschichtsbüchern sichert. Immer wieder hat er bei seiner Pressekonferenz davon gesprochen, dass noch kein anderer Präsident vor ihm so weit gekommen sei wie er.

Eine langfristige Lösung ist auch im Interesse der Chinesen. Und so zeigte ein Regierungssprecher Verständnis dafür, dass beide Seiten sich ohne Ergebnis getrennt haben: Der gegenwärtige Verhandlungsstand sei nicht leicht zu erreichen gewesen. Beide Parteien sollten "sich auf halbem Wege treffen und die angemessenen Besorgnisse des jeweils anderen in Betracht ziehen", erklärte der chinesische Außenamtssprecher Lu Kang bereits vor dem Treffen. Nicht ohne Hintergedanken: Während Trump sich feiern lässt, würde eine langfristige Lösung zwangläufig bedeuten, dass die Amerikaner an Einfluss verlieren. Die amerikanischen Truppen in Südkorea werden dann kaum noch gebraucht. Das freut die Chinesen natürlich.

Unser Kolumnist Frank Sieren lebt seit über zwanzig Jahren in Peking.

Autor: Frank Sieren

*Der Beitrag "Sierens China: Deal-Maker unter Druck" stammt von Deutsche Welle. Es gibt keine redaktionelle Prüfung durch FOCUS Online. Kontakt zum Verantwortlichen hier.

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Stellungnahme - Verteidigungsministerium räumt schwere Fehler bei "Gorch Fock" ein

Stellungnahme: Verteidigungsministerium räumt schwere Fehler bei "Gorch Fock" ein

In der Affäre um das Marine-Segelschulschiff "Gorch Fock" hat das Bundesverteidigungsministerium einem Medienbericht zufolge gravierende Fehler eingeräumt.

Die "Welt" berichtet, das Ministerium habe nach einer umfangreichen Prüfung der internen Revision die schweren Vorwürfe des Bundesrechnungshofes weitgehend bestätigt.

In einer Stellungnahme, die dem Bundestag am Donnerstag übermittelt wurde, heißt es demnach, obwohl die Prüfungen noch nicht abschließend aufgearbeitet worden seien, erlaube der bisherige Wissensstand "bereits festzustellen, dass wir dem überwiegenden Teil der Darstellungen des Bundesrechnungshofes sowie den Empfehlungen im Wesentlichen folgen und die zusammenfassenden Bemerkungen teilen".

Kosten auf 135 Millionen Euro angestiegen

Der Rechnungshof hatte Anfang Januar Medienberichten zufolge in einem Prüfbericht schwere Versäumnisse bei der Instandsetzung des im Jahr 1958 gebauten Segelschiffs festgestellt. So waren für die Sanierung des Dreimasters Ende 2015 noch knapp zehn Millionen Euro veranschlagt worden. Inzwischen sind die Kosten auf 135 Millionen Euro angestiegen. Der Rechnungshof bemängelte unter anderem, vor der Instandsetzung habe es weder eine umfassende Schadenaufnahme noch eine ausreichende Untersuchung der Wirtschaftlichkeit gegeben.

Allerdings weist das Verteidigungsministerium dem "Welt"-Bericht zufolge einige Vorwürfe des Rechnungshofes zurück. Insbesondere widerspricht das Ressort der Feststellung der Finanzkontrolleure, die "Gorch Fock" habe über Jahre "eine Gefahr für Leib und Leben der Besatzung und der Offiziersschüler" dargestellt.

Sicherheit der Soldaten soll nicht beeinträchtigt gewesen sein

In der Stellungnahme schreibt das Ministerium, eine solche Gefahr habe "jedenfalls seit Abschluss der Instandhaltungsmaßnahmen 2012 bis zum Beginn des aktuellen Instandhaltungsvorhabens nicht bestanden". Die Sicherheit der Soldaten sei nicht beeinträchtigt gewesen.

Der sicherheitspolitische Sprecher der Grünen, Tobias Lindner, forderte das Verteidigungsministerium in der "Welt" auf, sich künftig "nicht nur als Opfer der kriminellen Machenschaften einer Werft zu inszenieren". Das von Ursula von der Leyen (CDU) geführte Ministerium habe "auch erhebliche eigene Fehler gemacht".

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Dieses Mal trifft es Heiko Maas - Außenminister sitzt nach Flugzeugpanne in Mali fest

Dieses Mal trifft es Heiko Maas: Außenminister sitzt nach Flugzeugpanne in Mali fest

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) ist wegen einer Panne an seinem Regierungsflieger im westafrikanischen Mali gestrandet. Die Maschine vom Typ A319 konnte ihn am Donnerstagabend nicht wie geplant von der malischen Hauptstadt Bamako zurück nach Berlin bringen.

Über den Defekt wurden zunächst keine Angaben gemacht. Maas entschied sich zunächst, in Bamako zu übernachten. Er will am Freitag mit einer Ersatzmaschine zurückfliegen.

Mysterium Stonehenge: Forscher wissen jetzt, woher die Steine kommen

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- "Mer stonn zesamme“ / In Bensberg findet traditionell eine "Möhnemess" statt

"Mer stonn zesamme“ / In Bensberg findet traditionell eine "Möhnemess" statt
Erst beten, dann feiern. Das gehört für viele Jecken zusammen. Den Segen von ganz oben holten sich daher zu "Wieverfastelovend" hunderte Frauen in St. Nikolaus, wo in jedem Jahr ein ökumenischer Wortgottesdienst gefeiert wird.

Das sei genau das Richtige für die Seele, findet Ute Dombrowski. "Damit läute ich für mich den Straßenkarneval ein, zumal dieser Gottesdienst geradezu die ideale Einstimmung dafür ist. Zwischen Herzschmerz und Freude bis hin zum sprichwörtlichen Druck auf die Tränendrüsen ist alles mit dabei", lacht die 54-Jährige. In ihrem schmucken Amazonen-Kostüm der Großen Bensberger Karnevalsgesellschaft Rot-Weiß reiht sie sich zwischen die vielen bunten Clowns und Narren ein, die an diesem Morgen von überall her nach St. Nikolaus gekommen sind.

Bereits zum zehnten Mal ist sie bei diesem traditionellen Wortgottesdienst mit dabei und trotzdem in jedem Jahr wieder neu angetan von dieser ganz eigenen Mischung aus ansteckender Feierstimmung mit kölschen Mundart-Hits und besinnlich-nachdenklichen Tönen. Sonst singt die Katholikin im Kirchenchor. Aber an diesem Morgen darf es auch mal das weniger klassische Genre sein. "Der kirchliche Segen in der Session ist wie das I-Tüpfelchen, bevor dann um 11.11 Uhr das Rathaus gestürmt wird", sagt Dombrowski. "Er gibt mir Schwung für den Tag." Und dann fügt die passionierte Karnevalistin augenzwinkernd noch hinzu: "Eigentlich die schönste Messe im ganzen Jahr und als niederschwelliges Angebot auch für Nicht-Kirchgänger durchaus eine Anregung, mal in einen Gottesdienst reinzuschnuppern."

Anziehungspunkt für die Menschen am Ort

Dass es an diesem Morgen "lockerer und entspannter als sonst" in der Kirche zugehe, alle kostümiert kommen dürften und zudem die Texte in Mundart gesprochen würden, macht diese "Möhnemess" auch für Angelika Frauen und ihre Freundin Dagmar Löhr aus Overath-Untereschbach so attraktiv. "Die Musik ist einfach toll und die Atmosphäre ganz besonders; außerdem finde ich den ökumenischen Akzent gut", schwärmt sie. In jedem Jahr komme sie mit einer Gruppe von Frauen nach Bensberg. "Das muss man mal erlebt haben", wirbt sie in ihrer eigenen Pfarrei für diesen außergewöhnlichen Gottesdienst, zu dem sich die Frauen immer schon ziemlich früh auf den Weg machen.

Denn die "Möhnemess" ist zwar zuallererst ein Anziehungspunkt für die Menschen am Ort, aber auch für zahlreiche Frauen aus den Nachbargemeinden, wo es eine solche über fast zwei Jahrzehnte gewachsene Tradition nicht gibt. Und schließlich wollen sie am liebsten auch alle einen Platz in den vorderen Bankreihen ergattern. Von da habe man jedenfalls den besten Blick auf Band und Altar – das wissen sie von ihren Besuchen aus den Vorjahren längst.

"Ohne den Sejen Jottes jeht es nit!"

"Knatschjeck vür Freud" lautete in diesem Jahr das Motto der Möhnemess. Und dass das die vielen hundert Frauen an diesem Morgen in St. Nikolaus wörtlich nehmen, zeigen nicht nur die phantasievollen Kostüme und strahlenden Gesichter bis in die letzten Reihen, wo genauso ausgelassen mitgesungen und geschunkelt wird wie vorne am Altar. Auch das Vorbereitungsteam – Pfarrer Andreas Süß, Pastor in den katholischen Pfarrgemeinden St. Nikolaus/St. Joseph, Pfarrer Wolfgang Graf von der evangelischen Kirchengemeinde Bensberg und Mechtild Münzer – gibt sein Bestes, mit viel Sinn für Humor und das rheinische "Levensjeföhl" die eine oder andere launige Pointe zu setzen und dennoch auch das durchaus ernste Anliegen eines solchen kirchlichen Angebots im Blick zu behalten.

"Ne, watt hamma ne schöne Relijon!", entfährt es beispielsweise Pfarrer Süß an einer Stelle. Und an anderer: "Ohne den Sejen Jottes jeht es nit!", um dann mit der ganzen Gemeinde einzustimmen in den bekannten "Höhner"-Hit: "Kumm, loss mer fiere, nit lamentiere!" Und so läuft diese morgendliche Andacht zu keiner Zeit Gefahr, in eine Art Büttenredenveranstaltung zu kippen. Auch weil die sonst für einen Wortgottesdienst üblichen Bestandteile Lesung, Evangelium, Fürbitten und "Vater unser" – trotz des durchgängigen Vortrags "op kölsch" – durchaus für andächtiges Zuhören und stille Momente in all dem fröhlichen Trubel sorgen.

"Ohne das Kirchenjahr gäbe es gar keinen Karneval"

Zusätzliche Pluspunkte sammeln die beiden Pfarrer vorne am Ambo auch mit ihren pointensicher formulierten Betrachtungen zu dem, was das "fröhliche Hätz" eines Christenmenschen ausmacht, und was es heißt, "knatschjeck zo sin", "zu lache" oder den "liev Herrjott" ins eigene "Levve" einzubeziehen. Kirche und Karneval – das gehört ganz klar für die beiden Seelsorger zusammen. Und so haken auch sie sich unter, als es heißt "Wann jeiht der Himmel widder op…" oder die Band den typisch kölschen Ohrwurm anstimmt: "Wenn am Himmel die Stääne danze un d’r Dom sing Glocke spillt…"

"Ohne das Kirchenjahr gäbe es gar keinen Karneval", betont Pfarrer Graf. Im Karneval würde noch einmal kräftig gefeiert, bevor es dann hieße, sechs Wochen lang zu fasten. "Indem wir als Christen ausgelassen miteinander Karneval feiern, schärfen wir noch einmal unser Bewusstsein für die am Aschermittwoch beginnende österliche Bußzeit", ergänzt Pfarrer Süß. Und schließlich ist dem Leitenden Pfarrer in Bensberg eine Botschaft noch ganz wichtig: "Mer stonn zesamme im Karneval." Sich von dieser Haltung aber auch etwas in die Zeit nach Aschermittwoch hinüberzuretten, sei ihm ein Herzensanliegen. "Beieinander stehen, füreinander da sein. Darauf kommt es an. An jedem Tag eines Jahres."

*Der Beitrag ""Mer stonn zesamme“ / In Bensberg findet traditionell eine "Möhnemess" statt" stammt von DOMRADIO.DE. Es gibt keine redaktionelle Prüfung durch FOCUS Online. Kontakt zum Verantwortlichen hier.

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„Geheimakte Asyl“ - Reporter enthüllt, wie Deutschland Warnungen vor Terroristen ignorierte

„Geheimakte Asyl“: Reporter enthüllt, wie Deutschland Warnungen vor Terroristen ignorierte

In der Flüchtlingskrise sollen Chefs des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und Politiker Warnungen vor möglichen Terroristen und Kriminellen ignoriert haben. Das legt zumindest ein Buch unter dem Titel „Geheimakte Asyl: Wie die Politik in der Flüchtlingsfrage Deutschlands Sicherheit gefährdet“ nahe.

Autor des Buches ist Stefan Meining, Terror-Experte des Bayerischen Rundfunks (BR). Sein Credo: Viel zu lange habe in Zeiten des großen Flüchtlingszuzugs die politische Maxime gelautet, dass es kein Sicherheitsproblem gebe. Dabei sei Polizei- und Geheimdiensten das Risiko bewusst gewesen.

Wegen der hohen Flüchtlingszahlen hatte das BAMF Ende 2014 begonnen, Asylanträge von Menschen aus Syrien, dem Irak und Eritrea in einem beschleunigten schriftlichen Verfahren zu bearbeiten. Sie mussten bei ihrem Asylantrag lediglich einen Fragebogen ausfüllen. Das Ziel: den stetig wachsenden Antragsstau auflösen und die Bearbeitung beschleunigen. Dazu schreibt der Terror-Experte in seinem Buch:

„Eindringlich klingt (…) die Warnung der Sicherheitsexperten im BAMF vor den Folgen der schriftlichen Anhörungen. Zurzeit können ‚nur im begrenzten Umfang Erkenntnisse zu den Antragstellern aus den Staaten Syrien, Irak und Eritrea an die Sicherheitsbehörden‘ zur Verfügung gestellt werden. (…) Erneut weisen die Experten im BAMF darauf hin: Unter Sicherheitsaspekten bleibe ‚eine persönliche Anhörung des Antragstellers wünschenswert. Sie sollte nicht durch einen Fragebogen ersetzt werden‘.“

Insider: Jede Kontrollfunktion wird bewusst auf Sparflamme gestellt

In dieser Zeit wurde auch das Personal im BAMF massiv aufgestockt. Der Autor schreibt von „Blitzeinweisungen“ innerhalb weniger Tage. Auch Mitarbeiter anderer Behörden wechseln zeitweise ins BAMF. Altgediente Mitarbeiter würden mit Sorge feststellen, dass den Neuen „jegliche Sensibilität für Sicherheitsfragen fehlt“.  

„Seit vielen Jahren ist das BAMF innerhalb der deutschen Sicherheitsarchitektur die erste Behörde, die Informationen zu Asylbewerbern sammeln kann. Im Herbst 2015 fällt dieser Vorposten beinahe komplett weg. Jede Kontrollfunktion wird bewusst auf Sparflamme gestellt, allen Sicherheitsbedenken zum Trotz. Sonst wäre das BAMF komplett zusammengebrochen, und ‚das hätte die Bevölkerung nicht verstanden‘, meint ein Insider mit besten Beziehungen zu den deutschen Sicherheitsdiensten: ‚Deshalb musste so getan werden, als würde es laufen. Dabei war das Kind bereits in den Brunnen gefallen.‘“

„Warnungen blieben geheim; bis zum heutigen Tag“

Weiter schreibt Meining in seinem Buch von einer Warnung des Bundesamts für Verfassungsschutz vor eingeschleusten IS-Kämpfern. Der Autor beschreibt sie als „besorgniserregende Nachricht“, von der die Deutschen nicht erfuhren, die aber auch auf politischer Seite folgenlos blieb:

„Laut einem Hinweis des Bundesamtes für Verfassungsschutz, abgekürzt BfV, haben sich Anhänger des sogenannten Islamischen Staates und weiterer Gruppierungen ‚unauffällig als Flüchtlinge getarnt auf den Weg nach Europa gemacht‘. Das BfV spricht dabei insbesondere von männlichen Personen, die sich als Kurden aus Mossul ausgeben. (…) Diese Warnungen bleiben geheim; bis zum heutigen Tag. Aus gutem Grund: Der Hinweis des Bundesamtes steht in scharfem Kontrast zu den öffentlichen Verlautbarungen deutscher Politiker und Sicherheitsexperten.“

Meinings Buch gibt einen detaillierten Überblick über die – größtenteils bereits bekannten – Missstände in Deutschlands Flüchtlingsbehörde. So arbeitet er auch die Affäre um die Ex-Behördenleiterin Jutta Cordt und den Fall des Bundeswehroffiziers Franco A. auf. Dafür führte der Terror-Experte Gespräche mit zahlreichen Mitarbeitern deutscher Sicherheitsbehörden, die ihm auch Einblick in vertrauliche Unterlagen gaben.

Politische Einstellung des Autors wird deutlich

Nicht unverborgen bleibt beim Lesen des Buches die politische Einstellung des Autors. So benutzt er Begrifflichkeiten wie „Grenzöffnung“ und „unkontrollierte Zuwanderung“. An anderer Stelle unterstellt er der Kanzlerin, sich für Fragen der Sicherheit nicht interessiert zu haben. „Die Paladine folgten ihr“, schreibt er. „Wer immer es damals auch nur wagte, auf Sicherheitsprobleme hinzuweisen, musste mit erbitterter Kritik und sogar heftigen Beleidigungen rechnen“, schreibt er und ignoriert dabei, dass die Sicherheitsfrage im Zuge des Flüchtlingszuzugs eine der vorherrschenden Debatten dieser Zeit war. Meining belegt seine These nicht.

Im Video: Weltweite Flüchtlingszahlen zeigen: Die eigentliche Krise findet woanders statt

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Fakt & Fake: Wahrheiten der Woche mit Josef Seitz - Prüffall AfD: Warum es so gut ist, dass es keinen gefühlten Rechtsstaat gibt

Fakt & Fake: Wahrheiten der Woche mit Josef Seitz: Prüffall AfD: Warum es so gut ist, dass es keinen gefühlten Rechtsstaat gibt

Hat sich der Verfassungsschutz instrumentalisieren lassen, um die so genannte Alternative für Deutschland in den Landtagswahlkämpfen zu beschädigen? Das Verwaltungsgericht Köln zieht die Notbremse. Den „Prüffall“ AfD dürfen die Verfassungsschützer nicht öffentlich machen. Und diese Klarheit ist gut so – ganz egal, wer sich wann wie worüber freut.

Rechtsstaat ist etwas Schönes.  Gerade in Zeiten wie diesen. Wie diese Zeiten sind? Wir haben begonnen, zu fühlen, statt zu denken. Eingeschlichen hat sich dieses Phänomen schon früh. Es begann in den Wetterberichten. Da war plötzlich nicht mehr einfach von Temperatur die Rede, nicht von Kälte oder Wärme, sondern von „gefühlten Temperaturen“. Fühlen hat die Fakten verdrängt. Am Anfang war das Wetter. Inzwischen hat sich der Hang zur Irrationalität in alle Bereiche eingeschlichen. Längst fühlen wir Entscheidungsprozesse, auch die politischen. Auch dort, wo Denken nötig ist.

Verwaltungsgericht Köln gab der AfD Recht - die endgültige Entscheidung steht noch aus

Rechtsstaat ist etwas Wichtiges. Er widersetzt sich dieser Gefühligkeit. Er schafft Klarheit, und das ganz unabhängig davon, wer sich wie fühlt, wer sich worüber freut und wer sich über was ärgert. Nehmen wir den Fall der Woche. Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf die AfD nicht länger öffentlich als „Prüffall“ bezeichnen. In einem Eilantrag hatte sich die Partei dagegen zur Wehr gesetzt, da dieses Öffentlichmachen „die Ausübung der parteilichen Tätigkeit“ erschwere. Die AfD hatte es eilig, klar, in einem Jahr der wichtigen Landtagswahlkämpfe. Das Verwaltungsgericht Köln gab der Partei Recht – zumindest im Eilantrag. Das Verfahren in der Hauptsache steht noch aus. Damit löst das Verwaltungsgericht mit seiner rationalen und auf 22 Seiten erklärten Entscheidung sehr spannende Gefühligkeiten aus. Es freut sich die AfD, die sonst eher die Neigung hat, sich vom Rechtsstaat verfolgt zu fühlen. Die Entscheidung tut denen weh, die sich sonst so gerne „im Kampf gegen die Rechten“ auf der Seite der Rechtsstaatlichkeit sehen.

Über den Autor - Josef Seitz

Politik ist viel mehr als das, was Politiker sagen. Davon ist Josef Seitz überzeugt. Er hat eine Regionalzeitung geleitet und ein Medien-Fachmagazin, war in der Chefredaktion einiger der großen Fernsehzeitschriften, Ressortleiter und Textchef beim Nachrichtenmagazin FOCUS. Für FOCUS Online begeistert er sich für das, was Politik auch sein kann: ein Thema, das alle angeht.

Klarheit ist etwas Entscheidendes. Tatsächlich hatte der Bundesverfassungsschutz den Eindruck hinterlassen, unter seiner neuen Führung nun ganz besonders demonstrativ gegen die AfD vorgehen zu wollen – und damit den „Prüffall“ öffentlich gemacht. Es ist gut, dass das Gericht da eine Grenze gezogen hat. Mit einer Instrumentalisierung der Verfassungsschützer ist niemandem gedient. Genauso gut wird es sein, wenn eben dieser Rechtsstaat sich auch die Parteienfinanzierung sehr genau ansehen wird. Die meisten Spenden erhält traditionell in Deutschland die Union. 41,6 Millionen Euro Spenden und Beiträge von Mandatsträgern gab es 2016 für die CDU. 10,2 Millionen Euro waren es für die CSU. Bei der AfD kamen nur 6,4 Millionen Euro an. Trotz der geringeren Spendeneinnahmen hat die AfD aktuell mit Abstand den größten Ärger mit ihren Spendern.

Auch da wird es letztlich um die Klarheit der rationalen Rechtsstaatlichkeit gehen. Falls die AfD sich tatsächlich illegal bereichert hat, falls die AfD tatsächlich in mehreren Fällen dem Bundestag nur eine Liste mit Strohleuten geschickt hat, um illegale Parteispenden zu legalisieren, falls sich die AfD schlimmer bereichert als die so oft attackierten so genannten „Altparteien“: Dann wird es höchste Zeit sein, auch in diesem Fall die Klarheit und Rationalität des Rechtsstaates zu zeigen. Ganz unabhängig davon, wer sich dann wie fühlt.

Im Video: Rechtspopulistische FPÖ jubelt in WhatsApp-Nachricht über Asyl-Verschärfungen

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Fall Oury Jalloh - CDU, SPD und Grüne machen gemeinsame Sache mit der AfD

Fall Oury Jalloh: CDU, SPD und Grüne machen gemeinsame Sache mit der AfD

Der Landtag in Sachsen-Anhalt hat einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Feuertod des Asylbewerbers Oury Jalloh abgelehnt. Der Antrag der oppositionellen Linken fand am Donnerstag nicht die nötige Mehrheit. Die Koalitionsfraktionen von CDU, SPD und Grünen enthielten sich, die AfD stimmte dagegen. Die Koalition will erst die Untersuchungsergebnisse zweier unabhängiger Experten abwarten.

Aus Sicht der Linken ist der U-Ausschuss nötig, weil die schwarz-rot-grüne Koalition die Aufklärung in dem Fall immer weiter verzögere. Der Landtag hatte zwei juristische Experten mit der Prüfung der Ermittlungsakten in dem Fall beauftragt. Der Beginn dieser Arbeit werde mit fadenscheinigen Gründen immer weiter aufgeschoben, kritisierte Linken-Innenexpertin Henriette Quade.

Auch SPD und Grüne forderten einen schnellen Beginn der Arbeit der Experten. Grünen-Innenexperte Sebastian Striegel betonte aber: "Die Frage nach einem U-Ausschuss stellt sich zum derzeitigen Zeitpunkt nicht." Erst müssten die Experten ihre Prüfung durchführen.

Der Asylbewerber Oury Jalloh war vor 14 Jahren bei einem Feuer in einer Gefängniszelle in Dessau gestorben. Die genauen Umstände konnten auch in zwei Gerichtsprozessen nicht geklärt werden. Die Generalstaatsanwaltschaft hatte im November 2018 die Einstellung der Ermittlungen bestätigt, weil keine Aufklärung mehr zu erwarten sei.

Die Anwältin der Familie Jallohs stellte einen Antrag auf Klageerzwingung beim Oberlandesgericht. Der Rechtsausschuss hatte beschlossen, dass die externen Experten erst nach der Entscheidung darüber tätig werden sollen. Striegel geht davon aus, dass die Experten dann rund sechs Monate für die Prüfung der Akten brauchen.

Im Video: Zeitgleich in zwei Banken: Panzerknacker sprengen Geldautomaten - Fahndung läuft

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Kurz vor Parlamentswahl - Israels Premier Netanjahu wird wegen Korruption angeklagt

Kurz vor Parlamentswahl: Israels Premier Netanjahu wird wegen Korruption angeklagt

Bestechlichkeit und Korruption: Wenige Wochen vor den Parlamentswahlen hat die israelische Staatsanwaltschaft Anklage gegen Premierminister Benjamin Netanjahu erhoben. Für den rechtskonservativen Regierungschef wird es jetzt eng.

Israels Generalstaatsanwalt wird Anklage gegen Regierungschef Benjamin Netanjahu wegen Korruptionsvorwürfen erheben. Avichai Mandelblit habe Netanjahu dies mitgeteilt, berichteten israelische Medien am Donnerstag übereinstimmend. Nach juristischer Praxis in Israel muss zuvor jedoch noch eine Anhörung Netanjahus erfolgen.

Die Staatsanwaltschaft erhebt in drei Punkten Anklage gegen Netanjahu:

  • Der Telekommunikationsfirma Besek soll er Vorteile bei der Regulierung gewährt haben, damit die vom selben Chef geführte Nachrichten-Website „Walla“ positiv über ihn berichtet.
  • Außerdem soll sich Netanjahu um eine geheime Absprache mit der israelischen Zeitung „Jediot Ahronot£ bemüht haben. Dabei soll er ein Gesetz, das die Verbreitung eines Konkurrenten der Zeitung eingedämmt hätte, im Gegenzug für positive Berichterstattung angeboten haben.
  • Im dritten Fall geht es darum, dass Netanjahu und seine Angehörigen von reichen Persönlichkeiten Luxusgeschenke für finanzielle und persönliche Gefallen erhalten haben sollen.

Netanjahus Lager wollte zuvor verhindern, dass die Anklagepunkte öffentlich gemacht werden. Im April finden in Israel Parlamentswahlen statt.

Mehr Informationen in Kürze auf FOCUS Online

Im Video: Reporter fragt Trump nach Abrüstung Nordkoreas – dieser eiert rum

cvh/flr/mit dpa
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GroKo im News-Ticker - Kramp-Karrenbauer fordert von Barley Ja zu Passentzug bei Dschihadisten auf

GroKo im News-Ticker: Kramp-Karrenbauer fordert von Barley Ja zu Passentzug bei Dschihadisten auf

Die Große Koalition aus Union und SPD ringt um ihren Kurs: Die SPD steckt im Umfrage-Tief. Die CDU hat gerade erst Annegret Kramp-Karrenbauer zur neuen Parteivorsitzenden gewählt und stellt sich für die Zeit nach Merkel neu auf. Die Entwicklungen im News-Ticker von FOCUS Online.

Kramp-Karrenbauer fordert von Barley Ja zu Passentzug bei Dschihadisten auf

16.40 Uhr: CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat Bundesjustizministerin Katarina Barley aufgefordert, den Weg für den Entzug der deutschen Staatsbürgerschaft bei IS-Kämpfern mit Doppelpass frei zu machen. "Unsere Erwartung an Justizministerin Katarina Barley ist, dass sie dazu jetzt endlich ihre Zustimmung gibt", sagte Kramp-Karrenbauer den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND/Freitagsausgaben). "Es ist dringend - und auch ein wichtiges Abschreckungssignal."

Die CDU-Chefin fügte hinzu: "Wer zu einer Terrororganisation geht und zwei Pässe hat, muss wissen, dass er damit den deutschen los ist – und damit auch die Möglichkeit, nach Deutschland zurückzukehren."

Im Koalitionsvertrag hatten sich Union und SPD darauf verständigt, den Entzug des deutschen Passes für Doppelstaatler bei der Teilnahme an Kampfhandlungen für eine "Terrormiliz" zu ermöglichen. Ein Gesetzentwurf aus dem Bundesinnenministerium geht Berichten zufolge nach Barleys Einschätzung über die Vereinbarung der Koalitionäre hinaus. 

Berichten zufolge gibt es zudem verfassungsrechtliche Bedenken gegen das Vorhaben: Denn der Passentzug wegen der Teilnahme an bisherigen Kampfhandlungen auf der Grundlage eines künftigen Gesetzes könnte gegen das Rückwirkungsverbot verstoßen. Möglicherweise wird das Gesetz daher nur in Fällen gelten, wo sich der Betreffende erst nach dessen Inkrafttreten einer Dschihadistenmiliz angeschlossen hat.

FDP-Chef will Urheberrechtsreform stoppen

14.02 Uhr: Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner will seinen Einfluss auf die liberalen Europaparlamentarier nutzen, um die Reform des Urheberrechts in der  bisher vorgesehenen Form zu stoppen, erfuhr FOCUS Online. Lindner wolle vor allem verhindern, dass das Gesetz so gestaltet werde, dass Uploadfilter faktisch unumgänglich würden, hieß es im Umfeld des Parteivorsitzenden. Unter den Abgeordneten der ALDE zeichnete sich bisher keine einheitliche Linie ab.

Grenzschließung als "Ultima Ratio": Daniel Günther hält davon nichts

09.12 Uhr: Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther hat sich kritisch zu dem von der CDU-Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer initiierten "Werkstattgespräch" zur Migration geäußert. Dessen Ergebnisse nähmen "ausschließlich Punkte ins Visier, die vielleicht nicht so gut gelaufen sind", sagte Günther der Zeitung "Welt". Verbesserungsvorschläge etwa für eine gelingende Integration finde man dort nicht. "Insofern sehe ich die Ergebnisse des Werkstattgesprächs als Diskussionsbeitrag, nicht als neue Positionierung der CDU."

Kramp-Karrenbauer hatte das "Werkstattgespräch" angesichts der heftigen Debatte über die Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel auch innerhalb der Union angesetzt, dabei aber betont, es gehe vor allem darum, was in Zukunft noch verbessert werden könne.

Günther lehnte eine Grenzschließung als "Ultima Ratio" im Fall einer neuen Flüchtlingsbewegung nach Deutschland ab, wie sie Kramp-Karrenbauer ins Gespräch gebracht hatte. "Das habe ich damals gesagt, und das gilt auch heute", sagte er.

Im Fall des von der Universität Kiel verhängten Verbots einer Vollverschleierung für Studierende, das innerhalb der schleswig-holsteinischen Jamaika-Koalition hochumstritten ist, stellte sich Günther hinter die Entscheidung der Hochschule. "Die Vollverschleierung passt nicht zu unseren Bildungsinstitutionen und auch nicht zu unserer freiheitlichen Gesellschaft insgesamt", so der Christdemokrat.

Zugleich sprach Günther sich für ein generelles Verbot der Vollverschleierung an Schleswig-Holsteins Schulen und Hochschulen aus. Eine entsprechende Gesetzesinitiative von Bildungsministerin Karin Prien werde er unterstützen. Die Grünen, Koalitionspartner Günthers, hatten das Verschleierungsverbot an der Universität Kiel dagegen scharf kritisiert.

Eine Absage erteilte der Regierungschef dem Vorschlag der Grünen, den Klimaschutz als Staatsziel in die Verfassung aufzunehmen. Seine Neigung, die Verfassung mit vielen Einzelzielen zu versehen, sei "ausgesprochen gering", sagte er "Welt".

Europapolitiker Brok erbost über Aufnahme Maaßens in Werteunion

17.25 Uhr: Der CDU-Europapolitiker Elmar Brok hat sich erbost gezeigt über die Tatsache, dass die Werteunion Ex-Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen aufgenommen hat. Im Gespräch mit FOCUS Online sagte er: „Wer demokratische Werte entdeckt, indem er Herrn Maaßen aufnimmt, verwechselt irgendwas. Laut Parteivorstands-Beschluss hat die Werteunion ohnehin keinen offiziellen Status in der CDU.“ Brok bemerkte über die Vereinigung:  „Das sind diejenigen, die Werte okkupieren wollen, sich aber selbst nicht an Werte halten.“

Ex-Verfassungsschutzpräsident Maaßen tritt konservativer Werteunion bei

13.36 Uhr: Der frühere Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen und  der Politologe Werner Patzelt sind dem inoffiziellen konservativen Flügel der Union, der  WerteUnion, beigetreten. Patzelt ist einer der Hauptautoren des CDU-Wahlprogramms in Sachsen. „Unser Ziel bleibt ein Politikwechsel der CDU/CSU, insbesondere für eine stärkere Begrenzung und Steuerung der Einwanderung sowie eine Senkung der Steuern und Sozialabgaben“, schrieb der Vorsitzende der WerteUnion, Alexander Mitsch, in einer Pressemitteilung.

Dabei scheue seine Vereinigung auch nicht davor zurück, „grüne Phantastereien innerhalb und außerhalb der Union sowie im Kanzleramt zu entzaubern“. Der stellvertretende Bundesgeschäftsführer der CDU, Nico Lange, reagierte bald. Er schriebe bei Twitter: „Auch von der kleinen Gruppe der WerteUnion erwarten die CDU-Mitglieder konstruktives Engagement für den gemeinsamen Erfolg der gesamten CDU.“

Amtsgewalt ausgenutzt? Grüne werfen CSU-Verkehrsministern Begünstigung von Bayern vor

Dienstag, 19. Februar, 03.30 Uhr: Seit knapp zehn Jahren sollen die Bundesverkehrsminister der CSU besonders viele Mittel ins CSU-regierte Bayern geleitet haben. Das kritisieren die Grünen mit Verweis auf die Antworten des Ressorts auf kleine Anfragen, die der Düsseldorfer "Rheinischen Post" vorliegen. "Seit die CSU im Jahr 2009 das Verkehrsressort übernommen hat, geht jedes Jahr ein höherer Anteil des Budgets nach Bayern, und das ist definitiv nicht Zufall", sagte Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer.

Im Jahr 2010 lagen demnach die im Verfügungsrahmen eingeplanten Mittel unter der Führung von Peter Ramsauer bei 947 Millionen Euro für Bayern. Das seitdem zweitplatzierte Nordrhein-Westfalen kam damals auf 881 Millionen Euro. 2016, in der Amtszeit von Alexander Dobrindt, wuchs das Budget für Bayern auf 1,4 Milliarden Euro, Nordrhein-Westfalen landete bei 1,0 Milliarden. Für das Jahr 2018 waren unter der Leitung von Andreas Scheuer nun 1,8 Milliarden Euro für Bayern und 1,25 Milliarden für NRW vorgesehen.

"Die CSU-Verkehrsminister praktizieren eine ganz spezielle Art des Länderfinanzausgleichs: mehr Geld für Bayern, weniger für die anderen Bundesländer", sagte Krischer. "Und da reden wir nicht über hier eine Million und da eine Million, sondern da geht es im Laufe der Jahre um Milliarden Euro." Er wolle jetzt anregen, dass der Bundesrechnungshof sich die Mittelabflüsse beim Verkehrsministerium genauer anschaut, gerade bei den Forschungstöpfen. "Mich würde auch nicht wundern, wenn hier ein unrechtmäßiges Handeln vorliegt, weil Amtsgewalt ausgenutzt und gegen das Neutralitätsgebot verstoßen wurde", sagte Krischer.

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Seehofer räumt ein - Behörden schoben Amri-Freund einfach ab – jetzt wissen sie nicht, wo er ist

Seehofer räumt ein: Behörden schoben Amri-Freund einfach ab – jetzt wissen sie nicht, wo er ist

Er gilt als Schlüsselfigur bei der Aufklärung des Terroranschlags auf dem Berliner Weihnachtsmarkt. Doch ob Ben Ammar als Zeuge zur Verfügung stehen wird, ist noch offen. Der tunesische Islamist war sechs Wochen nach dem Amri-Attentat abgeschoben worden.

Bundesinnenminister Horst Seehofer weiß nicht, ob der am 1. Februar 2017 nach Tunesien abgeschobene Islamist Bilal Ben Ammar untergetaucht ist oder nicht. „Mir ist momentan der Aufenthalt nicht bekannt“, sagte der CSU-Politiker am Donnerstag in Berlin. Die Bundesregierung bemühe sich aber, herauszufinden, wo Ben Ammar ist. Entsprechende Gespräche mit den tunesischen Behörden liefen bereits.

Ben Ammar war ein radikaler Islamist und enger Freund des Berliner Weihnachtsmarkt-Attentäters Anis Amri. Am Abend vor Amris Anschlag auf dem Breitscheidplatz aßen beide gemeinsam in einem Lokal. Für den Zeitpunkt der Tat hat er nach bisherigen Erkenntnissen der Ermittler kein Alibi. Der Untersuchungsausschuss des Bundestages zu dem Anschlag will Ben Ammar, der in Deutschland auch mit Drogen- und Diebstahlsdelikten aufgefallen war, vernehmen.

„Mir ist da nichts bekannt“

Sein Landmann Amri hatte am 19. Dezember 2016 einen Lastwagen gekapert, mit dem er auf den Weihnachtsmarkt raste. Er tötete zwölf Menschen, mehr als 70 Menschen wurden verletzt.

Die Bundestagsfraktionen von FDP, Grünen und Linken sind der Meinung, die Abschiebung von Ben Ammar sei voreilig gewesen. Sie fragen sich: Ging es den Sicherheitsbehörden damals nur darum, einen potenziell gefährlichen Islamisten loszuwerden oder sollte womöglich etwas vertuscht werden? Ob Ben Ammar für einen Nachrichtendienst gearbeitet habe, will ein Journalist wissen. Seehofer sagte: „Mir ist da nichts bekannt.“

Seehofer: Nur U-Ausschuss könne klaren, ob Abschiebung voreilig war

Besprochen wurde der Fall Ben Ammar kurz nach dem Anschlag in kleiner Runde, erinnert sich jemand, der damals mit dem Vorgang befasst war. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sei dabei gewesen und Heiko Maas (SPD), der zu diesem Zeitpunkt Justizminister war. Man sei damals übereingekommen, den Tunesier möglichst schnell abzuschieben, wenn man ihm keine Tatbeteiligung würde nachweisen können.

Ben Ammar wurde am 19. Januar 2017 zum zweiten Mal vom Bundeskriminalamt vernommen. 13 Tage später saß er im Flugzeug nach Tunis. Seehofer sagte, ob diese Abschiebung womöglich vorschnell war, könne in letzter Konsequenz nur der Untersuchungsausschuss klären.

Handy-Fotos vom Tatort

„Aus unserer Sicht hätte der Generalbundesanwalt genauer prüfen müssen und Ben Ammar auf Grundlage der schweren Vorwürfe länger in Untersuchungshaft halten können“, sagte Martina Renner, Obfrau der Linken im Untersuchungsausschuss.

Bin Ammar hatte Monate vor dem Anschlag Fotos gemacht, auf denen der spätere Tatort zu sehen ist. Auffällig ist die Perspektive, die er für seine Aufnahmen wählte. Auf den Bildern, die man auf seinem Handy fand, liegt der Fokus auf dem Zugang zum Platz, der damals nicht mit Pollern abgesperrt war und den Amri später nutzte, um den Lastwagen in die Menschenmenge zu steuern.

„Person mit hoher krimineller Energie“

Die Informationen zu Ben Ammar, die Seehofer jetzt mit dem Bundestag und der Öffentlichkeit geteilt hat, sind nicht vollständig. In der Zusammenfassung der Ereignisse von damals heißt es: „Ben Ammar galt als Person mit hoher krimineller Energie, potenziert durch seine radikal-islamische Gesinnung. Er wurde am 24. Dezember 2016 als Gefährder eingestuft.“

Wie aus einem früheren Vermerk des Bundeskriminalamtes hervorgeht, hatte die Berliner Polizei eine entsprechende Einstufung allerdings erstmalig bereits am 19. Februar 2016 vorgenommen - zehn Monate vor dem Anschlag.

Seltsame Bordkarte aus Nizza

Noch etwas ist aus heutiger Sicht merkwürdig: Die Berliner Polizei hatte Ben Ammar, der ein Sympathisant der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) war, bereits im November 2015 zur verdeckten Fahndung an den Grenzen ausgeschrieben. Ein Jahr später stoppte das Landeskriminalamt diese Maßnahme.

Dass Ben Ammar in diesem Jahr eine Auslandsreise unternahm, ist bekannt. Im Juli war er mit mehreren Freunden in Paris. Ob er am 14. Juli 2016 in Nizza war, ist bis heute ungeklärt. An diesem Tag steuerte ein tunesischer Islamist einen Lastwagen über einen Boulevard der südfranzösischen Hafenstadt und tötete so 86 Menschen.

Auf Ben Ammars Handy fanden die Ermittler später das Foto einer Bordkarte für einen Flug von Berlin nach Nizza, das darauf hindeutet. Auf diese Nizza-Verbindung angesprochen, blieb die Spitze des Bundesinnenministeriums am Donnerstag einsilbig. Man verwies auf die Ermittlungen der Franzosen zu dem Anschlag.

„Die Erklärung von Seehofer war mehr als enttäuschend“

Der FDP-Innenpolitiker Benjamin Strasser findet, Seehofer müsse sich mehr anstrengen, um herauszufinden, wo Ben Ammar steckt. Er sagt: „Wer Ben Ammar mit Hilfe von Tunesien in einer Nacht-und-Nebel-Aktion abschieben kann, muss auch mit Hilfe der tunesischen Regierung herausfinden können, wo sich Ben Ammar heute aufhält.“ Irene Mihalic (Grüne) meinte: „Die Erklärung von Bundesinnenminister Horst Seehofer war mehr als enttäuschend.“

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Neue Opfer-Aussage - Das erste Kapitel des Campingplatz-Missbrauchs wurde bereits 1996 aufgeschlagen

Neue Opfer-Aussage: Das erste Kapitel des Campingplatz-Missbrauchs wurde bereits 1996 aufgeschlagen

Der Skandal um den massenhaften Kindesmissbrauch auf einem Campingplatz in Nordrhein-Westfalen nimmt immer größere Dimensionen an. Mittlerweile laufen Ermittlungen gegen sieben Beschuldigte, darunter einen 16-Jährigen, der kinderpornographisches Material besessen haben könnte. Wie die Ermittler mitteilten, wurde womöglich neues Beweismaterial in der Behausung des Hauptverdächtigen Andreas V. entdeckt: Ein Daten-Spürhund habe einen USB-Stick gefunden, der nun ausgewertet wird.

Auch die Anschuldigungen gegenüber dem Hauptverdächtigen Andreas V. reichen wohl viel weiter zurück, als zunächst bekannt war. Zumindest V.s näheres Umfeld hätte bereits 1996 wissen können, dass der heute 56 Jahre alte Mann mutmaßlich Kinder missbrauchte.

Das geht aus Recherchen der „Süddeutschen Zeitung“ (SZ) hervor. Demnach soll V. 1996 eine damals 16-Jährige mehrfach geschlagen haben. Die Frau berichtete der Zeitung, als sie elf Jahre alt war, habe Andreas V. sie „angefasst“. Sie habe ihrem Vater, der eng mit V. befreundet gewesen sein soll, davon erzählt. Auch ihrer Großmutter habe sie davon berichtet. Aber ihre Familie habe ihr nicht geglaubt und V. die Taten nicht zugetraut, so dass es auch keine Anzeige gab.

Fall einer 15-Jährigen soll neu aufgerollt werden

Laut „SZ“ wurde auch die Tochter der Frau zum Opfer. Die damals 15-Jährige sei im vergangenen Jahr bei einer Party auf dem Campingplatz betrunken gemacht und vergewaltigt worden, schreibt die Zeitung. Der Täter stamme aus dem Bekanntenkreis der Hauptverdächtigen von Lügde, heißt es weiter. Über den Fall berichtete diese Woche auch der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU): Die Ermittlungen seien demnach im vergangenen Jahr zunächst eingestellt worden. Nun solle der Fall wieder aufgerollt werden.

Warum die Ermittlungen eingestellt wurden, obwohl das mutmaßliche Opfer seinen Vergewaltiger offenbar eindeutig identifiziert hatte, wurde zunächst nicht bekannt. Laut Reul wird noch überprüft, ob die Vergewaltigung als Einzeltat zu werten ist oder zu der Missbrauchs-Serie auf dem Campingplatz gehört.

NRW-Innenminister informierte über zwei weitere Taten

Innenminister Reul machte in dieser Woche vor dem nordrhein-westfälischen Landtag zwei weitere Taten bekannt, die Andreas V. zugeschrieben wurden. Bei den jetzigen Ermittlungen seien die Bielefelder Beamten in einer alten Poliezeiakte auf den Missbrauch einer Achtjährigen durch V. gestoßen. Das war 2002. Offenbar wurde damals kein Verfahren eingeleitet. Warum, wird derzeit überprüft.

Einen weiteren Verdachtsfall gab es laut Reul 2008. Wie die „SZ“ berichtet, habe die Polizei damals ihre Erkenntnisse offenbar nicht an die Staatsanwaltschaft weitergegeben.

Für die Opfer von Lüdge muss das ein weiterer Schlag sein. Denn der Gedanke liegt nahe, dass V. schon viel früher ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten wäre, hätte sein Umfeld rechtzeitig Hinweise an die Polizei weitergeleitet und diese wiederum an die Staatsanwaltschaft.

Sonderermittler: Müssen "bei null beginnen"

Hinzu kommen die zahlreichen Pannen bei der Sicherung von Beweismitteln. Laut „SZ“ beschwerte sich Kriminaldirektor Ingo Wünsch vom Landeskriminalamt über die schlechte Dokumentation der Polizei im Kreis Lippe. Man müsse nun „bei null beginnen“. Innenminister Reul hatte Wünsch als Sonderermittler in den Kreis geschickt.

Der Vorsitzende des Bundes deutscher Kriminalbeamter (BDK) Sebastian Fiedler befürchtet, dass noch mehr Ermittlungspannen ans Licht kommen werden. Dem ZDF-Morgenmagazin sagte er in dieser Woche, er „hoffe sehr“, dass die betroffenen Kinder nicht noch einmal angehört werden müssten, weil möglicherweise auch bei den Befragungen der Opfer „noch etwas schiefgegangen sein könnte“.

Fiedler weist darauf hin, dass es nicht um individuelles Versagen einzelner Polizeibeamter im Kreis Lippe gehe, sondern um ein strukturelles Problem. „Seit mehreren Jahren weisen meine Kollegen in Lippe darauf hin, dass sie am Limit arbeiten“ sagte er im WDR. Neben Personalmangel sprach er im ZDF weitere Probleme wie die Polizeiausbildung an, die nicht mehr auf dem neuesten Stand sei. Auch hätten nicht alle Beamten die Möglichkeit, sich angemessen weiterzubilden.

Video: Kriminal-Experte zu Missbrauch auf Campingplatz: Schockierende Zustände bei Ermittlungen

akw/mit Material von dpa
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Brexit im News-Ticker - Beim Besuch in Nordirland äußert sich Prinz William erstmals zum Brexit

Brexit im News-Ticker: Beim Besuch in Nordirland äußert sich Prinz William erstmals zum Brexit

Die britische Premierministerin Theresa May hat zwar einen Ausstiegsvertrag mit der EU ausverhandelt. Bisher hat sie dafür aber keine Mehrheit im britischen Unterhaus. Wenn May und die Parlamentarier keinen Kompromiss finden, droht Ende März der ungeregelte Brexit. Alle Informationen zum Brexit-Prozess im News-Ticker von FOCUS Online.

Brexit-Zeitplan

  • Bis zum 12. März: May benötigt notwendige Mehrheit für das Austrittsabkommen
  • Wenn nicht: 13. März - Unterhaus stimmt über einen Austritt ohne Vertrag ab
  • Bei Nein: 14. März - Parlament entscheidet über eine Verschiebung
  • Brexit für den 29. März geplant

Prinz William äußert sich erstmals zum Brexit

Donnerstag, 28. Februar, 15.28 Uhr: Fast zeitgleich mit einer Brexit-Abstimmungsrunde im Londoner Parlament hat Prinz William die Menschen in Nordirland „zum Zusammenhalt in schwierigen Zeiten“ aufgerufen. Britische Medien werteten seine Rede vom Vorabend am Donnerstag als Anspielung auf den geplanten EU-Austritt. William (36) war gemeinsam mit seiner Frau Kate (37) zu einem unangekündigten Besuch in Belfast eingetroffen. Die Royals kommentieren normalerweise keine politischen Geschehnisse.

Bereits die Weihnachtsansprache von Königin Elizabeth II. (92) hatte für Aufsehen in Großbritannien gesorgt, weil sie Passagen enthielt, die Kommentatoren als Stellungnahme zur Trennung von der EU werteten. Sie hatte zu mehr Respekt trotz unterschiedlicher Standpunkte aufgerufen. Das Parlament ist heillos zerstritten in Sachen Brexit.

Premierministerin Theresa May bleiben nach der Abstimmungsrunde nur noch knapp zwei Wochen Zeit, um doch noch eine Mehrheit für den EU-Austrittsvertrag zusammenzubekommen.

Hauptstreitpunkt ist eine Garantieklausel (Backstop) für eine offene Grenze zwischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland. Die Regelung sieht vor, dass Großbritannien so lange als Ganzes Teil der Zollunion bleibt, bis eine bessere Lösung gefunden ist. Kritiker fürchten, Großbritannien könne so dauerhaft eng an die EU gebunden bleiben.

Im Video: Im Jahr des Brexit: Britisches Kultauto feiert Geburtstag

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"Fast unmöglich, hier zu leben" - Kaum Perspektiven, kaum Chance auf Ausreise: Warum sich Gazas Jugend auflehnt

"Fast unmöglich, hier zu leben": Kaum Perspektiven, kaum Chance auf Ausreise: Warum sich Gazas Jugend auflehnt
Zwei Millionen Menschen leben im Gazastreifen. Die meisten von ihnen durften das Gebiet zwischen Israel und Ägypten noch nie verlassen. Besonders die Jugend leidet unter der Perspektivlosigkeit.

In Gaza-Stadt gehören junge Menschen auf Krücken mittlerweile fast zum alltäglichen Stadtbild. Auch Mahmoud Abu Zer ist jetzt einer von ihnen. Noch allerdings kann er sich kaum bewegen, die Wunden sind noch zu frisch. So verbringt er die meiste Zeit in seinem spärlich eingerichteten Zimmer im Haus seiner Eltern im Al Nafaq Viertel von Gaza-Stadt.

Seine Beine sind fixiert mit Mullbinden und Metallschienen. Vor zwei Wochen habe ihm ein israelischer Scharfschütze in beide Beine geschossen, erzählt der 19-Jährige. Wie jeden Freitag in den letzten Monate hatte er den Nachmittag am "Zaun" verbracht und Steine geschleudert. "Es war ganz normal, dahin zu gehen. Fast alle meine Freunde sind da", sagt Abu Zer im Gespräch mit der DW.

Die Massenproteste des "Marsches der Rückkehr" am Grenzzaun zwischen Israel und dem Gazastreifen haben vor fast einem Jahr begonnen. Die Demonstranten fordern ein Ende der Abriegelung des Gazastreifens - der vom Seeweg, Luftweg und über Land von der Aussenwelt abgeschnitten ist.

Die meisten der jungen Demonstranten haben Gaza noch nie verlassen aufgrund der strengen Reisebeschränkungen, die Israel mit seiner Sicherheit begründet. Die Blockadepolitik der Nachbarländer Israel und Ägypten soll vor allem Druck auf die Machthaber in Gaza ausüben: Die Hamas hatte 2007 gewaltsam die Kontrolle über den Gazastreifen von der palästinensischen Autonomiebehörde übernommen.

Doch mehr als zehn Jahre und drei Kriege später sind die Folgen der Abriegelung überall angekommen: Die Arbeitslosigkeit ist noch weiter angestiegen, Strom ist Mangelware, die Grenzen sind für eine Mehrheit der Einwohner unüberwindbar. Viele sind zudem bitter enttäuscht von den vielfach gescheiterten Versöhnungsversuchen zwischen den politischen Rivalen Hamas und Fatah. Ohne eine politische Lösung ist auch immer die Sorge vor einem neuen Krieg zwischen der militanten Hamas und Israel präsent.

Keine Perspektiven, keine Sicherheit

Er habe nichts zu verlieren und gehe deshalb auf die Demos, sagt Mahmoud Abu Zer. "Es gibt keine Zukunft für uns junge Leute hier. Ich würde beide Beine dafür geben, damit sich die Situation für meine Familie verbessert." Vor der Verletzung hatte er aushilfsmäßig als Automechaniker gearbeitet. Aber in den letzten fünf Monaten fand er keinen Job mehr.

Abu Zer ist nur einer der vielen jungen Menschen, die auf der Suche nach Arbeit sind. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt laut Weltbank bei rund 70 Prozent. "Die von der Werkstatt haben immer dann angerufen, wenn sie jemanden brauchten. Aber jetzt - das war's. Alles ist ohnehin vorbei. Wenn ich zur Haustür unserer Wohnung gehen will, brauche ich Hilfe von zwei oder drei Leuten um mir hoch zu helfen." Fortbewegen kann er sich derzeit nur im Rollstuhl oder auf Krücken.

Seine Mutter hatte Bedenken, wenn ihr Sohn zum "Zaun" demonstrieren ging. "Es gibt keine Arbeit, weder für die Jungen noch für die Alten. Ich glaube, einige gehen dorthin, weil sie der Situation entfliehen wollen, in der sie leben. Einige wollen vielleicht sogar erschossen werden", sagt sie der DW.

Die komplizierte Schussverletzung des Sohnes macht die ohnehin schwierige Situation der Familie nicht leichter. Abgesehen von ihrem ältesten Sohn, der als Schneider arbeitet, aber kaum Kunden findet, suchen alle Kinder Arbeit. Auch eine einmalige Zahlung von rund 87 Euro, die die Hamas an Verletzte zahlt, hilft nicht lange weiter.

Israel nennt die Demonstrationen "Terror" und wirft der Hamas vor, die Proteste für ihre eigenen Ziele zu instrumentalisieren. Palästinenser sehen es als ihr Recht an, zu demonstrieren. Seit März letzten Jahres wurden laut UNO und dem palästinensischen Gesundheitsministerium über 180 Palästinenser erschossen und über 6.000 mit scharfer Munition verletzt, darunter Kinder, medizinisches Personal und Journalisten. Auf israelischer Seite starb ein Soldat und mehrere wurden verletzt. Einen UN-Bericht, in dem Israel Kriegsverbrechen während der Gaza-Proteste im vergangenen Jahr vorgeworfen werden, wies der israelische Außenminister Israel Katz zurück, der Bericht sei ein "absurdes Theater". Die UN-Experten sagen in ihrem Bericht, dass die Mehrzahl der Palästinenser unbewaffnet waren und "keine unmittelbare Bedrohung darstellten."

"Es wird nur immer schlimmer"

In Gaza wächst das Unverständnis über die schwierigen Lebensbedingungen und das Gefühl, keine Kontrolle mehr über die eigene Zukunft zu haben. Das setzt auch zunehmend die Hamas unter Druck. Einige Beobachter sehen deshalb die Proteste als Ventil, um die Wut nach innen abzufedern und vom eigenen Versagen abzulenken, für die Bürger zu sorgen.

Für andere ist die Protestbewegung einfach zu gefährlich geworden. "Ich würde nicht demonstrieren gehen", sagt Bilal Abu Nadi. "Nicht weil ich nicht patriotisch bin, sondern weil ich Verantwortung für andere trage." Der junge Palästinenser sagt, er habe Glück gehabt, in der Schreinerei seines Onkels Arbeit zu finden, nachdem er einen anderen Job verloren hatte.

"Für mich ist Gaza ein schöner Ort, aber es ist fast unmöglich geworden, hier zu leben. Besonders für jungen Leute. Wenn sich die politische und wirtschaftliche Situation nicht ändert, dann werden die meisten versuchen, von hier weg zu gehen." Bei Wasserpfeife und Kaffee diskutiert er viel mit seinen Freunden über die Situation, die alle ständig beschäftigt. "Man fühlt sich hier als lebender Toter", sagt einer seiner Freunde. "Politiker von allen Seiten reden viel, aber nichts hat sich verändert. Es wird nur immer schlimmer."

Das kleine Gebiet zu verlassen ist sowieso extrem schwierig. Hala Shoman hat es mehrfach probiert in den letzten Jahren: Aber sie ist entweder an einer abgelehnten Ausreisegenehmigung oder an einem geschlossenen Grenzübergang gescheitert. Die 26-jährige Zahnärztin hält sich mit Aushilfsjobs in zwei Zahnarztpraxen über Wasser. An manchen Tagen ist sie als freiwillige Rettungssanitäterin bei den Protesten im Einsatz.

Weil der Grenzübergang mit Ägypten oft unregelmäßig offen oder geschlossen ist, hat sie ein Stipendium für eine Promotion in der Türkei verpasst. Gerade zu der Zeit war die Grenze für mehrere Wochen geschlossen. "Diese Gelegenheit zu verpassen hat mich für lange Zeit ziemlich deprimiert. Die erste Woche habe ich nichts essen können”, erinnert sie sich im Gespräch mit der DW.

Den Mangel an Perspektiven der jungen Menschen kennt auch Marie-Elisabeth Ingres, die die Organisation Ärzte ohne Grenzen in den besetzten palästinensischen Gebieten leitet. In einer der Kliniken der Organisation in Gaza-Stadt wird nun auch Mahmoud Abu Zer ambulant behandelt.

Am meisten Sorgen bereiten den Ärzten und Pflegern Knocheninfektionen, die mit den Schusswunden einhergehen. Diese in Gaza richtig zu behandeln, ist aufgrund des ohnehin völlig unterversorgten Gesundheitssystems extrem schwierig. Die vielen Verletzten stellen eine zusätzliche Herausforderung dar.

"Es gibt jetzt dieses Zeitfenster, in dem wir die Menschen behandeln können. Dann können wir ihre Gliedmaßen retten", sagt Ingres. "Wenn wir es in den nächsten Monaten nicht schaffen, wird es zu spät sein: Viele dieser jungen Menschen riskieren dann Amputationen."

Autor: Tania Krämer

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*Der Beitrag "Kaum Perspektiven, kaum Chance auf Ausreise: Warum sich Gazas Jugend auflehnt" stammt von Deutsche Welle. Es gibt keine redaktionelle Prüfung durch FOCUS Online. Kontakt zum Verantwortlichen hier.

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