Seit der Kölner Silvesternacht 2015/16 hat sich der Umgang der Medien mit Flüchtlingen verändert: Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Hochschule Macromedia laut Mitteilung vom Montag.
Seither seien Flüchtlinge als mutmaßliche Gewalttäter in den Fokus der Berichterstattung gerückt - die wachsende Gewalt gegen Flüchtlinge werde dagegen kaum thematisiert.
Studienleiter Thomas Hestermann analysierte zwischen Januar und April dieses Jahres 283 Artikel in überregionalen Zeitungen sowie 67 TV-Beiträge aus den Hauptnachrichten. "Die deutschen Medien haben den gewalttätigen Einwanderer als Angstfigur neu entdeckt", erklärte der Journalismus-Professor.
Derzeitige Berichterstattung kann Vorurteile befeuern
Demnach berichteten deutsche Fernsehsender in diesem Zeitraum viermal so häufig über Gewalt nichtdeutscher Tatverdächtiger im Vergleich zu 2014, obwohl deren Anteil in der Kriminalstatistik in diesem Zeitraum lediglich um ein Drittel angestiegen sei. Nichtdeutschen Opfern von Gewalttaten widmete das Fernsehen in diesem Jahr demnach halb so viele Berichte wie 2014, obwohl deren Zahl laut Bundeskriminalamt angestiegen ist. "Das führt zu einem verzerrten Bild und kann Vorurteile in der Bevölkerung anheizen", warnte der Medienwissenschaftler.
Ein weiteres Ergebnis: Vor allem die "Bild"-Zeitung berichte über Ausländer zumeist im Zusammenhang mit Kriminalität. In 64,3 Prozent der untersuchten Artikel wurden Ausländer erwähnt, wenn sie einer Straftat verdächtigt wurden. "Süddeutsche Zeitung" (39,5 Prozent) und "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (38,2 Prozent) thematisierten seltener Kriminalität. In der "taz" ging es mit 18,6 Prozent der Artikel über Nichtdeutsche deutlich weniger um Straftaten.
Flüchtlinge kommen in den Medien selten zu Wort
Wie das Magazin "journalist" weiter berichtet, bleibt die Perspektive der Betroffenen laut Studie zumeist außen vor, wenn es in den Medien um Flüchtlinge geht. In der "Bild"-Zeitung kam in 3,6 Prozent der untersuchten Artikel ein nichtdeutscher Gesprächspartner zu Wort; in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" in 20 Prozent.
Hestermann leitet ein Forschungsprojekt zur TV-Berichterstattung über Gewaltkriminalität in Zusammenarbeit der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen und dem Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen. In der Studie wurden Artikel aus "Bild"-Zeitung, "Süddeutscher Zeitung", "Frankfurter Allgemeiner Zeitung" und "taz" analysiert sowie Beiträge von ARD, ZDF, RTL, RTL II, Sat.1, ProSieben, kabel eins und Vox.
No comments:
Post a Comment