Weltweit gibt es derzeit rund 30 Kriege und größere bewaffnete Konflikte. Hinzu kommen etliche Krisen, die schnell in Gewalt umschlagen können, wenn die Diplomatie versagt. Die bedrohlichste Krise war in diesem Jahr zweifellos der Streit um das Atomprogramm Nordkoreas.
Die militärischen Drohgebärden und der verbale Schlagabtausch zwischen dem nordkoreanischen Staatschef Kim Jong Un und US-Präsident Donald Trump haben dazu geführt, dass ein Atomkrieg wieder in den Bereich des Möglichen gerückt ist. Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur halten 40 Prozent der Bundesbürger den Konflikt in Fernost für den gefährlichsten.
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Hinter dem Konflikt um Nordkorea folgen der Terror des Islamischen Staats (25 Prozent), der Nahost-Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern (8 Prozent) sowie der Konkurrenzkampf zwischen den großen Regionalmächten Saudi-Arabien und dem Iran (8 Prozent). Den Ukraine-Konflikt - die einzige kriegerische Auseinandersetzung in Europa - halten dagegen nur zwei Prozent für die derzeit bedrohlichste Krise.
FOCUS Online zeigt im Überblick, welches Bedrohungspotential von den großen Konflikten 2018 zu erwarten ist:
Nordkorea
Die Chancen für einen Dialog stehen schlecht, die Positionen sind festgefahren. Washington will mit "maximalem Druck" erreichen, dass Nordkorea sein Atomprogramm überprüfbar und unumkehrbar abbaut. Teil dieser US-Strategie ist es, sich alle militärischen Optionen offen zu halten. Nordkorea hat sich selbst zur Atommacht erklärt, will als solche anerkannt werden und könnte erst dann zu Gesprächen bereit sein. Nach dem Start einer weiteren Interkontinentalrakete Ende November erklärte die nordkoreanische Führung, nun das gesamte Festland der USA mit Atomsprengköpfen angreifen zu können. Es wird aber bezweifelt, ob die Sprengköpfe auf einer nordkoreanischen Rakete auch den kritischen Wiedereintritt in die Erdatmosphäre heil überstehen würden. Deswegen kann man davon ausgehen, dass Nordkorea seine Raketentests auch im neuen Jahr fortsetzen wird. Eine weitere Eskalation in dem Konflikt ist daher nicht auszuschließen.
Islamischer Staat
Das auslaufende Jahr hat das Ende des selbst ernannten Kalifats in Syrien und im Irak gebracht, wo die sunnitischen Extremisten nur noch kleine Gebiete halten. Doch das bedeutet nicht, dass der "Islamische Staat" (IS) endgültig besiegt ist. So sind die Dschihadisten nach Einschätzung von Militärs und Fachleuten in den Weiten der westirakischen Wüste untergetaucht, wo sie genügend Verstecke finden. Mit Guerilla-Aktionen und Terroranschlägen kann der IS weiter Angst und Schrecken verbreiten.
Vor allem sind in beiden Länder die Probleme längst nicht gelöst, die den IS haben groß werden lassen: Im Irak fühlt sich die Minderheit der Sunniten weiter durch die Mehrheit der Schiiten diskriminiert; in Syrien ist ein Bürgerkrieg noch nicht beendet, der den Extremisten freie Räume geboten hat. Außerdem besteht die Gefahr, dass der IS seinen Terror verstärkt in andere Länder trägt. In Afghanistan machen die multinationalen Dschihadisten beispielsweise den alteingesessenen Taliban Konkurrenz. Und auch in Europa wird eine Zunahme von Anschlägen befürchtet.
Israel und Palästinenser
Die US-Anerkennung Jerusalems als Israels Hauptstadt hat den Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern kurz vor dem Jahreswechsel erneut angeheizt. Die radikal-islamische Hamas ruft zu einem neuen Palästinenseraufstand (Intifada) auf. Experten im Heiligen Land halten die Gefahr einer neuen Eskalation der Gewalt trotzdem für überschaubar. Die Chancen auf einen neuen Friedensprozess schwinden allerdings auch. Für die Palästinenser haben sich die USA als seriöser Vermittler disqualifiziert. Sie setzen nun ganz auf die Vereinten Nationen. Israel plant derweil den weiteren Ausbau von Siedlungen in Ost-Jerusalem. US-Präsident Donald Trump verspricht immer noch einen Plan für den "ultimativen Deal". Aber ohne Partner auf der palästinensischen Seite wird das schwierig. Aktuell zeigt sich einmal mehr, wie festgefahren der jahrzehntealte Nahost-Konflikt ist.
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Saudi-Arabien gegen den Iran
Seitdem der saudische König Salman vor rund drei Jahren den Thron bestiegen hat, ist die Außenpolitik des Königreichs deutlich aggressiver geworden. Verantwortlich dafür ist sein Sohn, Kronprinz Mohammed bin Salman, kurz "MbS" genannt. Dem sunnitischen Herrscherhaus geht es vor allem darum, den Einfluss des schiitischen Erzfeinds Iran zurückzudrängen. So fliegt eine von Saudi-Arabien angeführte Koalition in Jemens Bürgerkrieg Luftangriffe gegen schiitische Huthi-Rebellen, die vom Iran unterstützt werden. Fachleute warnen, der Konflikt zwischen Saudi-Arabien und dem Iran könnte 2018 weiter eskalieren, bis hin zum Waffengang. Angespornt sieht sich Riad durch die scharfe Anti-Iran-Politik von US-Präsident Trump. So könnte sich die Lage im Libanon zuspitzen oder auch im Jemen weiter verschärfen.
Ukraine
10.300 Tote haben die UN bislang in der Ostukraine im Krieg ukrainischer Regierungstruppen gegen die von Russland gestützten Separatisten gezählt. 2018 dürften die Opferzahlen kontinuierlich weiter steigen. Zwar liegt ein Vorschlag des russischen Präsidenten Wladimir Putin auf dem Tisch, UN-Friedenstruppen in das Gebiet zu entsenden. Doch die Verhandlungen darüber stocken. Vor Putins Wiederwahl im März sind auch kaum entscheidende russische Schritte zu erwarten. Verändern könnte sich die Lage durch Druck der USA. Die Regierung von US-Präsident Donald Trump will die Ukraine mit Waffenlieferungen stärken. Im Gespräch sind Panzerabwehrraketen und Scharfschützengewehre. Sollten diese an der Front durch das Kohlerevier Donbass auftauchen, droht der Stellungskrieg wesentlich blutiger zu werden, denn auch Moskau kann die Separatisten jederzeit aufrüsten.
Südchinesisches Meer
Neben dem Atomstreit mit Nordkorea gibt es in Asien einen weiteren großen Konflikt, der in der europäischen Öffentlichkeit kaum wahrgenommen wird: der Streit zwischen China und seinen Nachbarn um Gebiete im Ost- und Südchinesischen Meer. Das Risiko einer Fehlkalkulation ist groß. China weitet seine militärische Präsenz aus, während die US-Marine mit Kriegsschiffen für die Freiheit der Schifffahrt in den umstrittenen Seegebieten eintritt. Das Südchinesische Meer ist strategisch wichtig. Ein Drittel der weltweiten Seefracht geht durch das Seegebiet. Es gibt reiche Fischgründe sowie Öl- und Gasvorkommen. Der internationale Schiedsgerichtshof hat die Ansprüche Chinas im Juli 2016 zurückgewiesen, doch ignoriert Peking die Entscheidung. Im November vereinbarte China mit der Gemeinschaft Südostasiatischer Länder (Asean) Verhandlungen über einen Verhaltenscodex, um Zwischenfälle zu vermeiden. Doch droht jederzeit eine Eskalation.
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