
Die deutsche Justiz will die Rolle von aus Deutschland stammenden Frauen des IS offenbar neu bewerten. Medienberichten zufolge sollen die Islamistinnen stärker für ihre Unterstützung einer terroristischen Vereinigung zur Rechenschaft gezogen werden – und nicht mehr nur als treue „Ehefrauen und Mütter“ behandelt werden. Eine von ihnen ist Sibel H. - sie gilt als Prototyp einer Salafistin.
Wie der „Spiegel“ schreibt, reiste Sibel H. im Jahr 2013 aus Frankfurt am Main zu ihrem Mann nach Syrien. Dieser hatte sich als Kämpfer der Terrormiliz Islamischer Staat angeschlossen. Sibel H. habe ihn unterstützt, wo sie konnte, und sogar seine Propagandavideos „gegen die Ungläubigen“ gefilmt. Noch vor Jahreswechsel starb der Ex-Kampfsportler aus Deutschland bei Kämpfen mit dem Militär.
Offenbar wurden Fälle wie Sibel H. lange Zeit eher nachlässig behandelt. Ein hochrangiger Ermittler sagte dem Magazin, die Rolle der Frauen im IS-Gebiet als Mütter und Ehefrauen sei lange Zeit als „sozialadäquates Verhalten“ betrachtet worden. Kaum eine von ihnen sei bei ihrer Rückkehr nach Deutschland in Haft genommen worden – nur wenn sie aktiv für die Terrormiliz gekämpft hatten.
Frauen oft fester in Ideologie verankert als Männer
Doch am Beispiel von Sibel H. zeigte sich, dass die Frauen des IS teilweise fester in der Ideologie verankert sind als die Männer. Die heute 30-Jährige sei eine Fanatikerin: Sie suchte sich nach ihrer Rückkehr nach Deutschland in Frankfurt einen neuen Mann und reiste mit diesem 2016 wieder nach Syrien. „Sie hat sich gezielt in Deutschland nach einem Mann umgetan, der sie zum IS begleitet“, sagte ein Beamter dem „Spiegel“.
Die Familie des neuen Lebensgefährten von Sibel H. bezeichnete sie demnach als „schwarze Witwe“ und veröffentlichte eine „Vermisstenmeldung“. Am 2. November 2016 brachte Sibel H. in Tall Afar den gemeinsamen Sohn zur Welt. Der Kampf des Paares für den Islamischen Staat war auch diesmal von kurzer Dauer: Seit der Zerschlagung des IS-Territoriums durch irakische und syrische Kräfte säßen die beiden Deutschen als Gefangene in der irakischen Stadt Arbil fest.
Für Justiz könnte sich die Festnahme von Sibel H. als günstig erweisen
Die deutsche Justiz will nun Frauen wie Sibel H. den Prozess machen. „Wer zum IS gegangen ist, gehört für uns von jetzt an auch dazu“, sagte ein Staatsanwalt dem Magazin. Dabei sei es egal, ob die Anhänger aktiv für die Terrororganisation kämpfen oder nicht. Die Geschlechter seien in „unterschiedlichen Funktionsbereichen“ eingesetzt, heiße es in einer Analyse deutscher Sicherheitsbehörden.
Für die deutsche Justiz könnte sich die Festnahme von Sibel H. als günstig erweisen. Mit ihrem Fall will die Bundesanwaltschaft erreichen, dass die etwa 200 Frauen, die aus Deutschland Richtung Syrien und Irak ausgereist sind, nicht mehr so einfach ohne Strafe davonkommen. Sibel H. sei der Prototyp einer Salafistin, die sich aus freien Stücken einer Terrororganisation angeschlossen habe, heißt es. Nicht aus Liebe sei sie nach Syrien gezogen, sondern aus Hass.
Gegen die 30-Jährige wurde daher vor dem Bundesgerichtshof ein Haftbefehl beantragt – wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung. Kehrt Sibel H. erneut zurück nach Deutschland, drohen ihr drohen bis zu 10 Jahre Haft.
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