Die Verhandlungen über einen Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD sind beendet. Wie am Mittwochmorgen bekannt wurde, gelang es den Verhandlungsteams beider Parteien, zu einer Einigung zu kommen. Alle Informationen im News-Ticker von FOCUS Online.
Nahles: Schulz-Rückzug „menschlich groß“
15.46 Uhr: Die designierte SPD-Vorsitzende Andrea Nahles hat den Verzicht von Martin Schulz auf das Amt des Außenministers in der geplanten großen Koalition mit großem Respekt aufgenommen. „Wir alle wissen, wie schwer ihm diese Entscheidung nun gefallen ist, sich persönlich zurückzunehmen. Das zeugt von beachtlicher menschlicher Größe“, erklärte die Chefin der Bundestagsfraktion am Freitag in Berlin.
„Die Entscheidung von Martin Schulz verdient höchsten Respekt und Anerkennung.“ Mit Schulz an der Spitze habe die SPD einen großen Erfolg in den Koalitionsverhandlungen mit CDU/CSU erzielt. „Er selbst hat einen Durchbruch für eine neue Europapolitik erreicht.“
SPD-Konservativer Kahrs: Gabriel soll Außenminister bleiben
15.21 Uhr: Nach dem Verzicht des scheidenden SPD-Chefs Martin Schulz auf das Außenministerium der neuen Regierung wird in der SPD der Ruf nach einem Verbleib von Amtsinhaber Sigmar Gabriel laut. „Sigmar Gabriel ist ein sehr guter Außenminister. Sigmar Gabriel sollte Außenminister bleiben. Alles andere würde ich jetzt nicht mehr verstehen“, schrieb der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises in der SPD, Johannes Kahrs, am Freitag auf Twitter.
Gegenwind gab es direkt von Sören Bartol. „Lieber Johannes. Wir haben klar, gesagt dass wir NACH dem Mitgliedervotum über Personen reden“, antwortete der Vizechef der SPD-Bundestagsfraktion.
Schulz will auf das Außenministerium verzichten
13.56 Uhr: Der scheidende SPD-Chef Martin Schulz will nach Medienberichten wegen des steigenden Drucks aus den eigenen Reihen nun auch auf das Außenministerium in einer großen Koalition verzichten. Er sehe durch die Diskussion um seine Person den Erfolg des Mitgliedervotums gefährdet, erklärte Schulz am Freitag in Berlin.
Sein komplettes Statement im Wortlaut:
„Der von mir gemeinsam mit der SPD-Parteispitze ausverhandelte Koalitionsvertrag sticht dadurch hervor, dass er in sehr vielen Bereichen das Leben der Menschen verbessern kann. Ich habe immer betont, dass - sollten wir in eine Koalition eintreten – wir das nur tun, wenn unsere sozialdemokratischen Forderungen nach Verbesserungen bei Bildung, Pflege, Rente, Arbeit und Steuer Einzug in diesen Vertrag finden. Ich bin stolz sagen zu können, dass das der Fall ist. Insbesondere ist die Neuausrichtung der Europapolitik ein großer Erfolg. Umso mehr ist es für mich von höchster Bedeutung, dass die Mitglieder der SPD beim Mitgliedervotum für diesen Vertrag stimmen, weil sie von dessen Inhalten genauso überzeugt sind, wie ich es bin. Durch die Diskussion um meine Person sehe ich ein erfolgreiches Votum allerdings gefährdet. Daher erkläre ich hiermit meinen Verzicht auf den Eintritt in die Bundesregierung und hoffe gleichzeitig inständig, dass damit die Personaldebatten innerhalb der SPD beendet sind. Wir alle machen Politik für die Menschen in diesem Land. Dazu gehört, dass meine persönlichen Ambitionen hinter den Interessen der Partei zurück stehen müssen.“
Zuerst hatte das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) unter Berufung auf SPD-Kreise darüber berichtet.
Zuvor hatte die "Bild"-Zeitung berichtet, es gebe aus der SPD-Führung ein Ultimatum an Schulz, bis Freitagnachmittag auf das Außenamt zu verzichten. Hintergrund sei die Unzufriedenheit an der SPD-Basis und besonders im größten Landesverband Nordrhein-Westfalen. Schulz hatte ursprünglich angekündigt, nicht in ein Kabinett unter Kanzlerin Angela Merkel zu gehen.
Hintergrund ist der anstehende SPD-Mitgliederentscheid über die große Koalition. In der SPD wird befürchtet, dass Personaldebatten die inhaltliche Diskussion überlagern und die Mitglieder eine große Koalition deswegen ablehnen.
Auch nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur gibt es in der NRW-SPD starke Bestrebungen, Schulz auf einen Verzicht auf das Ministeramt zu bewegen, wenn auch keine einheitliche Haltung dazu. "Es brodelt in der Partei", hieß es. In Parteikreisen hieß es, Schulz werde auch der Umgang mit Sigmar Gabriel vorgeworfen.
Der frühere SPD-Chef und geschäftsführende Außenminister Gabriel hatte Schulz "Wortbruch" vorgeworfen. Gabriel machte der Parteiführung schwere Vorwürfe: "Was bleibt, ist eigentlich nur das Bedauern darüber, wie respektlos bei uns in der SPD der Umgang miteinander geworden ist und wie wenig ein gegebenes Wort noch zählt", sagte Gabriel den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
CDU-Landesminister Hauk: Merkel sollte „Zeichen der Zeit erkennen“
13.45 Uhr: Baden-Württembergs Agrarminister Peter Hauk (CDU) ist für einen Wechsel an der CDU-Spitze in absehbarer Zeit. „Angela Merkel sollte die Zeichen der Zeit erkennen und einen Übergang in dieser Legislaturperiode schaffen“, sagte Hauk am Freitag in Stuttgart. Nach über 15 Jahren gebe es „gewisse mediale Abnutzungserscheinungen“, erklärte Hauk, der sich einen Wechsel innerhalb der nächsten dreieinhalb Jahre „möglichst ohne Schmerzen“ wünscht.
Mit den Vereinbarungen zur Groko im Bund ist er aber nicht unzufrieden: „In einer Koalition muss man nun mal Kompromisse machen.“ Immerhin könne man Teile des Programms umsetzen. Bei allem Klagen über die Ressortverteilung, sei es ein Erfolg, dass etwa das wichtige Wirtschaftsressort wieder bei der CDU sei.
Partei-Spitze stellt sich offenbar gegen Schulz: Wird er jetzt aus allen Ämtern gedrängt?
13.01 Uhr: Die Luft für Martin Schulz scheint immer dünner zu werden. Zwei Tage nach dem Abschluss der Koalitionsverhandlungen droht Schulz den Rückhalt seiner Partei zu verlieren. Und das, obwohl er schon auf das Amt des Parteivorsitzenden verzichten will.
Wie die „Bild“-Zeitung berichtet, steht jetzt sogar die Parteispitze gegen den Vorsitzenden, den sie noch vor weniger als einem Jahr mit 100 Prozent zu ihrem Chef wählten. Der Grund: Schulz will Außenminister werden, obwohl er immer wieder betont hatte, nicht in ein Kabinett Merkel einzutreten.
Zu den Schulz-Gegnern gehören laut Bericht der Zeitung Stellvertreter und die engere Parteiführung. Sie will die Kritik, die sich derzeit über die Partei ergießt, abwenden. Auch die SPD-Basis ist empört, dass Schulz trotz seines Wortbruchs jetzt auch noch mit dem Posten des Außenministers belohnt werden soll.
„Bild“ zitiert einen Partei-Vize. Der sagt über Schulz: „Er hat nie eine emotionale Bindung zum Amt des Vorsitzenden dieser Partei entwickelt, hat nie feuchte Augen bekommen, wenn er über Otto Wels oder Willy Brandt gesprochen hat. Das war zum Beispiel bei Gerhard Schröder oder Sigmar Gabriel anders.“
Offenbar hatte die Parteispitze Schulz geraten, Parteichef zu bleiben und das Ministeramt nicht anzutreten. Doch Schulz wollte es anders.
Jetzt keimt die Angst auf in der Parteispitze. Ein Mitglied sagt der „Bild“: „Wenn Schulz nicht freiwillig zurückzieht oder sich überzeugen lässt, werden wir die Mitgliederbefragung mit hoher Wahrscheinlichkeit verlieren.“
Die Frage ist nun, wer Schulz davon überzeugen kann, nicht ins Kabinett einzutreten. Laut „Bild“ könnte es NRW-SPD-Chef Michael Groschek sein. Er führt einen mächtigen Landesverband und hat derzeit keine eignen Machtpläne.
Die "Bild" berichtet, dass die Chefs der NRW-Unterbezirke in einer Telefonkonferenz mit Groschek Schulz das Vertrauen als möglicher Außenminister entzogen.
CSU zeigte sich in Verhandlungen um Digitalressort nicht kompromissbereit
12.54 Uhr: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) musste sich bei den Verhandlungen über einen Koalitionsvertrag offenbar mit massiven Widerständen der Schwesterpartei CSU kämpfen. Wie der „Spiegel“ in seiner aktuellen Ausgabe berichtet, hatte CSU-Chef Seehofer in der Nacht zu Mittwoch das Innenministerium für seine Partei gefordert. Angela Merkel soll daraufhin den Kompromiss vorgeschlagen haben, die Digitalkompetenzen im Wirtschaftsministerium zu bündeln und so an die CDU zu geben. Seehofer soll dies abgelehnt haben.
Wie der Spiegel weiter schreibt, hätte Angela Merkel mit dem Digitalressort der eigenen Partei besser erklären können, warum die CDU sowohl das Innen- als auch das Finanzministerium verliert. Seehofer soll sich aber laut dem Bericht in keiner Weise kompromissbereit gezeigt haben. Am Ende gab Angela Merkel nach – und übergab beide Ministerien an die Bayern.
Gabriel nimmt doch an Münchner Sicherheitskonferenz teil
11.44 Uhr: Der scheidende Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) nimmt nun doch an der Münchner Sicherheitskonferenz in der kommenden Woche teil. Das teilte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes am Freitag in Berlin mit, nachdem es am Donnerstag geheißen hatte, Gabriels Teilnahme sei nicht geplant. Gabriel hatte sich verärgert darüber gezeigt, dass er in einer neuen großen Koalition das Amt des Außenministers an SPD-Chef Martin Schulz verlieren soll.
"Der Außenminister wird nächste Woche an der Münchner Sicherheitskonferenz teilnehmen", sagte der Außenamtssprecher. Am Donnerstag habe es "etliche Missverständnisse" zu Gabriels Terminplanungen gegeben. Es sei "nicht zutreffend", dass der Außenminister alle seine Termine abgesagt habe.
Die Münchner Sicherheitskonferenz, ein hochrangig besetztes Treffen zu außen- und sicherheitspolitischen Fragen, findet in diesem Jahr vom 16. bis 18. Februar statt. Noch am Donnerstag verlautete aus dem Auswärtigen Amt: "Eine Teilnahme von Außenminister Sigmar Gabriel ist nicht geplant."
Der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, sagte am Donnerstag, dass "der SPD-Chef und vermutlich künftige Außenminister Martin Schulz" an dem Treffen teilnehmen werden. Dies wurden seitens der Sozialdemokraten aber dementiert.
Seehofer gibt Einblicke in Verhandlungsnacht
08.46 Uhr: CDU, CSU und SPD haben nach Darstellung von CSU-Chef Horst Seehofer mehr als zwölf Stunden lang nur über die künftige Ressortverteilung verhandelt. In einem Interview mit dem Bayerischen Fernsehen schilderte Seehofer nun Details aus der letzten Marathon-Verhandlungsnacht - und verriet, wie es dazu kam, dass er in der neuen Bundesregierung das Innenministerium übernehmen soll.
"Die letzte Verhandlungsnacht begann ja durch die Feststellung der SPD: Wir wollen das Auswärtige Amt, das Finanzministerium und das Sozialministerium, sonst gibt es keine Regierung", sagte er. Die CSU habe dagegen gehalten und auch das Finanzministerium gefordert sowie Interesse an Sozialministerium und Auswärtigem Amt angemeldet.
"Das war der Beginn, dass von 16 Uhr bis 6 Uhr in der Früh nur über diese Frage gesprochen wurde." In der Zeit seien viele Verhandler in andere Räume gegangen und hätten sich auf den Boden gelegt, darunter auch Ministerpräsidenten. "Dann verbleiben in dem Zimmer vier, fünf Personen, die aber nicht miteinander reden, weil keiner eine Lösung hat und weil man unterschiedlicher Meinung ist", sagte der CSU-Vorsitzende. "Ich habe dann gerne eine Mandarine oder eine Orange geschält, weil das wenigstens eine Betätigung war."
Lange habe man sich nur angeschwiegen. "Wenn jemand etwas anderes erzählt, dann sagt er nicht die Wahrheit. So ging das die ganze Nacht", berichtete Seehofer. "Es war eine sehr, sehr spannende Situation, wenn ein Koalitionspartner sagt "sonst gibt es keine Koalition"." Es dauere dann eben viele Stunden, bis auch erwachsene Menschen sich wieder vernünftig verhielten. "Wir wussten so ungefähr um 6 Uhr in der Früh: So kann es nicht weitergehen. Denn wenn die Koalition scheitert, weil man sich nicht über die Vergabe der Posten verständigen kann, hätte das für alle Parteien einen riesigen Schaden über Jahre ausgelöst." Das sei allen Parteien bewusst gewesen.
"Dann haben wir uns als CSU zurückgezogen und überlegt: Wie kommen wir aus dem Dilemma heraus? Es drehte sich ja immer um die CSU", sagte Seehofer. Denn die SPD habe nicht nachgegeben und habe dies damit begründet, dass sie sonst nicht über den Mitgliederentscheid komme. "Die Kanzlerin hat uns am Anfang sehr unterstützt, aber war dann mit fortgeschrittener Zeit schon auch der Meinung, so können wir jetzt nicht weitermachen, weil dann platzt die Koalition, und draußen von der Bevölkerung versteht es niemand", so Seehofer. "Und das war dann der Überlegungsprozess, dass wir gesagt haben: Wenn die SPD drei Minister verlangt, verlangt die CSU auch drei." Er bekam dann das Innenministerium, ergänzt um die Bereiche Bauen und Heimat.
"Die SPD-Spitze hat strategische Fehler gemacht"
08:06 Uhr: Der parlamentarische Staatssekretär Ulrich Kelber, SPD, kann die derzeitige Kritik an der SPD-Parteiführung nachvollziehen. "Man kann nicht leugnen, dass von Seiten der SPD-Spitze seit dem 24. September strategische Fehler gemacht worden sind." Man sollte jetzt aber die Führungsfrage nicht mit der Abstimmung über den Koalitionsvertrag vermischen, so Kelber im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk.
Eine Urwahl der Parteispitze zum gegenwärtigen Zeitpunkt hält Kelber für ungünstig. "Man kann die Situation jetzt auch nicht beliebig verkomplizieren. Denn nach fünf Bundeswinkwochen, Jamaika- und CDU/CSU-internen Sondierungen - und wir mussten ja jetzt auch noch zwei Wochen verhandeln - ist es jetzt auch an der Zeit, dass Klarheit herrscht. 2018 sollte kein verlorenes Jahr sein."
Die enttäuschten und scharfen Äußerungen des scheidenden Bundesaußenministers Sigmar Gabriel gegen den Parteichef Martin Schulz kann Kelber gut verstehen. "Sigmar Gabriel ist ne dufte Type. Er ist nicht einfach, weil er auch mal schnell rumpoltert. Ich kann seinen Frust verstehen. Ich hätte an seiner Stelle aber nicht die gleiche Wortwahl und den gleichen Weg getroffen." Von einer Absprache bezüglich der Besetzung des Auswärtigen Amtes zwischen Martin Schulz und Sigmar Gabriel sei ihm aber nichts bekannt, so Kelber im Interview.
„Wenn die CDU diese Demütigung auch noch hinnimmt, dann hat sie sich selbst aufgegeben“
Freitag, 9. Februar 2018, 06.36 Uhr: Die Kritik an Angela Merkel wird immer lauter. Ex-Fraktions-Chef und Merkels Erz-Rivale Friedrich Merz wettert gegenüber der "Bild"-Zeitung: „Wenn die CDU diese Demütigung auch noch hinnimmt, dann hat sie sich selbst aufgegeben.“
Der CDU-Abgeordnete Michael von Abercron sagte der Zeitung: „Die Autorität der Kanzlerin ist nicht nur innerhalb der Partei erschüttert, sondern auch in ihrer Amtsführung als Regierungschefin."
Norbert Röttgen, der einst von Merkel entlassen wurde, spart jetzt auch nicht mehr mit Kritik. Der "Bild" sagte er: „Die CDU ist damit innerhalb des Regierungsapparats strukturell geschwächt und verliert an Einfluss.“
Und Klaus-Peter Willsch fordert in der "Rheinischen Post" sogar eine sofortige personelle Neuaufstellung an der Parteispitze. „Wir müssen uns in der CDU schon jetzt überlegen, wie wir uns ohne Merkel personell neu aufstellen."
Kauder schrie CSU-Verhandler an: Blick hinter Kulissen zeigt, wie sehr GroKo auf der Kippe stand
20.43 Uhr: Einen Tag nach der Einigung von SPD und Union auf einen Koalitionsvertrag kommen weitere Details über den vorangegangenen Verhandlungsmarathon ans Licht. Wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet soll es dabei auch unionsintern mächtig gekracht haben. Um auf dem noch bevorstehenden Mitgliedervotum der SPD gute Ergebnisse vorweisen zu können, habe SPD-Chef Martin Schulz von Anfang an klar gemacht, dass die Ressortverteilung eine elementare Rolle spiele. Die Sozialdemokraten forderten daher neben dem Außenministerium und dem Arbeitsministerium auch das Finanzministerium.
Die Union habe versucht, die SPD von den Forderungen abzubringen – die Sozialdemokraten hätten darauf jedoch mit einer Blockade reagiert. Wie die Zeitung unter Berufung auf CSU-Chef Seehofer berichtet, hätten die Verhandler sich stundenlang angeschwiegen. Während die CDU langsam nachgab, sei die CSU jedoch hart geblieben. Die Christdemokraten wollten eines der drei SPD-Ministerien für sich gewinnen. Schulz habe man in dieser Phase auf den Gängen der CDU-Zentrale über Seehofer schimpfen gehört, wie der "Tagesspiegel" schreibt.
Unionsfraktionschef Kauder sei angesichts der CSU-Blockadehaltung schließlich der Kragen geplatzt. Er habe die CSU-Verhandler um Horst Seehofer angeschrien und damit gedroht, die Koalitionsverhandlungen für gescheitert zu erklären und der CSU die Schuld daran zu geben, wenn sich die Partei nicht bald bewege.
Die CSU habe sich daraufhin gegen sechs Uhr morgens zurückgezogen. Als Seehofer, Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, Generalsekretär Andreas Scheuer und dessen Stellvertreter Markus Blume zurückkamen, erklärten sie, die SPD könne die Ressorts haben – wenn die CSU ebenfalls drei von ihnen gewünschte Ressorts bekäme. Schließlich einigten sich die Verhandler darauf, dass die CSU das erweiterte Innenministerium sowie das Verkehrs- und das Entwicklungsministerium bekämen, schreibt die „SZ“ weiter.
Seehofer: "Kontrollverlust" an der Grenze wie 2015 gibt es mit mir nicht mehr
19.24 Uhr: CSU-Chef Horst Seehofer will für den Fall einer neuen Flüchtlingskrise bereits an der Grenze über Einreise oder Abweisung von Schutzsuchenden entscheiden. "Ein Kontrollverlust würde mit mir nicht mehr stattfinden, so wie es 2015 war", sagte Seehofer am Donnerstag in einem Interview mit der "Abendschau" des Bayerischen Rundfunks. "Der Innenminister ist hauptverantwortlich für diese Frage", fügte er hinzu.
Er hätte in der damaligen Situation die Grenzen geschlossen, sagte Seehofer, der bei Zustandekommen einer neuen großen Koalition das um die Bereiche Bau und Heimat erweiterte Bundesinnenministerium führen soll. "Das ist die einzige Lösung, dass man an der Grenze entscheidet, wer kann das Land betreten, wer hat einen Schutzbedarf."
Teile der SPD-Führung kritisieren Schulz
18.35 Uhr: Gegen den geplanten Wechsel von Noch-Parteichef Martin Schulz auf den Posten des Außenministers soll sich in Teilen der SPD-Führung deutlicher Widerstand regen. Wie die „Welt“ berichtet, habe es in den nicht-öffentlichen Sitzungen von Vorstand und Bundestagsfraktion am Mittwoch teils heftige Kritik an den Plänen von Schulz gegeben. „Ich bitte dich, Martin, deine Rolle im Kabinett zu überdenken“, soll etwa Sachsens Parteichef Martin Dulig in einer der Sitzungen zu Schulz gesagt haben.
Auch andere Redner sollen zwar den Koalitionsvertrag und die Verteilung der Ministerien gelobt, Schulz aber für seine Minister-Ambitionen kritisiert haben. Der Grund: Schulz hatte kurz nach der Bundestagswahl kategorisch ausgeschlossen, als Minister in eine Regierung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) einzutreten. Am gestrigen Mittwoch verkündete er jedoch auf einer Pressekonferenz, Außenminister werden zu wollen – ohne die Kehrtwende zu erklären.
Teile der SPD-Führung sollen nun befürchten, dass dieser Wortbruch der Öffentlichkeit nur schwer zu vermitteln sei. Vor allem soll die Angst umgehen, dass der Ärger um Schulz die positiven Nachrichten rund um den Koalitionsvertrag verdrängen könnte.
Hinzu kommt die Personalie Sigmar Gabriel: Der derzeit noch geschäftsführende Außenminister stünde nach der von Schulz geplanten Personalrochade ohne Posten da. Dabei gilt Gabriel nach einem Jahr im Amt als einer der beliebtesten deutschen Politiker. Schulz gebühre für seine Arbeit „unser Respekt“, soll SPD-Politiker Bernhard Daldrup aus Nordrhein-Westfalen gesagt haben. „Aber dennoch kann ich nicht erklären, dass jetzt ein beliebter Außenminister einfach in die Wüste geschickt werden soll.“
Anmerkung der Redaktion: In einer vorherigen Version dieses Beitrags hatte es geheißen, die niedersächsische SPD-Politikerin Daniela De Ridder habe Kritik am Umgang mit Sigmar Gabriel geübt. Das ist falsch: Das entsprechende Zitat soll vom nordrhein-westfälischen SPD-Politiker Bernhard Daldrup stammen. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.
SPD dementiert Schulz-Teilnahme an Sicherheitskonferenz
16.51 Uhr: Martin Schulz wird doch nicht an der Sicherheitskonferenz in München teilnehmen. Eine entsprechende Ankündigung von Konferenzchef Wolfgang Ischinger dementierte ein SPD-Sprecher am Donnerstagnachmittag. Schulz und SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles würden an dem Konferenzwochenende auf mehreren SPD-Veranstaltungen für den Koalitionsvertrag werben.
Bouffier trauert Finanzministerium nach – und kritisiert die SPD
14.53 Uhr: Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) hat Kritik an der geplanten Ressortverteilung in einer schwarz-roten Bundesregierung zurückgewiesen. „Wir haben eine ganze Reihe wichtiger Ministerien“, sagte der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende am Donnerstag in Wiesbaden. Schmerzlich sei die Abgabe des Finanzministeriums an die SPD gewesen, dafür erhalte die CDU das Wirtschaftsministerium. „Ja, das war am Ende ein Kompromiss, den will ich nicht schöner reden, als er ist.“ Zugleich sei aber die Frage gewesen, was die Alternative zur großen Koalition gewesen wäre.
Bouffier kritisierte zugleich die SPD und deren Mitgliederentscheid. Er sein kein Freund dieses Votums, denn die eigentliche Entscheidung hätten bereits die Wähler getroffen. Die SPD ringe mit sich selbst, Martin Schulz sei ein Parteivorsitzender auf Abruf und ein Teil der Partei wolle die Koalition mit der Union überhaupt nicht. Die SPD habe eine Achterbahnfahrt hingelegt, die Union sei dagegen die einzig stabile politische Kraft in Deutschland. Nun müsse Vertrauen wachsen zwischen den Koalitionären.
Schneller Rückzug? Gabriel sagt Termine ab – Schulz übernimmt die Sicherheitskonferenz
13.08 Uhr: Nach der Entscheidung von SPD-Chef Martin Schulz für den Außenministerposten in einer großen Koalition hat der jetzige Amtsinhaber Sigmar Gabriel mehrere anstehende Termine abgesagt. Am Donnerstag ließ er sich von Staatsminister Michael Roth bei der Auftaktveranstaltung für die Münchner Sicherheitskonferenz in Berlin vertreten. Seinen für den 17. Februar geplanten Auftritt bei der Sicherheitskonferenz selbst sagte er ebenfalls ab, wie ein Konferenzsprecher der Deutschen Presse-Agentur sagte. Gleichzeitig habe Schulz zugesagt. Der scheidende SPD-Vorsitzende werde wahrscheinlich in dem für Gabriel vorgesehenen Zeitfenster sprechen.
Gabriel wird voraussichtlich auch bei zwei Außenministertreffen in der kommenden Woche fehlen: Am Dienstag finden im Golfemirat Kuwait Beratungen der Anti-IS-Koalition statt, am Donnerstag ein informelles EU-Außenministertreffen in der bulgarischen Hauptstadt Sofia. Bei beiden Treffen sei eine Teilnahme Gabriels nicht vorgesehen, hieß es aus dem Auswärtigen Amt. In Kuwait wird Gabriel voraussichtlich auf hoher Beamtenebene vertreten, in Sofia möglicherweise wieder von Staatsminister Roth.
Video: Deal unter "Freunden": Brach Schulz im GroKo-Poker sein Versprechen an Gabriel?
Schulz hatte am Mittwoch seinen Rücktritt als Parteichef angekündigt. Gleichzeitig kündigte er an, ins Kabinett von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu wechseln, wenn die Mitglieder der SPD bis zum 2. März grünes Licht für die große Koalition geben. Gabriel wird in diesem Fall ungefähr noch einen Monat geschäftsführender Außenminister sein. Ob er überhaupt noch öffentliche Termine in dieser Funktion wahrnehmen wird, war am Donnerstag unklar.
Gabriel hatte mehrfach erklärt, dass er in einer neuen großen Koalition gerne Außenminister bleiben würde. Klappt die Regierungsbildung von Union und SPD, wird er jetzt aber nur noch einfacher Bundestagsabgeordneter sein - ohne jegliche Führungsaufgabe.
Seehofer: Minister-Kandidaten werden erst später benannt
10.42 Uhr: Die Benennung der Unions-Minister für die angestrebte schwarz-rote Bundesregierung wird nach Worten von CSU-Chef Horst Seehofer erst später erfolgen. „Wir haben uns gestern verständigt, dass wir nur die Parteivorsitzenden benennen bei der Besetzung von Ressorts, aber alles Übrige nach dem Mitgliederentscheid der SPD machen“, sagte Seehofer am Donnerstag vor einer CSU-Vorstandssitzung in München.
„Vieles von dem, was jetzt veröffentlicht ist, trifft nicht zu“, betonte der CSU-Chef und fügte noch hinzu: „Die Kanzlerin hat mir gestern nochmal in Berlin gesagt, die ganzen Kabinettslisten, die gestern schon rumgegeistert sind, treffen nicht zu.“
Von Stetten: Ressortverteilung der GroKo ist ein "politischer Fehler"
08.15 Uhr: Beim Wirtschaftsflügel der CDU gibt es scharfe Kritik an der Ressortverteilung in der geplanten großen Koalition. "Der Kabinettszuschnitt, so wie er jetzt da ist, ist ein politischer Fehler", sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Christian von Stetten im ARD-"Morgenmagazin". "Gerade das Finanzministerium abzugeben, wird bei den CDU-Mitgliedern nicht gerade für Begeisterungsstürme sorgen." Das Ressort soll nach den Vereinbarungen von CDU, CSU und SPD künftig von der SPD geführt werden, für das Amt ist Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz vorgesehen.
Von Stetten äußerte die Befürchtung, dass die SPD dort nun ihre eigene Politik durchsetzen werde. "Auch wenn man mit Wolfgang Schäuble das eine oder andere aushecken musste, man hat immer das Grundvertrauen gehabt, wenn er nach Europa fährt, verhandelt er im Interesse der Deutschen, und er macht klar, dass es keine Leistung ohne Gegenleistung gibt", sagte der CDU-Wirtschaftspolitiker, der auch Vorsitzender des Parlamentskreises Mittelstand ist. "Und jetzt besteht die Gefahr, dass mit einem SPD-Finanzminister doch mehr SPD-Europapolitik ins Finanzministerium einzieht."
Von Stetten bezeichnete Scholz als zuverlässigen Verhandlungspartner. "Aber am Ende des Tages ist doch entscheidend, wer hat die Fäden im Finanzministerium in der Hand und welches politische Umfeld ist dort. Und wenn SPD-Parteitagesbeschlüsse eben eine andere Richtung angeben wie aus der CDU/CSU, dann ist das eine Gefahr." In der Unionsfraktion seien einige Kollegen überrascht, wenn nicht sogar erschrocken über die Ressortverteilung. Kritik gebe es aber auch an inhaltlichen Punkten im Koalitionsvertrag. "Ich hätte mir da auch mehr Mut gewünscht in verschiedenen Punkten."
Lindner: "Manche Ergebnisse wären bei Jamaika sogar noch schlechter gewesen"
Donnerstag, 02.39 Uhr: FDP-Chef Christian Lindner hat Neuwahlen gefordert, sollten die SPD-Mitglieder gegen eine große Koalition stimmen. "Scheitert die Mitgliederbefragung der Sozialdemokraten, wird es Neuwahlen geben müssen", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Die Bürger wissen jetzt genug, um die Lage neu bewerten zu können."
Weitere Verhandlungen über ein Jamaika-Bündnis schloss Lindner aus. "Die Wahlprogramme haben sich nicht verändert. Auf deren Basis kann es keine neuen Jamaikagespräche geben", sagte er. "Mit den Grünen finden wir vor diesem Hintergrund nicht zusammen, ohne unser Wort brechen zu müssen." Lindner wörtlich: "Ich will nicht so sein wie Martin Schulz, der jede Woche etwas anderes sagt und jetzt sogar in das Kabinett von Angela Merkel eintritt, obwohl er das kategorisch ausgeschlossen hatte."
Lindner verteidigte den Abbruch der Koalitionsverhandlungen mit Union und Grünen. "Wenn man den Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD mit der politischen Grundrichtung von Jamaika vergleicht, stellt man fest: Im Wesentlichen ist es das gleiche Weiter-so", kritisierte er. "Manche Ergebnisse wären bei Jamaika sogar noch schlechter gewesen." So hätten sich Union und SPD "auf realistische Klimaziele verständigt" Das wäre "mit den Grünen nicht möglich gewesen".
Kritische Wortmeldungen in SPD-Fraktion zu Ministeramt für Schulz
22.27 Uhr: In der SPD-Bundestagsfraktion hat es kritische Wortmeldungen zum geplanten Kabinetts-Eintritt von Noch-Parteichef Martin Schulz und zum damit verbundenen Wechsel an der Parteispitze gegeben. Abgeordnete hätten sich darüber "überrascht" gezeigt, wie am Mittwoch aus Teilnehmerkreisen verlautete. Die SPD müsse verhindern, dass nun beim Mitgliederentscheid über die große Koalition eine Personaldebatte inhaltliche Debatten überlagere.
Schulz will Außenminister unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) werden, wenn die SPD-Basis bei der anstehenden Mitgliederbefragung der großen Koalition zustimmt. Schulz hatte nach dem Debakel bei der Wahl noch strikt ausgeschlossen, in ein Merkel-Kabinett einzutreten.
In der Diskussion habe es aber auch viele Wortmeldungen gegeben, bei denen Abgeordnete die ausgehandelten Ergebnisse im Koalitionsvertrag mit der Union etwa in der Arbeitsmarkt-, Renten- und Familienpolitik ausdrücklich gelobt worden hätten, hieß es.
Noch-Außenminister Sigmar Gabriel sagte beim Verlassen der Fraktion auf die Frage, wie seine Stimmung sei: "Gut, ich habe ja nichts auszustehen."
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