Die Linke streitet über die Bildung einer neuen Volkspartei: Die Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht und ihr Mann, Ex-Parteichef Oskar Lafontaine, machen sich bereits seit dem Herbst für einen Neuanfang stark. Selbst in ihrer Partei gibt es kräftigen Gegenwind.
Die Idee von Wagenknecht und Lafontaine: Angesicht des schlechten Abschneidens der SPD bei der Bundestagswahl riefen sie zur Bildung einer linken Volkspartei auf, in der sich Linke, Teile der Grünen und der SPD zusammentun sollen. „Viele in der SPD sind unzufrieden“, sagte Wagenknecht. „Wenn man gemeinsam etwas Neues angeht, ist die Hürde vielleicht sogar geringer, als wenn man sie einfach nur auffordert, in die Linke zu kommen.“ So ein Projekt könne aber nur funktionieren, wenn prominente Persönlichkeiten mitmachten, die den Menschen die Hoffnung zurückgäben, dass sich etwas bewege.
Gegenwind aus der eigenen Parteispitze
Doch an diesen prominenten Persönlichkeiten mangelt es: So sprach sich Parteichefin Katja Kipping bereits deutlich gegen die Idee des linken Paares aus. „Wenn es zu neuen linken Mehrheiten kommen soll, dann geht das nur über eine Linke, die größer und wirkungsmächtiger ist.“ Kipping und Co-Vorsitzender Bernd Riexinger setzten ein „Projekt 15 Prozent“ dagegen.
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In einem Gastbeitrag für „Der Freitag“ kritisierte auch der Chef der Thüringer Staatskanzlei, Benjamin-Immanuel Hoff, den Vorstoß von Wagenknecht und Lafontaine deutlich. Die Idee einer „Sammlungsbewegung“ sei das Gegenteil einer "pluralen Partei", sondern beruhe letztlich auf einer autoritären Idee einer Bewegung „à la ‚Liste Kurz‘“. Und in der „taz“ warf er gemeinsam mit dem Grünen-Geschäftsführer Michael Kellner, Lafontaine und Wagenknecht vor, die Sammlungsbewegung „von oben“ herbeireden zu wollen. Der Idee liege die irrige Annahme zugrunde, dass alle Parteien inzwischen neoliberaler Einheitsbrei seien. Hoff und Kellner schreiben sogar von „Parteienverachtung“.
Lafontaine reagierte über Facebook auf die Kritik Hoffs und schrieb von „reaktionärem, neoliberalem Mist“, wie ihn auch ein Funktionär des Bundesverbandes der Deutschen Industrie „absondern könnte“.
Im Video: Fusion von Linken, Grünen und SPD? Wagenknecht bringt linke Volkspartei ins Spiel
„Gefährliches Gerede“
Doch auch der Thüringer Landeschef Bodo Ramelow übt Kritik an der Idee. Er spricht von einem „gefährlichen Gerede“. Eine „Sammlungsbewegung“ würde letztlich „nur als Partei agieren, um gemeinsame Listen aufstellen und dann erst an Wahlen teilnehmen zu können. Dabei würde unsere Partei die Linke zerstört werden.“ Es scheint, als würden Wagenknecht und Lafontaine für ihre Idee, die Spaltung der eigenen Partei zu riskieren.
Denn die beiden lassen nicht locker, proben weiter den Aufstand gegen die eigene Partei: „Was ist denn das für ein Geschwätz, in der eigenen Partei, aber auch in der Öffentlichkeit, hier sei von Spaltung die Rede“, sagte Lafontaine beim Neujahrsempfang der saarländischen Linksfraktion. Wer den Unterschied zwischen Sammeln und Spalten nicht kenne, der sei schlicht und einfach ein „Trottel“. Er fügte hinzu: „Wir müssen uns zusammentun, um das Aufkommen der Rechten in Deutschland und in ganz Europa verhindern.“
Auch Wagenknecht verfolgt ihr Ziel weiter
Wagenknecht veröffentlichte in dem Newsletter „Team Sahra“ kürzlich eine Umfrage, aus welcher der „Tagesspiegel“ zitiert. Unter ihren Anhängern würden 95 Prozent die Idee einer „Sammlungsbewegung“ für „gut“ befinden. 75 Prozent könnten sich vorstellen, sich dabei „aktiv einzubringen“. Die Idee habe weiter Potenzial, sie werde dran bleiben, zog Wagenknecht ein Fazit.
Immerhin: Ex-Fraktionschef Gregor Gysi hält die Idee, eine Bewegung um die Linkspartei herum aufzubauen, für „überlegenswert, denn solche Sammlungsbewegungen wurden positiv zum Beispiel in Frankreich und Spanien organisiert“. Eine Sammlungsbewegung zwischen verschiedenen Parteien bezeichnet aber auch er als „irreal, weil sie immer Trennungen und Verluste bedeuten“.
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