Wahlsieger Nikos Anastasiades wird sich auf Zypern weiter mit einem uralten Problem befassen müssen: Kann der Konflikt zwischen dem Norden und dem Süden auf der Mittelmeerinsel gelöst werden? Eine Antwort wird seit Jahrzehnten vergeblich gesucht.
Nikos Anastasiades hat die Stichwahl auf Zypern zwar klar gewonnen, doch der neue und alte Präsident wird weiterhin nicht die ganze Inselrepublik führen können. Die Mittelmeerinsel ist zwar seit 2004 EU-Mitglied, das EU-Recht gilt allerdings nicht im seit 1974 von türkischen Truppen besetzen Nordteil der Insel. Die Türkische Republik Nordzypern (KKTC) wird nur von der Türkei anerkannt. Gewählt wurde deswegen am Sonntag auch nur im griechisch-zyprischen Süden, dessen Regierung international als legale Vertretung der Republik Zypern anerkannt ist.
56 Prozent Zustimmung
Bei der Stichwahl kam der 71 Jahre alte Jurist Anastasiades auf eine Zustimmung von 56 Prozent. Sein Gegenkandidat, der hauptsächlich von der kommunistisch geprägten AKEL-Partei unterstützte Stavros Malas (50), musste sich mit 44 Prozent der Stimmen begnügen, wie das Innenministerium mitteilte.
Der vom Volk gewählte Präsident spielt auf Zypern eine wichtige Rolle. Er bestimmt die Regierung und führt sie auch. Er ist gleichzeitig Vertreter der griechischen Zyprer bei den Verhandlungen mit den türkischen Zyprern. Die Vereinten Nationen (UN) vermitteln seit Jahrzehnten in dem Konflikt. Angepeilt wird die Bildung einer Föderation zwischen zwei Bundesstaaten, eines türkisch-zyprischen im Norden und eines griechisch-zyprischen im Süden der Insel. Doch die Zukunftspläne beider Lager sind unterschiedlich: Die griechischen Zyprer wollen die Bildung eine Föderation mit einer starken Zentralregierung erreichen. Die türkischen Zyprer setzen sich für die Bildung einer Konföderation zwischen praktisch zwei weitgehend unabhängigen Staaten ein.
Vier Prozent Wirtschafts-Wachstumsrate
Zusatzproblem: Die Türkei signalisierte bei den jüngsten Verhandlungen im Juli 2017 zwar die Bereitschaft, einen großen Teil ihrer rund 35 000 Soldaten aus dem Norden der Insel abzuziehen. Ein türkisches Kontingent solle jedoch für mehrere Jahre zur Sicherheit der türkischen Zyprer bleiben. Zudem will die Türkei Garantiemacht für Zypern bleiben. Die griechischen Zyprer betonen hingegen, Garantiemächte und Besatzungstruppen hätten in einem EU-Land wie der Republik Zypern nichts zu suchen. Die Gespräche gerieten im Juli in die Sackgasse und scheiterten kläglich. Seitdem gibt es keine Verhandlungen mehr.
Anastasiades hat versprochen, den Verhandlungen einen neuen Schub geben zu wollen. Ob ihm dieses ambitionierte Kunststück gelingt, ist freilich unklar. Einen großen Erfolg hat Anastasiades jedoch in seiner ersten Amtszeit bereits verbuchen können, als er Zypern im Jahr 2013 in Rekordzeit aus einer schweren Finanz- und Bankenkrise führte. Die Arbeitslosigkeit sank von 16 Prozent im Jahr 2014 auf 10 Prozent Ende 2017. Zyperns Wirtschaft weist eine Wachstumsrate auf, von der die meisten anderen EU-Staaten träumen - mehr als vier Prozent im vergangenen Jahr. Anastasiades möchte den Reformkurs nun natürlich fortsetzen. "Nur so werden wir weiterkomm en", sagt er.
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