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Thursday, May 31, 2018

Arkadi Babtschenko - Ukraine nach vorgetäuschtem Journalistenmord in der Kritik

Arkadi Babtschenko: Ukraine nach vorgetäuschtem Journalistenmord in der Kritik
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Die Ukraine feiert den vorgetäuschten Mord am russischen Journalisten Arkadi Babtschenko als großen Erfolg. Doch langfristig könnte der Fall der Glaubwürdigkeit der Regierung schaden. Steht Kiew schon mit dem Rücken zur Wand?

Die Ukraine sieht sich nach dem vorgetäuschten Mord an dem kremlkritischen russischen Journalisten Arkadi Babtschenko heftiger Kritik ausgesetzt. Journalistenverbände zeigten sich empört über die Irreführung. "Solche Inszenierungen sind ein Stich ins Mark der Glaubwürdigkeit des Journalismus", warnte die Organisation Reporter ohne Grenzen. Es sei unglaubwürdig, dass ein möglicher Mordanschlag nicht anders als durch dessen Vortäuschen verhindert werden könne.

Die Internationale Journalistenföderation erklärte in Brüssel, Ziel von Journalisten sei es, "die Wahrheit zu suchen". Jede Manipulation von Informationen könne der Glaubwürdigkeit der Medien sowie dem Journalismus als Ganzem "dramatisch schaden", warnte der Dachverband nationaler Journalistenverbände, der 600.000 Mitglieder in 146 Ländern vertritt.

Bundesaußenminister Heiko Maas hatte die Ukraine am Donnerstag ebenfalls scharf kritisiert. Der Fall werfe vielen Fragen zum Thema Glaubwürdigkeit auf, so Maas. "Ich habe schon die Erwartung, dass, wenn ich heute Abend in Kiew bin, ich die noch notwendigen Informationen erhalte, um mir daraus dann eine Meinung zu bilden." Es müsse alles getan werden, um die Vorgänge aufzuklären.

Babtschenko (41) war angeblich am Dienstagabend vor seiner Wohnung in Kiew erschossen worden, was unter Journalisten große Trauer auslöste. Medien weltweit hatten darüber berichtet. Kollegen wähnten ihn in einer Reihe mit anderen ermordeten Kremlkritikern wie Anna Politkowskaja oder Boris Nemzow.

Gefährlich für die Demokratie

Der ukrainische Ministerpräsident Wladimir Groisman lenkte den Verdacht in Richtung Moskau, wo jegliche Beteiligung bestritten wurde. Am Mittwoch erschien der Journalist aber überraschend und unversehrt bei einer Pressekonferenz des Inlandsgeheimdienstes SBU. Der fingierte Anschlag sei ein Spezialeinsatz gewesen, um Aktivitäten russischer Geheimdienste aufzudecken, hieß es.

Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, kommentierte, es sei offensichtlich, dass die Aktion einen Propagandaeffekt habe. In einer Mitteilung des Ministeriums hieß es aber, die Ukraine spiele mit Leben und Tod sowie mit dem Vertrauen der internationalen Gemeinschaft und verbreite antirussische Hysterie. Kremlsprecher Dmitri Peskow forderte, der ukrainische Geheimdienstchef solle für seine Aussagen geradestehen.

"Es ist gefährlich, in einer Welt zu leben, wo die Behörden, wo die Politik die Bürger und die Öffentlichkeit dreist belügen", sagte der Vorsitzende des Deutschen Journalistenverbands (DJV), Frank Überall. "In dem Moment, wo wir unseren Regierungsvertretern nicht mehr trauen können, wird es für eine Demokratie sehr gefährlich."

Ähnlich kommentierte auch die ukrainische Journalistin Ayula Shandra, Geschäftsführerin der englischsprachigen Zeitung „Euromaidan Press“ die Aktion des ukrainischen Geheimdienstes. „Spiegel Online“ sagte Shandra: „Natürlich habe ich Zweifel an der Version des ukrainischen Geheimdienstes SBU.“ Der Ruf der Behörde sei schlecht, die Ukrainer vertrauten dem Dienst nicht. Sie vermutet, die Aktion sollte das Image des SBU aufpolieren. Allerdings, so die Journalistin, dürfe man nicht übersehen, dass ein Mord Babtschenkos verhindert wurde.

Babtschenko: "Bei der nächsten Attacke gehe ich bestimmt drauf."

Babtschenko wehrte sich am Donnerstag gegen Vorwürfe, er hätte sich nicht zu der Inszenierung hergeben dürfen. Die Gefahr eines Anschlags auf ihn sei real gewesen, schrieb er bei Facebook: "Alles war genau so wie gesagt." Wer ihm vorhalte, die Medien irregeführt zu haben, der solle "seine Prinzipientreue und hohe Moral beweisen und stolz erhobenen Hauptes sterben". Auf Twitter entschuldigte er sich ironisch dafür, noch am Leben zu sein: "Bei der nächsten Attacke gehe ich bestimmt drauf."

Der Kriegsreporter und Schriftsteller ist als scharfer Kritiker der Regierung in Moskau bekannt. Er hat viel über den verdeckten russischen Krieg in der Ostukraine und das Eingreifen in Syrien geschrieben. 2017 war er aus Russland geflohen.

Der ukrainische Generalstaatsanwalt Juri Luzenko verteidigte aber die Spezialoperation des Geheimdienstes SBU. Sie sei nötig gewesen, um an Informationen über weitere mutmaßlich geplante Anschläge zu kommen, sagte er. Dies sei nur bei der Geldübergabe nach einem angeblich erfolgreichen Anschlag auf Babtschenko möglich gewesen, sagte er.

Der SBU veröffentlichte ein Video, das die Festnahme des angeblichen Organisators bei dem geplanten Auftragsmord zeigte. Präsident Petro Poroschenko lobte den SBU für die "glänzende Operation".

"Taktisch mag die Geheimdienstaktion ein Erfolg gewesen sein. Strategisch aber war es gewiss keine gute Idee, dass Kiew mit der
Empathie seiner engsten Partner gespielt hat", sagte der Vorsitzende der deutsch-ukrainischen Parlamentariergruppe im Bundestag, der 
Grünen-Abgeordnete Omid Nouripour dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND, Freitag). Der europapolitische Sprecher der Linke-Fraktion, Andrej Hunko, sprach von einem "zynischen Budenzauber" und forderte eine internationale Untersuchung der Vorgänge.

Im Video: Für tot erklärter Kreml-Kritiker tritt vor Kameras – seine Kollegen können es kaum fassen

pcl/mit dpa und AFP
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