Ein Innenstaatssekretär muss sich rechtfertigen, weil er aus Chemnitz kommt. Eine ehemalige Grüne verkörpert die Stimme des sächsischen Volkes. Die Justizministerin zitiert ihre Großmutter. Zu Gast bei "Maybrit Illner".
Chemnitz und kein Ende. Am Wochenende wurde ein 35-jähriger Familienvater in einem Streit auf einem Volksfest getötet. Als Tatverdächtige werden zwei Migranten verhaftet, der Haftbefehl wird über die sozialen Netzwerke geleakt. Tausende gehen in Chemnitz auf die Straße. Die Polizei ist hoffnungslos in der Minderzahl. Neonazis jagen Ausländer. Maybrit Illner fragt: "Hetzjagd in Chemnitz - Bewährungsprobe für den Rechtsstaat?"
Barleys Unkenrufe
Justizministerin Katarina Barley zieht klare Grenzen. "Nichts, kein Gefühl, rechtfertigt, dass man Menschen jagt, den Hitlergruß zeigt oder rechtsradikale Parolen ruft", stellt sie gleich zu Beginn der Sendung klar. Ereignisse wie die in Chemnitz könnten nicht der Anlass sein, nach Sorgen und Nöte der Menschen zu fragen. Die SPD-Politikerin bewertet Chemnitz als den Tiefpunkt einer Entwicklung. Jetzt sei es an der Zeit, dass sich jeder entscheiden müsse: Will ich das? Und wenn nicht, müsse er aufstehen dagegen. Wie es so weit habe kommen können? Da zitiert Barley ihre Großmutter. Die habe immer gesagt: "Was du nicht willst, das man dir tut, das füg' auch keinem anderen zu."
Die Versäumnisse der Politik
In dieser "Maybrit Illner"-Sendung kommt einer ehemaligen Grünen-Politikerin die Rolle zu, für den besorgten Bürger zu sprechen. Antje Hermenau war Mitbegründerin der Grünen in Sachsen, verließ die Partei 2015. Sie kritisiert, dass die politischen Funktionäre versäumt hätten, rechtzeitig mit den Anhängern der Pegida-Bewegung zu sprechen. Ihre alte Tante aus Chemnitz und viele Frauen trauten sich nicht mehr zu jeder Tageszeit auf die Straße. Die Alltagsprobleme der Menschen würden weder gehört noch aufgearbeitet. Diese Ausführungen ärgert Katarina Barley. Hermenau wiederum ärgert das Argument, Fremdenfeindlichkeit im Osten sei umso unverständlicher, da es dort doch kaum Ausländer gebe. Die Stimmung sei eben so, dass die Menschen sagten, wir wolle nicht, dass es hier so wird wie in westdeutschen Großstädten. "Am Ende", so Hermenau, "entscheiden in der Demokratie die Mehrheiten."
Nachdenklicher Staatssekretär
Der Staatssekretär im Innenministerium Marco Wanderwitz muss sich besonders vielen Fragen von Illner stellen. Schließlich kommt der Politiker aus Chemnitz. Pflichtschuldig wehrt er sich dagegen, alle Chemnitzer unter Generalverdacht zu stellen. Der CDU-Mann räumt allerdings ein: "Wir haben in Sachsen eine große Aufgabe vor uns." Die Flüchtlingspolitik erkläre die fremdenfeindliche Stimmung nicht. Schon vor 2015 hätte die NPD im sächsischen Landtag gesessen und die AfD beachtliche Wahlergebnisse erzielt. "Wir haben das Problem viel zu lange nicht gesehen und nicht sehen wollen", sagt er.
Gemäßigter Ex-AfDler
Matthias Manthei zog 2016 für die AfD in den Landtag von Mecklenburg-Vorpommern ein, trat aus der Fraktion aus und gründete eine neue Fraktion, die Bürger für Mecklenburg-Vorpommern. Er benennt die Mitverantwortung der sogenannten besorgten Bürger in Chemnitz, die sich seit Tagen darüber aufregen, mit Rechtsradikale in einem Atemzug genannt zu werden. Manthei, ein ehemaliger Richter, spricht von "psychischer Beihilfe" bei einem solchen Aufmarsch mitzulaufen. "Wenn ich sehe, dass ein Hitlergruß gezeigt wird, muss sich von einer solchen Demonstration sofort verschwinden." So einfach kann es sein.
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