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Tuesday, September 18, 2018

Miet-Krise in Deutschland - „Brauchen dringend Wohnungen“: Erfüllt Seehofers Wohngipfel die Forderung der Kanzlerin?

Miet-Krise in Deutschland: „Brauchen dringend Wohnungen“: Erfüllt Seehofers Wohngipfel die Forderung der Kanzlerin?
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Robert war nicht alleine. Insgesamt standen sage und schreibe 250 Menschen in der 52-Quadratmeter-Wohnung im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg. So viele waren zur Wohnungsbesichtigung gekommen, dass sie vom zweiten Stock bis auf die Straße in der Schlange standen. Am Ende hat der Angestellte eines britischen Mineralölkonzerns den Zuschlag bekommen – 249 andere suchen weiter.

Wie dramatisch die Lage auf dem deutschen Wohnungsmarkt ist, zeigt sich nicht nur an Berlin. Hier beginnen Wohnungssuchende wieder in großem Rahmen damit, „alternative Lösungen“ zu suchen:  Sie entscheiden sich für eine Hausbesetzung. Gut die Hälfte, 53 Prozent, halten nach einer Umfrage aus diesem Sommer – gesetzeswidrige – Hausbesetzungen für einen legitimen Weg, auf Wohnungsnot aufmerksam zu machen.

In München, Hamburg, und vielen weiteren Städten werden zwar wenige Häuser besetzt. Doch auch dort ist bezahlbarer Wohnraum ist knappes Gut.

Dramatische Lage auf dem Wohnungsmarkt

Es wird seit Jahren schlimmer: Der Anteil der Mieten am Gehalt wächst stetig weiter an. In München etwa gehen laut einer Studie des Vermittlungsportals Immoscout inzwischen fast 55 Prozent des Einkommens ins Wohnen, in Berlin sind es mit 46 Prozent etwas weniger. Wer sich die trotz Preisbremsen meist horrenden Mieten in luxussanierten Wohnungen im Herzen der Städte – in der Hamburger Speicherstadt oder am Münchner Gärtnerplatz – nicht leisten kann, ist oft gezwungen, weit außerhalb der Städte zu suchen.

Während betuchte Menschen die Vorzüge der Innenstadt genießen, pendeln jene, die sie in Krankenhäusern pflegen, ihnen Kaffee servieren oder für ihre Sicherheit sorgen, oft stundenlang zu ihren Arbeitsplätzen. Dass diese Entwicklung so nicht weitergehen kann, haben Politiker aller Parteien in Berlin erkannt, zumal die Zahl der Sozialwohnungen aktuell sogar abnimmt. 70.000 Wohnungen haben ihren Status als Sozialwohnungen im vergangenen Jahr verloren, weil der Förderzeitraum ausgelaufen ist, berichtete die „Passauer Neue Presse“ am Montag. Dem stehen laut Angaben des Deutschen Mieterbundes (DMB) gerade einmal 27.000 Sozialwohnungen gegenüber, die 2017 bezugsfertig wurden.

Es soll sich etwas ändern. Jetzt. Bald. „Wir brauchen dringend neue Wohnungen“, betonte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Wochenende. Für diesen Freitag lädt Horst Seehofer (CSU) ins Innenministerium ein zum sogenannten Wohngipfel. Dort sollen die Voraussetzungen geschaffen werden, um in den nächsten Jahren 1,5 Millionen neue Wohnungen zu bauen. Und es sollen auch öffentliche Liegenschaften verstärkt für Sozialwohnungen genutzt werden.

Geladen sind zu dem Gipfel Vertreter von Bund, Ländern und Kommunen, der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft, des Mieterbundes sowie aus den Gewerkschaften und der Bauwirtschaft.

Keine hohen Erwartungen

Der Mieterbund verspricht sich keine großen Signale von dem Gipfel. Sprecher Ulrich Ropertz sagte zu FOCUS Online: „Wir haben keine hohen Erwartungen an einen Gipfel, der so viele Teilnehmer hat und für eine Dauer von zweieinhalb Stunden angesetzt ist.“ Der DMB werde kaum Gelegenheiten bekommen, die Interessen der Mieterinnen und Mieter angemessen zu vertreten, fürchtet er. Er misstraut dem Plan. Es handle sich bei dem Gipfel „ganz offensichtlich um eine Veranstaltung der Bundesregierung, um die Wohnungsbaupolitik zu präsentieren“. Da dürfe man nichts bahnbrechend Neues erwarten.

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Um den Forderungen des Mieterbundes angemessen Ausdruck zu verleihen, hat sich der DMB unter anderem mit Gewerkschaften und Sozialverbänden und der Initiative #Mietenwahnsinn zu einem alternativen Wohngipfel am Donnerstag in Berlin verabredet. Dabei sollen die Forderungen und Vorschläge aller Beteiligten, Ropertz spricht von etwa 250 Gästen, diskutiert werden. Die Ergebnisse werden dann am Freitag auf einer Kundgebung vor dem Bundeskanzleramt präsentiert.

Kritik übt der DMB beispielsweise an der von der Bundesregierung vorgesehenen Finanzspritze für den sozialen Wohnungsbau. Fünf Milliarden Euro sollen zwischen 2018 und 2021 investiert werden, davon 3,5 Milliarden ab 2019. Für Ropertz ein Tropfen auf den heißen Stein. „Wir brauchen von Bund und Ländern Investitionen von sechs Milliarden Euro jährlich“, fordert er im Gespräch mit FOCUS Online. 

Lösung der „sozialen Frage unserer Zeit“?

Ob der Wohnungsgipfel tatsächlich der Anfang vom Ende des Mietwahnsinns ist, wird sich zeigen müssen. Tatsächlich hat die Bundesregierung seit der Wahl einiges auf dem Gebiet Wohnen und Mieten bewegt. Anfang September besserte Justizministerin Katarina Barley (SPD), die bei der anhaltenden Wohnungsnot gerne von der „sozialen Frage unserer Zeit“ redet, zunächst bei der als wenig effektiv geltenden Mietpreisbremse nach. Verlangen Vermieter eine Miete, die mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt, müssen sie Mieter nun ausführlicher informieren, zum Beispiel über die bisherige Miete. Zudem soll es künftig eine Ordnungswidrigkeit sein, eine Modernisierung mit der Absicht anzukündigen oder durchzuführen, die alten Mieter loszuwerden. 

Zudem startet am morgigen Mittwoch nach langem Ringen das Baukindergeld, eines der teuersten Projekte der Bundesregierung. Eltern können rückwirkend zum 1. Januar 2018 die Förderung von 12.000 Euro pro Kind, ausgezahlt in zehn Jahresraten zu 1200 Euro, beantragen. Um die Kosten zu kontrollieren, mit bis zu zehn Milliarden Euro wird für die Zahlungen gerechnet, lässt sich die Förderung vorerst nur bis 2020 beantragen. Und: Es gibt eine Einkommensgrenze von 90.000 Euro – um 15.000 Euro steigt die Grenze für jedes Kind. Eine vierköpfige Familie darf also nicht mehr als 105.000 Euro pro Jahr verdienen.

Kritik am Baukindergeld

Kritiker geißeln das Baukindergeld als Verschwendung: „Dadurch wird nicht eine bezahlbare Wohnung mehr geschaffen“, argwöhnt der Wohnungspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Bundestag, Chris Kühn. Er fürchtet, dass es zu Mitnahmeeffekten kommt – anstatt, dass neue Wohnungen gebaut werden, werden nur bestehende Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt.

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Neben der nachgebesserten Mietpreisbremse und dem Baukindergeld plant die Regierung außerdem, einen Steuerbonus für private Investoren auf den Weg zu bringen. Zusätzlich zur normalen Abschreibung will der Bund für vier Jahre eine Sonderabschreibung von fünf Prozent jährlich gewähren. Mindestens zehn Jahre müssen die geförderten Wohnungen vermietet werden. Außerdem dürfen sie die Baukosten nicht über 3000 Euro pro Quadratmeter liegen – so soll verhindert werden, dass Investoren im gehobenen Segment noch Steuerboni abgreifen können.

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