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Sunday, September 30, 2018

- Referat für Interreligiösen Dialog pocht auf Dialog mit Ditib

Referat für Interreligiösen Dialog pocht auf Dialog mit Ditib
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Die umstrittene Eröffnung der Kölner Ditib-Moschee durch Präsident Erdoğan am Samstag zeigt, "dass die Anbindung der Ditib an den Türkischen Staat intensiver geworden ist", sagt Professor Lemmen. Trotzdem sei sie kein Zeichen gegen den Dialog.

DOMRADIO.DE: Vertreter von Stadt und Land waren bei der Eröffnung der Ditib-Moschee nicht dabei, dafür der türkische Präsident. Ist das ein Zeichen der Ditib gegen den Dialog?

Prof. Dr. Thomas Lemmen (Referat für Interreligiösen Dialog im Erzbistum Köln): Nein, es ist in erster Linie ein Zeichen dafür, dass die Ditib enger an den türkischen Staat angebunden ist. Die Ditib ist – das ist kein Geheimnis – die Auslandsorganisation der türkischen Religionsbehörde Diyanet. Das weiß man seit Jahrzehnten, das hat man auch teilweise billigend in Kauf genommen.

Man hat erwartet und gehofft, dass die Ditib sich von der türkischen Politik lösen und stärker in die deutsche Gesellschaft integrieren wird. Die Eröffnung der Moschee und der Auftritt von Erdoğan haben eigentlich das Gegenteil belegt, nämlich dass die Anbindung der Ditib an den türkischen Staat intensiver geworden ist.

DOMRADIO.DE: Hat das innenpolitische Gründe in der Türkei?

Lemmen: Das hat vor allem innenpolitische Gründe in der Türkei. Staatsgründer Atatürk hat Religion und Staat voneinander getrennt. Er hat die Religionsbehörde Diyanet als eine Organisation geschaffen, um den Islam innerhalb des Rahmens der laizistischen Staatsordnung zu verwalten. Von daher waren die Diyanet, auch die Ditib, lange Zeit ein Garant für die Trennung von Religion und Politik. In diesem Sinne ist sie auch in Deutschland akzeptiert und unterstützt worden.

Dieses System hat sich aber in der Türkei dadurch gewandelt, dass mit Erdoğan eine Partei an die Macht gekommen ist, die eine religiöse Grundlage der Politik hat. Erdoğans Bewegung kommt letztlich aus dem politischen Islam. Erdoğan hat mit der Zeit die Religion immer mehr zu einem Faktor seiner Regierungspolitik gemacht. Aus einem Wahrer des Laizismus ist der türkische Staat unter Erdoğan zu einem Förderer seiner islamisch konservativen Politik geworden. Damit hat sich die Rolle der Diyanet und auch der Ditib in Deutschland gewandelt.

DOMRADIO.DE: Wie gestaltet sich der interreligiöse Dialog in der Zusammenarbeit mit der Ditib im Alltag?

Lemmen: Man kann sagen, dass diese politischen Irritationen Auswirkungen auf den Alltag der Menschen haben – in dem Sinne, dass die Menschen wirklich hin und hergerissen sind. Die Befürworter von Erdoğan finden das alles toll. Die Kritiker oder Skeptiker sehen das problematisch. Mir sagte dieser Tage noch ein Verantwortlicher einer Moscheegemeinde, dass der Besuch Erdoğans Auswirkungen auf die Arbeit vor Ort haben wird. Dass also jeder, der für die Ditib arbeitet, nun damit konfrontiert wird, ob er der Meinung ist oder nicht, und dass man vonseiten der Türkei nicht sehr sensibel vorgegangen ist.

Das heißt Erdoğans Politik spaltet die türkische Community. Diese Spaltung hat Auswirkungen auch auf den Dialog. Was aber bedeutet, dass wir in der jetzigen Situation nicht weniger, sondern im Gegenteil mehr Dialog brauchen. Wir brauchen mehr Dialog mit den Menschen vor Ort. Wir müssen klarmachen, dass wir nur gemeinsam diese Gesellschaft gestalten können und sie als Muslime dafür ein wichtiger Partner sind.

DOMRADIO.DE: In vielen westeuropäischen Ländern binden sich Menschen weniger an Religionsgemeinschaften. Gilt das auch für Muslime? Und wenn ja, ändert sich dadurch das Verhältnis der Gläubigen zu Ditib?

Lemmen: Insgesamt kann man sagen, dass das Thema Religion bei Migranten eine andere Rolle spielt als bei Nicht-Migranten, also Einheimischen. Man kann weltweit sehen, dass Migranten-Communities normalerweise religiöser sind als entsprechende Communities in den Herkunftsländern. Das gilt auch für Deutsche im Ausland.

Die Religion hat gerade in der Migration eine Identitätsstiftende und stärkende Funktion, sodass sich Menschen, die vielleicht von Hause aus gar nicht so religiös sind, auf die Religion zugreifen, weil sie in ihr ein stabilisierendes Element der eigenen Identität sehen. So findet eine nach außen hin intensivere Hinwendung zur Religion statt, verbunden mit einer Hinwendung zu Elementen der eigenen Nation, also türkisch-islamisch beispielsweise. Das hat aber auch damit zu tun, wie angenommen oder abgelehnt sich diese gerade jungen Menschen von der Mehrheitsgesellschaft fühlen.

Das heißt, je mehr ich sage "der Islam gehört nicht zu Deutschland", desto mehr werden junge Muslime das auch glauben. Je mehr ich sage, "der Islam gehört zu Deutschland", desto größeres Potenzial bieten wir ihnen, sich mit der Gesellschaft zu identifizieren.

Das Interview führte Christoph Hartmann.

*Der Beitrag "Referat für Interreligiösen Dialog pocht auf Dialog mit Ditib" stammt von DOMRADIO.DE. Es gibt keine redaktionelle Prüfung durch FOCUS Online. Kontakt zum Verantwortlichen hier.

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