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Sunday, September 30, 2018

Politik - Das Strategiedilemma der anderen Fraktionen mit der AfD

Politik: Das Strategiedilemma der anderen Fraktionen mit der AfD
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Die Generaldebatte im Bundestag zum Haushalt der Bundeskanzlerin hat es wieder einmal gezeigt: Auch ein Jahr nach dem Einzug der AfD in den Bundestag stecken die anderen Fraktionen in einem Strategiedilemma im Umgang mit dieser neuen Kraft.

Martin Schulz und Johannes Kahrs haben mit ihren unterschiedlichen, aber doch sehr pointierten Angriffen gegen die AfD die Berichterstattung geprägt. Vielleicht wäre die Berichterstattung eine andere gewesen. Es hätte eine Auseinandersetzung mit einer blassen Kanzlerin im Mittelpunkt gestanden, die gar nicht den Impuls verspürt hatte, neue Akzente in die politische Debatte einzubringen. Vielleicht hätte auch die Aussage von Andrea Nahles die Schlagzeilen geprägt, die sich klar gegen einen Einsatz der Bundeswehr in Syrien ausgesprochen hatte. Es kam natürlich anders, da eben Schulz unmittelbar auf die Rede Alexander Gaulands reagierte und Kahrs die AfD im Gesamten hart angriff.

Im Video: Der Angriff von Johannes Kahr auf die AfD

Angriffe gegen die AfD können nach hinten losgehen

Nun prägen also die Aufreger die mediale Berichterstattung und es gehen die kurzen Videos mit der Intervention des ehemaligen SPD-Kanzlerkandidaten sowie der Ausraster des Hamburger SPD-Abgeordneten „viral“, wie es so schön heißt. Sie erreichen hohe Klick-Zahlen, werden geteilt und weiterverbreitet. So kann man deutlich machen, dass man sich der radikaler werdenden AfD stark in den Weg stellt. Wichtig für das eigene Empfinden und für das Signal, dass man den Rechtspopulisten den Marktplatz nicht kampflos überlässt. Allerdings führt diese Aufregungsspirale bei den anderen Fraktionen natürlich dazu, dass die AfD ihr Ziel erreicht. Provokation wird mit Gegenprovokation bekämpft. Das eigene Lager bekommt mit, dass man es der AfD richtig gezeigt hat. Die AfD kann in ihren Kanälen stolz erzählen, dass sie „wirkt“ und, dass die anderen Kräfte kein anderes Mittel haben, sie zu diffamieren.

Zur Person

Fedor Ruhose ist Policy Fellow des Think Tanks „Das Progressive Zentrum“ in Berlin. Hauptberuflich ist er Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Landtag Rheinland-Pfalz. Gerade ist sein Buch „Die AfD im Deutschen Bundestag. Zum Umgang mit einem neuen politischen Akteur“ erschienen.

Das Strategiedilemma im Umgang mit der AfD

Die anderen Fraktionen im Bundestag sind in der Zwickmühle. Denn natürlich sind die Aussagen der AfD immer stärker  von Grenzüberschreitungen geprägt und die Vernetzung mit dem rechten Rand der deutschen Gesellschaft schreitet voran. Zugleich hat der Kurs, Verständnis für „besorgte Bürger“ zu zeigen, die beispielsweise einmal in der Woche ihren Unmut über alles und über Ausländer im Besonderen in Dresden öffentlich zum Ausdruck finden, nicht dafür gesorgt, dass die AfD kleiner geworden ist. Ganz im Gegenteil. Wahrscheinlich hat man mit diesem Kurs die Allianz zwischen den Rechten und den wirklich von Sorgen getragenen Bürgern verstärkt. Die Umfragen zeigen: Die AfD-Wählerkoalition hält zusammen, Chemnitz und aller schlimmen Radikalisierung zum Trotz.

Nun nutzt die offensive Auseinandersetzung und das Gegenhalten auch der AfD: Durch die steigende Aufmerksamkeit werden ihre Anliegen prominent verstärkt. Gleichzeitig werden die „roten Linien“ der anderen von den AfD-Akteuren als Beleg genutzt, gegen „die“ politische Klasse oder gegen die „Lügenpresse“ vorzugehen und ihnen Unterdrückung und Verletzung der Meinungsfreiheit vorzuwerfen. Die anderen Fraktionen sind in einem Strategiedilemma gefangen.

Bisherige Ansätze gegen die AfD sind gescheitert

Die bisherigen Versuche, die AfD klein zu bekommen, sind allesamt gescheitert. Nur darauf zu hoffen, dass sie sich mit der Radikalisierung selbst erledigt, wird nicht reichen. Genauso scheitert die Strategie insbesondere der CSU, einfach AfD-Jargon und AfD-Forderungen zu übernehmen. Durch die Verschiebung des politischen Diskurses durch die CSU wird die AfD vielmehr immer attraktiver für Wählergruppen in der politischen Mitte. Sichtbar wird dies dann in einem schlechter werdenden gesellschaftlichen Klima in dem es für demokratische und differenzierte Politikvorschläge immer schwieriger wird, sich durchzusetzen. Insofern war das erste Jahr AfD im Bundestag ein verlorenes Jahr für die Demokratie. Es wird normal, dass die AfD mit offen rechtsextremen Aussagen agiert und mit rechten Vereinigungen kooperiert. In Sachsen sieht sie darin scheinbar sogar ihre Erfolgsstrategie für die anstehende Landtagswahl im Jahr 2019.

4 Ausrufezeichen gegen den weiteren Aufstieg des Rechtspopulismus

Die Fokussierung der anderen Fraktionen auf die rechten Ausfälle der AfD ändert nur wenig an der Lage in den Umfragen und voraussichtlich auch nicht an den Wahlergebnissen bei den Landtagswahlen in diesem und im nächsten Jahr. Denn während in den Parlamenten die Kraft darauf gebündelt wird, rote Linien gegen Rechts zu ziehen, verlieren die Parteien weiter an Bindekraft in die Gesellschaft.

Vielleicht vermögen vier Hinweise helfen, das Strategiedilemma aufzulösen und die AfD wirksam zu stellen.

1. Haltung zeigen und nicht den Populisten nachplappern!

In der Nachschau des bayrischen Landtagswahlkampfs 2018 wird man auf der Suche für den zentralen Fehler der CSU an der Tatsache nicht vorbeigehen, dass sie den Rechten nach dem Mund geredet hat. So hat sie sich für liberaler eingestellte Wähler unwählbar und gleichzeitig den rechten Rand salonfähig gemacht. Ein Warnhinweis für die politische Diskussion in der Zukunft. Es bedarf klarer Haltelinien.

2. Nicht in jede Debatte einsteigen!

Man der AfD nicht den Gefallen weiterhin tut, jede Provokation hoch zu ziehen. Zumal sie für sich doch immer durchkommen: Für die Berichterstattung in den Medien schnell für eine falsche, unüberlegte Aussage entschuldigt und bei den eigenen Anhängern für die Benennung der „Wahrheit“ und „der“ Realität gefeiert. Besser ist es, nicht in jede Debatte einzusteigen.

3. Wieder eigene Geschichten erzählen!

Vielmehr müssen die eigenen Themen der anderen wieder vorkommen. Es gibt eine krasse Diskrepanz zwischen den Themen, die die Berichterstattung bestimmen und den Themen, bei denen die Menschen politische Lösungen erwarten. Natürlich muss Politik auch die bestehenden Probleme bei der Integration benennen. Aber es geht doch eigentlich um viel mehr: um die Zukunftsfähigkeit Deutschlands. Aktuelle Befragungen von Infratest Dimap und von der Forschungsgruppe Wahlen legen nahe, dass die Zukunft der Renten, die Gesundheitspolitik und die pflegerische Versorgung wesentlicher sind als die von der AfD instrumentalisierten Themen Integration und Migration.

4. Wieder ansprechbar sein!

Dies alles reicht aber nicht, wenn das nur im Bundestag erfolgt. Denn sind wir ehrlich, wie viele Menschen verfolgen die wichtigen Debatten? Politik muss wieder nahbar werden. Anfassbar in dem Sinne, dass Politiker vor Ort unterwegs sind, Sorge und Nöte kennen. Im persönlichen Gespräch werden Wertevorstellungen transportiert, können Probleme gelöst werden. Für die Behebung konkreter Probleme gibt es kein Sharepic. Da hilft nur, dass Parteien ihre Kraft investieren, um wieder ansprechbar zu werden. Ohne das ist alles nichts.

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