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Wednesday, October 31, 2018

UN-Migrationspakt - Was wirklich in dem Dokument steht

UN-Migrationspakt: Was wirklich in dem Dokument steht
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Große Aufregung um den sogenannten UN-Migrationspakt: Österreich will das rechtlich nicht bindende Dokument nun doch nicht unterzeichnen, obwohl die österreichische Regierung zu den federführenden Verhandlern gehört hatte. Auch die USA, Ungarn und Australien hatten angekündigt, nicht unterschreiben zu wollen. Auch Polen erwägt der Nachrichtenagentur Reuters zufolge einen Rückzug.

Über das Dokument sind zahlreiche Vorwürfe im Umlauf. In rechten Blogs kursieren zudem teilweise irrwitzige Behauptungen darüber. Zum Beispiel heißt es, unterzeichnende Staaten gäben die Souveränität über ihre Grenzen auf und dürften die Bevölkerung nur noch positiv über Migration informieren. Der Haken daran: Im Migrationspakt selber steht das nicht – gerade für die österreichischen Vorwürfe findet sich keine Grundlage in dem Dokument. Ein Überblick darüber, was der Migrationspakt eigentlich ist, welche Forderungen darin stehen und welche nicht.

1. Was ist der UN-Migrationspakt?

Die offizielle Bezeichnung ist „Globaler Pakt für eine sichere, geordnete und reguläre Migration“. Die jüngste Version ist in der deutschen Fassung 34 Seiten lang und soll helfen, Migration besser zu organisieren und die Rechte der Betroffenen zu stärken. Das Abkommen ist rechtlich nicht bindend. Es sollte eigentlich ein starkes politisches Signal senden, dass alle Länder weltweit sich gegenseitig in Fragen der Migration unterstützen. Wenn noch mehr Länder abspringen sollten, ist diese Wirkung jedoch fraglich.

Über das Abkommen wird bereits seit Jahren verhandelt: Die 193 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen hatten 2016 beschlossen, es zu unterzeichnen. Seitdem gab es mehrere Treffen mit Beratungen dazu. Im Dezember soll das Abkommen dann offiziell in Marokko unterschrieben werden. Österreich beteiligte sich seit 2016 aktiv an den Verhandlungen, hätte also ausreichend Gelegenheit gehabt, seine Bedenken anzusprechen und Änderungswünsche einzubringen. Vor diesem Hintergrund ist auch die leicht süffisante Reaktion aus Brüssel auf den Österreich-Rückzieher zu lesen: Die österreichische Entscheidung sei „bedauerlich“, weil das Land in den bisherigen Verhandlungen „eine äußerst konstruktive und zentrale Rolle gespielt“ haben, sagte eine Sprecherin der europäischen Kommission.

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2. Schränkt das Abkommen die nationale Souveränität ein?

Nein. An mehreren Stellen im Dokument findet sich ein ausdrückliches Bekenntnis dazu, dass die Staaten selbst dafür verantwortlich sind, wie sie innerhalb ihrer eigenen Grenzen handeln – natürlich immer auf Basis internationaler Menschenrechtsabkommen.

Zum Beispiel heißt es in dem Dokument: „Der Globale Pakt bekräftigt das souveräne Recht der Staaten, ihre nationale Migrationspolitik selbst zu bestimmen, sowie ihr Vorrecht, die Migration innerhalb ihres Hoheitsbereichs in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht selbst zu regeln.“

3. Gibt es in dem Text eine Vermischung von legaler und illegaler Migration?

Nein, allerdings werden andere Begriffe dafür verwendet: reguläre und irreguläre Migration. Das sind die offiziell gängigen Begriffe, wie sie die Bundesregierung zum Beispiel auch in offiziellen Dokumenten benutzt. Im Migrationspakt ist eindeutig die Rede davon, dass man legale Migration besser gestalten, irreguläre Migration aber bekämpfen wolle. Das gilt vor allem für Schleuserkriminalität und Menschenhandel.

Video: ARD-Recherche zeigt: AfD verbreitet falsche Infos zu angeblichen Migranten-Angriffen

4. Vermischt das Dokument Migranten, Asylbewerber und andere Gruppen?

Nein. In der Präambel wird eindeutig zwischen Migranten und Menschen mit Anspruch auf Schutz vor Verfolgung unterschieden. Flüchtlinge und Migranten hätten zwar Anspruch auf dieselben Menschenrechte und Grundfreiheiten wie alle Menschen. „Dennoch handelt es sich bei ihnen um verschiedene Gruppen, die separaten Rechtsrahmen unterliegen. Lediglich Flüchtlinge haben ein Anrecht auf den spezifischen internationalen Schutz, den das internationale Flüchtlingsrecht vorsieht.“ Das Abkommen bezieht sich auf Migranten, nicht auf anerkannte Flüchtlinge, Asylsuchende, anerkannte Asylbewerber oder Menschen mit subsidiärem Schutz (= teilweisem Schutz). Im deutschen Asylrecht wird nach verschiedenen Schutzformen unterschieden, die mit unterschiedlichen Rechten verbunden sind.

Auf Nachfrage der Linken-Fraktion im Bundestag stellte die Bundesregierung Ende Juni klar, dass das UN-Abkommen keine rechtliche Gleichstellung von Flüchtlingen im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention und solchen mit Teil-Schutz vorsieht. Die Flüchtlinge im Sinne dieser Flüchtlingskonvention sind Menschen, die wegen ihrer politischen Überzeugung, Religion, Rasse, Religion, Nationalität oder ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt werden. Auch die Bundesregierung plane keine solche rechtliche Gleichstellung.

5. Welche Ziele verfolgt das Abkommen?

Genannt werden 23 Ziele, darunter:

  • Fluchtursachenbekämpfung („Minimierung nachteiliger Triebkräfte und struktureller Faktoren, die Menschen dazu bewegen, ihre Herkunftsländer zu verlassen“)
  • Ausweisdokumente für alle Menschen, damit Migranten ihre Identität zweifelsfrei belegen können („Sicherstellung dessen, dass alle Migranten über den Nachweis einer rechtlichen Identität und ausreichende Dokumente verfügen“)
  • „Rettung von Menschenleben und Festlegung koordinierter internationaler Maßnahmen betreffend vermisste Migranten“
  • „Verstärkung der grenzübergreifenden Bekämpfung der Schleusung von Migranten“
  • „Integriertes, sicheres und koordiniertes Grenzmanagement
  • „Freiheitsentziehung bei Migranten nur als letztes Mittel und Bemühung um Alternativen“

Schaut man nach Punkten, die in Deutschland Kontroversen auslösen könnten, wird man zum Beispiel bei Ziel 20 fündig: „Schaffung von Möglichkeiten für schnellere, sicherere und kostengünstigere Rücküberweisungen und Förderung der finanziellen Inklusion von Migranten“. Gemeint sind Geldüberweisungen von Migranten in ihre Heimatländer. Im Abkommen wird das als positiver Beitrag zur Wirtschaft in den Herkunftsländern gewertet. In Deutschland wurden solche Transfers wiederholt vor allem von konservativen Politikern kritisiert.

Video: Bundesregierung räumt mit Falschmeldung auf: Kein Weihnachtsgeld für Flüchtlinge

6. Gibt es eine Vorgabe, die Bevölkerung ausschließlich positiv über Migration zu informieren?

Nein, davon ist in dem Text nicht die Rede. Er enthält aber ein Bekenntnis dazu, dass Migration „schon immer ein Teil der Menschheitsgeschichte“ gewesen sei. Weiter heißt es, dass die Migration „in unserer globalisierten Welt eine Quelle des Wohlstands, der Innovation und der nachhaltigen Entwicklung darstellt und dass diese positiven Auswirkungen durch eine besser gesteuerte Migrationspolitik optimiert werden können“. Gemeint ist wohlgemerkt die legale oder reguläre Migration.

Die Unterzeichnerstaaten verpflichten sich außerdem, systematisch Daten zur Migration zu erheben – unter anderem, damit Forscher mit diesen Informationen arbeiten können. Die Daten sollten aber auch „als Orientierung für eine faktengestützte Politikgestaltung und einen aufgeklärten öffentlichen Diskurs“ dienen.

Wohlgemerkt: Es geht dabei um die Erhebung von Daten, mit denen sich die Bevölkerung ein Bild von der Migration machen kann – nicht darum, die Menschen in eine bestimmte Richtung zu lenken.

7. Wie ist die Position der Bundesregierung zu dem Abkommen?

Die Bundesregierung steht weiter zu dem Abkommen. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes sagte am Mittwoch in Berlin, man bedauere die Entscheidung Österreichs. Ungeachtet dessen werde die Bundesregierung weiter für die Umsetzung des Abkommens werben.

8. Muss der Bundestag zustimmen?

Laut Bundesregierung nicht. Weil das Abkommen kein völkerrechtlicher Vertrag sei, müsse der Bundestag damit nicht befasst werden, schreibt die Regierung in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der AfD-Bundestagsfraktion.

Die Bundesregierung habe die Fraktionen im Bundestag aber darüber informiert, dass Abgeordnete an den „Konsultationen maßgeblicher Interessensträger“ in Genf und New York teilzunehmen und so am Migrationspakt mitzuwirken.

9. Wo kann ich den Text nachlesen, um mir selbst ein Bild zu machen?

Der derzeit aktuelle Entwurf in deutscher Sprache finden Sie hier. Die jeweils aktuelle Version in den offiziellen UN-Sprachen Englisch, Französisch, Spanisch, Arabisch und Chinesisch finden Sie auf dieser Übersichtsseite.

Video: Umfrage zeigt: Für Österreichs Regierung hat sich Bruch mit Großer Koalition ausgezahlt

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