Die CDU warnte vor einer möglichen Staatskrise und einem Verfassungsbruch, doch SPD, Linke und Grüne in Brandenburg zogen ihr Vorhaben durch: Ein neues Gesetz soll gleich viele Frauen und Männer ins Parlament bringen. Ein Modell auch für den Bund?
Brandenburg hat als erstes Bundesland ein Gesetz beschlossen, das von allen Parteien bei Landtagswahlen gleich viele Frauen und Männer als Kandidaten verlangt. Der Landtag in Potsdam billigte die Änderung des Wahlgesetzes am Donnerstag mit den Stimmen der regierenden SPD-Linke-Koalition sowie der Grünen.
Die Parteien werden verpflichtet, für die Landtagswahlen gleich viele Frauen und Männer auf ihren Landeslisten aufzustellen. Ausgenommen bleiben allerdings die Direktkandidaten in den Wahlkreisen. Aktuell liegt der Anteil der Parlamentarierinnen in dem Bundesland bei knapp 39 Prozent.
CDU warnt vor „Staatskrise“
Die Oppositionsfraktionen von CDU und AfD stimmten dagegen. Sie halten es für verfassungswidrig, weil es unzulässig in das Wahlrecht eingreife. Die Regelung soll erst im Sommer 2020 und damit nach der Brandenburger Landtagswahl im Herbst in Kraft treten.
Der CDU-Innenexperte Björn Lakenmacher hatte bei der Beratung im Innenausschuss vor einer möglichen Staatskrise gewarnt, weil es gegen die Regelung erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gebe. „Wenn nach dem Inkrafttreten Neuwahlen notwendig würden und die Verfassungsgerichte noch nicht abschließend entschieden haben, hätten wir eine veritable Staatskrise“, hatte er gemahnt. Dagegen hatten die Fraktionen von SPD und Grünen argumentiert, die Gleichstellung von Frauen und Männern sei ein verfassungsrechtliches Gebot.
„Frauen haben Anspruch auf die Hälfte der Macht“
Die gesetzliche Regelung fußt auf einem Entwurf der Grünen, den SPD und Linke geändert hatten. Die AfD hatte im vergangenen Jahr ein Gutachten des Parlamentarischen Beratungsdienstes zur Initiative der Grünen anfertigen lassen. Dieser stufte das Vorhaben als unvereinbar mit dem Grundgesetz ein.
Die Brandenburger Parlamentspräsidentin Britta Stark hatte die Initiative im Landtag als „großen Sieg für die Demokratie“ bezeichnet. „Es geht nicht um ein Frauenthema, sondern um das Ganze. Ich spreche nicht von einer Quote, sondern von Demokratie. Frauen haben Anspruch auf die Hälfte der Macht – ohne sie ist kein Staat zu machen.“ Die SPD setzt bei der Listenaufstellung in Bund und Ländern bereits jetzt auf volle Parität.
Piraten und Junge Liberale kündigen Verfassungsbeschwerde an
Die Brandenburger Piraten und die Jugendorganisation der Brandenburger Liberalen haben Verfassungsbeschwerden gegen das Gesetz angekündigt. Die Piraten – nicht im Landtag vertreten – sehen einen Verstoß gegen Artikel 12 der Landesverfassung zur Gleichheit und einen massiven Eingriff in das Prinzip der Organisationsfreiheit der Parteien.
Auf Bundesebene hatten unter anderem Justizministerin Katarina Barley und Frauenministerin Franziska Giffey (beide SPD) gefordert, eine stärkere Vertretung von Frauen im Bundestag durchzusetzen.
AKK will Frauen-Repräsentanz stärker diskutieren
Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer will ebenfalls, dass mehr Frauen in den Parlamenten vertreten sind. Auch ihre Partei müsse hier noch „ihre Hausaufgaben machen“, sagte sie in einem am Donnerstag in Teilen vorab veröffentlichten Gespräch mit der Zeitschrift „Emma“ (Erscheinungsdatum 28. Februar).
„Ich bin auf jeden Fall dafür, dass im Zusammenhang mit der Wahlrechtsreform die Frage der Frauen-Repräsentanz entsprechend ihres Anteils an der Bevölkerung diskutiert wird“, sagte sie.
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