In Venezuela spitzt sich die Lage immer weiter zu: Diktator Nicolás Maduro liefert sich derzeit einen Machtkampf mit dem oppositionellen Parlamentspräsidenten Juan Guaidó. Deutschland und weitere EU-Länder haben Maduro ein Ultimatum gestellt um Neuwahlen auszurufen. Doch das Handeln der Bundesregierung könnte ausgerechnet einen Berliner besonders treffen: Der Journalist Billy Six sitzt derzeit in einem venezolanischen Gefängnis.
Der 32-Jährige wurde bei der Einreise aus Kolumbien am 17. November von venezolanischen Spionageabwehreinheiten festgenommen und vor ein Militärgericht gestellt. Seitdem sitzt er im berüchtigten Militärgefängnis „El Helicoide“, das sich beim Hauptsitz des Bolivarischen Nationalen Nachrichtendienst „Serbin“ befindet.
Wie der Vater des Journalisten, Edward Six, FOCUS Online am Telefon sagte, sollen dem Journalisten drei Vergehen vorgeworfen werden. Er habe Machthaber Maduro auf einer Wahlkampfveranstaltung im Mai 2018 und eine Militärparade im Juli 2017 fotografiert. Zudem soll er sich mit der Guerrillagruppe FARC in Kolumbien getroffen haben. Ihm werden nun Spionage, Rebellion und das Verletzen von Sicherheitszonen zur Last gelegt.
Als Zivilist hätte Billy Six jedoch gar nicht vor einem Militärgericht erscheinen dürfen, sagte Emmanuel Colombie, Direktor der Lateinamerika-Sektion von "Reporter ohne Grenzen" (RoG), der „Deutschen Welle“. Damit verletze Maduro diverse nationale Gesetze und internationale Abkommen. Zudem soll dem 32-Jährigen nach Angaben seines Vaters ein Anwalt bisher verwehrt worden sein.
Six arbeitete als freier Mitarbeiter für die rechtskonservativen Publikationen "Junge Freiheit" und "Deutschland-Magazin". Für die Publikationen soll er auch in Venezuela gewesen sein, um dort über die wirtschaftliche Lage und über die Massenflucht nach Kolumbien zu berichten. In Venezuela gibt es keine wirkliche Pressefreiheit. Besonders in Zeiten politischer Spannungen werden Journalisten bedroht und Hetzkampagnen ausgesetzt. Auf der Rangliste der Pressefreiheit von RoG belegt Venezuela Platz 143 von 181.
Kontakt zur Botschaft
Die Eltern des Journalisten haben keinen persönlichen Kontakt zu ihrem Sohn, der in Einzelhaft sitzen soll. Six hatte im Dezember mit einem Hungerstreik einen Anruf bei der deutschen Botschaft in Caracas bewirkt. Am 9. Januar besuchte der deutsche Botschafter den Journalisten. Ein weiteres Telefonat soll es dann am 24. Januar gegeben haben.
Das bestätigte auch das Auswärtige Amt FOCUS Online. Die Botschaft betreue Billy Six konsularisch und stehe mit einem beauftragten Anwalt in Kontakt. „Das Auswärtige Amt fordert ein transparentes und rechtsstaatliches Verfahren“, sagte ein Sprecher des Amtes. Für den Vater von Billy Six ist das nicht genug: „Deutschland muss die Freilassung fordern und ihn unter diplomatischen Schutz stellen.“ Die Familie habe allen Bundestagsabgeordneten geschrieben und hoffe nun auf breite Unterstützung.
Billy Six gibt sich optimistisch
Six soll nach Angaben der Eltern zumindest psychisch und gesundheitlich in guter Verfassung sein. Eine Botschaftsmitarbeiterin, mit der der Mann zuletzt gesprochen hatte, teilte den Eltern mit, dass Six am Telefon optimistisch klang. Doch: „Im Inneren wird es schon an ihm nagen“, räumte Edward Six ein. Es ist für Billy Six nicht der erste Aufenthalt im Gefängnis. Laut seines Vaters saß er bereits 2012 bei einem Aufenthalt in Syrien in Haft.
Wie es nun im Fall von Billy Six weiter geht, ist unklar. Nach Angaben des Auswärtigen Amts gibt es keinen neunen Stand. Der Vater von Six sagte ebenfalls, dass ein angeblich geplanter Prozess am 23. Januar nicht zustande gekommen sei. Das könnte auch mit der Lage im Land zu tun haben. Der Oppositionelle Juan Guaidó hatte sich am gleichen Tag zum Interimspräsidenten in Venezuela vereidigen lassen.
Machtkampf sorgt für heftige Unruhen
Im Machtkampf zwischen dem linksnationalistischen Staatschef und dem oppositionellen Parlamentspräsidenten gingen am Mittwoch in Venezuela erneut tausende Menschen auf die Straße. Über 25 Menschen sollen laut des UN-Menschenrechtsbüros bei den Unruhen bisher ums Leben gekommen sein.
Das Europaparlament kannte am Donnerstag den venezolanischen Oppositionsführer Juan Guaidó als Übergangspräsidenten des Landes an. Die Abgeordneten forderten die EU-Staaten auf, ihrerseits Guaidó anzuerkennen und ebenfalls eine "geschlossene und einheitliche Position" einzunehmen.
Druck von Deutschland könnte Six gefährden
Unter anderem die USA haben Guaido bereits als Übergangspräsidenten anerkannt. In der EU fehlt dafür bislang eine gemeinsame Position. Vier der 28 - Deutschland, Spanien, Frankreich und Großbritannien - stellten dem venezolanischen Staatschef Nicolás Maduro ein Ultimatum bis Sonntag, um Neuwahlen anzusetzen.
Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Venezuela sind minimal. Doch die Bundesregierung muss im Blick behalten, was mit Billy Six passiert. Und der ist nicht die einzige Deutsche über die Maduro verfügt: Neben dem Journalisten sitzen nach Angaben vom Auswärtigen Amt noch zwei weitere Deutsche in venezolanischen Gefängnissen.
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