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Sunday, March 31, 2019

"Kommunen sind Orte der Wahrheit - Flüchtlingsgelder drastisch kürzen? Kommunen laufen Sturm gegen Scholz-Plan

"Kommunen sind Orte der Wahrheit: Flüchtlingsgelder drastisch kürzen? Kommunen laufen Sturm gegen Scholz-Plan

Weil weniger Asylsuchende nach Deutschland kommen, will Finanzminister Scholz den Hahn für Flüchtlinge weit zudrehen. Die Kommunen warnen vor gravierenden Folgen. Ein Ortsbesuch in Eppingen.

Wenn der Eppinger Oberbürgermeister Klaus Holaschke derzeit an Olaf Scholz denkt, wird er sauer. Zwar liegen mehr als 600 Kilometer zwischen Holaschkes Rathaus in dem beschaulichen Städtchen im Kreis Heilbronn und dem SPD-geführten Finanzministerium in Berlin. Aber Holaschke fürchtet, dass Scholz und seine Politik das Zusammenleben in seiner 22.000-Einwohner-Stadt verändern wird. Ihm gehe es nicht nur ums Geld. Der soziale Zusammenhalt sei in Gefahr.

Großteil der Flüchtlingsgelder soll gestrichen werden

Scholz will den Großteil der Flüchtlingsgelder des Bundes an die Länder streichen. Ende 2019 laufen mehrere Regelungen der Kostenübernahme für Flüchtlinge aus: die 670-Euro-Pauschale für Ausländer im Asylverfahren, die Integrationspauschale und die Übernahme der Unterkunftskosten für anerkannte Flüchtlinge. Allein aus dem Bundestopf der Integrationspauschale flossen 2017 mehr als 263 Millionen Euro nach Baden-Württemberg.

Stattdessen plant das Finanzministerium eine Pauschale pro Flüchtling für die ersten fünf Jahre nach der Ankunft. Im ersten Jahr sollen 16.000 Euro gezahlt werden, später weniger. Damit würde der Bund seine Unterstützung nach Berechnung der Hamburger Senatskanzlei von derzeit 4,7 Milliarden auf rund 1,3 Milliarden Euro pro Jahr senken.

Scholz begründet seine Kürzungspläne damit, dass längst nicht mehr so viele Asylbewerber nach Deutschland kommen wie noch 2015. Die Länder laufen Sturm gegen seine Pläne, auch die Städte und Gemeinden begehren auf. Was für Folgen könnten Kürzungen vor Ort haben?

"Kommunen sind Orte der Wahrheit"

"Die Kommunen sind die Orte der Wahrheit, weil hier die Menschen aufschlagen", findet Klaus Holaschke. Er ist seit 15 Jahren Oberbürgermeister der Gemeinde mit dem Motto "Fachwerk mit Pfiff", direkt an der Grenze zwischen Baden und Württemberg. "Wir waren schon immer offen für Flüchtlinge", sagt der parteilose Rathauschef. Ohne Geld aber gehe nichts.

Klar, es kämen nicht mehr so viele Flüchtlinge wie 2015, räumt er ein. Da habe Scholz teilweise recht. Die Erstaufnahmen leerten sich, mittlerweile habe man auch die drei Wohncontainer in Eppingen wieder abgebaut. Aber viele Asylbewerber würden erst einmal bleiben - auch nachdem ihr Antrag abgelehnt wurde. Holaschke erzählt, dass erst am Dienstag ein geduldeter Nigerianer ins Rathaus spaziert sei und einen Antrag auf Familienzusammenführung für seine Frau und vier Kinder gestellt habe.

240 Flüchtlinge leben in Eppingen

Holaschke sorgt sich vor allem um die Unterbringung der Menschen, die schon länger hier sind. Nach maximal zwei Jahren der vorläufigen Unterbringung folgt die Anschlussunterbringung - dafür sind nicht mehr die Kreise, sondern die Gemeinden zuständig. "Man muss den Systemwechsel kapieren", sagt er. "Jetzt kommen die Menschen zu uns." 240 Asylsuchende leben seit Beginn der Flüchtlingskrise in Eppingen in der Anschlussunterbringung. Rund 45 habe man wegen Wohnraummangels nicht unterbringen können, sie leben teils weiterhin in den Unterkünften des Kreises.

Holaschke sorgt sich auch um die Beschäftigung seiner Integrationsmanagerin. Martina Xander steht im örtlichen Jugendzentrum, hinter ihr sitzen Frauen an einem langen Tisch, kritzeln in ihre Bücher und murmeln Sätze wie: "Keinen Kaffee, bitte" oder "Haben Sie auch einen Hund?" Deutschkurs für geflüchtete Frauen, Anfängerniveau.

Martina Xander kennt viele der murmelnden Frauen. Die 53-Jährige arbeitet seit 2019 als Integrationsmanagerin in Eppingen. Die gelernte Krankenschwester kümmert sich um Lebensläufe, Arztbesuche, Wohnungssuche, schwer verständliche Behördenpost. Sie ist die Frau vor Ort, die Ansprechpartnerin für die Geflüchteten.

 

"Was vom Bund nicht kommt, kann vom Land nicht weitergegeben werden"

Rund 1250 solcher Integrationsmanager sind in Baden-Württemberg im Einsatz, um Flüchtlingen zu helfen. Sie sind Kernstück des Pakts für Integration, mit dem das Land die Kommunen mit mehreren hundert Millionen Euro für die Integration unterstützt. "Was vom Bund nicht kommt, kann vom Land nicht weitergegeben werden", sagt Oberbürgermeister Holaschke. Integration sei eine Daueraufgabe für die ganze Gesellschaft. Auch ein reiches Bundesland wie Baden-Württemberg könne das nicht allein bewerkstelligen.

Die Geldströme und Töpfe von Bund, Ländern und Gemeinden für die Unterbringung und Integration von Flüchtlingen sind komplex. Im Landeshaushalt sind knapp eine Milliarde Euro für 2019 für Flüchtlings- und Integrationsausgaben vorgesehen - mit rückläufiger Tendenz. Gleichzeitig würde die Integration an Bedeutung gewinnen, heißt es in der mittelfristigen Finanzplanung. Eppingen erhielt vom Land allein 2017 und 2018 knapp 300.000 Euro an Pauschalen für die Anschlussunterbringung und 200.000 Euro für das Integrationsmanagement für zwei Jahre.

Kritik am Minister: Scholz spart an der falschen Stelle

Sozialminister Manne Lucha (Grüne) hält die Berliner Kürzungspläne für ein "fatales Signal". "Integration hört nicht auf, wenn Geflüchtete die Erstaufnahmeeinrichtungen verlassen - im Gegenteil, sie fängt dann erst richtig an und dauert über Jahre hinweg." Scholz spare an der falschen Stelle. Der Bund dürfe sich nicht davonstehlen.

Klaus Holaschke hofft nun auf weitere Verhandlungen in Berlin. "Ich bin sicher, dass Scholz damit nicht durchkommt." Ansonsten sieht er den ganzen Pakt für Integration in Gefahr. Und seine eigene Integrationsmanagerin auch. Martina Xanders Stelle ist nämlich auf zwei Jahre befristet. Wenn ihr Vertrag nicht verlängert wird, will sie wieder als Krankenschwester arbeiten.

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