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Friday, April 5, 2019

Analyse unseres Partner-Portals "Economist" - 25 Jahre nach dem Völkermord in Ruanda: Drohen wieder Rassenkonflikte?

Analyse unseres Partner-Portals "Economist": 25 Jahre nach dem Völkermord in Ruanda: Drohen wieder Rassenkonflikte?

    Wie gut sind die Wunden in Ruanda 25 Jahre nach dem Völkermord verheilt? Offenbar nicht gut genug, damit der autoritäre Präsident Paul Kagame seinen Griff lockert.

    25 Jahre nach dem Völkermord ist Ruanda immer noch ein Rätsel. Es wird heftig diskutiert, inwiefern sich das Land wirtschaftlich, sozial und psychologisch erholt hat. Fast jeder Aspekt der Vergangenheit und Gegenwart ist umstritten. Was genau verursachte den Völkermord (er begann, nachdem unbekannte Attentäter das Flugzeug mit Ruandas damaligem Präsidenten Juvénal Habyarimana abgeschossen hatten)? Wie viele Menschen starben? Hätten Außenstehende, insbesondere die UN, den Genozid aufhalten können?

    Präsident Paul Kagame, der damalige Rebellenkommandant der Tutsi, stoppte den Völkermord schließlich mit Waffengewalt. Seitdem regiert er. Hat er in jüngster Zeit wirklich versucht, die Wunden zu heilen? Oder nutzt er zynisch den anhaltenden Schrecken aus, um sein rücksichtslos autoritäres und von Tutsis dominiertes Regime zu legitimieren? Sind die Hutus, die immer noch die große Mehrheit in Ruanda darstellen, still entschlossen, eines Tages die Macht zurückzuerobern? Kann sich in Ruanda jemals Demokratie etablieren – oder ist die harte Hand der Regierung das kleinere Übel?

    Unstrittig ist, dass das Abschlachten, das am 7. April 1994 begann, Völkermord war. Wahrscheinlich wurden drei Viertel der in Ruanda lebenden Tutsis – Männer, Frauen, Kinder und Babys – ermordet. Die genaue Totenzahl ist unbekannt. Die UN schätzen sie auf 800.000: vor allem Tutsis, aber auch etwa 30.000 moderate Hutus.

    Der Massenmord dauerte 100 Tage – bis zu eine Million Menschen sind gestorben

    Kagame bevorzugt eine runde Zahl: eine Million. Alison Des Forges von Human Rights Watch konnte in akribischer Kleinstarbeit 500.000 Todesfälle nachweisen. Später wurde ihr wegen Kritik an Kagames Regime die Wiedereinreise nach Ruanda verweigert.

    Der Massenmord ging schockierend schnell, er dauerte nur 100 Tage. Wahrscheinlich leisteten die wenigsten erwachsenen Hutus Widerstand, sie nahmen selbst teil oder wurden Zeugen des Mordens. Hutus machten damals 84 Prozent der Bevölkerung in Ruanda aus, sodass ihre Tutsi-Nachbarn nirgendwohin fliehen konnten. Der Journalist Philip Gourevitch drückte es folgendermaßen aus: "Die gesamte Hutu-Bevölkerung wurde aufgefordert, die gesamte Tutsi-Bevölkerung zu töten."

    Die Frage der Gerechtigkeit lastet noch immer schwer auf Ruanda

    Hutus mit Babys auf dem Rücken metzelten Tutsi-Frauen mit Babys auf dem Rücken nieder. Hutu-Priester wohnten Massakern an Tutsis in ihren Gemeinden bei. Hutu-Männer töteten ihre Tutsi-Frauen. Hutus wurde gedroht, dass sie selbst getötet werden, wenn sie nicht morden.

    Wenngleich die ruandische Armee Granaten in Kirchen und Schulen warf und auf Tutsis feuerte, die dort kauerten, wurden die meisten Morde von Zivilisten mit Macheten und Knüppeln begangen.

    Die Frage der Gerechtigkeit lastet noch immer schwer auf dem Land. Ein Jahr nach dem Völkermord wurden etwa 120.000 mutmaßliche Täter in Gefängnisse gesteckt, die eigentlich für 45.000 Menschen ausgelegt waren.

    "In keinem anderen Land leben so viele Täter massenhafter Gräueltaten so nah neben Familien ihrer Opfer"

    Schließlich wurden 300.000 weitere unter schrecklichen Bedingungen inhaftiert. Rund 46.000 Ruander – die meisten von ihnen mitverantwortlich für den Genozid ("Génocidaires") – sitzen noch immer hinter Gittern.

    Das Ausmaß des Völkermords war so groß, dass von 2002 bis 2012 im Land zahlreiche gemeindenahe Gerichte, Gacaca (ausgesprochen "Gatchatcha") genannt, unter Bäumen und auf Dorfplätzen errichtet wurden. Dort wurde auf traditionellere Weise Recht gesprochen, wobei Zeugen ihre Erlebnisse Amateurrichtern schilderten.

    "Niemand behauptet, dass die Gacaca-Rechtssprechung perfekt war. Aber nur sehr wenige bezweifeln, dass sie für Ruanda die Rettung war", sagt der britische Rechtsprofessor Nick Johnson. Die Gerichtsurteile hätten zumindest in Maßen Versöhnung gebracht. "In keinem anderen Land leben heute so viele Täter massenhafter Gräueltaten so nah neben den Familien ihrer Opfer", schreibt Phil Clark von der School of Oriental and African Studies in London.

    Kagame reklamiert für sich, dass es in den vergangenen 24 Jahren keine großen Gewaltakte in Ruanda gegeben habe. Clark führte in den vergangenen 16 Jahren mehr als 1000 Interviews mit Ruandern auf Seiten der Hutu und der Tutsi. Ihm zufolge beschreiben die Befragten die Beziehungen in den Gemeinden als "friedlich, aber unentspannt".

    Es scheint bergauf zu gehen in Ruanda – doch Experten hegen Zweifel

    Zum Teil wurde dies durch einen weitgehend als "Common Sense" verstandenen, wenn auch unausgesprochenen Vertrag erreicht, mit dem die Menschen politische Freiheit gegen Frieden und wirtschaftliche Entwicklung eingetauscht haben.

    Die Wirtschaft erholte sich schnell. Die Kindersterblichkeit halbierte sich seit 2000, was Unicef als "eine der bedeutendsten Leistungen in der Geschichte der Menschheit" bezeichnet. 1995, als das Land in Trümmern lag, betrug das BIP 125 US-Dollar pro Kopf. Heute liegt es offiziell bei etwa 800 US-Dollar, wobei manche Ökonomen die positiven Statistiken Ruandas anzweifeln.

    Nur wenige Ruander haben den Mut zu widersprechen. Ein ruandischer Journalist warnt, dass "dir niemand jemals wirklich sagt, was er denkt." Ein westlicher Diplomat teilt die Einschätzung: "Die Menschen sprechen nicht offen."

    Oppositionelle werden in Ruanda noch immer unterdrückt

    In letzter Zeit mag Kagame sein ausgeklügeltes System von Spionen und sozialer Kontrolle etwas gelockert haben, doch noch immer gibt es nur sehr wenig politischen Wettbewerb. 2017 holte er 99 Prozent der Stimmen. Im vergangenen Jahr wurden einer gefügigen Grünen-Partei Parlamentssitze zugestanden. Ihre Mitglieder haben allerdings noch gut in Erinnerung, wie im Jahr 2010 Unbekannte ihrem Vizechef den Kopf abschnitten.

    Im vergangenen Jahr wurden zwei Oppositionsführer, die sich damals um das Präsidentenamt beworben hatten, aus dem Gefängnis entlassen, darunter Victoire Ingabire. Die Hutu-Politikerin war wegen erfundener Anschuldigungen zu 15 Jahren verurteilt worden, angeblich soll sie zu "divisionistischer" Rebellion angestiftet haben, das heißt sie soll Hutu gegen Tutsi aufgestachelt haben. Ihr Sprecher wurde im März ermordet.

    Kagame hat seine militärischen Aktivitäten im Ausland reduziert. Ursprünglich ließ er Génocidaires jagen, die sich vor allem in den Wäldern im benachbarten Kongo versteckten. Allerdings entwickelten sich daraus katastrophale regionale Kriege, in denen die Mineralienvorkommen im Kongo geplündert wurden und massenweise Menschen zu Tode kamen.

    Vor Kurzem zerstritt sich Kagame mit Ugandas Präsidenten Yoweri Museveni, der einst ein enger Bündnispartner war. Nun wirft er ihm vor, ruandischen "Verrätern" eine Zuflucht zu gewähren. Besonders stark verabscheut er den ruandischen Nationalkongress, der aus Tutsi besteht, die einst seine engsten Verbündeten waren. Sie haben Anhänger in einer breiten Diaspora, darunter in Belgien, Südafrika, Uganda und den USA. Mehrere wurden bereits im Ausland ermordet.

    25 Jahre nach der Machtübernahme steht Kagame vor zwei Herausforderungen. Die erste besteht darin, die Herrschaft reibungslos an einen Nachfolger zu übergeben. Als Zweites muss sich zeigen, ob sich nach Kagames Abtritt die schrecklichen Wunden Ruandas wieder öffnen.

    Die Unterstützer von Kagame vertreten die Ansicht, nur er habe die Autorität, ein so fragiles Land zusammenzuhalten. Dieses Argument verliert allerdings mit jedem Jahr an Kraft. Weniger als ein Fünftel der Bevölkerung war während des Völkermords im Erwachsenenalter. Die meisten Kinder sind damit aufgewachsen, "Ruander" zu sein.

    Das wurde ihnen in Erziehungslagern eingebläut, den so genannten Ingando, deren Ziel es ist, ethnische Unterschiede zu minimieren. Sie werden zunehmend Freiheiten einfordern, die es andernorts gibt. Ohne das Sicherheitsventil der Demokratie könnten Proteste und Wut wieder eine ethnische Färbung annehmen. Es würden Dämonen geweckt, von denen Kagame behauptet, sie gebannt zu haben.

    Dieser Artikel ist zuerst bei "The Economist" erschienen und wurde von Sandra Tjong aus dem Englischen übersetzt.

    Im Video: Rüstungs-Paradoxon: Deutsche finden Nato sehr wichtig, wollen aber nicht mehr zahlen

    *Der Beitrag "25 Jahre nach dem Völkermord in Ruanda: Drohen wieder Rassenkonflikte?" stammt von The Economist. Es gibt keine redaktionelle Prüfung durch FOCUS Online. Kontakt zum Verantwortlichen hier.

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