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Tuesday, April 16, 2019

Kampf gegen Zwangsprostitution - Kriminelle verschleppen Nigerianerinnen nach Deutschland – hier bekommen Frauen Hilfe

Kampf gegen Zwangsprostitution: Kriminelle verschleppen Nigerianerinnen nach Deutschland – hier bekommen Frauen Hilfe

    Amara* ist 14 Jahre alt, als sie nach Wien kommt. Tausende Kilometer entfernt von ihrer Heimat Nigeria wird sie eingesperrt. Vier Jahre lang. Aus der Wohnung darf sie nur, um Freier zu bedienen – fünf, sechs Männer am Tag.

    Doch dann, eines Tages, wird sie nach München gebracht. Da würde sie ihren Körper lukrativer verkaufen können, denken ihre Peiniger. Ihr Bewacher nimmt sie mit in ein Restaurant in der Nähe des Hauptbahnhofs. Als er telefoniert, ergreift Amara ihre Chance – und rennt weg.

    Amara ist eine junge Frau unter Tausenden. Sie verlassen ihre Heimat, weil sie auf ein besseres Leben hoffen, weil sie helfen wollen, ihre Familie zu ernähren oder einem kranken Familienmitglied die medizinische Versorgung zu bezahlen. Doch statt einen Job in Europa zu bekommen, landen sie in der Zwangsprostitution. Jedes Jahr erleiden tausende Frauen und Mädchen aus Nigeria dieses Schicksal in Europa. Und immer mehr kommen nach Deutschland.

    Erst im Februar hatte der Bundesnachrichtendienst in einem vertraulichen Bericht davor gewarnt, dass sich Mafia-ähnliche Gruppierungen aus Nigeria auch in Deutschland ausbreiten. Dabei geht es vor allem um Gruppen, die von Schleusungen, Menschenhandel und sexueller Ausbeutung leben. Vorwiegend in Italien, aber auch Frankreich und Spanien konnten die kriminellen Gruppen bislang Fuß fassen.

    Doch der BND fürchtet, dass der starke Zuzug nigerianischer Asylbewerber von Italien nach Deutschland auch hierzulande zu einem Erstarken der Strukturen führt. Die größten Probleme, die damit verbunden sind: Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung.

    Aus Benin City werden junge Nigerianerinnen nach Europa gelockt

    Die Zahl der Asylanträge von Nigerianern ist dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) zufolge in diesem Jahr stark gestiegen. In den ersten drei Monaten des Jahres beantragten demnach 3923 Nigerianer Asyl. Nur Syrer stellten in diesem Zeitraum mehr Erstanträge. Zum Vergleich: Noch im Dezember des vergangenen Jahres stellten Nigerianer nur 554 Asylanträge. Zuerst hatten die Zeitungen der Funke-Mediengruppe über den Anstieg der Asylanträge aus Nigeria berichtet.

    Die meisten der jungen Frauen, die in Europa in der Zwangsprostitution landen, kommen aus Benin City. Seit Jahren findet sich in der nigerianischen Großstadt der Umschlagplatz für kriminelle Banden, die die Frauen mit falschen Versprechungen nach Europa locken. Die Banden arbeiten mit sogenannten "Madams" zusammen, die auf die Nigerianerinnen Druck ausüben. Viele dieser Madams waren früher selbst Opfer von Zwangsprostitution.

    Die Menschenhändler und Madams missbrauchen oft den Glauben ihrer Opfer, um sie gefügig zu machen. Die Rede ist von sogenannten Juju-Schwüren, die die Frauen leisten müssen. Juju ist eine traditionelle westafrikanische Glaubensrichtung, die Bestandteil des Glaubens an Hexerei ist. Die jungen Nigerianerinnen müssen vor ihrer Schleusung einen Voodoo-Priester aufsuchen. Der nimmt ihnen einen Schwur ab und dazu häufig persönliche Dinge wie Fingernägel, Schamhaare, Unterwäsche.

    Die Frauen schwören, im Westen die "Schulden" zu begleichen, die sie bei den Madams haben – sie müssen also zynischerweise mit Prostitution für ihre Schleusung und die Unterdrückung durch die Madams bezahlen. Oft sind diese "Schulden" so hoch, dass die Frauen kaum eine Chance haben, sie zu begleichen. Außerdem müssen sie schwören, in Europa über all das zu schweigen.

    Schulden und Juju -Schwüre zwingen sie in die Prostitution

    Weil sie den Madams viel Geld Schulden und wegen des Juju-Schwurs Angst haben, krank zu werden oder zu sterben, wenn sie ihr Versprechen nicht einhalten, können die Madams die Nigerianerinnen leicht in die Prostitution in Europa zwingen.

    Ein Teil dieser Frauen landet in Deutschland. Die Beraterin Gabriele Höbenreich-Hajek von der Menschenrechtsorganisation "Solwodi" versucht den Betroffenen zu helfen. Allein in München betreibt Solwodi ihren Angaben zufolge sieben Frauenhäuser, in denen Betroffene Schutz finden können.

    Höbenreich-Hajek hat jeden Tag mit Frauen aus Nigeria zu tun. Zwei von drei Frauen, um die sich die Einrichtung in München kümmert, stammen aus Nigeria, berichtet sie im Gespräch mit FOCUS Online. "Es ist eine menschliche Katastrophe wie mit den betroffenen Frauen umgegangen wird", sagt sie.

    Solwodi bietet betroffenen Frauen Beratung und Schutz

    Viele der Frauen würden versuchen, von der Prostitution in Italien oder Spanien nach Deutschland zu flüchten. Doch auch hier würden immer mehr in die Prostitution gezwungen.

    Die Hilfsorganisation Solwodi geht direkt in die Flüchtlingsunterkünfte, um von Menschenhandel betroffene Frauen zu finden und ihnen Beratung anzubieten. Es ist nicht immer einfach, die Frauen davon zu überzeugen, dass sie den Beraterinnen vertrauen können.

    "Die Frauen erzählen nicht von sich aus, dass sie in der Zwangsprostitution gelandet sind, die Scham und Angst sind viel zu groß", sagt Beraterin Höbenreich-Hajek. Aber sie würden von den Madams erzählen, die ihnen bessere Aussichten in Europa versprochen haben.

    Aus Angst vor dem Juju-Zauber trauten sich die Betroffenen oft nicht, sich den Behörden zu offenbaren. Hinzu kommt, dass das Vertrauen der Frauen in staatliche Stellen "gegen Null" gehe, wie Höbenreich-Hajek sagt. Aus ihrem Heimatland seien sie es gewohnt, dass die Polizei nur hilft, wenn man sie dafür bezahlt.

    Das Wichtigste ist Vertrauen

    Die Beraterinnen von Solwodi gehen deswegen behutsam vor. Sie sprechen das Thema Menschenhandel beim ersten Kontakt nicht an, sondern erklären, dass sie sich für Frauen einsetzen – und bieten einen Termin in der Beratungsstelle an.

    Das Wichtigste in der Beratung sei, Vertrauen zu den Frauen aufzubauen und ihnen zu zeigen, dass sie in einem geschützten Bereich sind. "Wir sagen ihnen, alles, was sie uns erzählen, bleibt in diesen Räumen – außer, sie sind damit einverstanden, dass es im Asylverfahren Verwendung findet", sagt Höbenreich-Hajek.

    Sie schätzt, dass es etwa zehn bis 20 Stunden dauert, um die Leidensgeschichte einer Frau zu erfassen, niederzuschreiben und einschätzen zu können. Die Beraterinnen schreiben die Lebensgeschichte der Frauen auf, warum sie ihre Heimat verlassen haben, was ihnen unterwegs zugestoßen ist, in welche prekären Verhältnisse sie in Europa geraten sind und geben dann eine Gefährdungseinschätzung ab.

    Solwodi begleitet die betroffenen Frauen zu Behördengängen. Stellen die Frauen hierzulande einen Asylantrag, bittet Solwodi beispielsweise beim zuständigen Bamf darum, dass die Frauen von speziell geschulten Bamf-Mitarbeiterinnen angehört werden. Diese Sonderbeauftragten werden im Asylverfahren bei besonders sensiblen Personengruppen eingesetzt – zum Beispiel bei Folteropfern oder eben Opfern von Menschenhandel. "Wichtig ist, dass Anhörerin und Dolmetscherin Frauen sind", sagt Höbenreich-Hajek.

    Die Frauen fürchten die Rache der Menschenhändler und Madams

    Abgesehen vom Asylverfahren gibt es aber noch eine andere Möglichkeit: Wenn die Frauen bereit sind, vor Gericht gegen ihre Peiniger auszusagen, können sie eine Aufenthaltserlaubnis bekommen. Ist das Strafverfahren zu Ende, kann die Aufenthaltserlaubnis unter Umständen aus humanitären Gründen verlängert werden.

    Auch die heutige 18-jährige Amara ist bereit, vor Gericht auszusagen, berichtet die Solwodi-Beraterin. Gefunden würden die Täter jedoch fast nie, sagt Beraterin Höbenreich-Hajek. Die kriminellen Netzwerke reichen über Ländergrenzen hinweg, was die Ermittlungen immens erschwert.

    Kommt es nicht zu einem Strafverfahren oder bekommen die Frauen keine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis, können sie einen Asylantrag stellen. Aus Sicht der Beraterin haben die Nigerianerinnen gute Gründe, alles zu versuchen, um nicht wieder zurück in ihr Heimatland zu müssen.

    "Jede Frau, die zu uns kommt, ist eine Königin"

    Denn die Frauen fürchten die Rache der Menschenhändler und Madams. Die Beraterin berichtet vom Fall einer 14-Jährigen, die nach zwei Jahren in einem Bordell in einer Jugendeinrichtung landete. Ihre Madam habe sie am Telefon bedroht, wenn sie nicht abhaue, werde sie nach Nigeria geschickt und dort in einem Gefängnis umgebracht, erzählt Höbenreich-Hajek. "Das ist eine durchaus reale Bedrohung."

    Sie berichtet auch von einer anderen Frau, die vor kurzem erfahren habe, dass ihre Mutter in Nigeria ermordet wurde – weil bekannt geworden sei, dass die Tochter in Deutschland vor der Prostitution geflüchtet war.

    Solche Taten können die Beraterinnen von Solwodi nicht ungeschehen machen, genauso wenig wie die schlimmen Erlebnisse der Nigerianerinnen in der Zwangsprostitution. Aber sie behandeln die Frauen mit Respekt. "Jede Frau, die zu uns kommt, ist eine Königin", sagt Beraterin Höbenreich-Hajek. "Und so behandeln wir sie auch."

    Auch wenn sich nicht jede der betroffenen Frauen dauerhaft ein normales Leben in Deutschland aufbauen könne, sei die Beratung ein Anfang. Die Frauen verstünden, dass es eben nicht normal ist, dass sie geschlagen und vergewaltigt werden – und dass niemand ein solches Schicksal verdient hat.

    *Name zum Schutz der Person geändert

    Im Video:  Dramatische Lage in Flüchtlingscamp: Was das Leid Tausender Kinder lindern könnte

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