
Wikileaks-Gründer Julian Assange wurde nach Jahren in der ecuadorianischen Botschaft in London überraschend am Donnerstag festgenommen. Die USA wollen ihm in den Vereinigten Staat der Prozess machen, deswegen fordern sie seine Auslieferung. Welche Vorwürfe gegen Assange vorliegen und was ihm drohen könnte, wenn es in den USA zum Prozess kommt.
1. Die US-Vorwürfe
Die Vorwürfe aus den Vereinigten Staaten wiegen schwer. Dort wurde der Australier nach Angaben des US-Justizministers wegen Verschwörung zur Attacke auf Regierungscomputer angeklagt. Dafür drohen ihm bis zu fünf Jahre Haft. Die Vorwürfe beziehen sich auf die Wikileaks-Publikationen hunderttausender geheimer Regierungsdokumente in den Jahren 2010 und 2011, die Wikileaks von der früheren US-Soldatin Chelsea Manning zugespielt worden waren.
2. Droht ihm die Todesstrafe?
Derzeit ist zumindest keine Anklage gegen Assange bekannt, für die er mit der Todesstrafe bedroht werden könnte. Allerdings sind bisher auch nur Teile der Anklage bekannt geworden. Man kann also nicht hundertprozentig ausschließen, dass das US-Justizministerium noch schwerer wiegende Vorwürfe gegen Assange erhebt, für die ihm die Todesstrafe drohen könnte.
Aber das muss als unwahrscheinlich gelten, denn damit würden die Amerikaner die Briten vor den Kopf stoßen. Großbritannien habe von den USA die Zusicherung eingeholt, dass Assange im Fall einer Auslieferung nicht die Todesstrafe drohe.
3. Kommt es zur Auslieferung und wie lange dauert das?
Die Zeichen aus London stehen auf Auslieferung – die britische Regierung wäre Assange wohl lieber heute als morgen los. Aber der Wikileaks-Gründer kann sich juristisch gegen das Auslieferungsersuchen der USA wehren. Der britische „Guardian“ erinnerte daran, dass Assange dies bei früheren Vorwürfen gegen sich aus Schweden ebenso gemacht habe. Damals lag ebenfalls ein Auslieferungsersuchen gegen ihn vor. Von Assanges Aussage dazu bei der Londoner Polizei bis zur Anhörung vor einem Londoner Gericht seien fast zwei Jahre vergangen. Schöpft Assange also wieder den Rechtsweg aus – wie es ihm zusteht – kann es Monate oder sogar Jahre dauern, bis er sich tatsächlich in den USA vor Gericht verantworten muss.
Assange ist zwar australischer Staatsbürger, die dortige Regierung hat aber bereits deutlich gemacht, sich nicht in die Auslieferungsentscheidung einmischen zu wollen. Das sei „Sache der USA“ und habe „nichts mit uns zu tun“, sagte der australische Premierminister Scott Morrison laut lokalen Medien am Freitag. Aus seiner Heimat kann Assange außer der üblichen konsularischen Unterstützung also keine Hilfe erwarten.
4. Gibt es weitere Vorwürfe gegen den Wikileaks-Gründer?
Ja, aus Schweden. Aber es ist unklar, ob Assange noch einmal deswegen belangt werden kann. Ein Tatvorwurf – Vergewaltigung – ist mittlerweile verjährt. Zu einem weiteren Vergewaltigungsvorwurf könnten die Ermittlungen möglicherweise wieder aufgenommen werden. Die Anwältin der Frau, die Assange 2010 wegen Vergewaltigung anzeigt hatte, erklärte jetzt, sie werde „alles dafür tun“, dass die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen wieder aufnimmt.
Auch wenn es dazu kommt, hätten die US-Vorwürfe zunächst Vorrang. Wird Assange in die USA ausgeliefert, könnten die Vereinigten Staaten sich nicht ohne weiteres die Vorwürfe aus Schweden zu eigen machen und auch deswegen Anklage erheben. Britischen Medienberichten zufolge gibt es für Schweden aber Möglichkeiten, später noch selbst gegen Assange zu ermitteln. Dass es noch zu einem Prozess gegen Assange in Schweden kommt, wird aber derzeit als unwahrscheinlich angesehen.
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