Geschmacklos und gefährlich war die Aktion der AfD-Jugendorganisation „Junge Alternative“ in Bad Kreuznach. In der Fußgängerzone der beschaulichen Kurstadt haben die Anhänger der Partei Pfefferspray an Passanten verteilt - mit dem Zusatz: „um euch gegen Nordafrikaner zu wehren“.
Kleine Geschenke an die Wunschwähler gehören fest zum Straßenwahlkampf. Statt der üblichen Verdächtigen, wie Kugelschreiber, Luftballons oder kleinen Süßigkeiten, hat die Junge Alternative (JA) im rheinland-pfälzischen Bad Kreuznach allerdings Pfefferspray unters Wahlvolk gebracht, wie die „Allgemeine Zeitung“ berichtet.
Grünenpolitikerin Stephanie Otto, die mit einem Wahlstand ihrer Partei an dem Tag ebenfalls in der Fußgängerzone unterwegs war, hat die fragwürdige Aktion beobachtet. „Ich habe Polizei, Ordnungsamt und die Oberbürgermeisterin informiert“, sagte sie der Zeitung. Zwei Teenagermädchen hätten ihr erzählt, dass sie das Spray von den Nachwuchs-AfDlern mit den Worten „Hier habt ihr Pfefferspray, um euch gegen Nordafrikaner zu wehren“, überreicht haben.
"Knallharter Wahlkampf"
Dabei habe man darauf hingewiesen, dass das Spray zur Tierabwehr sei, sagte der Landtagsabgeordnete Damian Lohr als Sprecher der Jungen Alternative Rheinland-Pfalz. Oder zur Abwehr von Menschen - „aber halt nur in absoluten Notsituationen“, sagte Lohr. Hintergrund der Aktion sei das nächtliche Aufenthaltsverbot in drei Bad Kreuznacher Stadtparks. Auslöser des Ende Juli verhängten Verbots war ein Streit zwischen zwei Gruppen von Zuwanderern in einem der Parks, bei dem es Verletzte gab. Pfefferspray mit der Kennzeichnung zur Tierabwehr fällt nicht unter das Waffengesetz. Es kann daher an Personen jedes Alters ausgeteilt werden.“
Rechtlich können wir nichts machen, aber es ist moralisch natürlich nicht hinnehmbar», sagte die Oberbürgermeisterin von Bad Kreuznach, Heike Kaster-Meurer (SPD), am Dienstag zu der Verteilaktion. Eine unüberlegte Aktion der Jugendorganisation? Keineswegs: AfD-Direktkandidatin für Bad Kreuznach, Nicole Höchst, wusste von der Idee und freut sich über die Wahlwerbung, die zudem noch dem Thema der Inneren Sicherheit verknüpft sei. „Wir müssen endlich darüber reden, warum es in Bad Kreuznach No-Go-Areas gibt, wieso wir in Sachen Sicherheit Defizite haben.“ Einen moralischen Verstoß sieht sie bei der Reizgas-Aktion nicht, sondern lediglich „knallharten Wahlkampf“.
Die AfD-Frau betont, selbst kein Pfefferspray verteilt zu haben
Zudem habe man darauf geachtet, das Pfefferspray nicht an Kinder auszugeben. Ziel der Aktion seien junge Frauen ab 17 Jahren gewesen. Allerdings räumt die Studienrätin ein: „Wenn ein Elfjähriger aussieht wie 17, kann das durchaus mal passieren.“
Ein Nachspiel könnte die Aktion für Höchst allerdings doch noch haben: Als Beamtin im Staatsdienst ist ihr, laut Beamtenrecht, untersagt, zur Gewalt anzustiften. Die AfD-Frau betont, selbst kein Pfefferspray verteilt zu haben und dass das Ganze letztendlich eben doch eine Aktion der JA und nicht der AfD gewesen sei. Landrätin Bettina Dickes hat dennoch angekündigt, den Vorfall der rheinland-pfälzischen Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) zu melden, die als zentrale Verwaltungsbehörde des Landes zuständig für Schulen und ihre Studienräte ist. Zudem will der Kreistag in seiner nächsten Sitzung mit einer gemeinsamen Erklärung Stellung beziehen.
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