Mittlerweile gibt es mehrere Städte in Deutschland, die einen Zuzugsstopp für anerkannte Flüchtlinge bereits erlassen oder beantragt haben.
Folgende sind inzwischen betroffen:
- Salzgitter: Als erstes Bundesland erließ Niedersachsen Mitte Oktober 2017 einen Zuzugsstopp für Flüchtlinge in Salzgitter. Als Grund wurde genannt, dass die 106.000-Einwohner-Stadt mit ihren 5800 Flüchtlingen an ihre Belastungsgrenze gelangt sei. Der soziale Frieden in Gefahr, die Integration gefährdet, argumentieren sowohl SPD als auch CDU.
- Bis zum Jahresende zogen Delmenhorst und Wilhelmshaven nach – aus den gleichen Gründen.
- Am 19. Januar erließ das Land Brandenburg für Cottbus ebenfalls einen Aufnahmestopp.
- Nun will nun auch die sächsische Stadt Freiberg einen Zuzugsstopp für Flüchtlinge beantragen. Beide ostdeutschen Städte bemängeln Integrationsprobleme, zudem ist es inzwischen mehrfach zu tätlichen Auseinandersetzungen vor allem zwischen deutschen Jugendlichen, die häufig aus der rechten Szene stammen, und Flüchtlingen gekommen.
Schwierige Pflicht, sozialen Frieden zu schützen und Hilfe nicht zu vernachlässigen
Zum einen ist die Überforderung in Kommunen, die besonders stark vom Flüchtlingszuzug betroffen sind, verständlich. Denn die vielen Neuankömmlinge stellen die Gemeinden vor Kapazitätsprobleme bei Kita-Plätzen und Schulräumen. Die Städte können nicht mehr alle schulpflichtigen Kinder und Jugendlichen unterbringen, Jugendliche werden nicht mehr adäquat betreut.
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Besonders in strukturschwachen Regionen kann dies schneller zu Spannungen zwischen Einheimischen und Migranten führen. Wo der soziale Friede tatsächlich durch den verstärkten Zuzug von Migranten gefährdet wird, sind die Bürgermeister daher in der Pflicht, die Innenministerien vor einer Eskalation zu warnen und den Zuzug zumindest zeitweise auszusetzen, bis sich die Bedingungen für eine Integration gebessert haben.
Staat darf ausländerfeindlichen Gruppen nicht das Feld überlassen
Doch der Zuzugsstopp birgt auch eine große Gefahr – vor allem mit Blick auf die einheimische Bevölkerung. Denn es könnte der Eindruck enstehen, der Staat weiche zurück vor Forderungen rechtsextremer Gruppen zurück, von denen einige beispielsweise eine „national befreite Zone“ fordern. Wenn Unruhestifter das Gefühl haben, mit Gewalt ihre Ziele durchsetzen zu können, ist das ein falsches Signal und kann die Situation langfristig noch verschlimmern, weil sie sich ermutigt fühlen.
Politiker wie der Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch verlangen deshalb von den verantwortlichen Politikern „Haltung“, um nicht diesem „rechten Zeitgeist“ nachzugeben. Denn so könnte in der Tat das fatale Signal entstehen, dass es reichte, Flüchtlinge zu bedrohen oder gar Gewalt gegen zu anzuwenden – und schon kuschte der Staat, stoppt die Zuwanderung und versucht womöglich, die Last auf andere Kommunen abzuwälzen.
In Cottbus und Freiberg müssen Deutschlands wichtigste Grundwerte verteidigt werden
Um dies zu verhindern, reicht es keinesfalls aus, während eines Zuzugsstopps die Betreuung von Flüchtlingen zu verbessern. Auch den Ghettoisierungstendenzen, die den Migranten zwar das Zusammenleben in der Fremde erleichtern, aber einer erfolgreichen Integration im Weg stehen, muss entgegengewirkt werden.
Vor allem müssen die betroffenen Kommunen und Landesregierungen darauf achten, auch die Sozialarbeit für deutsche Jugendliche erheblich zu intensivieren – und zwar überall, wo es besondere Probleme mit Ausländerfeindlichkeit gibt. Denn es sind vor allem Jugendliche, die politisch noch nicht gefestigt sind und sich leicht von rechtsgerichteten Gruppen instrumentalisieren lassen, bei denen Präventionsarbeit Sinn ergibt.
Und wenn Kommunen und Länder dies nicht allein schaffen, muss der Staat ihnen entschlossen dabei unter die Arme greifen. Denn dabei geht es um nicht weniger als um die Verteidigung des guten Rufs, den die Bundesrepublik als freiheitliches, demokratisches und hilfsbereites Land genießt.
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