Es sind bittere Tage für Sigmar Gabriel. Noch bis vor einem Jahr war er der starke Mann, der sich auf dem Schleudersitz des SPD-Vorsitzenden viele Jahre halten konnte. Noch heute ist Gabriel der beliebteste Politiker Deutschlands. Dennoch lassen ihn die Genossen und allen voran sein einstiger „Freund“ Martin Schulz nun fallen wie eine heiße Kartoffel.
Im neuen Kabinett ist kein Platz für Gabriel. Schulz, der ihn bereits als Parteichef beerbt hat, schnappt ihm nun auch den Posten als Außenminister weg. In nur zwölf Monaten hat Gabriel alles verloren. Wie geht es nun weiter mit ihm?
Dass Gabriel weiter Einfluss auf die SPD-Spitze üben könnte, ist unwahrscheinlich. Schon sein Verhältnis zu Schulz war zuletzt nicht gut. Doch mit Schulz‘ Nachfolgerin an der Parteispitze, der dem linken Flügel entstammenden Andrea Nahles, verbindet Gabriel nichts außer einer Art Feindschaft. Der Ex-SPD-Chef wird nun als normaler Abgeordneter auf den hinteren Bänken im Bundestag Platz nehmen – zumindest vorerst.
2019 entsendet Deutschland wieder einen Kommissar nach Brüssel
In Berlin kursieren jedoch bereits andere Spekulationen. 2019 findet die Europawahl statt. Wie jedes andere Mitgliedsland darf Deutschland einen Kommissar nach Brüssel entsenden. Für diesen Top-Posten in der EU käme auch Gabriel infrage. Als Außenminister hat er wertvolle Erfahrungen auch auf europäischer Ebene gesammelt.
Doch noch ein anderer Name fällt in Berlin, wenn es um den künftigen deutschen Kommissar in der EU geht: der von Martin Schulz. In der EU hatte er große Erfolge gefeiert – etwas, das man ihm bislang auf Bundesebene nicht nachsagen kann. Könnte Schulz womöglich der neue EU-Außenbeauftragte werden und damit Nachfolger von Federica Mogherini? Spannend: Auch die Italienerin war zuvor Außenministerin ihres Landes, bevor sie das hohe EU-Amt bekam.
Im Video: Gabriel geht leer aus: Schulz soll noch ein GroKo-Versprechen gebrochen haben
Könnte Gabriel also erneut von Schulz ausgestochen werden? Noch sind das nur Gerüchte und Spekulationen. Doch sollte es so kommen und der Posten des EU-Kommissars an die SPD gehen, ist sicher, dass der Unmut in der Union weiter wachsen würde. Denn die würde für diesen Fall einen weiteren Posten an die SPD abgeben, bislang ist schließlich Günther Oettinger (CDU) EU-Kommissar.
Mehr Zeit mit Frau Anke und den kleinen Töchtern
In der nahen Zukunft wird Gabriel wohl erst einmal seine entspanntere Rolle genießen. Er wird mehr Zeit mit Frau Anke und den zwei gemeinsamen Kindern verbringen, Töchterchen Thea kam erst im März 2017 zur Welt. „Es ist einfach traurig, wenn man nie da ist, wenn etwas passiert“, hatte Gabriel bei seinem Rückzug dem „Stern“ gesagt. „Die ersten Schritte, die ersten Worte, das Schwimmenlernen oder den Kindergeburtstag zu Hause – das alles findet in der Regel ohne mich statt.“
Ob Gabriel seine politische Meinung in der Öffentlichkeit bald nicht mehr kundtut? Das ist ungewiss – und zumindest schlecht vorstellbar. In der SPD hatte der Mann aus Goslar den Ruf des Unberechenbaren, er ist impulsiv, teils sprunghaft.
Gabriel als Vordenker?
Möglich auch, dass Gabriel sich als eine Art Vordenker der SPD stilisiert. Zuletzt war Gabriel durch einen Essay im „Spiegel“ aufgefallen, der in seiner Partei für Furore sorgte. Darin forderte der langjährige Parteivorsitzende eine Art Kurswechsel der SPD. Die Debatte um die Begriffe „Heimat“ und „Leitkultur“ dürfe die SPD nicht den Konservativen überlassen, kritisierte er. „Umwelt- und Klimaschutz waren uns manchmal wichtiger als der Erhalt unserer Industriearbeitsplätze, Datenschutz war wichtiger als innere Sicherheit.“
Möglich, dass in nächster Zeit häufiger solche Vorstöße Gabriels kommen. Mehr Zeit dafür hätte er nun erst einmal.
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