Geht es nach dem kommunalen Ausländerbeirat der Stadt Frankfurt, so soll der Begriff „Mohr“ aus den Namen zweier Apotheken der Stadt verschwinden. In einem Antrag an den Stadtrat wurden die Namen „Mohren Apotheke“ und „Zeil-Apotheke zum Mohren“ als rassistisch bezeichnet. Die Stadt solle sich für die Umbenennung der Apotheken einzusetzen.
Das macht nun auch anderen Apotheken-Betreibern in Hessen Sorge. So wehrt sich die „Hofapotheke zum Mohren“ im nahen Friedberg bereits vorsorglich mit einer Unterschriftenliste gegen mögliche Forderungen. „Mein Herzblut steckt in dieser Apotheke“, sagte die Inhaberin Kerstin Podszus der „Frankfurter Neuen Presse“. Die Apotheke sei seit 99 Jahren in Familienbesitz.
Der Antrag in Frankfurt geht auf eine Initiative der Liste „Afrikanische Stimme“ zurück. Böswilligkeit oder rassistisches Gedankengut wird den Inhabern darin nicht unterstellt. Die Bezeichnung „Mohr“ werde oft gebraucht, ohne dass dem Verwender ihre historische Bedeutung bewusst sei, heißt es darin. Allerdings würden Stereotypen damit gedankenlos weiterverbreitet.
Für Podszus in Friedberg ist die Forderung nicht verhältnismäßig. „Wir sind eine Institution, die jeder kennt. Ich wüsste nicht, ob ich als kleine Einzelapothekerin dann weiterbestehen könnte“, sagte sie der „Frankfurter Neuen Presse“ zu einer möglichen Umbenennung. Die Mohren-Apotheke wurde im Jahr 1621 gegründet und 1892 vom Großherzog Ernst Ludwig zur Hofapotheke ernannt.
Tradition und Selbstbewusstsein
Eine Umbenennung wäre für die Inhaber der Apotheken mit erheblichem Aufwand und hohen Kosten verbunden. Laut der „Deutschen Apotheker Zeitung“ wäre Alexander Schwartz, Inhaber der Frankfurter "Zeil-Apotheke zum Mohren", kompromissbereit. Allerdings befinde sich seine Apotheke in einem denkmalgeschützten Gebäude, auf dessen Fassade der Begriff „zum Mohren“ eingemeißelt ist.
Auch in Friedberg ist die Kritik am „Mohren“ Gesprächsthema. „Die spinnen“, kommentierte ein Kunde der Hofapotheke die Forderung gegenüber der „Frankfurter Neuen Presse“. Etwas Tradition und Selbstbewusstsein sollte jeder Bürger behalten, meint er. „Im Moment haben wir gigantische positive Rückmeldungen, die Leute sagen: ‚Sie behalten doch Ihren Namen?‘“ berichtete Podszus.
Die Debatte um Political Correctness gibt es auch bei ähnlichen Ausdrücken: So wird Pippi Langstrumpfs Papa in aktuellen Übersetzungen nicht mehr „Negerkönig“ genannt, das "Zigeunerschnitzel" verschwindet von Speisekarten. Die Sensibilität für vermeintlichen Rassismus in der Sprache ist gewachsen. Rund 100 Mohren-Apotheken gibt es noch in Deutschland. Viele machen jedoch nach und nach im Zuge des allgemeinen Apotheken-Sterbens in Deutschland aus wirtschaftlichen Gründen dicht.
„Name positiv besetzt“
Mit dem Namen Mohren-Apotheke, schreibt das „Zeit“-Magazin, wollten die Apotheker einst wohl auf ihr weltläufiges Angebot hinweisen. Wilhelm Bouhon, Inhaber von Nürnbergs „Mohren-Apotheke zu St. Lorenz“, sagte der „Deutschen Apotheker Zeitung“: „Für mich ist der Name positiv besetzt und eine Wertschätzung der maurischen Bevölkerung, die uns die moderne Pharmazie gebracht hat.“
In der Alltagssprache ist das Wort „Mohr“ kaum noch gebräuchlich. Der Begriff ging aus dem lateinischen „maurus“ hervor, ist schon im 8. Jahrhundert im Althochdeutschen verbürgt und verweist auf die Bewohner Mauretaniens, also Nordwestafrikas. Seit dem 16. Jahrhundert wird der Begriff allgemein für Schwarze gebraucht. Auch die bildliche Darstellung des „Mohren“ ist Jahrhunderte alt.
Viele Inhaber von Mohren-Apotheken haben laut „Apotheker Zeitung“ schlechte Erfahrungen gemacht: von Demonstrationen bis zu Anschlägen. In Friedberg habe sich noch nie jemand über den Namen beschwert, sagte Apothekerin Podszus. Vielmehr gebe es großen Zuspruch für die Unterschriftenliste. „Wehe, Sie lassen sich rumkriegen“, habe eine Kundin gesagt.
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