Die EU will stärker gegen Umweltverschmutzung vorgehen und zum Beispiel Plastikgeschirr verbieten. Viel wichtiger als Verbote wäre jedoch, ein Problembewusstsein beim Verbraucher zu schaffen.
Über 80 Prozent des Mülls an europäischen Stränden besteht aus Kunststoff, über die Hälfte hiervon sind Einwegprodukte wie Plastikgeschirr, Einkaufstüten und Trinkhalme. Die EU-Kommission hat nun einen Vorschlag für eine „Richtlinie zur Senkung des Umwelteinflusses bestimmter Kunststoffprodukte“ veröffentlicht, demzufolge Einwegkunststoffprodukte wie Plastikgeschirr und Trinkhalme ganz verboten werden sollen. Der Richtlinienvorschlag ist Teil der EU- Kunststoffstrategie, die darauf abzielt, dass Abfälle möglichst ganz vermieden werden.
Als ein Vorentwurf des Kommissionsvorhabens Anfang Mai bereits an die Öffentlichkeit gelangte, war die Aufregung zunächst groß. Selbst Umweltverbände kritisierten die Vorschläge als wenig zielführend und unverhältnismäßig. Gleichwohl hat sich in der Zwischenzeit viel Verständnis für den Brüsseler Vorschlag entwickelt. Dazu haben wohl auch die schockierenden Bilder verendeter Seevögel und Schildkröten beigetragen, die in den vergangenen Tagen in Zeitungen und auf Internetportalen zu sehen waren. So erschreckend solche Bilder auch sind, so sehr erschweren sie eine sachliche Diskussion um die geeignetsten Maßnahmen zur Eindämmung der Plastikflut in die Meere.
Zur Person
Moritz Bonn ist wissenschaftlicher Referent am Centrum für Europäische Politik mit den Fachgebieten Verkehr, Umwelt, Energie und Klima.
Angesichts dieser Bilder kann niemand das enorme Ausmaß an Umweltverschmutzung aufgrund der schätzungsweise acht Millionen Tonnen Plastikabfall bezweifeln, die jedes Jahr in die Weltmeere gelangen. Auch wenn der Großteil dieser umweltschädlichen Einträge nicht aus der EU, sondern aus China und anderen ostasiatischen Staaten stammt, entbindet dies die europäische Politik nicht von der Verantwortung, die Vermüllung der Meere durch Plastik zu verringern. Diskutiert werden muss also nicht, dass auch in der EU deutlich weniger Plastikabfällen in die Meere gelangen dürfen, sondern um die Wahl der Instrumente, die eingesetzt werden müssen, um dieses Ziel effektiv zu erreichen.
Eine Bewusstseinsänderung beim Verbraucher beim Verbraucher ist notwendig
Leider wird bei der Diskussion um eine Verringerung von Plastikabfällen in der Natur ein Akteur sträflich vernachlässigt: der Verbraucher. Dabei steckt hinter jedem Plastikteller, der im Meer landet, ein Mensch, der diesen zuvor unachtsam entsorgt hat. Hier muss die Politik ansetzen. Denn für ein Ende der Vermüllung der Meere braucht es eine Bewusstseinsänderung beim Verbraucher.
Dafür gibt es verschiedene Instrumente. Hilfreich sind z.B. Sensibilisierungskampagnen in Schulen und Informationstafel über geeignete Entsorgungsmöglichkeiten an Stränden. Ein Bewusstseinswandel ist auch möglich, wenn die Abfallentsorgung insbesondere in den sensiblen Regionen – z.B. den Küsten – besser überwacht und Fehlverhalten härter sanktioniert werden.
Auch wirtschaftliche Anreizsysteme sind meist sehr erfolgreich. Seitdem in Deutschland auf zahlreiche Einweggetränkeverpackungen ein Pfand von 25 Cent erhoben wird, werden diese von den Verbrauchern nicht mehr als Abfall, sondern als „wertvolle Ressource“ wahrgenommen, die – anders als leider immer noch in anderen EU-Ländern – nicht achtlos weggeworfen wird. Und seitdem in Deutschland eine Vielzahl von Plastiktüten nicht mehr kostenlos an die Kunden ausgeteilt werden dürfen, sinkt deren Verbrauch, auch ganz ohne generelles Verbot.
Wahlfreiheit wird eingeschränkt
Das von der EU-Kommission erwogene Verbot von Einwegkunststoffprodukten führt hingegen in die falsche Richtung, weil es die Wahlfreiheit des Verbrauchers unverhältnismäßig einschränkt, bei diesem jedoch gerade kein Problembewusstsein schafft. Vielmehr ist zu befürchten, dass Holzbesteck oder Pappteller noch häufiger als derzeit bereits in der Natur landen, da sie ja im Vergleich zu ihren Pendants aus Plastik als geradezu umweltfreundlich gelten. Die hohe Menge an achtlos weggeworfenen Coffee-To-Go-Bechern, die überall in der Natur zu finden sind, machen dies mehr als deutlich.
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