Dort, wo Kyzylorda und Zhambyl die berühmte historische Handelsstraße markieren, lebten in den großen Steppen Nomaden und Sesshafte in den Oasen und Karawansereien. In dieser ausgedörrten Steppenlandschaft entsteht ein Epizentrum des zentralasiatischen Handels. EINE KOLUMNE VON DR. RICHARD KIESSLER
Für das aufstrebende Kasachstan wird „Khorgos East Gate“ mit seiner Logistik und einer Industriezone ein Tor zum starken chinesischen Nachbarn und somit ein Kernstück desneuen transkontinentalen Netzwerkes, dem Wirtschaftsgürtel „Neue Seidenstraße“.
Wenig bekannt ist, dass die Initiative „One Belt, one Road“ („Ein Gürtel, eine Straße“) vom chinesischenStaatspräsidenten XiJinping nicht in China, sondern in Kasachstan gestartet wurde. Das Jahrhundertprojektverkündete Xiim September 2013 in einer Rede erstmalsin der Nasarbajew-Universität in Astana:ein bemerkenswerter Beleg für die Bedeutung des TransitlandesKasachstan.
Seither haben sich über 100 Länder und 30 Anrainerstaaten dem gigantischen Infrastrukturprogramm angeschlossen. Die „Neue-Seidenstraßen“-Initiative ist die global größte Initiative zur Entwicklung und Vertiefung der wirtschaftlichen Beziehungen zu Chinas Nachbarstaaten, aber darüber hinaus bis nach Afrika, den Mittleren Osten und Europa. China verschafft sich damit einen geostrategischen Hebel, um seine Wirtschafts- und Ordnungsvorstellungen durchzusetzen. Die (noch) zweitgrößte Volkswirtschaft der Erde sucht Zentralasien und Europa mit einer modernen Verkehrs-Infrastruktur, mit Eisenbahnnetzen, Autobahnen, Schiffsrouten, Häfen und Sonderwirtschaftszonen sowie Energie- und Kommunikationsnetzwerken einander näher zu bringen. Ein wesentliches Motiv für das auf 900 Milliarden US-Dollar geschätzte Projekt der chinesischen Führung ist die Sicherung der beträchtliche Öl-, Gas- und Edelmetall-Reserven sowie wertvoller Rohstoffe in Zentralasien.
An Kasachstan, dem neuntgrößten Land der Erde, führtkein Weg vorbei, um aus der „Neuen Seidenstraße“ den verheißenen Wohlstandsgürtel zu machen. Die frühere sowjetische Teilrepublik nutzt ihre günstige geografische Lage als Logistikhub. Um die Grenzstadt Khorgos ein „zweites Dubai“ zu machen, haben die Projektplaner das Güterverkehrszentrum „KTZ – KhorgosGateway“ geschaffen. In Kooperation mit dem Logistikbetreiber„DP World“ (Dubai Port World), dem weltweit größten seiner Art,managt die kasachische Staatsbahn das riesige Güterverkehrszentrum. Khorgosist dabei der einzige Hafen ohne Meer:Für effizienteUmschlags- und Transportkapazitäten istderim Juli 2018 in Betrieb genommene „Trockenhafen“Khorgosjedoch kein Hindernis. Sein Containerdock verfügt über eine Kapazität von jährlich 540 000 TEU mit sechs Gleisanschlüssen. Um den4 600 Hektargroßen„KhorgosEast Gate“-Komplexentsteht neben dem Container-Umschlag für110 000 Bewohner ein neues urbanes Zentrum für Verkehr und Handel. Bis 2020 wird mit bis zu 50 000 neuen Jobs gerechnet. Khorgos soll sich zu einem „One-Stop-Shop“ entwickeln, wo Güter produziert, im- und exportiert sowie umgeschlagen werden. Investorenwerden dabeiin der Freihandelszone attraktive Anreize geboten: Von der Körperschafts- und Mehrwertsteuer bleiben sie ebensoverschont wie von der Grund- und Vermögenssteuer. Importierte Waren bleiben zudem vom Zoll befreit.
Auch wenn es derzeit noch an internationalen Investoren mangelt, die sich in der neuen Wirtschaftszone engagieren,ist die„Belt and Road“-Initiative ein wesentlicher Impulsgeber für die strategische Ausrichtung Kasachstans. Diese ergibt sich aus den Reformplänen der Regierung in Astana, etwa der „Dritten Modernisierung“, der „Green Economy“ oder dem „Digizalen Kasachstan“. Seit drei Jahren gehört Kasachstan zur WTO und belegt im „Doing Bυsiness 2017“ der Weltbankden bemerkenswerten Rang 35. Auf dem EXPO-Gelände der Hauptstadt hat inzwischen das „Astana International Finance Centre“ (AIFC) seine Arbeit aufgenommen. Das alles sind relevante Wegmarken für den Traum von einem neuen Dubai in der Steppe. Auch das kommerzielle Zentrum in der Golfregion hat vor mehr als drei Jahrzehnten mit einem kleinen Hafen am Wüstenrand begonnen und ist exponentiell zu einem globalen Wirtschaftszentrum gewachsen. Mit der „Neuen Seidenstraße“ wird Kasachstan seine Vormachtstellung in Zentralasien festigen können.
*Der Beitrag "Ein neues Dubai in der Steppe – Kasachstan im Zentrum der „Neuen Seidenstraße“" stammt von Informer. Es gibt keine redaktionelle Prüfung durch FOCUS Online. Kontakt zum Verantwortlichen hier.
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