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Friday, August 31, 2018

Buchauszug aus "Inside AfD" - AfD-Insiderin: Eine Menge AfD-Leute sehnten sich einen Terroranschlag herbei

Buchauszug aus "Inside AfD": AfD-Insiderin: Eine Menge AfD-Leute sehnten sich einen Terroranschlag herbei
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Seit September ist die AfD mit 92 Abgeordneten im Bundestag vertreten und inszeniert einen medienwirksamen Konfrontationskurs zu den etablierten Parteien. Was treibt die Partei hinter den Kulissen an – und ist die Fremdenfeindlichkeit eine geteilte Grundposition aller? Das beschreibt Franziska Schreiber, die noch 2017 im Vorstand der Jungen Alternativen saß, in ihrem Buch "Inside AfD".

FOCUS Online veröffentlicht einen Auszug aus dem Buch. Darin beschreibt Schreiber, dass sich eine Menge Leute in der AfD einen Terroranschlag herbeisehnte. Außerdem berichtet sie, wie sich die AfD die Angst der Bürger in Deutschland zunutze mache:

Nachdem der Münchner Hauptbahnhof Anfang 2016 wegen eines Bombenalarms evakuiert worden war, wandte sich Petr Bystron direkt an die Journalisten der "Lügenpresse". Die Münchner, so schrieb er in einer E-Mail, müssten auf dem Weg zur Arbeit "um ihr Leben fürchten. Wir müssen in ständiger Angst leben." Die Politik arbeite "Hand in Hand" mit den Terroristen, schrieb er allen Ernstes. "Und in dem Moment, in dem der erste Terroranschlag auch in Deutschland erfolgreich verübt wird, ist eine solche Politik mit Beihilfe zum Mord gleichzusetzen."

Tatsächlich sehnte eine Menge Leute in der AfD einen Terroranschlag geradezu herbei. "Jetzt müsste es mal krachen", hörte ich immer wieder. "Dann würden die Leute sehen, wie recht wir haben." Und dann geschah es tatsächlich. Nach dem Attentat in Berlin im Dezember 2016 war im Umfeld der AfD oft die Becker-Faust zu sehen. Wir haben es ja gesagt, sollte das heißen. Hätte die Merkel, hätten die Leute mal auf uns gehört. Das haben sie nun davon. Bedauern und Mitleid für die Opfer? Kaum. Wir mussten unsere Heißsporne zügeln, im Netz keine Häme und Schadenfreude zu äußern.

Der AfD-Anhänger lebt in einer Blase der Angst

Der Mensch will recht behalten, er will Bestätigung. Der ängstliche Mensch will hören, dass seine Sorgen berechtigt sind. Der AfD-Anhänger lebt unter seinesgleichen und deshalb in einer Blase der Angst. Die Partei hat nichts davon, wenn sie die Blase platzen lässt. Also gaben wir ihnen, was sie haben wollten.

Im Februar 2017 veröffentlichte der NDR die Ergebnisse einer Umfrage, wonach drei Viertel der Deutschen (Männer 78 Prozent, Frauen 72 Prozent) sich auf öffentlichen Plätzen, Straßen oder in Verkehrsmitteln sicher oder sogar sehr sicher fühlten. Eher unsicher oder sogar sehr unsicher fühlten sich unter den Frauen 27 Prozent. Jede dritte dieser Frauen (34 Prozent) gab an, dass sich dieses Gefühl wegen der Zuwanderung in den vergangenen zwei Jahren verstärkt habe. Das sind also rund 9 Prozent aller befragten Frauen. Die Sorge galt vier Unterpunkten: Diebstahl, Überfall, die Befürchtung, geschlagen oder verletzt oder – viertens – sexuell bedrängt zu werden. "Immer", "häufig" oder "manchmal" befürchten Letzteres (von den vier Punkten die geringste Zahl) 17 Prozent.

Der Halt der Ängstlichen ist die Partei, und umgekehrt

Generell vermeiden 70 Prozent der Frauen, viel Geld bei sich zu tragen, 62 Prozent betreten abends bestimmte Straßen, Parks oder Plätze nicht mehr, 58 Prozent weichen Fremden im Dunkeln aus, 31 Prozent verzichten abends auf öffentliche Verkehrsmittel, 29 Prozent gehen abends nicht aus dem Haus, und 13 Prozent tragen Reizgas oder eine Waffe bei sich. Von den Frauen, die solche Vorsichtsmaßnahmen ergreifen, meiden 44 Prozent öffentliche Verkehrsmittel und 36 Prozent abends bestimmte Straßen, Parks oder Plätze – in den vergangenen zwei Jahren häufiger. Ein gesteigertes Bedrohungsgefühl, so resümiert der NDR, zeige sich vor allem daran, dass 13 Prozent aller befragten Frauen Reizgas bei sich tragen.

Der Halt der Ängstlichen ist die Partei, und umgekehrt. "Wir brauchen die Ängstlichen", sagte Frauke Petry immer wieder, "um Mehrheiten zu bewegen. Die Ängstlichen sind nicht unsere Gegner, sondern unsere Verbündeten." Weil diese Angst Geschäftsgrundlage der AfD ist, gaben wir dem Publikum, was es verlangte: Wir von der JA griffen die Ergebnisse der Umfrage auf und posteten: "Umfrage enthüllt: Die Angst unserer Frauen". Als "Fakten" präsentierte sie: "Jede Dritte meidet öffentliche Verkehrsmittel", "62 Prozent meiden abends bestimmte Straßen, Parks und Plätze" und "32 Prozent fühlen sich vor allem durch Ausländer oder Flüchtlinge bedroht". Angst, Frauen, dunkle Orte, Bedrohung "unserer Frauen" sowie Ausländer – damit waren Triggerwörter gesetzt sowie eine Fehlentwicklung und deren Ursache benannt, ohne zu sagen, dass Ausländer Vergewaltiger sind; aber alle unsere Leser, das war uns klar, würden es so verstehen.

Die Angst wachzuhalten, ist das Lebenselexier der AfD

Den Faktencheck vermag eine simple Frage zu ersetzen: War Deutschland ein friedlicherer Ort, bevor die Ausländer kamen? Natürlich nicht. Der NDR hatte auch eine Einschätzung von Dominic Kudlacek vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen verbreitet, die wir unterschlugen. Danach hatte sich die Sicherheit in Deutschland über Jahre kontinuierlich verbessert und sei "nach wie vor auf sehr hohem Niveau".

In der AfD gilt jedoch: Wären die Ausländer und Flüchtlinge zu Hause geblieben, Deutschland wäre ein weniger gefährlicher Ort. Doch schon vor der Aufnahme von rund einer Million Flüchtlingen, sogar schon vor der Ankunft der ersten "Gastarbeiter" in Westdeutschland, hatten Menschen, insbesondere Frauen, Angst vor Diebstahl und Überfällen, Verletzungen oder sexuellen Gewalttaten. Denn nicht nur Ausländer und Flüchtlinge verursachen Angst. Von den Befragten beiderlei Geschlechts, die sich durch bestimmte Personengruppen besonders bedroht fühlen (47 Prozent), nannten diese (Mehrfachnennungen möglich) neben Ausländern und Flüchtlingen (32 Prozent; das heißt ein knappes Drittel der Frauen, die überhaupt Angst haben, mithin 15 Prozent aller Frauen) Neonazis und Rechte (13), Jugendliche in Gruppen (12), Betrunkene (11) sowie Männer und männliche Jugendliche (9), größere Gruppen (6), Fußballfans/Hooligans (4) und aggressive, aufdringliche Menschen (4). Solche Differenzierungen will bei der AfD niemand hören. Die Angst wachzuhalten, auch wenn Fakten sie nicht zu begründen vermögen, ist das Lebenselixier der AfD. Und so haben wir von der JA täglich eine Grafik für unsere Facebook-Seite erstellt.

Über die Autorin

Die heute 27-jährige Franziska Schreiber trat 2013 in die AfD ein. Innerhalb eines Jahres wurde sie die Vorsitzende der Jungen Alternativen in Sachsen. 2017 ist sie im Bundesvorstand angekommen. Gegen den immer stärker und radikaler werdenden Flügel um Björn Höcke bezieht sie an Frauke Petrys Seite Stellung.

Entsetzt von den Aussagen, die innerhalb der AfD inzwischen üblich und akzeptiert sind, unternimmt sie mit anderen liberalen Mitgliedern im März 2017 einen letzten Versuch zur Kurskorrektur auf dem Bundesparteitag in Köln. Doch der Versuch scheitert.

Ihren Parteiaustritt vollzieht sie eine Woche vor der Bundestagswahl 2017 öffentlich. Mit ihrem Buch möchte sie deutlich machen, warum die Partei und ihre Anführer heute gefährlicher sind als je zuvor.

Im September 2016 provozierten wir mit einem Tortendiagramm, von dem ein gutes Drittel rot, der Rest blau eingefärbt war. Blau stand für "Deutsche", rot für "mit Migrationshintergrund". Dazu schreiben wir: "Früher hätte man das Umvolkung genannt." Das klang so, als habe jemand entschieden, dass die "Biodeutschen" ersetzt werden, als gäbe es einen großen Plan einer geheimen Macht, eine Verschwörung. Die Grafik fragt: Willst du das? Indem die Antwort der Leser bekannt ist, ruft sie auf zum Widerstand, sprich: zu Maßnahmen, diesen Trend zu stoppen. Vor allem aber benutzte sie ein Wort, das die Nationalsozialisten gebraucht hatten, um ihre Pläne in den eroberten Gebieten zu bezeichnen: Umvolkung. Allerdings ging es den Nazis darum, dem "Volk ohne Raum" neue Gebiete im Osten Europas zu erschließen und die einheimische Bevölkerung dort zu vertreiben.

Die Ängste waren in meinen Alltag eingezogen

Ich war dabei, als diese Grafik entstanden ist. Sie beruhte auf den Daten des Statistischen Bundesamts Destatis. Was wir verschwiegen: Von den 36 Prozent Kindern mit Migrationshintergrund waren die allermeisten in Deutschland als Deutsche geboren: 29 Prozentpunkte. Vier weitere Prozentpunkte waren als Ausländer in Deutschland geboren, der kleine Rest selbst eingewandert, meistens in Begleitung.

Kein Jahr zuvor wäre ich niemals auf die Idee gekommen, so unredlich zu handeln, etwas durch Weglassen absichtlich zu verfälschen. Manchmal fiel ich aber auch selbst auf unsere Propaganda herein. Ich habe mich bei vorurteilsbehaftetem Denken erwischt. Fragte mich, ob ich nachts noch an der Asylunterkunft ganz in der Nähe meiner Wohnung vorbeigehen könnte. Die Ängste waren in meinen Alltag eingezogen.

„Inside AfD – Der Bericht einer Aussteigerin“ von Franziska Schreiber ist im Europa Verlag erschienen und kostet 18 Euro.

Im Video: AfD-Aussteigerin gibt zu: "Dass Merkel Grenzen öffnete, haben wir uns ausgedacht"

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