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Friday, August 31, 2018

Gastbeitrag von Thomas Jäger - Im Streit mit den USA um den Iran-Deal offenbart Europa, dass es nicht mehr leisten kann

Gastbeitrag von Thomas Jäger: Im Streit mit den USA um den Iran-Deal offenbart Europa, dass es nicht mehr leisten kann
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Für US-Präsident Donald Trump hat die Iranpolitik einen hohen Stellenwert. Schon auf seiner ersten Auslandsreise nach Saudi-Arabien forderte er die politische Isolierung des Landes. Im Mai 2018 kündigte er den Nuklearvertrag mit dem Iran auf, den neben den USA auch Russland, China, Frankreich, Großbritannien und Deutschland unterschrieben hatten.

Unternehmen und Staaten, die weiterhin mit dem Iran in geschäftlicher Beziehung stehen, werden von den USA mit Sanktionen belegt oder bedroht. Die Sanktionen gegen den Iran sind nochmals verschärft worden. Dabei kann der Präsident auf eine breite Unterstützung in den USA zählen.

Die öffentliche Meinung

Seit 1980 gibt es in den USA ein relativ stabiles Bild über den Iran. Es ist ausgesprochen negativ. Zwischen 89 und 79 Prozent der US-Bürger haben eine schlechte oder sehr schlechte Meinung über den Iran. Die Zahl derer, die ein positives Bild des Landes haben, liegt zwischen 5 und 17 Prozent. Den Nuklearvertrag sahen die Amerikaner gleichwohl ziemlich positiv. 2017 unterstützen 56 Prozent in den USA das Abkommen. Sogar unter den Republikanern gab es eine knappe Mehrheit von 51 Prozent Zustimmung. Doch das änderte sich unter dem Einfluss von Donald Trump. Im Mai 2018 lehnten 40 Prozent den Vertrag ab und nur noch 32 Prozent sprachen sich für ihn aus. Fast ein Drittel gab nun an, keine feste Meinung zu haben. Wenn Präsident Trump gegen den Iran vorgeht, hat er die öffentliche Meinung hinter sich.

Über den Experten

Prof. Dr. Thomas Jäger ist seit 1999 Inhaber des Lehrstuhls für Internationale Politik und Außenpolitik an der Universität zu Köln. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in internationalen Beziehungen sowie amerikanischer und deutscher Außenpolitik.

Das ist im Kongress nicht viel anders. Auch da gibt es wenig Unterstützung für das Abkommen mit dem Iran. Präsident Obama wäre nie auf die Idee gekommen, den Nuklearvertrag dem Senat zur Ratifikation vorzulegen, weil er dafür keine Mehrheit bekommen hätte. Auch in der Legislative spürt der Präsident bei seiner Iranpolitik keinen starken Gegenwind.

Iran Action Group

Im State Department ist nun eine Iran Action Group eingerichtet worden, deren Aufgabe es ist, die Maßnahmen zu koordinieren, die darauf gerichtet sind, Irans Verhalten nach außen und innen zu ändern. Außenminister Pompeo betonte, das Ziel der amerikanischen Iranpolitik sei, mit dem Iran ein neues Abkommen zu erreichen. Dies soll das bisherige Nuklearabkommen ersetzen, an dem die amerikanische Administration Kritik geäußert und es deshalb aufgekündigt hat.

Ein neues Abkommen aber setze voraus, so der Außenminister, dass der Iran sein Verhalten ändere. Die erste Aufgabe der Iran Action Group, die von Brian Hook geleitet wird, ist, andere Regierungen zu motivieren, ihre Öllieferungen aus dem Iran zu reduzieren und bis Anfang November einzustellen. Am 5. November treten amerikanische Sanktionen gegen alle Staaten in Kraft, die Öl aus dem Iran importieren. Ob hiermit nur eine weitere bürokratische Zellteilung stattfand, also sich in der Sache wenig ändert, oder ein schlagkräftiges Instrument geschaffen wurde, wird sich noch herausstellen müssen.

Die europäische Reaktion

Die europäischen Staaten würden den Iran lieber in die internationalen Beziehungen integrieren, als ihn zu isolieren. Dahinter steht die Annahme, dass nicht Druck, sondern positive Anreize eher zu einer Verhaltensänderung des Iran beitragen werden. Denn auch in der EU wird die aggressive Regionalpolitik des Iran festgestellt. Die europäischen Regierungen sind deshalb der Ansicht, dass dieser Vertrag den Sicherheitsinteressen der EU-Mitgliedstaaten eher entspricht als wenn es keinen Vertrag geben würde. Aber mit der Aufkündigung dieses Vertrages durch den amerikanischen Präsidenten ist dabei eine neue Lage entstanden.

Auch im Iran ist damit zu rechnen, dass sich die Situation mit der vollständigen Umsetzung der Sanktionen ändert und die Wohlstandsversprechen der letzten Monate nicht eingehalten werden können. Vielmehr ist damit zu rechnen, dass die schwierige wirtschaftliche Lage großer Bevölkerungsteile noch verschärft wird. Ob dies zu politischen Forderungen führt oder die Gegnerschaft zu den USA Regierung und Gesellschaft erneut zusammenhält, wird zu beobachten bleiben. Die amerikanische Regierung wird diese Entwicklungen in ihre Planungen einkalkuliert haben.

Ob die 50 Millionen, die seitens der EU für den Iran und die wirtschaftlichen Beziehungen zum Iran bereit gestellt werden, einen nachhaltigen Effekt auf die Entwicklung des Iran haben werden, ist fraglich. Sicherlich werden sie eine negative Wirkung auf die europäisch-amerikanischen Beziehungen haben.

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Lageanalyse

Die Bundesregierung muss die internationale Lage kontinuierlich neu bewerten. Sie kann in ihrem Urteil, möchte sie kein Fehlurteil fällen, eine nicht mehr bestehende Lage nicht sinnvoll zum Ausgangspunkt ihrer Überlegungen wählen. Die Frage ist, ob sich eine solche Lage nicht derzeit entwickelt hat. Denn inzwischen zeigt sich schon, dass alle Versuche der europäischen Regierungen und der Europäischen Union, bedeutende europäische Unternehmen davon abzuhalten, der amerikanischen Sanktionsdrohung zu weichen, fehlgeschlagen sind.

Das ist überhaupt nicht verwunderlich. Von Beginn an war klar, dass die mit den Sanktionen gegen den Iran verbundenen Sanktionen gegen alle Unternehmen und Staaten, die weiterhin mit dem Iran wirtschaftlich verbunden sind, erfolgreich umgesetzt werden können. Denn die USA verfügen über den attraktiveren Markt und kontrollieren die Weltreservewährung Dollar. Jeder Anspruch, in dieser Lage europäische Unternehmen dazu bewegen zu wollen, den amerikanischen Sanktionsdrohungen zu widerstehen, war zum Scheitern verurteilt.

Anspruch, Wirklichkeit und Prioritäten

So klafft zwischen Anspruch und Wirklichkeit der wirtschaftlichen und politischen Beziehungen mit dem Iran seitens der europäischen Staaten eine kräftige Lücke, auf die der iranische Außenminister selbst wiederum mit dem Ausstieg aus dem Vertrag drohend, hingewiesen hat. Die europäischen Staaten müssten mehr leisten. Aber das können sie nicht.  

Darüber hinaus haben sie sich in eine politisch brisante Lage gestellt. Denn nicht mehr das Management der transatlantischen Beziehungen hat für sie Priorität, sondern die Beziehungen zu Mächten, die von den USA – ob klug oder nicht, ob gerechtfertigt oder nicht – unter Druck gesetzt werden. Das fordert eine Diskussion um die Prioritäten der Außenpolitik europäischer Staaten heraus.

Im Video: USA-Experte prognostiziert: Trump befiehlt noch dieses Jahr Luftschläge gegen Iran

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