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Thursday, August 30, 2018

Kirchenasyl - "Kleinste Kirchengemeinde kann Staatsapparat lahmlegen": Erster Landrat erstattet Anzeige

Kirchenasyl: "Kleinste Kirchengemeinde kann Staatsapparat lahmlegen": Erster Landrat erstattet Anzeige
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Schützt Kirchenasyl vor Abschiebung, auch wenn die Flüchtlinge Deutschland eigentlich verlassen müssten? Die Debatte darüber wird erbittert geführt, die Fronten zwischen den Kirchen auf der einen und den Behörden auf der anderen Seite sind verhärtet.

Nun hat der Rhein-Hunsrück-Kreis in neun Fällen Anzeige erstattet: Gegen Verantwortliche in Kirchengemeinden, die Kirchenasyl gewähren, und gegen Flüchtlinge, die diesen Schutz in Anspruch nehmen.

Landrat Bröhr: "War meine Pflicht, Anzeige zu erstatten"

Das bestätigte der zuständige Landrat Marlon Bröhr (CDU) auf Nachfrage von FOCUS Online. „Ich bin zu der Überzeugung gekommen, dass es meine Pflicht war, Anzeige zu erstatten. Illegaler Aufenthalt ist eine Straftat in Deutschland, und wenn jemand dabei hilft, dann ist auch das potentiell strafbar.“

Der Hintergrund für diese Aktion: Seit Monaten müht sich die Kreisverwaltung, einen abgelehnten Asylbewerber, der sich in einer evangelischen Gemeinde ins Kirchenasyl begeben hatte, gemäß der Dublin-Verordnung nach Italien zurückzubringen. Ein Versuch, das Kirchenasyl durch die Polizei zu beenden, sei vom rheinland-pfälzischen Ministerium für Integration gestoppt worden, so Bröhr.

Vereinbarung zwischen Staat und Kirche

Der Grund: Zwischen Staat und den Kirchen besteht eine Vereinbarung, nach der Flüchtlinge im Kirchenasyl nicht von den Behörden belangt werden können. In den meisten Fällen soll dadurch eine Überstellung des Flüchtlings in den nach der Dublin-Verordnung eigentlich für den Asylantrag zuständigen Staat verhindert werden. Nach sechs beziehungsweise einem neuen Beschluss der Innenministerkonferenz zufolge 18 Monaten kann der Betroffene dann ein reguläres Asylverfahren in Deutschland eröffnen.

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Gewährt eine Kirchengemeinde einem Flüchtling Schutz, muss sie gemäß einer Vereinbarung zwischen Innenministerium und der katholischen und evangelischen Kirche aus dem Jahr 2015 ein begründetes Dossier an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) senden. In diesem wird geschildert, warum der Flüchtling nicht in den Dublin-Staat zurückkehren kann. Erkennt die Behörde einen Härtefall, wird die Person in der Regel nicht abgeschoben.

Flüchtlinge bleiben im Kirchenasyl – trotz negativem Bescheid

Doch selbst wenn eine erneute Prüfung des jeweiligen Falles durch das Bamf ergibt, dass kein Härtefall vorliegt und der Flüchtling das Land verlassen muss, wird das Kirchenasyl oftmals einfach weiter aufrechterhalten. Damit sind die Dossierverfahren de facto ausgehebelt, die Menschen werden nicht abgeschoben – entweder wegen eines positiven Dossiers oder durch den Ablauf der Frist. Bröhr ist der Meinung: Das kann so nicht weitergehen.

„Ich finde es äußert bedenklich, dass die Politik zulässt, dass sogar kleinste Kirchengemeinden den ganzen Staatsapparat und das Asylsystem lahmlegen können“, sagt Bröhr. Es könne nicht sein, dass die teils monate- und jahrelange Arbeit des Bamf und der Justiz wirkungslos bleiben.

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Nur weil das Kirchenasyl eine lange Tradition habe, sei es deswegen nicht rechtmäßig. „Wenn der Staat will, dass die Kirchen rechtmäßig Kirchenasyl gewähren, dann muss er dafür einen gesetzlichen Rahmen schaffen. Momentan ist das Kirchenasyl gesetzlich überhaupt nicht geregelt, also müssen sich meiner Meinung nach auch die Kirchen an geltendes Recht halten“, sagt Bröhr. Im Klartext: Der Landrat fordert, dass Kirchenasyl nicht vor einer Abschiebung schützen darf.

Bröhr: „Ich will keine Konfrontation mit der Kirche“

Er sagt aber auch: „Ich will keine Konfrontation mit der Kirche, sondern eine eindeutige Regelung: Entweder das Kirchenasyl wird gesetzlich geregelt mithilfe eines Kirchenasylgesetzes oder der Rechtsstaat muss auch gegenüber den Kirchen durchgesetzt werden. Schließlich stehen die Kirchen nicht über dem Gesetz.“ Dis bisherige Praxis führe lediglich zu Frustration der Beteiligten und der Aushöhlung des Rechtsstaates.

Die Kirche sieht das ganz anders. Die Evangelische Kirche im Rheinland, zu der die betroffenen Gemeinden gehören, wollte sich zu diesem speziellen Fall nicht äußern, teilte jedoch schriftlich mit, dass die Kirchengemeinden „nach reiflicher Prüfung der Umstände“ in einem konkreten Einzel Kirchenasyl gewähren, „wenn besondere humanitäre Härten vorliegen.“ Damit wolle man dem Staat die Möglichkeit geben, „seine eigenen Entscheidungen noch einmal sorgfältig zu überprüfen“.

Neue, strengere Linie im Bamf?

Bröhr versteht diese Sonderstellung nicht und stellt einen provokanten Vergleich an: „Stellen Sie sich vor, eine Moschee verhindert die Abschiebung von Flüchtlingen. Der Aufschrei wäre riesig! Warum sollte für die Kirchen ein anderer Maßstab gelten?“

Das scheint man sich auch vermehrt in den Innenministerien zu fragen. Es verdichten sich die Hinweise, dass das Bamf eine neue, strengere Linie beim Kirchenasyl verfolgt. Und in den Kirchen mehren sich Stimmen, die genau das kritisieren. Es scheint ausgeschlossen, dass der Streit in naher Zukunft beizulegen ist.

Im Video: AfD-Aussteigerin bei "Stern TV": Merkels Grenzöffnung haben wir uns ausgedacht

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