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Friday, August 31, 2018

Viele Fake News in Umlauf - Hitlergruß-Demonstrant eingeschleust? Welche Falschmeldungen zu Chemnitz kursieren

Viele Fake News in Umlauf: Hitlergruß-Demonstrant eingeschleust? Welche Falschmeldungen zu Chemnitz kursieren
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Rund um die Tötung eines 35-jährigen Mannes in Chemnitz und Ausschreitungen Rechtsextremer bei Demonstrationen in der Stadt kursieren viele Falschmeldungen – vor allem in den sozialen Netzwerken. Welche Meldungen zu Chemnitz nachweislich falsch sind.

Falschmeldung 1: Ein Demonstrant, der den Hitlergruß zeigt, sei eigentlich ein eingeschleuster Linker.

Die Polizei ermittelt zu mehreren Fällen, in denen Demonstranten den in Deutschland verbotenen Hitlergruß zeigen. Einen solchen Fall dokumentierte das Magazin „Vice“ im Video: Ein Mann mit einem Kapuzenpullover zeigt wiederholt den Hitlergruß und ruft rechte Parolen. Die Redaktion postete das Video mit der Sequenz auf ihrer Facebook-Seite – prompt fanden sich einige Kommentatoren, die in Frage stellten, ob der Demonstrant wirklich ein Rechtsextremer sei. „Nope, das ist ein Antifatrottel, der sich als Rechter ausgibt“, behauptete ein User. Andere posten ein Statement, das zuvor auf der Facebook-Seite „AfD Kyffhäuser-Sömmerda-Weimarer Land“ auftauchte. Darin wird behauptet, es gebe Hinweise, dass der Mann dem linken Spektrum angehöre. Er sei ein „Agent provocateur“, also jemand, der sich unter die Demonstranten gemischt habe, um andere zu Straftaten anzustacheln.

Auf Facebook behaupten einige User, den Mann zu kennen. Er stamme aus der Punkszene, lautet eine der Behauptungen. Auf Nachfrage anderer User, ob sie nähere Angaben dazu machen könnten, blieben jedoch weitere Details aus. Viele wiesen auf die Kleidung und die langen Haare des Mannes hin, die ihrer Ansicht nach nicht ausreichend szenetypisch sei.

Das sagt die „Vice“-Redaktion zu den Behauptungen

Laura Himmelreich, Chefredakteurin der „Vice“, sagte auf Anfrage von FOCUS Online, dass der „Vice“-Reporter rund fünf Minuten mit dem Mann gesprochen habe. In dieser Zeit, habe er sich mehrfach ausländerfeindlich und rassistisch geäußert – „auch in die Kamera“, so Himmelreich. Das ist auch im Video zu sehen. Die Aussagen des Mannes, der zudem offen den Hitlergruß – ein Straftatbestand – zeigt, seien ein eindeutiges Indiz für die rassistische Gesinnung des Mannes. Nur weil der Mann nicht den optischen Klischees eines Neo-Nazis entspreche, könne man nicht schlussfolgern, dass er kein rechtes Gedankengut habe, argumentiert die „Vice“-Chefredakteurin.

Die Redaktion habe vor Ort mit Dutzenden Leuten gesprochen, die Demo gefilmt und zunächst keine Backgroundchecks über die Protagonisten des Videos machen können. Ein normales Vorgehen von Reporterteams, betont Himmelreich. Die Redaktion will den Gerüchten über den Mann nun allerdings hinterherrecherchieren: „Wir haben die Menschen, die auf Facebook behaupten, ihn zu kennen, angeschrieben, und versuchen ihre Vorwürfe zu verifizieren“, sagt Himmelreich.

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Falschmeldung 2: Opfer habe Frau gegen Belästiger verteidigen wollen.

Am Rande des Chemnitzer Stadtfestes wurde der 35-jährige Daniel H. nach einem Streit erstochen. Als dringend tatverdächtig gelten laut Staatsanwaltschaft ein Syrer und ein Iraker. Sie sitzen in Untersuchungshaft. Schon kurz nach Bekanntwerden der Bluttat kursierten im Internet Gerüchte, Daniel H. sei einer Frau zur Hilfe geeilt, die belästigt worden sei. Ermittlungen der Polizei bestätigten diese Vorgeschichte jedoch nicht. Die sächsische Landespolizei wies zum Beispiel auf Twitter darauf hin, dass es „keinerlei Anhaltspunkte“ dafür gebe, dass vor der Tat eine Frau belästigt wurde.

Falschmeldung 3: Es habe ein zweites Todesopfer gegeben.

Das Opfer Daniel H. erlag im Krankenhaus seinen schweren Stichverletzungen. In den vergangenen Tagen kursierte immer wieder die Behauptung, es habe ein zweites Todesopfer gegeben, über das die Öffentlichkeit aber nicht informiert worden sei. Dies behauptete zum Beispiel der AfD-Politiker Maximilian Krah auf Twitter.

Die Polizei Sachsen wies dies mehrfach zurück, unter anderem auf Twitter: „Klarstellung! Entgegen anderslautender Gerüchte gibt es nach dem Zwischenfall Chemnitz keinen zweiten Todesfall.“

Im Video: Merkel Schuld an Chemnitz? Als Lanz Kubicki kritisiert, wird dieser schnippisch

Falschmeldung 4: Ausländische Medien würfen der deutschen Presse mangelnde Neutralität vor.

Im Netz kursiert außerdem ein ziemlich schlecht gemachter Fake über angebliche Kritik an der deutschen Berichterstattung über Chemnitz. Auf dem Bild ist ein Text zu sehen, der einen Zeitungsartikel zeigen soll. Als Absender der Kritik an der „einseitigen und irreführenden Berichterstattung“ ist ein Verband namens „European Press Watch“ angegeben. Eine solche Organisation gibt es jedoch nicht. Dasselbe gilt für das „Glaubwürdigkeits-Ranking“, in dem diese Organisation die deutschen Medien herabstufen wolle. Über den Fake berichtete unter anderem das Medienblog „Flurfunk Dresden“.

Falschmeldung 5: Die Kanzlerin wolle Demonstrationen von der Bundespolizei unterdrücken lassen.

Das rechtspopulistische Blog "Journalistenwatch" verbreitete die – zumindest auf den ersten Blick – wie eine Meldung gestaltete Behauptung, die Kanzlerin schicke die Bundespolizei nach Chemnitz, um Protestveranstaltungen zu unterdrücken. In dem Text tauchen verkürzte Statements aus der Bundesregierung auf. Ein ähnlicher Text erschien auf der rechtspopulistischen Seite „anonymousnews.ru“ unter der Überschrift „Merkel will Bürgerproteste in Chemnitz von Bundespolizei brutal niederknüppeln lassen“.

Anders als in diesen Texten dargestellt ist es jedoch nichts Ungewöhnliches, dass die Bundespolizei die Landespolizei in Einzelfällen unterstützt. Die Bundeskanzlerin hat damit nichts zu tun, die Bundespolizei gehört als Behörde zum Geschäftsbereich des Bundesinnenministeriums. Merkel kann also gar keinen „Marschbefehl“ geben, anders als in den genannten Texten behauptet.

Bundespolizei darf Länder unterstützen

Polizei ist grundsätzlich Sache der Länder. Das Bundespolizeigesetz sieht aber ausdrücklich vor, dass die Bundespolizei die Landespolizei in bestimmten Fällen unterstützen darf. So kann ein Bundesland die „zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung in Fällen von besonderer Bedeutung“ um Hilfe bitten, wenn das Land sonst die Aufgabe „nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten erfüllen kann“.

In den Texten wird der Eindruck erweckt, die Bundespolizei sei von der Bundesregierung angewiesen worden, besonders scharf gegen rechte Demonstranten vorzugehen. Laut Gesetz unterliegt die Bundespolizei bei solchen Einsätzen aber den „fachlichen Weisungen“ des Landes. Ein solcher Befehl, absichtlich brutal gegen Demonstranten vorzugehen, ist erstens schwer vorstellbar und müsste zweitens vom Land Sachsen ausgehen. Bei den bisherigen Demonstrationen in Chemnitz hatte es nicht den Anschein, als würden die eingesetzten Polizisten unverhältnismäßig hart gegen Demonstranten vorgehen.

Video: Migranten sollen in Wohnungen bleiben? Falschmeldungen über Chemnitz verbreiten sich

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