Es war einer der markigsten Sätze in der Rede von Markus Söder auf dem Volksfest Gillamoos. Bei seinem Auftritt in Abensberg nahm sich Bayerns Ministerpräsident des Themas Kindergeld an.
Der CSU-Politiker schlug der SPD eine Bundesratsinitiative vor, um die steigenden Kindergeldzahlungen ins Ausland zu begrenzen und sagte: "Zahlen wir das Kindergeld in Deutschland an unsere Kinder und beenden wir den Transfer an irgendwelche Kriminelle in Europa.“
Der Applaus unter seinen Anhängern für diese Aussage war groß. Söder steht im Wahlkampf unter großem Druck, vor allem durch die AfD. Er versucht vor der Landtagswahl im Oktober offenbar mit solch kernigen Vorschlägen Wähler aus dem Lager der Rechtspopulisten zur CSU zu holen.
Doch was steckt hinter dem Vorstoß aus Bayern? Wie viele im Ausland lebende Kinder bekommen Kindergeld und wie sind die rechtlichen Voraussetzungen?
Wie viele Kinder beziehen Kindergeld in oder aus Deutschland?
Ende Juli waren es laut Bundesagentur für Arbeit 15,19 Millionen. 12,23 Millionen dieser Kinder haben die deutsche Staatsbürgerschaft, knapp drei Millionen sind Ausländer. Die allermeisten von ihnen leben in Deutschland. 273.150 Kinder beziehen im Ausland Kindergeld vom deutschen Staat, das sind rund 1,8 Prozent. Darunter sind aber auch 33.724 Kinder mit deutschem Pass, etwa weil ihre Eltern für einen deutschen Arbeitgeber im Ausland arbeiten. Insgesamt haben rund 80 Prozent der Kinder, die in Deutschland Kindergeld bekommen, einen deutschen Pass.
Woher stammen die meisten ausländischen Kinder?
Unter den EU-Ausländern, die Kindergeld aus oder in Deutschland bekommen, liegt Polen mit rund 170.00 Empfängern vorn, aus Rumänien sind es rund 84.000. Den Spitzenplatz nehmen Kinder mit türkischem Pass ein - mit knapp 300.000 Empfängern.
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Wie viel Kindergeld wird überhaupt gezahlt?
In Deutschland gibt es derzeit für das erste und zweite Kind jeweils 194 Euro im Monat. Für das dritte sind es 200 Euro, ab dem vierten Kind 225 Euro. Zum Vergleich: In Bulgarien etwa gibt es rund 20, in Rumänien 18 bis 43 Euro im Monat.
Gab es mehr ausländischer Empfänger?
Ja, aber die Geld-Summe auf ausländische Konten sinkt. Seit Ende 2017 ist die Zahl der Kinder, die außerhalb Deutschlands leben und Kindergeld aus Deutschland bekommen, um rund vier Prozent gewachsen. Aber auch die Zahl der Empfänger insgesamt steigt. Ende 2017 gab es erst 14,97 Millionen Empfänger.
Die gezahlten Beträge steigen entsprechend. 2017 wurden knapp 36 Milliarden Euro Kindergeld gezahlt, 2016 waren es gut 35 Milliarden. Insgesamt flossen 2016 rund 6,6 Milliarden Euro an ausländische Kinder, 2017 waren es 7,19 Milliarden. Aber während 2016 noch rund 414 Millionen Euro auf ausländische Konten floss, waren es im vergangenen Jahr deutlich weniger, rund 343 Millionen.
Die gestiegene Zahl der ausländischen Empfänger hängt vor allem mit der europäischen Freizügigkeit zusammen. Auch werden immer mehr Fach- und Pflegekräfte aus anderen Ländern gebraucht. Und auch der Brexit, also der geplante EU-Austritt Großbritanniens, führt zu einer Verlagerung von Arbeitskräften Richtung Deutschland. Die Menschen zahlen dann hier Sozialbeiträge. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten aus Osteuropa ist von 2015 bis 2017 um 295.000 auf knapp 1,2 Millionen gestiegen.
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Warum dürfen Kinder, die im Ausland leben, Kindergeld bekommen?
Der Bezug von Kindergeld ist dann legal, wenn jemand in Deutschland beziehungsweise für einen deutschen Arbeitgeber einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgeht. Ein illegaler Kindergeldbezug liegt laut Eva Heidbreder, Expertin für EU-Recht an der Universität Magdeburg, dann vor, wenn vorgetäuscht wird, dass zum Beispiel der Lebensmittelpunkt in Deutschland liegt oder vorgetäuscht wird, dass ein ordentliches Arbeitsverhältnis in Deutschland besteht, wie der MDR berichtet.
Warum dann die Aufregung?
Weil es gerade aus Rumänien und Bulgarien nach Meinung mehrerer Oberbürgermeister eine verstärkte Migration gibt, um Kindergeld zu kassieren. Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link (SPD) sieht Schlepper am Werk, die Menschen in schrottreifen Wohnungen unterbringen, ihnen eine Scheinbeschäftigung verschaffen und oft einen Teil der Kindergelder einkassieren. Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats der Sinti und Roma, warnt vor Stimmungsmache und betont: "Die betroffenen Familien sind die Opfer von kriminellen Banden, deren Hintermänner in der Regel deutsche Staatsbürger sind."
Familienkasse: Es gibt keinen flächendeckenden Betrug
Die Familienkasse betont, es gebe keinen flächendeckenden Betrug. Stichproben ergaben einzelne Missbrauchsfälle vor allem in Nordrhein-Westfalen. Beim Kindergeld für Personen, die aus dem Ausland kommen, um hier zu arbeiten, deren Kinder aber in der Heimat geblieben sind, "findet so gut wie kein Missbrauch statt".
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