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Saturday, September 29, 2018

Politik - Hat die CSU ihr 40-Prozent-Ziel schon abgeschrieben?

FOCUS Magazin | Nr. 39 (2018)
Politik: Hat die CSU ihr 40-Prozent-Ziel schon abgeschrieben?
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Bayern steht kurz vor der Landtagswahl und die CSU schwächelt wie selten zuvor. Umfragen gehen derzeit von etwa 35 Prozent der Stimmen aus. Für CSU-Generalsekretär Markus Blume hat das verschiedene Gründe. Im Interview spricht er über erstarkte Grüne, Ministerpräsident Söder und die Radikalisierung der AfD.

Als ehemaliger Leistungssportler weiß Markus Blume, 43, was Dauerbelastung ist: Der CSU-Generalsekretär hastet in diesen Wochen von einer Veranstaltung zur nächsten, meist dauern seine Tage 14 bis 16 Stunden. Blume ist oberster Wahlkampfmanager und soll bis zur bayerischen Landtagswahl in drei Wochen ein Wunder vollbringen: der CSU helfen, ihre Alleinherrschaft zu verteidigen. Der Fast-2-Meter-Mann Blume beißt in eine Laugenbrezel: „Das ist zurzeit mein Hauptnahrungsmittel.“ Das Salz pule er aber immer ab, weil das besser für die Kondition sei.

FOCUS: Herr Blume, Sie müssen für Markus Söder die Wahlschlacht führen. Die Umfragen sind denkbar schlecht. Und jetzt kommt noch der Krach aus Berlin dazu. Verfluchen Sie manchmal Ihren Job als CSU-General?

Markus Blume: Mir war klar, dass der Wahlkampf spannend wird. Dass er so spannend wird, war nicht abzusehen und wäre auch nicht notwendig gewesen. Aber ich mache meine Arbeit mit Begeisterung. Es geht bei dieser Wahl um die Einzigartigkeit Bayerns. Und das ist natürlich auch der Nimbus der CSU.

 
 
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FOCUS: In Berlin sah es gerade nach Koalitionsbruch aus. Hält das Regierungsbündnis?

Blume: Wenn ich nach Berlin schaue, muss es in Bayern vor allem um eines gehen: um politische Stabilität durch klare Verhältnisse. Mir ist völlig unbegreiflich, wie die SPD wegen der Personalfrage einer nachgeordneten Behörde die ganze Koalition in eine Regierungskrise führen konnte. Zum Glück ist die jetzt abgewendet. Ich hoffe, dass die SPD wieder zur konstruktiven Regierungsarbeit zurückfindet.

 

FOCUS: Der CSU-Nimbus hieß bisher immer: Alleinregierung. Jetzt liegt Ihre Partei zwischen 35 und 38 Prozent. Tendenz fallend. Was machen Sie falsch?

Blume: Seit dem Parteitag gibt es einen klaren Stimmungsaufschwung. Es ist die Aufgabe für die verbleibenden drei Wochen zu zeigen, dass einzig die CSU als Sammlungsbewegung der Mitte dafür sorgen kann, dass Bayern stabil bleibt. Ich sehe keine Partei, die Bayern besser regieren könnte als wir. Wir sind ja, wenn Sie sich die europäische Parteienlandschaft anschauen, immer noch singulär. Bei den Wahlen in Schweden, in Italien und Frankreich haben sie mittlerweile kaum eine Partei mehr, die auch nur über 30 Prozent kommt. Heute fegt ein Wind der Veränderungen durch ganz Europa. Uns geht es darum, dass Bayern in diesem Wind stabil bleibt.

"Die Wahrheit liegt in der Wahlurne"

FOCUS: Wind der Veränderungen – was meinen Sie damit?

Blume: Wir erleben, wie in vielen Ländern Konflikte von den extremen Kräften vorangetrieben werden. In Italien beispielsweise regieren zwei populistische Parteien. Und in der Mitte ist nichts mehr. In Schweden haben die Rechtspopulisten einen rasanten Aufstieg hingelegt und erschweren die Regierungsbildung. In Frankreich konnte sich Macron erst in einer Stichwahl gegen die Rechtspopulistin Le Pen durchsetzen. Erst erodieren die Parteiensysteme – und später die Demokratien. Das wollen wir nicht. Die CSU will gegen diesen Trend Volkspartei in der bürgerlichen Mitte der Gesellschaft bleiben.

FOCUS: Haben Sie ein Ergebnis von 40 Prozent schon abgeschrieben?

Blume: Nicht Umfragen oder Zahlenspiele entscheiden über die Zukunft Bayerns, sondern der Wähler. Deshalb kämpfen wir bis zum 14. Oktober 18 Uhr um jede Stimme, damit Bayern stark und stabil bleibt. Übrigens ist fast die Hälfte der Wähler noch unentschlossen. Ich sage, die Wahrheit liegt in der Wahlurne.

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FOCUS: Bayern steht so gut da wie noch nie, und die Wähler gehen Ihnen trotzdem von der Fahne. Manche wandern direkt zu den Grünen. Wie kann das sein?

Blume: Die Grünen profitieren im Moment von den Auflösungserscheinungen der Sozialdemokraten. Gleichzeitig tarnen sie sich geschickt als vermeintlich bürgerliche Partei. Tatsächlich sind die Grünen aber das, was sie schon immer waren: eine Verbots- und Bevormundungspartei.

Die Menschen wollen sich nicht vorschreiben lassen, was sie zu essen haben, wie sie ihre Kinder betreuen mögen oder mit welchem Verkehrsmittel sie zur Arbeit fahren sollen. Das Bayern der Grünen wäre ein Bayern von Fahrverboten und Tempolimits, von unbegrenzter Zuwanderung, höheren Steuern und weniger Sicherheit. Das alles steht gegen die Liebe der Bayern zur Freiheit.

FOCUS: Dann müssen Sie aber erst recht erklären, warum die Grünen in Bayern auf Platz zwei stehen.

Blume: Wir erleben, dass sich manche in der Komfortzone des Wohlstands eingerichtet haben und ihn für selbstverständlich halten. Man kann vielleicht auch Wohlstandsverwahrlosung sagen. Wir haben in Bayern einen Rekordaufschwung seit zehn Jahren, dazu eine Rekordbeschäftigung. Mit einer Arbeitslosigkeit von unter drei Prozent herrscht bei uns Vollbeschäftigung, wir haben einen Rekordschuldenabbau. Bayern ist Rekordland. Es stimmt, für die Vergangenheit wird man nicht gewählt. Aber es ist doch auch so, dass dieser Erfolg Mütter und Väter hat: die fleißigen Menschen in diesem Land, aber auch die Gestaltungskraft der CSU.

Migration weiterhin Thema Nummer eins

FOCUS: Dringen die Erfolgszahlen bei den Wählern vielleicht deshalb nicht so richtig durch, weil das Thema Migration – „die Mutter aller Probleme“, wie Horst Seehofer sagt – alles überlagert?

Blume: Wir wissen aus allen Umfragen, dass Migration das Thema Nummer eins ist. Das lässt sich nicht beiseiteschieben. Es hilft nichts, ein Thema zuzudecken. Die Leute wollen Lösungen. Und da ist Bayern vorbildlich: Wir haben mit der bayerischen Grenzpolizei, dem Landesamt für Asyl und Rückführungen und den bundesweit ersten Anker-Einrichtungen drei neue Institutionen geschaffen, die für die richtige Balance aus Humanität und Ordnung sorgen.

FOCUS: Ihr Spitzenkandidat Markus Söder kommt beim Wahlvolk aber bisher nicht so gut an. Er schafft es jedenfalls nicht, die Partei nach oben zu ziehen. Woran liegt das?

Blume: Das Gegenteil ist der Fall: Ich erlebe einen Ministerpräsidenten Markus Söder, bei dem jede Veranstaltung proppenvoll ist und dessen zupackende Art gut ankommt. Davon abgesehen, läuft seit Monaten eine noch nie da gewesene Kampagne gegen die CSU. Man kann nur noch den Kopf schütteln, mit welchen Anschuldigungen uns die Opposition konfrontiert. Markus Söder ist der erste Ministerpräsident, dem die Opposition vorwirft, er würde zu viel tun und voranbringen. Einem Politiker wird Handlungswille vorgeworfen – wann hat es das schon mal gegeben?

Es braucht eine starke CSU, "um der Zersplitterung Einhalt zu gebieten"

FOCUS: Bei seinem Antritt wirkte er wie jemand, der ein riesengroßes Füllhorn über Bayern auskippt: Familiengeld, Pflegegeld, eigene Grenzpolizei, Polizeigesetz, Flugtaxis. Alles scheint er persönlich beackern zu wollen.

Blume: Bei seinem Programm, mit dem er angetreten ist, handelt es sich um ein Regierungsprogramm für eine ganze Legislaturperiode. „Machen und Kümmern“ – das war die Devise seiner Regierungserklärung. Und er füllt sie mit Leben. Ich kann nur sagen: Unser Land braucht Macher und keine Mahner. Das wird die Bevölkerung honorieren.

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FOCUS: Aber Umfragewerte von 35 Prozent – das kann doch nicht nur an einer Kampagne gegen Söder liegen. Hat der Wind der Veränderung Bayern eben doch schon erfasst?

Blume: Vor allem hat sich eins verändert, wovor Franz Josef Strauß immer gewarnt hat: Rechts von der Union ist eine Partei entstanden. Es ist eine noch nie da gewesene Lage, dass wir nicht nur gegen links, sondern auch gegen eine Partei am rechten Rand kämpfen müssen. Gerade jetzt kommt es auf eine starke CSU an, um der Zersplitterung Einhalt zu gebieten.

FOCUS: Wie wollen Sie sich gegen die starke AfD in Bayern wehren?

Blume: Indem wir klar sagen: Die AfD von heute ist nicht mehr die AfD von 2014. Lucke ist weg, Petry ist weg, die Partei hat sich immer weiter radikalisiert. Heute geben Leute wie Höcke & Co. den Ton an – gerade auch bei der AfD in Bayern.

"AfD und NPD unterscheiden nur noch in Nuancen"

FOCUS: Allerdings ist auch schon dem braven Wirtschaftsprofessor Bernd Lucke vorgeworfen worden, ein Rechtsradikaler zu sein.

Blume: Wer hat das getan?

FOCUS: Etliche Politiker und Journalisten. Deshalb erschrecken manche Leute nicht sonderlich, wenn es heute heißt: Björn Höcke ist ein Rechtsradikaler.

Blume: Die Verantwortung dafür tragen doch diejenigen, die jeden Tag Debattenverbote erteilen und nach der Meinungspolizei rufen. Ich kann nur davor warnen, Zuschreibungen wie „rechtsradikal“ oder gar „Nazis“ dadurch zu banalisieren, dass man sie von linker Seite für jede missliebige Meinung verteilt. Wenn aber AfD-Politiker mit Rechtsextremisten, Hooligans und Pegida gemeinsame Sache machen, dann ist es angebracht zu sagen: Hier kommt die rechtsradikale Fratze der AfD durch. Heute unterscheidet sich die AfD von der NPD nur noch in Nuancen.

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FOCUS: Vor allem unterscheiden sie sich durch die Wahlergebnisse. In Bayern könnte die AfD zweitstärkste Partei werden, im Osten ist sie quasi Volkspartei. Sie wird von vielen gewählt, die früher mal CDU-Anhänger waren.

Blume: Halt! Die AfD ist keine Volkspartei, sie ist völkisch! Volkspartei wird man nicht als Protestbewegung, sondern durch eine tiefe Verwurzelung in breiten Teilen der Bevölkerung. Umso wichtiger ist es, den Kampf um die Wähler aufzunehmen. Die AfD hat sich eine bürgerliche Maske aufgesetzt und damit versucht, bürgerliche Wähler anzusprechen. Das kann niemanden in der Union kaltlassen, und das lässt auch niemanden ruhen.

"Die AfD muss man demaskieren"

FOCUS: CDU/CSU-Fraktionschef Kauder meinte kürzlich, AfD-Wähler sollten sich „schämen“. Holt man so die Leute zurück?

Blume: Die AfD muss man demaskieren, um die Wähler sich bemühen. Dazu gehört, deren Themen ernst zu nehmen. Das gilt vor allem für das starke Bedürfnis nach innerer Sicherheit und Schutz vor Kriminalität. Da können wir als CSU sagen: Wir sind das Original, niemand steht mehr für Sicherheit als die CSU.

FOCUS: Trotzdem gilt die CSU mit ihren Positionen selbst bei CDU-Politikern als sperrig, als Unruhestifter. Verstehen Sie das?

Blume: Wir müssen uns nur vorstellen, wie die Bundespolitik der letzten Jahre ohne CSU ausgesehen hätte. Wir waren 2015/16 diejenigen, die durchgesetzt haben, dass die Westbalkanländer als sichere Herkunftsländer eingestuft wurden. Wir haben durchgesetzt, dass es heute wieder Grenzkontrollen gibt und dass Asylverfahren beschleunigt werden.

Wir haben durchgesetzt, dass die Zuwanderung begrenzt und das Recht auf Familiennachzug für subsidiär Schutzbedürftige abgeschafft wird. Die CSU ist das bürgerliche Korrektiv für die Republik, nicht nur für Bayern. Wenn es um die Sicherheit der Menschen geht, darf man auch mal sperrig auftreten. Franz Josef Strauß hat einmal gesagt: „Zur Not müssen die Bayern die letzten Preußen sein.“

FOCUS: Noch einmal nach Berlin: In der kommenden Woche wird ein neuer Chef der Unionsfraktion gewählt*. Neben dem Amtsinhaber Volker Kauder tritt auch ein Herausforderer an. Finden Sie das gut?

Blume: Es gehört zum Wesen einer Demokratie, dass man auswählen kann.

FOCUS: Das klingt sehr zurückhaltend. Braucht die Union nicht auch neue Köpfe?

Blume: Die hat sie doch. Schauen Sie sich das neue bayerische Kabinett von Markus Söder oder die Bundesregierung an.

FOCUS: Sie unterscheiden sich von Vorgängern wie Stoiber und Söder, die auch mal mit der Keule zuschlagen konnten. Ihnen liegen die leichteren Waffen. Aber passen die auch zu diesen harten Zeiten?

Blume: Sagen wir so: Ein Generalsekretär muss sich grundsätzlich aller Mittel bedienen können. Das Wichtigste ist das, was die CSU immer ausgezeichnet hat: die unmissverständliche Sprache. Unser Motto ist: „Kompliziert denken, einfach reden.“

FOCUS: Sie muten sich jetzt 16-Stunden-Tage zu, um die CSU zu retten. Wann atmen Sie eigentlich mal durch?

Blume: (Atmet tief ein und wieder aus) Jetzt zum Beispiel.

*Dieses Interview erschien in der Magazinausgabe 39/18 vom 22. September 2018

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