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Monday, September 3, 2018

Stimmen aus Sachsen - „Dresden ist eine gespaltene Stadt“: Wo Alltagsrassismus gesellschaftsfähig geworden ist

Stimmen aus Sachsen: „Dresden ist eine gespaltene Stadt“: Wo Alltagsrassismus gesellschaftsfähig geworden ist
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Wenn Maxie Fischer-Gebauer mit den Frauen und Kindern aus ihrer Flüchtlingsinitiative durch Dresden läuft oder in einer Dresdner Straßenbahn sitzt, rechnet sie mit vielem. Seit einiger Zeit sogar damit, dass wildfremde Menschen die nach Deutschland geflüchteten Frauen anpöbeln und bedrohen. „Ich wundere mich da gar nicht mehr, so traurig es auch klingt“, sagt die 31-Jährige.

Und doch schaffen es einige Menschen, sie immer noch zu schockieren. „Wir saßen vor ein paar Tagen in der Straßenbahn, als ein Mann sich umdreht, und die Kinder bedroht – drei bis vierjährige Kinder“, erzählt Fischer-Gebauer sichtlich betroffen.

Pöbeleien gegen Kinder sind nur die Spitze des Eisbergs, wenn man den Geschichten von Fischer und ihrer Kollegin Christine Mantu zuhört. Fischer-Gebauer hat mit dem Verein „Malika e.V.“ einen Ort geschaffen, an dem geflüchteten Frauen geholfen wird, Deutsch zu lernen und sich zu integrieren, Mantu gründete im Jahr 2015 die Initiative „IDA“. „In Dresden Ankommen“ bedeuten die drei Buchstaben. Mithilfe eines Patenprogramms für Flüchtlinge unterstützte „IDA“ gerade zu Beginn der Flüchtlingskrise in Deutschland Dutzende Migranten, vornehmlich Männer und ist auch heute noch in der Flüchtlingsarbeit aktiv.

Stimmen aus Sachsen

Ein Mann wird in Chemnitz auf offener Straße erstochen, danach kommt es zu Demonstrationen und Ausschreitungen. Sachsen steht derzeit international im Fokus. FOCUS Online wollte wissen: Wie sieht es dort wirklich aus und was denken die Menschen vor Ort über die Ereignisse? Unsere Reporter sind auf Spurensuche in Sachsen gegangen. Sie zeigen, welche Themen die Sachsen in ihrem Alltag beschäftigen. Haben Sie Angst, verspüren sie Hass? Schämen sie sich für ihr Bundesland? Und: Welche Forderungen stellen sie an die Politik?

Die gespaltene Dresdner Gesellschaft

„Als die ersten Menschen zu uns nach Deutschland kamen, war die Solidarität noch riesig“, erzählen die beiden Frauen. Die „Willkommenskultur“ habe dafür gesorgt, dass sich so viele Freiwillige engagieren wollten, dass sogar einigen abgesagt werden musste. Mit der Zeit habe sich diese Einstellung stark gewandelt. Heute gebe es immer wenige, die sich freiwillig in einer Flüchtlingsinitiative beteiligen möchten.

Dass hänge damit zusammen, dass die Arbeit mit Flüchtlingen in Dresden erschwert worden sei – auch durch die starke rechte Szene in der sächsischen Landeshauptstadt. So könne Mantu schon davon sprechen, in der Neustadt in einer linksgrünen Blase zu leben. Die Altstadt sei da insgesamt konservativer geprägt. „Die Dresdner Stadtgesellschaft ist gespalten“, fasst die 29-Jährige zusammen. So habe sie schon häufiger erlebt, wie für Migranten und Menschen mit anderer Hautfarbe der Besuch eines Clubs oder einer Bar „schon an der Tür endet“.

Der „strukturelle Rassismus“, wie Mantu ihn bezeichnet, ziehe sich dabei durch die ganze Stadt Dresden. An einigen Orten schlimmer, an anderen weniger schlimm. Gerade die Stadtrandgebiete seien Konfliktherde. „Geflüchtete Frauen, die am Stadtrand wohnen, trauen sich abends kaum mehr vor die Tür“, erzählt Mantu. Aber auch am hellichten Tage gebe es immer wieder Zwischenfälle. „Ich habe schon häufiger erlebt, wie Menschen Migranten, die an ihnen vorbeigehen, ohne Grund mit der Schulter anrempeln“, fügt Fischer-Gebauer an. Das Wort „Schmarotzer“ höre sie in diesem Zusammenhang häufiger.

Abbau von Vorurteilen durch direkten Kontakt

Die beiden Frauen wissen dabei aber um die Gefahr der Pauschalisierung. „Ich bin mir bewusst, dass auch unter Migranten Menschen sind, die kriminelles Potenzial haben“, sagt Mantu. Das seien allerdings nicht mehr als der Bevölkerungsdurchschnitt. „Meistens sind es junge, perspektivlose Männer, die keine Chance sehen, sich in der Gesellschaft zurechtzufinden“, erzählt sie weiter. Wenn man diesen Menschen eine Perspektive biete, sei die Wahrscheinlichkeit gleichzeitig sehr gering, dass sich die jungen Männer radikalisieren. Man müsse sich generell auf die fokussieren, die sich vorbildlich in die deutsche Gesellschaft eingebracht haben.

Um mehr Positivbeispiele zu schaffen, sei direkter Kontakt unglaublich entscheidend, da sind sich beide Frauen einig. So schwierig es auch sein mag, man müsse versuchen die Dresdner Bürger mit Migranten an einen Tisch zu kriegen. „Wenn du das für dich Fremde kennenlernst, baust du automatisch Vorurteile ab“, sagt Mantu. Zudem sei es doch „viel patriotischer, Menschen bei der Integration zu helfen als gegen sie zu hetzen“, ergänzt Fischer-Gebauer. Dabei wehrt sie sich entschieden gegen das Vorurteil, dass alle geflüchteten Frauen Opfer wären. „Ich kenne so unglaublich viele mutige und starke Frauen“, sagt sie.

Politische Haltung zeigen

Um den Kontakt zwischen Flüchtlingen und den Menschen, die geleitet von ihrer Angst vor Überfremdung sogar teilweise auf die Straße gehen, zu fördern, müsse auch die Politik einen Richtungswechsel vollziehen. Es sei keine Lösung „der politisch rechten Seite entgegenzukommen“, sagt Mantu. Viel eher müsse man Haltung zeigen, aber gleichzeitig Dialogbereitschaft signalisieren. „Das was die CDU/CSU versucht hat, hat nachweislich nicht funktioniert und gibt der Argumentation der Rechten eine unnötige Legitimation.

Dass Menschen auf die Straße gehen, um zu demonstrieren, habe aber noch einen anderen Grund, vermutet Mantu. „Diese Leute merken, dass sie hier auf fruchtbaren Boden stoßen, dass sie es können. Sie bekommen Aufmerksamkeit dafür, sowohl von politischer, als auch von medialer Seite.“

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