Nach monatelanger Zwangspause haben private Hilfsorganisationen wieder damit begonnen, Rettungsschiffe ins Mittelmeer zu entsenden. Hintergrund der erneut anlaufenden Hilfsmissionen sind einerseits diplomatische Anstrengungen, andererseits eine veränderte Strategie der Retter.
Bereits am 24. November lief das Schiff „Professor Albrecht Penck“ der Hilfsorganisation Sea-Eye aus Rostock zu seiner ersten Mission aus. Die „Penck“ wird das erste Rettungsschiff sein, das unter deutscher Flagge fährt und in Deutschland zugelassen ist. Bislang hatten deutsche Organisationen ihre Schiffe und Boote im Ausland registriert, weil dort eine Zulassung als Sportboot möglich war – und damit wesentlich billiger.
„Wir haben uns entschieden, die Herausforderungen der strengen Auflagen der deutschen Flagge erfüllen zu wollen, um mit größtmöglicher Rechtssicherheit in den Einsatz zu starten“, hieß es in einer Mitteilung.
Muss Deutschland Gerettete aufnehmen?
Unklar ist, ob Deutschland damit gezwungen ist, von der „Professor Albrecht Penck“ gerettete Menschen aufzunehmen. Italiens Innenminister Matteo Salvini hatte in der Vergangenheit darauf bestanden, dass der Flaggenstaat des Schiffes die Migranten aufnehmen solle – nicht Italien. Das wäre im Falle des Sea-Eye-Schiffs die Bundesrepublik.
Die Regierung in Italien hatte unter Federführung des rechtsextremen Innenministers bereits mehrmals Rettungsschiffe von privaten Hilfsorganisationen blockiert und verbietet ihnen die Einfahrt in italienische Häfen. Seit der Blockade kommen kaum mehr Migranten in Italien an.
Wegen der Blockade und dem juristischen Vorgehen der EU-Staaten Malta und Italien gegen die privaten Lebensretter war diesen Sommer zeitweise kein einziges Rettungsschiff im Mittelmeer unterwegs. Die Zahl der Toten ist daher stark angestiegen. Laut Statistiken des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR sind 2119 Menschen dieses Jahr bei der Überfahrt von Nordafrika nach Europa entweder gestorben oder gelten als vermisst. Das zeigt: Die Retter werden gebraucht – dringend.
Mission Lifeline schickt Rettungs-Flotte
Neben Sea-Eye wird auch die Nichtregierungsorganisation (NGO) Mission Lifeline demnächst wieder mit der Rettung Schiffbrüchiger Flüchtender aus dem Mittelmeer beginnen. Anders als Sea-Eye verlässt sich Mission Lifeline hierbei aber auf eine neue Strategie statt einer neuen Flagge. Die NGO wird nach eigenen Angaben künftig eine ganze Flotte von Segelyachten einsetzen, um Menschen vor dem Ertrinken zu bewahren. Die Yachten werden von Privatpersonen geliehen.
Im Gegensatz zu den bisher eingesetzten Fischkuttern sind die Segelyachten echte Sportboote und können dementsprechend auch als solche registriert werden. Damit sollen die rechtlichen Probleme, die eine Anmeldung von Nicht-Sportschiffen als Sportschiffe in ausländischen Schiffsregistern mit sich bringen kann, umgangen werden. Malta hielt beispielsweise das Rettungsschiff „Sea Watch 3“ monatelang mit dem Argument fest, es hätten nötige Zulassungen gefehlt.
Zusammenschluss europäischer NGOs
Drei weitere NGOs haben außerdem eine gemeinsame Mittelmeer-Mission zur Rettung von Flüchtlingen begonnen. Die NGOs Proactiva Open Arms aus Spanien, Sea-Watch aus Deutschland und Mediterranea aus Italien teilten in Barcelona mit, dass die „Open Arms“, die „Sea-Watch 3“ und die „Mare Jonio“ seit Freitag in internationalen Gewässern vor Libyen kreuzten. Die "Mare Jonio" war bereits Anfang Oktober in die Gewässer aufgebrochen.
Seit dem erzwungenen Ende der Mission der „Aquarius“ der Organisationen Ärzte ohne Grenzen und SOS Méditerranée verkehrten keine privaten Rettungsschiffe mehr in dem Seegebiet. Derzeit liegt die „Aquarius“ im südfranzösischen Hafen Marseille. Panama hatte dem Schiff nach einer Beschwerde aus Italien die Flagge entzogen. Nach dem Willen der italienischen Justiz soll es beschlagnahmt werden.
Das bislang in Malta festsitzende Rettungsschiff „Seefuchs“ von Sea-Eye darf offenbar auslaufen. Die „Seefuchs“ werde nach Deutschland überführt, wie „Zeit Online“ bereits letzte Woche unter Berufung auf die Schiffseigner berichtete.
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