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Saturday, March 2, 2019

Angespitzt - Kolumne von Ulrich Reitz - Die unverantwortliche Idee, das Weltklima ausschließlich freitags retten zu wollen

Angespitzt - Kolumne von Ulrich Reitz: Die unverantwortliche Idee, das Weltklima ausschließlich freitags retten zu wollen

Man kann jetzt auch darüber abstimmen, welche Schilder, die bei #FridaysForFuture  herum getragen werden, einem am besten gefallen. Leider war am Wochenende nicht zu ermitteln, ob die digitalen Abstimmungssieger auf Instagram dann analog auf dem  Rosenmontagszug in Köln präsentiert werden, von den rot-weißen Funken etwa (für Nicht  Karnevalisten: Rot-Weiße Funken umschreiben keine superscharfen Pommes mit Ketchup  und Mayo, sondern die Farben der Uniformen traditionsreicher Jecken).

Auf einem der  Schilder stellte, glaube ich, eine Brünette unmissverständliche Benimm-Regeln für jene  Männer auf, die glauben, für Geld könne man sich alles kaufen: „Kohle ist kein Grund zum  Anbaggern“, stand auf ihrem Schild. Auf anderen Schildern dokumentierten Biologinnen  aus Berlin (kein Witz jetzt) eindrucksvoll ihren Lernstand: „Dinosaurier dachten auch sie hätten Zeit.“

Ich stellte mir vor was passiert wäre, hätten reflektierte Dinosaurier sich vor 60  Millionen Jahren - vor was oder wem auch immer - in Sicherheit bringen können, und zwar  bis heute: Wäre unsere Welt wirklich ein besserer Ort, wenn es außer Amazon noch mehr  Dinosaurier gäbe? Interessant, aber ein wenig selbstbezogen fand ich, dass manche Schüler  diese Demos offenkundig zu Kontaktanzeigen nutzen: „Let`s fuck each other instead of our  planet.“ Erinnerungen an brünftige 68er Kommunarden, die ein wenig naive, aber sehr  friedenswillige Frauen auf ihre Matte locken wollten, wurden an dieser Stelle bei mir wach:  „Make love not war.“ Manches ändert sich offenbar nie.

Über den Autor: Ulrich Reitz

Ulrich Reitz arbeitete als Korrespondent bei der Welt, war in der Startmannschaft von FOCUS, den er zuletzt führte, und war insgesamt 17 Jahre lang Chefredakteur der beiden größten deutschen Regionalzeitungen "WAZ" und "Rheinische Post". Er beschäftigt sich mit den gesellschaftlichen Folgen der Digitalisierung, der kulturellen Verfasstheit Deutschlands und der Performance seiner Eliten in Politik und Wirtschaft. Reitz versteht sich als wirtschaftlich ordoliberal und politisch konservativ. Er schätzt die gepflegte Kontroverse.

Inzwischen diskutiert die Politik herauf und herunter über „Schulpflicht first“. Manche Schülerdemonstranteneltern zeigen sich solidarisch mit ihren klimaverzweifelten Kindern  und schreiben ihnen herzerweichende Entschuldigungen: „Liebe Frau Neunmalklug- Besserversteh, bitte haben Sie Verständnis dafür, dass meine Tochter Claudelle-Bernadette  klimabedingt ihren Wissensvermittlungseinheiten über Mittelenglisch, Quantenphysik und  Stangenturnen beizuwohnen leider nicht in der Lage ist. Mit friedlichen Grüßen, Ihr Klaus-Dieter Prenzlberg-Mieterauspress“. 

Uberschaubarer Lernerfolg in einer Klima-Filterblase

Für Vertreter des Leistungsdenkens mag derartiges Elterngebaren etwas anbiederisch wirken, andererseits: Weshalb sollten Kinder in die Schule gehen, wenn für sie der überschaubare Lernerfolg selbst in einer Klima-Filterblase immer noch höher ausfällt als in der staatlichen Bildungs-Einrichtung? Und können wir Erwachsene wirklich ausschließen, dass der eine oder andere Sprössling unmittelbar von seinen Erziehungsberechtigten gelernt hat, dass man, wenn schon, dann am besten montags oder freitags blau macht, pardon: seine legitimen Interessen vertritt?

Wir fanden es entwaffnend ehrlich, wie es ein Schülersprecher auf den Punkt brachte: Für Lohnerhöhungen werde ja schließlich auch nicht in der Freizeit gestreikt. Was der Jungmann zu erwähnen vergaß: Was ist schon eine schnöde Lohnerhöhung gegen die Rettung der Welt? Die Kinder sollten sich die selbstauferlegte Beschränkung der Weltenrettung auf den Freitagmorgen noch einmal gründlich durch die Köpfe gehen lassen: Ist es wirklich verantwortbar, den Klimastreik zwischen Freitagmittag und Donnerstagabend einfach ausfallen zu lassen? 

Einmal mehr mutig finde ich, dass auch die Inhaberin der Richtlinienkompetenz der drängenden Diskussion mit dem Polit-Nachwuchs nicht aus dem Weg geht. Angela Merkel signalisierte großes Verständnis für die Idee, die Erde kühl zu erhalten, warb jedoch bei der Umsetzung der großartigen Vision von der Einfrierung des Weltklimas bei der ungeduldigen Wutjugend um ein wenig Geduld. Schließlich hat die Kohle-Kommission soeben beschlossen, erst 2038 darauf zu verzichten, aus Kohle Strom zu machen. Das findet unser Schülersprecher einen „Witz“.

Klimarettungsurlaub in der eigenen Region

Nun, das muss man verstehen: Wenn wir sofort aus der Kohle aussteigen, kostet das zwar nicht nur 100, sondern 200 oder dreihundert Milliarden, die allerdings fallen sofort an. Also nicht erst, wenn unsere Streikkinder in die Verlegenheit geraten, Steuern zu zahlen. So dumm sind sie ja nicht, darauf zu warten, bis sie den Kladderadatsch, den wir angerichtet haben, auch noch selbst bezahlen. Oder ist das jetzt doch zu materialistisch gedacht? 

P.S. Die Mama von dieser Greta Thunberg hat ja jetzt beschlossen, nicht mehr zu fliegen. Daraufhin haben wir spontan die Familien-Osterferien auf Mallorca abgesagt. Man muss die Kinder schließlich ernst nehmen, die eigenen ganz besonders. In zwei Wochen fahren wir jetzt auf einen Bauernhof an den Niederrhein. Klimarettungsurlaub in der eigenen Region, sozusagen. Was sich schon beim Gemüse bewährt hat, kann auch beim Klima nicht falsch sein. Unsere demonstrierenden Kinder wissen noch nichts von ihrem Glück. Bitte sagen Sie es ihnen auch nicht weiter. Es soll eine Überraschung sein.

Im Video: „Was haben Sie in letzten Jahren gemacht?“ - Als Lanz nachhakt, ist SPD-Politiker Oppermann sprachlos

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