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Thursday, May 2, 2019

In der Koalition gefangen - Ratten-Gedicht und TV-Eklat: Wie lange kann Kanzler Kurz noch mit der FPÖ regieren?

In der Koalition gefangen: Ratten-Gedicht und TV-Eklat: Wie lange kann Kanzler Kurz noch mit der FPÖ regieren?

Erst üble Facebook-Posts und Verbindungen zu den rechtsextremen „Identitären“, dann ein Ratten-Gedicht und jetzt offene Drohungen gegen Österreichs Star-Moderator Armin Wolf. Sein Koalitionspartner macht Bundeskanzler Sebastian Kurz derzeit schwer zu schaffen. Das Bündnis aus ÖVP und FPÖ steckt in einer tiefen Krise.

Am Dienstagabend sah sich der Kanzler gezwungen, zu reagieren: „Ich werde immer das Gespräch mit dem Koalitionspartner führen, wenn es mir notwendig erscheint, Konsequenzen einfordern. Und wenn es die dann nicht gibt, dann ist eine rote Linie überschritten“, sagte er in der ORF-Nachrichtensendung „ZiB2“. Dabei werde er jede Verfehlung immer für sich beurteilen. Er gehe davon aus, dass die Koalition mit der FPÖ bis zum Ende der Legislaturperiode 2022 halten werde.

Was war passiert? War es lange ruhig um die umstrittene Koalition in der Alpenrepublik geblieben, steht Kurz jetzt für sein Bündnis in der Kritik. Am Karfreitag soll Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache einen Facebook-Eintrag einer rechtsextremen Plattform geteilt haben. Strache weist den Vorwurf „aufs Schärfste“ zurück.

Rechtsextremes Gedicht

Am 20. April, dem Geburtstag Adolf Hitlers, veröffentlicht ein FPÖ-Parteiblatt ausgerechnet aus dessen Geburtsstadt Braunau ein „Ratten-Gedicht“. Darin heißt es unter anderem: „So, wie wir hier unten leben,/ müssen and're Ratten eben,/ die als Gäst' oder Migranten,/ auch die, die wir noch gar nicht kannten,/ die Art zu leben mit uns teilen!/ Oder rasch von dannen eilen!“ Der Vizebürgermeister der Stadt gibt daraufhin seinen Rücktritt bekannt.

Streit um Nazi-Vergleich

Neuester Aufreger ist ein heftiger Streit und Nazi-Vergleiche zwischen der FPÖ und dem öffentlich-rechtlichen Sender ORF. Moderator Armin Wolf streitet sich live mit dem FPÖ-Spitzenkandidaten zur Europawahl, Harald Vilimsky, heftig über die Abgrenzung der Partei vom Rechtsextremismus. Unter anderem vergleicht Wolf die Darstellung von Ausländern auf einem Plakat der FPÖ-Jugend aus der Steiermark mit einem Bild aus der NS-Zeitung „Der Stürmer“. Vilimsky reagiert bereits in der Sendung empört und spricht von einem „Skandal der Sonderklasse“. Später fordert er, dass Wolf vom ORF vor die Tür gesetzt werde. Parteifreunde springen ihm bei.

Wahlkampf mit Nazi-Kampfbegriff

Ungeachtet von Protesten will Strache auch weiterhin mit dem Nazi-Kampfbegriff „Bevölkerungsaustausch“ Wahlkampf machen. Der Begriff beschreibe eine „Realität“, die nicht zu leugnen sei. Kurz distanzier sich. Der von Strache verwendete Begriff sei „sachlich falsch“.

Wie lange kann Kurz noch an der Koalition festhalten?

Kurz bringen all diese Vorfälle massiv in die Bredouille: Selbst aus dem Ausland muss er nun Kritik für das Festhalten an seiner Koalition mit der FPÖ einstecken. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sagte der „Welt“: „Der konservative Kanzler Kurz hat die FPÖ hofiert und ist in diesem Bündnis mit Hetzern und Spaltern nun gefangen.“ In Österreich zeige sich „sehr bedrohlich, was passiert, wenn Rechtspopulisten in Verantwortung kommen“. Das müsse für uns alle eine Warnung sein.

Gerade erst hat die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ Österreich im weltweiten Ranking der Pressefreiheit von Platz 11 auf Platz 16 abgewertet. Die Situation im Land wird nur noch als „ausreichend“ eingestuft. Die Organisation begründet dies mit der Zunahme direkter Angriffe auf Journalisten.

So knapp vor der Europawahl steckt Kurz in der Zwickmühle: Um die eigene Agenda nicht zu gefährden, toleriert er die rechtsradikalen Ausfälle seines Koalitionspartners weitgehend. Ein Aufkündigen der Koalition steht nur wenige Wochen vor der Wahl nicht zur Debatte. Gleichzeitig sieht er sich gezwungen, sich klar gegen die Ausfälle zu positionieren. Wie lange kann Kurz, wenn er glaubhaft bleiben will, noch an der Koalition mit der FPÖ festhalten?

Kurz gerät auch bei anderen Themen in die Kritik

Denn der Kanzler gerät auch an anderen Fronten unter Druck. Zwar führt seine ÖVP in Umfragen zur Europawahl mit 38 Prozent. Doch die Kritik am politischen Kurs seiner Regierung wächst. Sogar Parteifreunde und die in Österreich nach wie vor mächtige katholische Kirche kritisieren, dass vor allem bei den Ärmsten gespart wird. Auch die präventive Haft für Asylbewerber sorgt vielerorts für Unverständnis.

Kurz‘ Vorgänger als ÖVP-Parteichef, Reinhold Mitterlehner, hatte kürzlich ein Buch veröffentlicht, in dem er mit dem 32-Jährigen abrechnet. Er sehe das Land mit der neuen Regierung gefährlich abdriften. Die Alpenrepublik sei auf dem Weg, „von einer liberalen Demokratie, die wir einmal hatten, zu einer autoritären Demokratie, die wir derzeit sind oder sein werden“, sagte der 63-jährige ehemalige Spitzenpolitiker der Konservativen.

Kann Kurz von Verfehlungen der FPÖ sogar profitieren?

In einer Umfrage im Auftrag der österreichischen „Standard“ ist inzwischen fast jeder zweite Wahlberechtigte der Ansicht, dass die Regierung die Gesellschaft spalte. Nur 13 Prozent glauben, dass sich die Minister in ihrem Bereich gut auskennen. Doch der Zustimmung für Kurz als Bundeskanzler tut das keinen Abbruch: In der Kanzlerfrage erreicht er mit 42 Prozent sogar noch einen deutlich besseren Wert als im Herbst. Nicht ausgeschlossen also, dass Kurz am Ende sogar von den Verfehlungen seines Koalitionspartners profitiert.

Im Video: "Verbaler Griff in den Mist": FPÖ-Spitze schießt gegen Schmähgedicht in Parteiblatt

hej/mit dpa/AFP
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