Vor ein paar Jahren sah noch alles so gut aus für Horst Seehofer. 2013 eroberte er die absolute Mehrheit für die CSU in Bayern zurück, bei der Bundestagswahl damals kam er wieder auf fast 50 Prozent.
Als bayerischer Held wurde Seehofer damals gefeiert. König Horst hatte seine Partei im Griff wie kaum ein anderer CSU-Chef bevor. Und er genoss es, selbst darüber zu spekulieren, wann er sich aus freien Stücken zurückziehen würde. Keine Gelegenheit ließ er aus, um vor Journalisten süffisant darüber zu palavern, wer dann einmal des Königs Erbe antreten dürfte.
Eigentlich habe er ja nie beide Ämter, Parteichef und Ministerpräsident, haben wollen, so seine Lieblingsanekdote, die er im selben Atemzug stets erzählte. Was sich die Journalisten selbst dazudenken sollten: Es gibt eben einfach keinen besseren in der CSU als ihn.
Witzchen über seine Nachfolge? Kann Seehofer sich heute nicht mehr leisten
Doch Hochmut kommt vor dem Fall. Und der ist bei Horst Seehofer tief – und selbstverschuldet. Bei der Bundestagswahl 2017 schmierte die CSU ab. 38,8 Prozent. Indiskutabel, existenzgefährdend für eine Partei mit solchem Anspruch, die nur in einem Bundesland antritt.
Witzchen über seine Nachfolge macht Seehofer heute keiner mehr. Markus Söder, der ihn schon lange beerben hätte wollen, sägt mittlerweile nicht mehr nur an Seehofers Thron. Die Beine sind schon längst ab. Doch seit Mittwoch gibt es eine neue Wende im Königskrimi.
Joachim Herrmann, der „Schwarze Sheriff“, wirft seinen Hut in den Ring. Offiziell kommentiert der Innenminister es zwar nicht. Doch in einer vertraulichen Sitzung in der Staatskanzlei soll er erklärt haben, er wolle Seehofer als Ministerpräsident beerben. Die Folge wäre eine Kampfabstimmung zwischen Finanzminister Markus Söder und Herrmann.
Mit dem Herrmann-Manöver hat Seehofer es sich in der Fraktion endgültig verscherzt
In der CSU ist unstrittig, wer der Strippenzieher hinter Herrmanns überraschender Spitzenkandidatur ist: der strauchelnde Horst. Seinen treusten Minister zur Kandidatur zu drängen, ist Seehofers letzter Versuch, seinen Erzfeind Söder als Nachfolger zu verhindern. Doch dieser Versuch könnte verzweifelter nicht sein.
Herrmann ist zwar beliebt in der Landtagsfraktion, deren Chef er in früheren Jahren war. Aber: Es lief eben zuletzt alles auf Söder zu, dem Wunschkandidaten weiter Teile der Fraktion. Ein Drittel der CSU-Abgeordneten im Landtag ist ihm treu ergeben, heißt es. Ein weiteres Drittel würde sich in einer Abstimmung hinter den stärksten Kandidaten stellen – und das ist Söder spätestens seit Seehofers durchschaubarem Manöver.
Mit den Landtagsabgeordneten hat es sich der Noch-Ministerpräsident nun nämlich endgültig verscherzt. Ein Geheimtreffen Seehofers mit Söders prominentesten Gegnern (Ilse Aigner, Alexander Dobrindt, Manfred Weber), an dessen Ende eine Kampfkandidatur Herrmanns aus dem Hut gezaubert wird? Im Landtag brodelt es. Die Fraktion fühlt sich hintergangen, heißt es. Schlechtere Voraussetzungen für Herrmann, um Söder zu besiegen, hätte es kaum geben können. Seehofer, der Horst, hat einen wesentlichen Teil dazu beigetragen.
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Seehofer verheizt Herrmann zum zweiten Mal - und zerstört sein politisches Lebenswerk
Herrmann, der aus Loyalität zum Parteichef schon die Spitzenkandidatur bei der Bundestagswahl übernommen hatte, wird damit wohl ein zweites Mal verheizt. Ob er nach einer Niederlage gegen Söder noch als Innenminister nach Berlin gehen kann? Ungewiss. Und Parteichef kann Herrmann – wie Söder ein Franke – in diesem Fall wegen der Proporzregeln auch nicht werden.
Dass Seehofer mit solchen Manövern nicht nur Herrmanns politische Zukunft auf Spiel setzt, sondern im Vorbeigehen auch sein eigenes politisches Lebenswerk zerstört, merkt er offenbar nicht. Vielleicht ist es ihm auch egal.
Bei Landtagsfraktion, CSU-Granden und den Wählern: Seehofer ist unten durch
Bei der Landtagsfraktion jedenfalls ist er unten durch. Bei den CSU-Granden vielleicht auch: Seehofer hatte eigentlich ein Beratergremium aus den beiden Ehrenvorsitzenden Theo Waigel und Edmund Stoiber sowie Landtagspräsidentin Barbara Stamm ins Leben gerufen, das über die Zukunft der CSU entscheiden sollte – nun fragt man sich, über was sie noch beraten sollen.
Bei den Wählern ist Seehofer ebenso unten durch. Die CSU ist in einer aktuellen Umfrage auf 37 Prozent abgesackt. Nur noch 21 Prozent der Befragten wollen Seehofer als Ministerpräsident und Parteichef, 26 Prozent wollen, dass er beide Ämter sofort aufgibt. Doch anstatt noch mit dem verbliebenen Restchen an Würde abzudanken, spaltet Seehofer seine eigene Partei weiter.
Blickt man in einigen Jahren auf Seehofers Karriere zurück, wird man sich nicht daran erinnern, wie er die absolute Mehrheit für die CSU zurückholte. Sondern an das unwürdige Ende seiner Ministerpräsidentschaft. Er hat es nicht anders gewollt.
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