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Wednesday, January 31, 2018

Minderheit gewaltsam unterdrückt - Deutsche Ärztin: „Wie viele Kameruner müssen noch sterben, bis sich etwas ändert?“

Minderheit gewaltsam unterdrückt: Deutsche Ärztin: „Wie viele Kameruner müssen noch sterben, bis sich etwas ändert?“
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Bettina S.* wusste, dass sie in ein Land mit Problemen reisen würde. Das war der Grund, warum sie 2016 beschloss, als Ärztin freiwillig und ohne Gehalt für ein Jahr von München nach Kumbo zu gehen, eine Bezirkshauptstadt mit rund 144.000 Einwohnern in Kamerun an der Westküste Zentralafrikas.

Kamerun, ein erdölreiches Land mit großen Korruptionsproblemen, wird seit 35 Jahren von Präsident Paul Biya regiert. Der fast 85-Jährige gilt als einer der reichsten Staatschefs in Afrika und steht im Ruf, ein skrupelloser Autokrat zu sein, der sein Land diktatorisch regiert. Ein besonderer Dorn im Auge sind Biya vor allem die beiden Provinzen Nordwest und Südwest. Hier lebt der Großteil der englischsprachigen Minderheit, die etwa ein Fünftel der rund 23 Millionen Kameruner ausmacht.

"Konnte mir nicht vorstellen, wie schlimm die Lage dort wirklich ist"

"Ich hatte von Bekannten von der Möglichkeit erfahren, in Kumbo im Krankenhaus eines Franziskaner-Ordens zu arbeiten", erzählt die 62-Jährige FOCUS Online. Sie hatte schon zuvor von der jahrelangen Unterdrückung der englischsprachigen Bevölkerung gehört. "Aber im Nachhinein muss ich zugeben, dass ich mir niemals hätte vorstellen können, wie schlimm die Lage dort wirklich ist", sagt die Ärztin.

Als Bettina S. im Januar 2017 in Kumbo ankam, lief bereits eine große Protestwelle von Anwälten, Lehrern und Studenten. Die Menschen demonstrierten gegen nicht eingehaltene oder zurückgenommene Sonderrechte für die anglophone Minderheit. Bis zu vier Personen sollen laut Amnesty International (AI) bei den Protesten von Sicherheitskräften erschossen worden sein, zudem häuften sich Berichte über willkürliche Verhaftungen. Der Streit reicht zurück bis zum Jahr 1961, als sich nach dem Ende der Kolonialzeit der wesentlich größere französische Teil des Landes mit dem englischsprachigen zusammenschloss.

Das brutale Vorgehen gegen die Demonstranten eskalierte vollends, als die beiden Provinzen am 1. Oktober symbolisch die Unabhängigkeit ausriefen. 17 Menschen seien bei Kundgebungen laut AI von Sicherheitskräften erschossen worden. "Ich habe selbst gesehen, wie die Bevölkerung vor den Militärfahrzeugen floh, die dann Tränengas vor dem Krankenhaus versprühten", berichtet Bettina S..

Zu ihren schlimmsten Erlebnissen zählt die Einlieferung eines 14 Jahren alten Mädchens, das schwer misshandelt worden war. "Sie blutete heftig im Gesicht, ihr fehlte ein Teil der rechten Gesichtshälfte samt Auge. Diesen Anblick werde ich nie in meinem Leben vergessen", sagt die Medizinerin. Zahlreiche Berichte seien ihr zu Ohren gekommen, dass Biyas Sicherheitsbehörden Gefangene folterten. Videos kursieren, auf denen brutale Misshandlungen von Bürgern durch Sicherheitsbehörden zu sehen sind. Nach der Ausrufung der symbolischen Unabhängigkeit waren nach Angaben der Deutschen Presseagentur mehr als 500 Menschen über zwei Wochen lang in Gefängnissen festgehalten worden.

Wiederholt habe die Münchner Ärztin zudem gehört, dass Biyas Sicherheitskräfte in den anglophonen Provinzen Regimegegner sogar von Hubschraubern aus erschossen haben sollen. "Es sollen sogar Massengräber entdeckt worden sein", berichtet S..

Im Video: Jetzt fliehen auch Libyer selbst: Flüchtlingszahlen aus Libyen steigen dramatisch an

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Offizielle Zahlen zu Todesopfern gibt es nicht, das Regime selbst spielt sie herunter. Sprachen die Behörden nach der ersten Intervention gegen die beiden abtrünnigen Provinzen Anfang Oktober zunächst nur von zwei Todesopfern, wurde die Zahl erst nach den Berichten von Amnesty International auf 15 nach oben korrigiert. In sozialen Netzwerken war sogar die Rede von rund 100 Toten. Doch bislang haben auch Hilfsorganisationen diese Berichte nicht bestätigen können.

 

Die Vereinten Nationen (UN) zeigten sich dennoch "hochgradig besorgt über die Berichte über Gewalt in Kamerun". Und die Bischöfe der Region äußerten sich in einem Memorandum entsetzt über die "Erschießungen unbewaffneter Demonstranten", Folterungen, gezielte Verfolgungen und von der Regierung verhängte Ausgangssperren.

Die Angst der Kameruner, Opfer der gewalttätigen Aktionen gegen die Bevölkerung zu werden, wird jedenfalls immer größer. Ende Oktober rechnete das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen mit rund 40.000 Menschen, die sich aus Kamerun im nördlichen Nachbarland Nigeria in Sicherheit bringen wollten.

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Eine Entspannung der Lage in Kamerun ist nicht in Sicht. Auch die Verhaftung von Julius Ayuk Tabe, dem Anführer der Separatistengruppe, sowie neun seiner Gefolgsleute in Nigeria Anfang Januar dürfte kaum dazu beitragen, den Widerstand gegen das Biya-Regime zu brechen. Im Gegenteil. Denn schon die Niederschlagung der Lehrer-Proteste im Oktober 2016 hatte zu einem erheblichen Anwachsen der Protest-Bewegung gegen das Biya-Regime geführt.

Bettina S. verfolgt die Entwicklung in den beiden anglophonen Provinzen auch nach ihrer Rückkehr im Dezember von München aus weiter. Über das Handy, das sie sich für Kumbo zulegte, steht sie nach wie vor in Kontakt zu Kollegen, Bekannten und Freunden, die sie während ihres freiwilligen Arzt-Jahres in Zentralafrika fand.

Was die Zukunft der anglophonen Bevölkerung betrifft, ist sie jedoch immer mehr besorgt. Vor allem, weil nach wie vor nur wenige Nachrichten aus dem Land nach außen dringen. „Ich frage mich vor allem, wie viele Menschen dort noch sterben oder gefoltert werden müssen, bis sich etwas ändert und sich die internationale Gemeinschaft dem Problem wirklich annimmt.“

*Der volle Name der Ärztin ist der Redaktion bekannt.

Im Video: Grüne sind wütend: Bundesregierung nimmt trotz Zusage keine Flüchtlinge auf  

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