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Friday, February 9, 2018

Biografie über österreichischen Kanzler - Sebastian Kurz erklärt, warum er in Flüchtlingskrise auf christlichen Rat hörte

Biografie über österreichischen Kanzler: Sebastian Kurz erklärt, warum er in Flüchtlingskrise auf christlichen Rat hörte
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Auch bei den Eltern von Sebastian Kurz gibt es in den Septembertagen des Jahres 2015 viele Diskussionen über die Flüchtlingssituation.

„Ich habe die Bilder gesehen und mich gefragt: Was passiert da?“, sagt Elisabeth Kurz. „Da stehen Polizisten an Grenzen, aber sie können gar nichts machen. Die Menschen taten mir unglaublich leid, auch wegen meiner eigenen Familiengeschichte. Aber es hat mir eben auch Angst gemacht, das habe ich dem Sebastian auch gesagt.“

Es ist diese Stimmung, die Sebastian Kurz nach dem Höhepunkt in der „Willkommenspolitik“ immer stärker wahrnimmt, Woche für Woche. „Ich glaube, die Stimmung hat sich gedreht mit den Zehntausenden, die dann täglich über die österreichische Grenze gekommen sind“, sagt er. „Es gab Polizisten, die haben ,Stopp, Stopp‘ gesagt, einen Pass verlangt, aber es gab nicht einmal eine Reaktion. Als die Menschen die Dimension erkannt haben und dass es nicht aufhört, hat sich die Stimmung gedreht.“

Im Video: De Maizière steht vor dem Polit-Aus – schuld ist eigene Entscheidung aus dem Oktober

In diesen Monaten setzt Kurz sich auch verstärkt mit seiner eigenen Familiengeschichte auseinander. Er hat die bosnischen Kriegsflüchtlinge aus den neunziger Jahren nicht vergessen, auch die Fluchtgeschichte seiner Oma.

Über den Gastautor

Paul Ronzheimer ist Journalist und Autor. Er arbeitet als Reporter für die "Bild"-Zeitung.

Kurz: "Der Staat kann es nicht unbeschränkt tun"

„Natürlich war das ein Thema bei uns zu Hause, aber es gibt eben aus meiner Sicht einen großen Unterschied. Kann ein Staat Menschen aufnehmen, die aus der unmittelbaren Nachbarschaft wie damals aus dem ehemaligen Jugoslawien fliehen müssen? Und ich denke, da gibt es keine Frage, ja, das muss der Staat tun, weil es dazu keine Alternativen gibt. So war es im Fall meiner Oma zum Beispiel. Aber die andere Frage ist, ob ein Staat Menschen aufnehmen soll, die vom anderen Ende der Welt kommen und durch zahlreiche Länder durchziehen und dann ganz bewusst den Antrag in Österreich, Deutschland oder Schweden stellen. Und da denke ich: Der Staat kann es nicht unbeschränkt tun, weil sonst das gesamte System kippt.“

Sebastian Kurz ist sechs Jahre alt, als er in seinem Leben das erste Mal Kriegsflüchtlinge trifft. Es ist das Jahr 1992, der Jugoslawien-Krieg wütet nur 500 Kilometer entfernt von Wien. Tausende Tote, ein Genozid mitten in Europa. Millionen Menschen werden vertrieben oder fliehen. Über 100.000 wollen nach Österreich. Elisabeth Kurz und Josef Kurz, die Eltern des Mannes, der 25 Jahre später Österreich und Europa verändern wird, sehen die Bilder der verzweifelten Menschen im Fernsehen. Und treffen eine Entscheidung: Sie möchten helfen.

Josef Kurz ist heute 67 Jahre alt, arbeitet trotz Rentenalters immer noch als Ingenieur. Die Ähnlichkeit mit seinem Sohn ist verblüffend, weiche Gesichtszüge, das gleiche verschmitzte Lachen.

„Das war so eine gewisse Stimmung“, erinnert sich Josef Kurz an die Zeit während des Jugoslawien-Krieges. „Man hat gehört, dass unser Bundesheer auch dort stationiert werden sollte. Wir haben dann erfahren, dass es in Niederösterreich bereits Geflüchtete gab. Und da wir Platz hatten auf dem Bauernhof in Zogelsdorf, hat eine Familie dann bei uns auf dem Hof gewohnt.“

Als Kind wird Kurz mit Krieg, Flucht und Vertreibung konfrontiert

Dass die Kinder aus dem Krieg geflüchtet sind, versteht der Mann, der als jüngster Kanzler Österreichs in die Geschichte eingehen wird, damals noch nicht. „Dadurch, dass bei uns häufig viele Kinder zu Besuch kamen, war das nichts Ungewöhnliches“, sagt Elisabeth Kurz. „Der Unterschied war eben nur, dass sie noch nicht Deutsch sprechen konnten. Aber Flucht oder Krieg, das haben wir versucht auszublenden mit den Kindern.“ Sebastian Kurz kann sich noch heute an die Mädchen erinnern, die damals auf dem Hof gelebt haben und mit denen er zusammen unterwegs war. „Es waren Mädchen, die damals in einer extrem schrecklichen Lage waren“, sagt er. „Und doch war es so, dass sie zumindest dann beim Spielen so gewirkt haben, dass sie halbwegs unbeschwert sein können. Ich weiß noch genau, dass ich mich gefragt habe, wo denn ihre Väter sind.“

Im Video: Bei Erinnerung daran wird Hardliner Kurz emotional: Eltern nahmen Flüchtlinge auf

Sebastian Kurz wird als Kind früh damit konfrontiert, was Krieg, Flucht und Vertreibung bedeuten. Auch weil es Teil der eigenen Familiengeschichte ist.

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Die Großmutter kommt aus Novi Sad (heute Serbien) und flüchtete als 16-Jährige während des Zweiten Weltkriegs nach Niederösterreich. Sie spricht nur Ungarisch, als sie als junges Mädchen während des Krieges die 598 Kilometer durch Ungarn und die Slowakei bis nach Niederösterreich läuft. Ein wochenlanger Marsch – immer in der Angst, getötet zu werden. In Nieder-österreich lernt sie später Kurz’ Großvater kennen.

"Leichen haben in den Straßengräben gelegen"

„Die Mama hat mir immer wieder erzählt, was dort los war“, sagt Elisabeth Kurz, die noch heute mehrmals die Woche ihre pflegebedürftige Mutter besucht. „Die Leichen haben in den Straßengräben gelegen, sie wurden die ganze Zeit bombardiert aus der Luft. Und diejenigen, die das überlebt haben und nicht geflohen sind, wurden einfach erschossen.“ 

Die Erlebnisse seiner Großmutter und die Bilder von den Jugoslawien-Flüchtlingen werden Sebastian Kurz auch später noch beschäftigen, als er sich in der Flüchtlingskrise gegen den Kurs von Kanzlerin Angela Merkel stellt. 

„Sie hat mir Disziplin und viel Liebe mitgegeben“, sagt Kurz. „Ich habe sie eigentlich immer nur arbeitend erlebt. Sie ist nie ruhig gesessen und hatte auch nie Urlaub (. . .) Das ist die Generation, die unser Land nach dem Krieg mit viel Fleiß aufgebaut hat, der wir unseren Wohlstand verdanken. Deshalb muss es einen Unterschied machen, ob man ein Leben lang etwas für das Land geleistet hat oder noch nie ins System einbezahlt hat. Unser Sozialsystem muss vor zu viel Zuwanderung geschützt werden.“

"Selfies mit Flüchtlingen hätten wir verhindern müssen"

Migranten, Zuwanderung, Sozialsystem – es sind diese Schlagworte, die Kurz bei Kritikern zum Populisten machen.

Kurz versteht schneller als andere, was die Kommunikation über Facebook und WhatsApp in dieser Flüchtlingskrise bedeutet. Auch in seinem Ministerium, in dem viele junge Mitarbeiter sitzen, ist für alle klar, dass die vielen Smartphones eine Gefahr bedeuten. Eine Gefahr für sie, die noch mehr Flüchtlinge in Europa verhindern wollen.

„Vielleicht ist es eine Generationsfrage“, sagt Kurz, „aber für mich war es sofort klar, dass wir kommunikativ dagegenhalten müssen. Der Tweet über die Aussetzung des Dublin-Verfahrens hat sich millionenfach verbreitet. Genau das hätten wir verhindern müssen, genauso wie Selfies mit Flüchtlingen. Wir hätten dagegen klarer sagen müssen: Wenn ihr sicher in einem Flüchtlingslager in der Türkei oder im Libanon seid, dann bleibt dort.“

"Tu immer das, was du für richtig erachtest"

Zur Debatte steht in den Tagen auch das christliche Selbstverständnis der ÖVP. Und wie sehr die Linie von Sebastian Kurz damit noch vereinbar ist. Kurz geht während der harten Wochen in der Flüchtlingskrise häufiger in die Kirche. „Es gibt in der Kirche die gesamte Breite der Gesellschaft, und ich würde sagen, es gibt da alle Haltungen, die es in der Gesellschaft gibt, auch unter Geistlichen, manchmal sogar noch radikaler“, sagt Kurz. „Es gibt Geistliche, die vor der Islamisierung warnen und das manchmal so deutlich aussprechen, wie das sonst kaum jemand tut, und es gibt andere, die für die unbeschränkte Aufnahme von Flüchtlingen eintreten. Also ich würde sagen, Kirche spiegelt da auch die Breite der Gesellschaft wider.“ 

Und zum Thema Politik und christliche Grundüberzeugung führt er weiter aus: „Ich habe am Höhepunkt der Flüchtlingskrise mit einem Geistlichen gesprochen nach seiner Predigt zu Flucht und Flüchtlingen. Ich habe dann zu ihm gesagt: ,Wenn ich jetzt als gläubiger Katholik das tue, was Sie da gerade gepredigt haben, dann bin ich mir nicht sicher, ob ich meine Aufgabe als Außenminister für die Republik gut erfüllen würde.‘

Er hat dann zu mir gesagt: ,Tu immer das, was du für richtig erachtest. Und gerade, wenn es notwendig ist, Maßnahmen zu setzen, oder gerade wenn es notwendig ist, verlier das Mitgefühl für jeden einzelnen Menschen nicht.‘ Das war eigentlich einer der besten Ratschläge, die ich je bekommen habe. Es geht auch in der Politik darum, Maßnahmen zu setzen, die einem vielleicht menschlich schwerfallen. Es ist aber gleichzeitig genauso wichtig, nie die Empathie zu verlieren.“

Hass auf Twitter

Abneigung gegen Kurz, immer häufiger auch blanker Hass, nimmt vor allem auf Twitter zu. Sie nennen ihn hier den gnadenlosen Karrieristen, der auf Kosten von Flüchtlingen Wahlkampf macht. Sie nennen ihn einen „menschenverachtenden Zyniker“. Oder einen „Hetzer“, der von Menschenrechten noch nie etwas gehört hat.

Und Kurz liest, was die Menschen schreiben, denn er bedient häufig Twitter selbst und scrollt durch die Nennungen.

„Natürlich war das alles andere als angenehm für mich“, sagt er. „Aber ich habe zum Glück ein stabiles Umfeld, das mich Gott sei Dank sehr unterstützt und nie in das eine oder andere Extrem kippt. (. . .) Mich haben in der Debatte vor allem die extremen Meinungen gestört. Entweder jemand ist menschlich beeindruckend, weil er Flüchtlingen am Bahnhof die Hand schüttelt. Oder ein eiskalter Menschenfeind, wenn er das nicht tut.“

Im Video: "Integrationsfeindlich und rechtswidrig": Pro Asyl prangt Koalitionsvertrag an

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