Als am Mittwoch die Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen tröpfchenweise an die Öffentlichkeit kamen, hörte man vom Umweltministerium so gut wie nichts. Andere Ressorts standen im Mittelpunkt.
Im Entwurf des Koalitionsvertrags ist „Umwelt und Klima“ ein Unterpunkt im elften von 14 Kapiteln. Anscheinend sind sich SPD und CDU/CSU einig, dass hier die Luft raus ist.
Das Umweltministerium ist kein klassisches Ressort. Solche Ministerien wurden in vielen westlichen Ländern seit den siebziger Jahren eingerichtet, um den Bedeutungsgewinn ökologischer Themen zu unterstreichen. Bayern schuf 1970 als erstes Bundesland ein Staatsminister für Landesentwicklung und Umweltfragen, die Bundesregierung zog 1986 nach, als Helmut Kohl nach der Tschernobyl-Katastrophe ein Signal setzen wollte: Wir nehmen Umweltfragen ernst.
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Möglichkeit zur politischen Profilierung
Ein neues Ressort ist immer auch eine Gelegenheit zur politischen Profilierung. Der erste bayerische Umweltminister wurde Max Streibl, später Ministerpräsident des Freistaats. Sein Nachfolger in diesem Amt, Edmund Stoiber, war Streibls persönlicher Referent. Als SPD-Umweltminister erlangten Klaus Matthiesen und Jo Leinen einen Bekanntheitsgrad, den man als Landesminister sonst eher nicht bekommt. Auch Klaus Töpfer machte sich als Chef des Bundesumweltministeriums einen Namen.
Das lag vor allem daran, dass es seinerzeit eine Menge Themen gab, mit denen sich ambitionierte Politiker in Szene setzen konnten. Vom Waldsterben bis zum Müll, von Autoabgasen bis zur Atomkraft – die einschlägigen Themen bewegten Menschen und zeigten, dass engagierte Politik tatsächlich etwas verändern kann.
Die Musik spielte im Landwirtschaftsministerium
Aber dieser Schwung hat sich inzwischen doch sehr deutlich verlaufen. Das zeigte sich schon in der Zeit der rot-grünen Bundesregierung. Während die erste Legislaturperiode mit dem Atomausstieg, der ökologischen Steuerreform und anderen Maßnahmen ein klares grünes Profil besaß, war die zweite Legislaturperiode von 2002 bis 2005 umweltpolitisch unspektakulär. Die Musik spielte im Landwirtschaftsministerium, das Renate Künast 2001 übernahm. Seither stand nicht mehr die traditionelle Klientelpolitik im Zentrum der Agrarpolitik, sondern Ökologie und Verbraucherschutz.
Der Abstieg des Umweltministeriums setzte sich fort, als Merkel nach Fukushima die Energiewende ausrief. 2013 verlor das Bundesumweltministerium die Federführung für die Energiewende an das Wirtschaftsressort, das sich seither Bundesministerium für Wirtschaft und Energie nennt.
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Nächste Konkurrenz droht im Innenministerium
Als Trostpflaster bekam das Umweltministerium damals die Zuständigkeit für Stadtentwicklung und Bauwesen aus dem Verkehrsministerium. Diese Kompetenzen sollen nun an das neu zugeschnittene Innenministerium gehen, das zusätzlich für Heimat zuständig sein soll. Da könnte die nächste Konkurrenz drohen, denn in der Liebe zur heimatlichen Natur steckt eines der wichtigsten Motive des Naturschutzes. Zugleich stoßen die Naturschützer an Grenzen, weil die Landwirtschaft weiterhin ihr eigenes Ministerium hat. Dabei bräuchte eine Politik, die sich um Lebensräume für Tiere und Pflanzen bemüht, nichts mehr als die Kooperation der Landwirte.
Umgekehrter Trend auf Länderebene
Auf Länderebene geht der Trend interessanterweise in die umgekehrte Richtung. Dort wachsen die Umweltminister über sich hinaus, Nordrhein-Westfalen hat zum Beispiel ein Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz. Umweltministerien sind nicht zwangsläufig ein Auslaufmodell. Man muss sie nur so zuschneiden, dass sie den Herausforderungen der Zeit gerecht werden.
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