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Sunday, February 4, 2018

Rezension von "Verrat" - Mueller steuert auf Höhepunkt zu: Im FBI kursiert beunruhigende Frage über Trump

Rezension von "Verrat": Mueller steuert auf Höhepunkt zu: Im FBI kursiert beunruhigende Frage über Trump
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In seinem Buch "Verrat" verfolgt Luke Harding zahlreiche Verbindungen zwischen Donald Trump und seinem Wahlkampf-Team und dem Kreml. Der Journalist kommt zu dem Schluss, dass Russland Trump entscheidend dabei geholfen hat, US-Präsident zu werden. Nun liegt es an den Sonderermittlern, die Verbindungen aufzudecken.

Kurz bevor Präsident Trump auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos von Unternehmensführern in höchsten Tönen für seine Wirtschafts- und Steuerpolitik gelobt wurde, brachte er seine Anwälte ins Schwitzen. Er sei gerne bereit, vor Sonderermittler Robert Mueller unter Eid auszusagen, erklärte der amerikanische Präsident scheinbar ohne Absprache mit seinen Rechtsvertretern.

Seit Wochen verhandeln seine Anwälte mit dem Team des Sonderermittlers, wann, wo und wie lange welche Fragen in welcher Form von Präsident Trump beantwortet werden. Dem Ermittlungsteam wäre am liebsten, wenn über alles direkt mit dem Präsidenten gesprochen würde, alle Themengebiete zugelassen wären und es keine zeitliche Befristung gäbe. Trumps Anwälten wäre am liebsten, wenn es nur einige wenige schriftliche Fragen zu bestimmten, festgelegten Themen geben dürfte, die auch schriftlich beantwortet werden.

PR oder ein reines Gewissen?

Ob Präsident Trump mit seiner Aussage seinen Anwälten in den Rücken gefallen ist oder dies nur für die Öffentlichkeit sagte, frei nach dem Motto „ich habe nichts zu verbergen“ und später noch einen Rückzieher unternimmt, weil ihm seine Anwälte dazu geraten haben, ist noch offen. Zwischen den Anwälten und den Ermittlern ist noch nicht endgültig vereinbart, wie die Befragung ablaufen soll. Zumindest ist es nicht bekannt.

Über den Experten

Prof. Dr. Thomas Jäger ist seit 1999 Inhaber des Lehrstuhls für Internationale Politik und Außenpolitik an der Universität zu Köln. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in internationalen Beziehungen sowie amerikanischer und deutscher Außenpolitik.

 

Über die Lage im Team des Sonderermittlers lässt sich hingegen begründeter vermuten, dass sich deren Ermittlungen einem Kulminationspunkt nähern. Denn wenn Sonderermittler Mueller den Präsidenten befragen will, hat er sicherlich genügend Informationen zusammen, um sehr konkrete Fragen stellen zu können, und weiß, dass er danach eine Stellungnahme abgeben muss. Ist etwas dran an den Vorwürfen gegen den Präsidenten oder nicht?

Trump und Russland

Es geht um die Beziehungen, die zwischen Donald Trump persönlich, seiner Familie, aber auch seinem Mitarbeiterstab und Vertretern der russischen Regierung bestanden. Wobei damit nicht nur der Botschafter in Washington oder Regierungsmitglieder gemeint sind, sondern auch Bankmanager und Anwältinnen. Denn, so die Annahme in den USA: Präsident Putin hat in Russland auf allem seinen Daumen. Unabhängige Wirtschaftsführer und Repräsentanten gibt es nicht.

Auch wenn der Sonderermittler untersucht, was im Wahlkampf 2015 und 2016 geschehen ist, kann er doch weit zurückblicken und auch die Aktivitäten Trumps in den achtziger und neunziger Jahren berücksichtigen. Es soll besonders um Geld und Frauen gegangen sein, wie im Steele-Dossier zusammengefasst ist. Dieses Dokument wurde zuerst im Auftrag der Gegner Trumps in der republikanischen Partei, später von den Demokraten finanziert. Was nicht heißen muss, dass die Informationen falsch sind, denn Christopher Steele genießt, wie Luke Harding belegt, einen guten Ruf, wenn es um Intelligence aus Russland geht. Dort war er in früheren Jahren Spion für den britischen MI6.

Schwer, den Überblick zu behalten

Dabei kann man leicht den Überblick verlieren, denn es geht um eine stattliche Anzahl von Personen, die inzwischen ins Visier des Sonderermittlers geraten sind – Michael Flynn, Paul Manafort, George Papadopoulos, Carter Page, Rick Gates, Donald Trump jr., Jared Kushner, - und um gleich drei relevante Fragen:

  1. Gab es geheime Absprachen zwischen dem Trump-Team und russischen Regierungsstellen?
  2. Falls ja, wie stark war Donald Trump involviert oder zumindest informiert?
  3. Hat Donald Trump versucht, die Untersuchungen der Strafverfolgungsbehörden, insbesondere des FBI und des Sonderermittlers zu behindern?

Im Video: Britischer Minister wirft Russland vor, Angriff zu planen: Moskau reagiert amüsiert

Die Suche nach dem Beweis

Würde nur eine dieser Fragen zweifelsfrei und nachweisbar mit ja beantwortet werden können, wäre der Präsident in erheblichen Schwierigkeiten. Denn dann würde es nicht mehr ausreichen, zu leugnen und den Ermittlern vorzuwerfen, dass sie parteiisch sind und eine Hexenjagd veranstalten. Und das alles zu dem Zweck, die krachende Wahlniederlage der Demokraten zu vernebeln, wie der Präsident sagt. Aber wie gesagt: erst wenn es zweifelsfrei belegt ist. Und das ist – nach allen Informationen, die derzeit öffentlich zugänglich sind – nicht der Fall.

Putins immenser Einfluss

Noch ist es nicht der Fall, würde Luke Harding sicher anfügen, denn er ist überzeugt, dass es diese Verbindungen gab, dass, salopp gesagt, Putin Trump ins Weiße Haus manövriert hat. Mehr noch: betrachte man Trumps Kabinett, so könnte man meinen, Putin habe es zusammengestellt, schreibt Harding. Handelsminister Wilbur Ross und Außenminister Rex Tillerson hatten vor Eintritt in das Kabinett Beziehungen nach Russland. Ebenso wie der erste Nationale Sicherheitsberater Michael Flynn, der allerdings rasch seinen Stuhl räumen musste.

„Erpresst Moskau Trump?“

Aus seiner Sicht ist die entscheidende Frage: „Erpresst Moskau Trump? Und wenn ja, wie genau?“ Die Antwort vermutet er in vier Entwicklungen, die teilweise länger zurückreichen und die er mit einer ungeheuren Fülle an Informationen nachvollzieht.

  • Erstens gäbe es kompromittierendes Material über Trump, das dreißig Jahre zurückreicht. Denn der KGB habe Donald Trump schon früh beachtet und was immer damals zusammengetragen wurde: Putin würde es wissen. Trump hat ja schon vor längerer Zeit mit einer Präsidentschaftskandidatur geliebäugelt, weshalb er fest auf dem Schirm der sowjetischen und russischen Dienste war.
  • Zweitens sei russisches Geld in Trumps Immobiliengeschäfte geflossen und das Hotel in Moskau – an dem Trump seit langem interessiert ist und das bisher nicht realisiert wurde – sei überhaupt nicht vom Tisch.
  • Drittens sei die Herkunft der Kredite, die Trump 2008 vor dem Ruin gerettet hätten, zweifelhaft. Wurde hier russisches Geld gewaschen?, fragt Harding. Das Kapitel über die Deutsche Bank liest sich wie ein Kriminalstück.
  • Viertens ist es möglich, dass es weitere finanzielle Verbindungen zwischen Donald Trump und Russland gäbe, die erst in seinen Steuererklärungen sichtbar würden. (Donald Trump weigert sich, seine Steuererklärungen zu veröffentlichen.)

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Druck auf Robert Mueller

Jeder wüsste, so sagte Senator Lindsay Graham, ein republikanischer Senator aus South Carolina kürzlich, dass es das Ende der Präsidentschaft Trump wäre, wenn er Robert Mueller feuerte. Im Kongress denkt man darüber nach, dessen Stellung per Gesetz zu stärken. Acht Monate zuvor, im Juni 2017 hatte Präsident Trump dies nach Informationen der New York Times schon angeordnet und seine Order erst zurückgenommen, als sich sein Rechtsberater Donald F. McGahn weigerte, sie auszuführen und mit seinem Abschied drohte.

Nach der Entlassung von FBI-Direktor James Comey im Mai 2017, wäre dies in den Augen vieler Beobachter ein erneuter Versuch, die Ermittlung zu hintertreiben. Seit Juli 2016 werden inzwischen Fakten zusammengetragen, allerdings wurde dies erst im März 2017 auch öffentlich zugegeben. Worum ging es?

Ausgangspunkt war das oben erwähnte Steele-Dossier, das Harding so zusammenfasst: Christopher Steele „war über eine Verschwörung gestolpert, die weit vorangeschritten war und alles in den Schatten stellte, was er über Litwinenko oder die FIFA herausgefunden hatte. Dies hier war das bisher kühnste Vorhaben. Im Mittelpunkt standen der Kreml und Donald Trump. Steeles Quellen behaupteten, die Beziehung bestehe schon seit langem. Der russische Gemeindienst unterhalte seit mindestens fünf Jahren eine geheime Verbindung zu Trump. Die Operation laufe besser, als sich die Leute im Kreml in ihren kühnsten Träumen ausgemalt hatten. Trump hatte nicht nur die amerikanische Politik auf den Kopf gestellt, überall wo er hinkam, Chaos und Verwirrung gestiftet und sich die Nominierung gesichert: Es bestand tatsächlich die Möglichkeit, dass er der nächste Präsident werden würde. Nun eröffneten sich Wladimir Putin zahlreiche verlockende Möglichkeiten.“

Erfolg für Russland?

Für Russland war diese Aktion trotzdem nicht in vollem Umfang erfolgreich, auch wenn es - wie Harding schreibt - ein taktischer Sieg war. Denn die Debatte um Russlands Einfluss auf Präsident Trump und die Untersuchung von Robert Mueller hätten seither verhindert, dass sich die amerikanische Russlandpolitik ändert. Das eigentliche Ziel, die Wirtschaftssanktionen loszuwerden, habe Russland nicht erreicht, Allerdings sei es gelungen, eine ganze Reihe von Keilen in die NATO und zwischen die westlichen Staaten zu treiben.

Zudem sei es gelungen, die Präsidentschaft von Hillary Clinton zu verhindern. Nach Ansicht der amerikanischen Dienste, die Harding wiedergibt, habe Präsident Putin Außenministerin Clinton für Anti-Putin-Demonstrationen 2011 und 2012 verantwortlich gemacht, ebenso für die Aufdeckung des russischen Dopingprogramms und der Panama-Paper, die Putins Freund Sergej Roldugin betrafen. Mit Trump habe er nun seinen Mann im Weißen Haus.

Im FBI wird eine beunruhigende Frage gestellt

Zweifel gäbe es auch in den amerikanischen Regierungsbehörden. Harding schreibt: „Innerhalb des FBI wird eine beunruhigende Frage gestellt: Ist der Präsident der Vereinigten Staaten ein Patriot? Es schält sich immer deutlicher heraus, dass die Antwort nein lautet." „Für Trump haben seine persönlichen Interessen Vorrang. Aber diese decken sich möglicherweise nicht mit den Interessen des Landes“, sagt die Quelle und fügt hinzu: „Russland ist ein äußerst sensibler Punkt.“

Es wird in den nächsten Tagen und Wochen, vielleicht auf Monate hinaus, immer wieder neue Informationen über die möglichen Verbindungen zwischen Trump und Russland und über den Vorwurf der Justizbehinderung geben. Alleine schon der Wahlkampf in diesem Jahr – im November finden in den USA Parlamentswahlen statt – wird dafür sorgen.

Wer den Überblick nicht verlieren will, wer sich umfassend über die vielen Stränge der Verbindungen zwischen dem Team von Donald Trump und der russischen Regierung informieren will und tiefe Hintergrundrecherche sucht, wird bei Luke Harding fündig. Er hat das große Plus, dass er nicht nur die amerikanische Seite betrachtet, sondern aus seiner journalistischen Arbeit in Russland und der Ukraine auch diese Seite kompetent beurteilen kann. Sein Buch ist ein erhellender Blick hinter die Kulissen, dessen Lektüre sich Seite für Seite lohnt.

Nach Indizien ist für ihn Präsident Trump so gut wie überführt. Da mag man skeptisch sein, denn Indizien reichen nicht. Im Bericht von Robert Mueller allerdings könnten die fehlenden Puzzleteile ans Tageslicht kommen. Oder auch nicht. Das ist für die Präsidentschaft von Donald Trump die ganz entscheidende Frage. „Es wäre ein zweites Watergate“, schreibt Harding, ein Skandal, der das politische System der USA bis ins Mark erschüttern würde.

Luke Harding: Verrat. Geheime Treffen, schmutziges Geld und wie Russland Trump ins Weiße Haus brachte, Siedler Verlag, München 2017

Im Video: Hier rammt der Wagen aus Trump-Konvoi Polizisten und fährt einfach weiter

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