Donald Trump ist ein guter Verhandler. Er blieb seinen Versprechen, die er während der Wahlkampfphase gab, treu und setzt diese sukzessive um, bisher. Er packte alle Verträge, alle Vereinbarungen an, die aus seiner Sicht schlecht verhandelt waren.
Mit seiner aggressiv-konfrontativen Verhandlungsmethode ging er die Themen eins nach dem anderen an, die er für verhandlungswürdig hielt wie NAFTA oder Beiträge der Nato-Mitgliedsstaaten und weitere Punkte. Versprochen hatte er auch, den „schlechtesten Deal aller Zeiten“, so Trumps Bezeichnung für den Atom-Deal mit Iran, anzugehen, und das tat er auch. Amerika verkündete den Ausstieg aus dem Atom-Abkommen.
Wie im geschäftlichen so im politischen: Das ist Trumps Verhandlungsmuster
Trump agiert hierbei stets so, wie er als Geschäftsmann agierte. Sofern er mit einer Vereinbarung nicht einverstanden ist und sobald er Themen verhandeln möchte, attackiert er seinen Verhandlungspartner massiv persönlich und stellt das Gesamtvorhaben in Frage.
Im Anschluss, nachdem der Verhandlungspartner – verursacht durch den Schock der Startphase – seine Erwartungshaltung gesenkt hat, diktiert Trump die Agenda, die er eigentlich verhandeln möchte, wofür der Verhandlungspartner durch die gesenkte Erwartungshaltung in der Regel offen ist.
Über den Experten
Foad Forghani arbeitet seit elf Jahren als Verhandlungsberater für große Unternehmen und auch in der Politik. Er tritt als Schattenverhandler im Hintergrund auf und berät seine Kunden in Verhandlungs- und Kommunikationsstrategien.
Bei diesem Vorgehen handelt Trump unbeirrt, recht mutig. Er nimmt die drohende Belastung der Beziehung und mögliche Gegenangriffe in Kauf. So gestaltete er seine geschäftliche Welt. So agiert er auch als Politiker.
Politische Verhandlungen sind anders als geschäftliche
Der Knackpunkt hierbei ist, dass geschäftliche Verhandlungen sich gänzlich von politischen unterscheiden.
Was Trump aus Verhandlungssicht falsch macht
- Bei politischen Verhandlungen ist stets die Meta-Ebene zu betrachten.
- Politische Verhandlungen müssen in ihren Abhängigkeiten überschaut und entsprechend priorisiert werden.
- Nicht alle Methoden der linearen Geschäftswelt eignen sich für die komplexe Verhandlungswelt der Politik.
Im Business kann eine Verhandlung als eine autarke Aktion betrachtet werden. Die Verhandlungsstränge können in der Regel unabhängig voneinander analysiert und geführt werden. Auf dem politischen Parkett ist dies nicht der Fall. Im politischen Kontext interagieren Verhandlungsstränge viel häufiger und intensiver miteinander. Der Schachzug in dem einen Fall kann starke Auswirkungen auf einen anderen Fall haben.
Aus diesem Grund muss ein Politiker Verhandlungen ganz anders führen. Er muss sich stets auf eine Meta-Ebene begeben. Die Abhängigkeiten seiner Verhandlungsfälle durchschauen, diese feststellen, anschließend die Verhandlungsstränge priorisieren und der Priorität gemäß vorgehen.
Das bedeutet konkret: In einem solchen Rahmen kann man nie in jedem einzelnen Verhandlungsfall das Maximale erreichen, sondern das Maximum ist die maximale Summe all der betroffenen Verhandlungsfälle, die in Abhängigkeit zueinander stehen. Bildhaft kann man sich den politischen Verhandlungsrahmen als ein Schachbrett vorstellen, auf dem die Figuren mit Fäden miteinander verbunden sind. Zieht man zu sehr an einer Figur, fallen möglicherweise viele andere Figuren um.
Warum Trump ein guter Deal-Maker ist – in der Politik aber versagt
Donald Trump ist ein guter Verhandler im geschäftlichen Kontext, nicht auf der politischen Bühne. Als Politiker scheitert er an dem Unvermögen, die Meta-Ebene der Interaktionen zu sehen und demgemäß zu handeln.
Es ist nicht die Aufgabe eines Politikers, alle Unterhandlungen selbst anzugehen, diese selbst durchzuführen, so wie Trump dies tut. Der Politiker muss die Rahmenbedingungen schaffen, damit andere erfolgreich agieren können. Dies impliziert auch die Nachhaltigkeit einer politischen Entscheidung. An dieser Stelle handelt Trump ganz klar auch nach seinem Motto als Geschäftsmann, da er die politische Ebene, die sich eine Etage über der Geschäftsebene befindet, nicht erkennt.
Im Video: „Bin kein Trump-Versteher“ - trotzdem findet Claus Kleber Gefallen am Iran-Hammer der USA
Darüber hinaus würde Donald Trump nicht ohne Weiteres das Atom-Abkommen mit Iran kündigen, wenn er die Verflechtungen mit anderen Verhandlungssträngen durchschauen würde und diese entsprechend priorisiert hätte. Denn das „Nein“ zum Atom-Abkommen ist vor allem ein „Nein“ zu der transatlantischen Beziehung. Hierbei spielt die transatlantische Beziehung insofern eine wichtigere Rolle als das Atomabkommen, da die Kündigung des Atom-Abkommens und dessen mögliche Neuverhandlung ohne die Wahrung der Interessen des transatlantischen Partners als Signatarmacht nicht realisierbar ist.
Aus diesem Grund wäre der transatlantische Verhandlungsstrang höher zu priorisieren als das Atom-Abkommen, da er eine Notwendigkeit für das „Attackieren“ des Abkommens darstellt. Die Verhandlung wäre in diesem Zusammenhang der Priorität gemäß ganz anders zu führen, nämlich im klaren Schulterschluss mit der EU und unter entsprechender Wahrnehmung von deren Interessen.
Trumps Atomdeal-Kündigung könnte aus taktischer Sicht nach hinten losgehen
Sofern nun die Figur der transatlantischen Beziehung, aus der amerikanischen Sicht betrachtet, wackelt oder gar fällt, hätte dies immense Folgewirkungen auf dem internationalen Schachbrett. Denn dann decken sich die Interessen der Europäer mit denen Russlands und Chinas in der Nahost-Region. Der Rest ist absehbar. Zum ersten Mal seit Jahren wird ein Schulterschluss zwischen der EU, Russland und China denkbar. Dass eine solche Allianz die Machtposition Amerikas schwächen würde, liegt auf der Hand. Darüber hinaus zeigt die Erfahrung, dass Einigungen in einem Bereich Folgeeinigungen in weiteren Bereichen mit sich bringen.
Eine solche Konstellation, wie oben erläutert, wäre in der Tat auch langfristig betrachtet vorteilhaft für die EU, da sie sich hierdurch aus der untergeordneten Rolle in der Beziehung zu Amerika herausmanövrieren und auf Augenhöhe positionieren könnte. Die aktuelle Beziehung zwischen der EU und Amerika wird als Partnerschaft bezeichnet. Eine Partnerschaft, bei der der eine Partner ausschließlich Eigeninteressen wahrnimmt und mögliche Schäden für den anderen in Kauf nimmt, kann jedoch nicht als Partnerschaft auf Augenhöhe betrachtet werden.
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Jegliche Aktion der EU in diesem Zusammenhang sollte allerdings sehr bedächtig, das heißt auf diplomatischem Wege, und definitiv nicht konfrontativ geplant und durchgeführt werden.
Die Dynamiken, welche die Nahostregion aktuell erzeugt, könnten somit historische Bedeutung haben. Je nachdem, wie das Tauziehen um diese Region sich weiterhin gestaltet. An ihr scheiden sich die Geister. Es bleibt abzuwarten, welchen Geistern die Trennung bevorsteht.
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