Das juristische Tauziehen um die Abschiebeaktion des islamistischen Gefährders Sami A. in seine tunesische Heimat geht in die nächste Runde.
So hatte das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen dem Ausländeramt Bochum ein Zwangsgeld von 10 000 Euro angedroht, sollte die Stadt nichts unternehmen, um den 42-jährigen radikal-islamischen Salafisten-Prediger zurückzuholen. Kurz vor dem Ende der Fristsetzung am Dienstag hat die Ruhr-Metropole reagiert und bei der nächst höheren Instanz Rechtsmittel gegen die Beschlüsse eingelegt.
Gudrun Dahme, Sprecherin des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster, bestätigte FOCUS Online, dass die Kommune ihre Beschwerde gegen die Entscheidung begründet habe und zugleich beantragt habe, die Vollziehung der angedrohten Maßnahme auszusetzen. „Der Senat wird nun zeitnah entscheiden“, sagte Dahme.
Es ist nur eine der komplizierten verwaltungsrechtlichen Auseinandersetzungen nach der umstrittenen Abschiebe-Operation des mutmaßlichen Ex-Leibwächters von Osama Bin Laden am 13. Juli.
„Grob rechtswidriges Verhalten“
Nachdem Sami A. aus der Abschiebehaft vor zwei Wochen in einem eigens gecharterten Lear-Jet in seine Heimat ausgeflogen wurde, kochen die Wogen hoch. Die Verwaltungs-richter in Gelsenkirchen hatten den zuständigen Stellen beim Amt für Migration und Flüchtlinge (Bamf), der Ausländerbehörde Bochum und dem NRW-Flüchtlingsminister Joachim Stamp (FDP) „grob rechtswidriges Verhalten vorgeworfen“.
Ohne den endgültigen Richterspruch über ein etwaiges Abschiebehindernis abzuwarten, wurde Sami A. ausgeflogen. Neben einem Abschiebestopp wegen möglicher Folter in seiner Heimat verdonnerte die Kammer das Bochumer Ausländeramt dazu, den Tunesier so schnell wie möglich wieder zurückzuholen, um das Verfahren hierzulande zu Ende zu führen.
Bei Wiedereinreise droht Sami A. eine Freiheitstrafe von bis zu drei Jahren
Während NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) und sein FDP-Kollege Stamp die Maßnahme als rechtsstaatlich verteidigten, haben die Bochumer beim OVG widersprochen und diese auch begründet. Nun sei es an der Anwältin von Sami A. Stellung zu beziehen. „Gegebenenfalls kann die Stadt Bochum darauf auch nochmals schriftlich erwidern“, bemerkte die OVG-Sprecherin.
Kurzum der Fall Sami A. dreht wohl noch weitere Tage und Wochen eine Schleife, bis das Ergebnis feststeht. Zumal die tunesischen Behörden seinen Pass eingezogen haben. Solange die Terror-Ermittlungen gegen den militanten Islamisten nicht abgeschlossen seien, kann der Mann, den seine Anhänger hierzulande ehrfürchtig den „Sheikh“ nennen, nach Angaben eines Sprechers der tunesischen Anti-Terror-Behörde nicht nach Deutschland ausreisen.
Wie aus Berliner Regierungskreisen zu erfahren war, spielt man dort mit einer anderen Variante: Sollte Sami A. ein Visum für den Rückflug bekommen, so könnten die hiesigen Grenzschützer eine Einreisesperre verhängen. Aufgrund eines europäischen Informationssystems betrifft das Verbot der erneuten Rückkehr nicht nur Deutschland: Der Stopp gilt im gesamten Schengen-Raum. Daran gekoppelt ist ein generelles Aufenthaltsverbot für Deutschland. Reisen ausgewiesene Ausländer trotz Einreiseverbots wieder ein, droht eine Freiheitstrafe von bis zu drei Jahren. Dies aber käme einem frontalen Affront gegen die Verwaltungsjustiz gleich.
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