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Friday, November 30, 2018

Kandidatin für CDU-Vorsitz im Interview mit FOCUS Online - Kramp-Karrenbauer vor CDU-Entscheidung: „Die Mitglieder erwarten, dass es danach keine Spaltung der Partei gibt"

Kandidatin für CDU-Vorsitz im Interview mit FOCUS Online: Kramp-Karrenbauer vor CDU-Entscheidung: „Die Mitglieder erwarten, dass es danach keine Spaltung der Partei gibt"

Das Schaulaufen bei den Regionalkonferenzen ist vorbei. Jetzt beginnt die zehrende Zeit des Wartens. In knapp einer Woche wird der neue Vorsitzende der CDU gewählt. Oder die Vorsitzende? Annegret Kramp-Karrenbauer wirkt im Interview mit FOCUS Online ziemlich zuversichtlich. Ihr Plan für die CDU: eine breit aufgestellte Partei ohne Angst vor der AfD.

Der Ku’dam ist eine der wichtigsten Promenaden Deutschlands, Promis sieht man hier oft – da dreht man sich nicht so leicht um. Doch die Frau im dunkelblauen Parka fällt auf. Passanten stoßen sich gegenseitig an, schauen hin, schauen nochmal hin. Annegret Kramp-Karrenbauer ist schließlich nicht irgendwer: Sie könnte in knapp einer Woche zur Vorsitzenden der CDU gewählt werden. Danach hätte sie eine exzellente Startposition, um Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland zu werden. Dramatische Zeiten für die Saarländerin.

Die 56-Jährige aber wirkt seltsam unaufgeregt, als sie Margarete van Ackeren und Christoph Pagel in ihrem Kurzzeit-Büro in Ku’damm-Nähe, im Schatten der Berliner Gedächtniskirche begrüßt.

Reinkommen, Parka ablegen, ein paar freundliche Worte wechseln, loslegen. Im Interview verrät sie, was sie der CDU zu bieten hat – und was sie im Fall der Fälle Deutschland zu bieten hätte. Ein Gespräch über Fehler der Vergangenheit, Zukunftspläne, ihre Mitbewerber Friedrich Merz und Jens Spahn, die richtige Antwort auf die AfD und – über Annegret Kramp-Karrenbauer.

FOCUS Online: Haben wir Sie da richtig verstanden: In einer Woche sind Sie entweder Vorsitzende der CDU Deutschlands, oder Sie sind eine Privatfrau, die sich ehrenamtlich für die CDU engagiert?

Annegret Kramp-Karrenbauer: Es gibt in der CDU genau ein bezahltes Hauptamt: das der Generalsekretärin. Ich habe gesagt: „Wenn ich nicht Parteivorsitzende werde, räume ich auch den Platz der Generalsekretärin.“ Das ist ein Gebot der Fairness gegenüber dem neuen Parteichef. Ansonsten stelle ich mich weiter in den Dienst der Partei, wenn das gewünscht wird. Wo immer mich die CDU gebrauchen kann.

FOCUS Online: Da wäre also ein Comeback als Bundesministerin möglich?

Kramp-Karrenbauer: Die Frage stellt sich nicht. Denn das entscheidet die Regierungschefin. Und wenn ich mir das Kabinett anschaue: Es ist voll besetzt. 

Bleibt Merkel bis 2021 Kanzlerin?

FOCUS Online: Sie rechnen also damit, dass Angela Merkel als Kanzlerin die volle Amtszeit bis zum Spätsommer 2021 bleibt?

Kramp-Karrenbauer: Ich werde als Vorsitzende alles daransetzen, dass das so bleibt. Das hat etwas mit politischer Stabilität im Land zu tun. Wenn der größte Staat Europas während der Vorbereitungen zum Brexit ausfällt, weil er in Neuwahlen steckt, hätte das nicht nur nationale, sondern auch europäische Folgen. Ich kann für die CDU sagen: Wir werden uns so verhalten, dass die Regierung unter Merkel gestützt wird.

FOCUS Online: Sie organisieren Ihren „Wahlkampf“ ja nicht aus dem Konrad-Adenauer-Haus, sondern privat. Sie haben zum Beispiel Mitarbeiter angeheuert und ein Büro angemietet. Haben Sie mal nachgerechnet, welche Kosten Ihnen entstanden sind?

Kramp-Karrenbauer: Nein. Ich bin aber sehr dankbar. Denn das sind nicht irgendwelche Leute, sondern es ist mein saarländischer Landesverband, fast das alte 2017er Wahlkampfteam. Es gibt auch viele, die mich finanziell unterstützen. 

FOCUS Online: Die Entscheidung wird wohl superknapp. Es sieht nach einem Foto-Finish zwischen Ihnen und Friedrich Merz aus. Lesen Sie die Umfragen? 

Kramp-Karrenbauer: Nein, die versuche ich zu ignorieren. Das habe ich immer so gehalten. Am Ende ist es die ganz persönliche Entscheidung von 1001 Delegierten. Die stehen natürlich in Rückkopplung auch zu ihren Mitgliedern und Verbänden. Die Zeiten aber, in denen man Delegierte einschwören konnte, sind lange vorbei. Die Entscheidung fällt am Freitag. Alles andere ist Kaffeesatzleserei.

Ist da noch wer als Aki Watzke im Einsatz?

FOCUS Online: Es wird kolportiert, der Geschäftsführer von Borussia Dortmund, Hans-Joachim Watzke, sei für Friedrich Merz unterwegs. Ist für Sie vielleicht auch ein oder eine Aki Watzke am Start?

Kramp-Karrenbauer: Das wäre schwieriger, weil Friedrich Merz ja Teil von Borussia Dortmund ist und ich nicht. Dass im Hintergrund Gespräche geführt werden, ist nicht wirklich überraschend. Aber die Zeiten, in denen es am Vorabend in den Delegiertengruppen Kommandos gibt Marke „Jetzt allemal für den oder die stimmen“, sind vorbei. 

FOCUS Online: Wie ist das jetzt: Annegret Kramp-Karrenbauer oder Friedrich Merz oder Jens Spahn – ist das nicht doch eine Richtungsentscheidung für die CDU?

Kramp-Karrenbauer: Wir haben ein gemeinsames Fundament, auf dem wir alle drei stehen. Sich da künstlich abzugrenzen, wäre Quatsch. Aber natürlich stehen wir auch für bestimmte Richtungen.

„Bewiesen, wie man Wahlen gewinnt“

FOCUS Online: Gehen wir es doch einmal durch: Jens Spahn …?

Kramp-Karrenbauer: Jens Spahn steht für eine sehr kritische Begleitung der Migrationspolitik Angela Merkels. 

FOCUS Online: Friedrich Merz?

Kramp-Karrenbauer: Bei ihm gibt es die Projektion einer eher wirtschaftsliberalen Ausrichtung. Jeder bringt da sein eigenes Gepräge mit.

FOCUS Online: Kramp-Karrenbauer?

Kramp-Karrenbauer: In mir sehen viele diejenige, die die Partei zusammenführen und zusammenhalten kann und darüber hinaus Menschen bindet. 

FOCUS Online: Zu Recht?

Kramp-Karenbauer: Ja. Denn das habe ich in der Vergangenheit bewiesen. Man gewinnt keine Wahlen mit über 40 Prozent, wenn man nicht über den eigenen Kernbereich hinaus Leute ansprechen kann.

„Auch nach Niederlage zusammenbleiben“

FOCUS Online: Am Ende kann nur einer oder eben eine gewinnen. Fürchten Sie nicht, dass danach einige sehr enttäuscht sind und eine neue Kluft in der CDU entsteht?

Kramp-Karrenbauer: Die Mitglieder erwarten, dass es danach keine Spaltung der Partei gibt. Jeder von uns hat die Verantwortung, dass er im Fall seiner Niederlage seine Anhänger in die Pflicht nimmt, damit wir alle zusammenbleiben. Es gibt erkennbar den Wunsch, dass alle drei danach aktiv dabeibleiben.

FOCUS Online: Wir haben in den letzten Wochen unglaublich viel gehört, was sich bei der CDU ändern soll. Was ist für Sie das Entscheidende?

Kramp-Karrenbauer: Ich nennen das immer „Umkehr der Methodik“. 

FOCUS Online: Umkehr der Methodik?

Kramp-Karrenbauer: Die neuen Themen müssen in der Partei viel stärker diskutiert und erarbeitet werden. Schon Anfang 2019 müssen wir die vielen Praktiker, die wir zum Beispiel bei der inneren Sicherheit haben, an einen Tisch bringen. Daraus sollten sich dann auch Vorschläge für eine verzahnte nationale und europäische Sicherheitspolitik ergeben. Und wir müssen unsere Haltung zur Rente der Zukunft klären.

Von AfD „nicht ins Bockshorn jagen lasen“

Kramp-Karrenbauer: Sie haben in dieser Woche gesagt: „Wir machen da die schlechteste Politik, wo wir nur von Angst vor der AfD getrieben sind.“ Wie also sieht Ihrer Meinung nach eine selbstbewusste Strategie gegen die AfD aus? 

Kramp-Karrenbauer: Wir haben das gerade bei der Diskussion um den UN-Migrationspakt ziemlich gut praktiziert. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat selbstbewusst und nüchtern unsere Haltung formuliert und klar gemacht, dass der Pakt auch Deutschland hilft. Wir dürfen uns nicht bei Debatten, in denen Trigger-Wörter wie „Migration“ vorkommen, gleich ins Bockshorn jagen lassen. So nach dem Motto „Da könnte die AfD einsteigen, davon lassen wir besser die Finger“. Nein! Gerade bei solchen Themen müssen wir früher und öffentlich mit klaren Positionen einsteigen. Alles andere ist eine Selbstverzwergung.

FOCUS Online: Sie haben ja Angela Merkels Entscheidung, im Herbst 2015 die Grenzen offen zu halten, verteidigt. Für die Phase danach aber haben Sie sich schon von ihr abgegrenzt. Für welche Flüchtlingspolitik steht nun Annegret Kramp-Karenbauer?

Kramp-Karrenbauer: Wir brauchen ein System der offenen Binnengrenzen. Niemand profitiert so sehr wie wir von „Schengen“ und dem offenen Binnenmarkt. Gerade deshalb braucht es ein wirksames Außengrenzen-Regime. Entweder gesamteuropäisch gesteuert oder durch die einzelnen Staaten oder auch in einer Kombination aus beidem. Wir brauche zudem ein intelligentes Grenzregime im nationalen Bereich – so wie wir es ja jetzt im „Masterplan“ auf den Weg gebracht habe. 

Soziales Pflichtjahr für Flüchtlinge

FOCUS Online: Und dazu gehört? 

Kramp-Karrenbauer: Es geht zum Beispiel um Transitzentren und die Möglichkeiten zu Schleierfahndungen. Zudem müssen die Verfahren viel schneller gehen. Ich bin seit langem eine Verfechterin der „Anker“-Zentren, bei denen alle Entscheidungen unter einem Dach fallen. Es ist auch für die Betroffenen unmenschlich, wenn sie ewig warten müssen. Und wenn dann entschieden ist, dass jemand nicht bleiben darf, muss er das Land sehr schnell verlassen. Vorzugsweise freiwillig, aber sonst auch mit strikter Rückführung. Das gilt vor allem, wenn diese Menschen bei uns kriminell werden. Nichts verletzt das Rechtsgefühl so sehr, wie wenn die Bürger sehen: Wir haben Menschen Schutz gewährt, und sie verstoßen fundamental gegen unsere Regeln. Die Innenpolitiker suchen gerade nach einer Lösung, auch lebenslange Wiedereinreisesperren durchzusetzen. Im Idealfall sollte die dann für den gesamten Schengen-Raum gelten.

FOCUS Online: Also: Abschiebungen auch nach Syrien?

Kramp-Karrenbauer: Immer dann, wenn es die Lage erlaubt. Die Lagebeschreibung des Auswärtigen Amtes für Syrien ist zurzeit so, dass man nicht zurückführen kann. Das akzeptiere ich. Aber das muss man regelmäßig überprüfen. Das gilt auch für die Regelungen in bestimmten Regionen von Afghanistan. 

FOCUS Online: Das ging in den Regionalkonferenzen ein wenig unter: Sprechen Sie sich nun für ein soziales Pflichtjahr für Flüchtlinge aus? 

Kramp-Karrenbauer: Ich bin Anhängerin eines Gesellschaftsjahres und würde das auch gern verpflichtend machen. Das sollte nicht nur für deutsche Staatsangehörige gelten, sondern auch für Menschen, die länger bei uns bleiben. Also auch für Flüchtlinge, die einen verfestigteren Aufenthaltsstatus haben. Mit so einem aktiven Dienst würde man auch Möglichkeiten schaffen, dass Menschen mit Migrationsgeschichte aktiver in unserer Gesellschaft mitmachen.

FOCUS Online: Der Verfassungsschutz kommt nach Chemnitz zu dem beunruhigenden Ergebnis, dass Wut und Hass auf die Politik und deren Vertreter in der Bevölkerung wachsen. Es gebe ein tief verwurzeltes Misstrauen gegenüber etablierten Politikern. Haben Sie diesen Hass schon einmal gespürt?

Kramp-Karrenbauer: Ja, jeden Tag. Auf der Timeline, bei Facebook. Seitdem ich im Kandidatenrennen bin, hat es zugenommen. Die Qualität der Auseinandersetzung ist schon schockierend.

FOCUS Online: Wie gehen Sie damit um?

Kramp-Karenbauer: Oft stecken ja keine natürlichen Personen dahinter. Dann lege ich das beiseite. Manchmal nehme ich auch Kontakt mit den Menschen auf. Das aber nur, wenn ich das Gefühl habe, es macht Sinn.

„Geht nicht darum, ob Trump eimal mehr lächelt"

FOCUS Online: Was glauben Sie: Woher kommt diese Angst?

Kramp-Karenbauer: Wir erleben rasante gesellschaftliche Veränderungen. Viele fühlen sich damit wohl. Es gibt aber auch Gruppen, bei denen das Angst auslöst. Sie wünschen sich, dass die Welt so übersichtlich bleibt, wie sie sie kennengelernt haben. Das ist übrigens keine Frage des Alters. Hinzukommt, dass einige Bürger den Eindruck gewonnen haben, der Staat sei nicht mehr konsequent. Dem müssen wir entgegentreten, und zwar nicht mit einem flotten Spruch, sondern mit Taten.

FOCUS Online: Beim Thema Verteidigung geben Sie sich auch entschlossen. Sie sagen „Pacta sunt servanda“, an geschlossene Verträge muss man sich halten. Also: Wann erreicht Deutschland das Zwei-Prozent-Ziel der Nato?

Kramp-Karrenbauer: Wir haben schon eine Steigerung vorgenommen. Und da müssen wir konsequent dranbleiben. Wir diskutieren das Thema im Moment sehr verengt. Aber es ist nirgendwo festgeschrieben, dass das Zwei-Prozent-Ziel nur aus Ausstattung besteht. Wir müssen auch schauen, ob wir eine Infrastruktur bieten können, die eine große Truppenverlegung möglich macht. Hier geht es nicht darum, ob Donald Trump dann einmal mehr lächelt. Es geht darum, ob wir Willens sind, die internationalen Verpflichtungen, die wir eingegangen sind, wirklich einzuhalten. Da müssen wir ein Stück mehr Verantwortung tragen.

FOCUS Online: Bei uns im Land sieht es oberflächlich betrachtet super aus. Der Wohlstand in Deutschland wächst, dennoch leben Teile der Bevölkerung in bitterer Armut. 40 Prozent haben nichts auf der „hohen Kante“. Welches Angebot machen Sie diesen Menschen?  

Kramp-Karrenbauer: Unser Grundversprechen sind ja „Wohlstand für alle“ und „Leistung muss sich lohnen“.  Das müssen wir auch einlösen.

FOCUS Online: Wo? Wie?

Kramp-Karenbauer:  Beim Steuersystem etwa. Wir haben gut ausgebildete Facharbeiter, die sehen, dass bei einer Lohnerhöhung das Meiste direkt ans Finanzamt durchgereicht wird. Weiter: Wenn jemand, der lange gearbeitet hat und dann fast genauso schnell in die Grundsicherung rutscht wie jemand, der in seinem ganzen Leben noch keinen Tag gearbeitet hat, entwertet das für diese Leute ihre Leistung. Auch bei der Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand müssen wir besser werden.

FOCUS Online: … auch ein Thema von Friedrich Merz …

Kramp-Karenbauer:  Wir können auch auf andere Länder schauen. Norwegen oder Schweden sind ja auch keine marktradikalen Gesellschaften. Aber dort wird Vermögensbildung stark über Aktien aufgebaut. Was mich auch umtreibt, sind die Kinder in Hartz-IV-Bezug, die einen enormen Start-Nachteil erfahren. Hier brauchen wir bessere Ergebnisse. 

„Bis 2020 kommt ein großer Aufschlag“

FOCUS Online: In Ihrer Partei wurde ziemlich über den Vorschlag der Grundsicherung der Grünen gelästert. Aber immerhin legt die Partei ein großes sozialpolitisches Konzept vor. Wann ist bei einer CDU-Vorsitzenden „AKK“ mit einem großen Aufschlag in der Sozialpolitik zu rechnen?

Kramp-Karrenbauer: Die Frage drängt sich von selbst auf die Agenda – genauso wie eine große Steuerreform. Aber auch in Zeiten der Digitalisierung gilt: Das Erwirtschaften kommt vor dem Verteilen. Wir geben erste Antworten in unserem Antrag zur Sozialen Marktwirtschaft auf dem Parteitag. Auch im Grundsatzprogramm werden wir weitere Klarheit schaffen. Bis 2020 kommt ein großer Aufschlag mit konkreten Antworten. 

FOCUS Online: Es geht ja auch um die Finanzierung. Sie haben im Bundestagswahlkampf 2013 gefordert, die Einkommenssteuer auf das Niveau der 90er Jahre, anzuheben. Damals lag der Spitzensteuersatz bei 53 Prozent. Gilt das noch?

Kramp-Karrenbauer: Nein, das war damals ja eine ganze andere Zeit. Wir haben jetzt Überschüsse in allen Haushalten. Deswegen geht es mir jetzt eher um die Frage, wie wir die Einkommenssteuer in einer großen Reform gestalten, damit wie die kalte Progression dauerhaft weiter eindämmen. Auch die komplette Abschaffung des „Soli“ steht dringend an.

Merz „Theorie“, Sie „Praxis“?

FOCUS Online: Kränkt es Sie, wenn Friedrich Merz sagt, dass die CDU konkrete Linien vermissen lässt?

Kramp-Karrenbauer: Auf der einen Seite kluge Regierungspolitik, die auch immer auf einem Kompromiss basiert, zu machen und auf der anderen Seite ein eigenes Profil zu entwickeln – das ist nicht einfach. Aber es geht. Ich hatte die Chance, das unter Beweis zu stellen.

FOCUS Online: Sie meinen: Merz ist die Abteilung Theorie und Sie die Abteilung Praxis?

Kramp-Karrenbauer: Ich habe meine Regierungserfahrung.

FOCUS Online: Merkel und Merz – das ging vor Jahren ja gar nicht zusammen. Glauben Sie, dass die beiden im Fall der Fälle miteinander könnten?

Kramp-Karrenbauer: Das müssen die beiden beantworten. Fakt ist: Bei mir wissen alle, dass ich gut mit Angela Merkel zusammenarbeiten kann. Auch in den vergangenen Monaten, in denen wir ja auch die ein oder andere schwierige Situation hatten. In anderen Konstellationen müssen sie darauf hoffen.

Merkel und die Charakterfrage

FOCUS Online: Bei den Regionalkonferenzen schien es, als wollten sie es vermeiden, den Namen der Kanzlerin zu nennen. Zufall?

Kramp-Karrenbauer: Jeder weiß, wo ich stehe und wie meine Beziehung zu ihr ist. Ich brauche mich nicht künstlich von ihr zu distanzieren. Das ist für mich eine Charakterfrage. Aber ich brauche auch nicht demonstrativ meine Nähe zu ihr zu betonen. Ich glaube, dass die CDU erst mit der Zeit wirklich erkennt, was sie Angela Merkel zu verdanken hat.

FOCUS Online: Sie haben für sich ja deutlich ausgeschlossen, Ministerin unter Friedrich Merz zu werden. Dürfte er unter Ihnen Minister werden?

Kramp-Karrenbauer: Das ist ja keine Frage, die er oder ich entscheidet, sondern eine Frage, die die Kanzlerin entscheidet.

FOCUS Online: Aber Sie wollen doch Kanzlerin werden, oder?

Kramp-Karrenbauer: Ich will jetzt Parteivorsitzende werden. Alles andere ergibt sich eventuell in der Zukunft.

FOCUS Online: Also würden Sie ihm dann ein Amt anbieten?

Kramp-Karrenbauer: Die Frage wäre zunächst, welche Ressorts wir bekommen. Dass ich als Ministerpräsidentin jemand war, der in seinem Kabinett gerne profilierte Köpfe für alle Richtungen hat, ist bekannt.

Tage der emotionalen Achterbahnfahrten

FOCUS Online: Sie haben spannende Tage vor sich: Alles oder nichts – das sind ja auch emotional wahre Achterbahnfahrten. Wie gehen Sie damit um?

Kramp-Karrenbauer: Gelassen. Es ist ja nicht das erste Mal, dass ich vor einer solch wichtigen Entscheidung stehe. Im vorigen Jahr zur Landtagswahl im Saarland …

FOCUS Online: … die Sie mit über 40 Prozent gewonnen haben …

Kramp-Karrenbauer: … habe ich ja auch gesagt, dass ich nur als Ministerpräsidentin zur Verfügung stehe. Ich empfinde es als tolle Gelegenheit, in einer für die CDU so wichtigen Phase eine aktive Rolle spielen zu können. 

FOCUS Online: Wirklich? Egal, wie es aussieht?

Kramp-Karrenbauer: Ich hätte fast gesagt „Es ist die Zeit meines Lebens.“ Die Regionalkonferenzen fühlen sich an wie die organische Fortsetzung der Zuhörtour. Man lernt viel und entwickelt sich auch als Person weiter. Ich genieße die Zeit.

Kampf um CDU-Vorsitz verschafft Union Umfragehoch - Grüne verlieren

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Sprecher teilt mit - Ex-US-Präsident George Bush im Alter von 94 Jahren gestorben

Sprecher teilt mit: Ex-US-Präsident George Bush im Alter von 94 Jahren gestorben

Der frühere US-Präsident George H. W. Bush ist tot. Er starb im Alter von 94 Jahren, wie ein Sprecher der Familie in der Nacht auf Samstag via Twitter mitteilte. Er starb demnach am Freitagabend um 22.10 Uhr Ortszeit.

Er sei der beste Vater gewesen, den man sich als Sohn oder Tochter habe wünschen können, hieß es in einer Erklärung seines Sohnes, des früheren US-Präsidenten George W. Bush. Die gesamte Familie sei zutiefst dankbar für dessen Leben. Der zweitälteste Sohn Jeb Bush schrieb auf Twitter, nichts habe seinem Vater mehr Freude bereitet, als anderen zu helfen.

Der Republikaner war von 1981 bis 1989 Vizepräsident unter Ronald Reagan und anschließend vier Jahre lang Regierungschef in Washington. Sein Sohn George W. Bush war von 2001 bis 2009 Präsident.

George H. W. Bush musste in den vergangenen Jahren immer wieder im Krankenhaus behandelt werden. Vor rund zweieinhalb Jahren brach er sich bei einem Sturz in seinem Ferienhaus einen Halswirbel. Zuletzt saß er im Rollstuhl. Erst im April dieses Jahres war seine Frau Barbara gestorben. Die beiden waren 73 Jahre verheiratet. Das Ehepaar hatte sechs Kinder, von denen eines im Alter von drei Jahren gestorben war.

Obama: "Amerika hat einen Patrioten verloren"

Der demokratische Ex-Präsident Barack Obama zeigte sich bestürzt über den Tod von George H. W. Bush. Amerika habe einen "Patrioten und bescheidenen Diener" verloren, hieß es in einer Erklärung von Barack und Michelle Obama. "Während unsere Herzen heute schwer sind, sind sie auch voller Dankbarkeit." Bush habe sein Leben einem Land gewidmet, das er geliebt habe. Er hinterlasse ein Vermächtnis, das niemals erreicht werden könne, "auch wenn er gewollt hätte, dass wir alle es versuchen".

Aus George H. W. Bushs Amtszeit ist vor allem der Krieg zur Befreiung Kuwaits in Erinnerung. Besonderes Profil zeigte er auch nach dem Fall der Berliner Mauer - als einer der ganz wenigen westlichen Staatschefs stellte er sich offen hinter die deutsche Einheit. Der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl zollte ihm dafür großes Lob.

Dem Historiker Mark Updegrove zufolge hatte George H. W. Bush keine gute Meinung von Donald Trump und wählte ihn im November 2016 auch nicht - obwohl er der Kandidat seiner Partei war. Trump war der Trauerfeier von Barbara Bush ferngeblieben. Der Präsident ließ ausrichten, "aus Respekt vor der Bush-Familie" nicht an der Zeremonie teilnehmen zu wollen.

Im Video: Ex-Präsidenten Bush über Trump: Angeber, der keine Ahnung hat

glö/dpa
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Nach der Festnahme eines neunten Verdächtigen im Fall der mutmaßlichen Gruppenvergewaltigung in Freiburg wertet die Polizei weitere Spuren und Hinweise aus. Die nach der Tat vor rund eineinhalb Monaten gegründete Ermittlungsgruppe "Club" mit 13 Beamten bleibe unverändert bestehen, sagte eine Sprecherin der Polizei in Freiburg der Deutschen Presse-Agentur.

Zudem arbeiteten Spezialisten des Landeskriminalamtes (LKA) im Labor am Auswerten der Spuren. Ziel sei es, Beweise zu sichern und den noch unbekannten zehnten mutmaßlichen Täter zu ermitteln.

Mitte Oktober war den Ermittlern zufolge eine 18-Jährige in Freiburg (Baden-Württemberg) nach einem Discobesuch von mindestens zehn Männern vergewaltigt worden. Acht Verdächtige waren in den Tagen nach der Tat festgenommen worden - sieben Syrer im Alter von 19 bis 29 Jahren und ein 25 Jahre alter Deutscher ohne Migrationshintergrund. Am vergangenen Donnerstag folgte die Festnahme eines 18 Jahre alten Mannes aus Syrien. Alle neun Männer sitzen in Untersuchungshaft.

Nach einem weiteren, unbekannten Mann fahnden die Ermittler noch. Körperspuren von ihm waren an der Kleidung des Opfers gefunden worden. Der Abgleich mit europaweiten Datenbanken, in der Verdächtige gespeichert sein könnten, habe bislang kein Ergebnis gebracht, sagte die Sprecherin. Die Polizei arbeite nun weiter daran, den Unbekannten ausfindig zu machen.

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glö/dpa
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Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) hat die Unterstützung einer in die Kritik geratenen Broschüre der Amadeu Antonio Stiftung verteidigt. Ziel der Broschüre sei es, Erziehern, die mit rechtsextremen oder radikalen Aussagen und Verhaltensweisen von Eltern in der Kita in Berührung kämen, "Informationen, Beratung und Unterstützung im Umgang damit zu geben".

Eine solche Publikation sei von Fachkräften aus der Praxis immer wieder nachgefragt worden.

In der Broschüre "Ene, mene, muh - und raus bist du!", die vom Bundesfamilienministerium gefördert wird, geht es um frühkindliche Bildung und den Umgang mit Rechtspopulismus und Menschenfeindlichkeit in Kitas. Die Kritik entzündet sich vor allem an einem Fallbeispiel, an dem erläutert wird, wie "Kinder aus völkischen Elternhäusern" erkannt werden können. Unionspolitiker hatten die Broschüre scharf kritisiert. Sie komme einer "staatlichen Handlungsanweisung zur Elternspionage" gleich und solle möglichst sofort "eingestampft" werden, erklärte etwa Vize-Unionsfraktionsvorsitzende Nadine Schön.

Fälle aus der langjährigen Beratungspraxis

Giffey erklärte weiter, das kritisierte Beispiel sei anhand eines konkreten Praxisfalls im Bereich des Phänomens "Völkische Siedlerfamilien" gebracht worden, das in bestimmten Regionen Deutschlands vermehrt beobachtet werde. Dem lägen Fälle aus der langjährigen Beratungspraxis zugrunde, in denen Erzieher gezielt Hilfe im Umgang mit völkisch lebenden Familien gesucht hätten.

Der besonders kritisierte Satz stehe im Kontext der Erfahrung aus diesen Fällen. Er sei nicht allgemeingültig, sondern Teil des Beispielsfalls. Grundsätzlich gelte: Es sei nicht Aufgabe des Staates zu prüfen, wie Eltern lebten und was sie dächten. Das sei auch nicht das Ziel der Broschüre, sondern Hilfestellung und Information für Fachkräfte in Kitas.

Giffey erläuterte weiter, die Autorinnen des in Rede stehenden Artikels "Fallanalysen und Handlungsmöglichkeiten in der Praxis" seien anerkannte Professorinnen an der Alice Salomon Hochschule Berlin und der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus.

Im Video: Fast jeden zweiten Tag wird eine Frau vom Partner getötet - und es gibt viel zu wenig Hilfe

glö/KNA
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- Andrés Manuel López Obrador: Ein neuer Präsident und ein Haufen alter Probleme

Andrés Manuel López Obrador: Ein neuer Präsident und ein Haufen alter Probleme
Mexikos neuer, linker Präsident Andrés Manuel Lopez Obrador schürt hohe Erwartungen. Seine Versprechen will er mit einer Konzentration der politischen Macht lösen will. Beobachter sind skeptisch.

Fünf Monate sind vergangen seit Andrés Manuel López Obrador, genannt Amlo, zum neuen mexikanischen Präsidenten gewählt wurde. Nun übernimmt der Linksnationalist ein Land, in dem es an allen Ecken und Enden brennt: Die Gewaltkriminalität hat einen Höchststand erreicht, das Vertrauen der Mexikaner in Politik und Institutionen ist auf einem Tiefststand, der Rechtsstaat liegt im Koma. Zudem sind die Wirtschaftsaussichten ungewiss nach der Neuverhandlung des nordamerikanischen Freihandelsabkommens (TMEC) mit verschlechterten Konditionen für Mexiko.

Die Unterschicht will nun von den Früchten des Fortschritts profitieren und erhofft sich einen sozialen Aufstieg, die Mittelschicht will Transparenz und Rechtsstaatlichkeit, die Oberschicht Stabilität und keine Steuererhöhungen, und alle verlangen mehr Sicherheit.

"All diese Erwartungen an die Realität anzupassen ist seine größte Herausforderung", sagt Ricardo Alvarado von der Organisation "Mexikaner gegen Korruption und Straffreiheit". Amlos 25-Punkte-Programm mutet wie ein Wunschzettel an: Ohne Neuverschuldung plant er den Bau einer Raffinerie, zweier Eisenbahnen, 100 neuer Universitäten, eines neuen Flughafens, die Verdoppelung der staatlichen Mindestrente, Ernährungssouveränität, Wiederaufforstung, Stipendien für Studenten und ein flächendeckendes kostenloses Gesundheitssystem.

Unternehmer vergrault

"Wenn man alles zusammenrechnet, platzt der Haushalt aus den Nähten", sagt der Politologe Rubén Aguilar. Was wirklich Priorität hat, wird sich nach Auffassung von Aguilar jetzt in den Haushaltsnachverhandlungen im mexikanischen Kongress zeigen. Vieles wird kaum ohne die Mitarbeit der mexikanischen Unternehmer zu erreichen sein. Doch die hat Lopez Obrador Ende Oktober vergrault, als er ankündigte, ein milliardenschweres Projekt nach Amtsantritt sofort zu stoppen: den Bau des bereits zu einem Drittel fertiggestellten neuen Hauptstadtflughafens. Stattdessen will er eine bereits vorhandene Luftwaffenbasis zum internationalen Airport ummodeln lassen.

Offenbar ermutigt von diesem Versprechen ihres künftigen Präsidenten wagten kurz darauf Abgeordnete seiner Koalition eigene Vorstöße. Viele dieser Parlamentarier stehen deutlich weiter links als von Amlo und sie forderten nun die Pensionsfonds zu verstaatlichen und die Bankgebühren zu verbieten. Das brachte den Peso und die Börse auf Talfahrt. Offenbar hofft Amlo, China könne notfalls als Investor in die Bresche springen - doch das könnte wiederum den wichtigsten Handelspartner USA gegen Mexiko aufbringen. US-Präsident Donald Trump führt einen Handelskrieg gegen den asiatischen Riesen und ist bemüht, den Einfluss Chinas im lateinamerikanischen Hinterhof einzudämmen.

Für den Journalisten José-Gil Olmos müsste aber nicht die Wirtschaft, sondern die Bekämpfung des von der Drogenmafia unterwanderten Staates Vorrang haben: "Nichts bringen die ganzen Eisenbahn- und Flugplatzprojekte und Sozialprogramme, wenn man dieses Krebsgeschwür nicht angeht, das die Gesellschaft und den Staat zersetzt hat", schreibt Olmos in der kritischen Wochenzeitung "Proceso”.

Gerade dabei setzt der neue Staatschef entgegen seiner Wahlkampfversprechen aber auf Altbekanntes: das Militär. Er will eine Nationalgarde schaffen, kommandiert von den Streitkräften und direkt ihm unterstellt. Denn seiner Meinung nach ist die Gewaltspirale auf moralischen Verfall und Führungsschwäche zurückzuführen, was der Korruption von Polizei und Lokalpolitikern durch die Mafia die Tür geöffnet habe. Ob die für die Nationalgarde nötigen Verfassungsänderungen im Kongress die entsprechende Mehrheit finden und vom Obersten Gericht abgesegnet werden, ist offen. Einen "Plan B" in der Sicherheitspolitik gibt es bisher aber nicht.

Volksabstimmungen als Mittel, die Macht zu stärken

Der Vorschlag hat zudem für harsche Kritik gesorgt. Zivilgesellschaftliche Organisationen sehen schon ihr zweites Anliegen - die Entmilitarisierung des Drogenkriegs - scheitern, nachdem Amlo bereits einer unabhängigen Generalstaatsanwaltschaft eine Absage erteilte. "Damit wird es wie gehabt einen vom Präsidenten kontrollierten Chefermittler geben, und der Präsident wird entscheiden, in welche Richtung und wie weit in Korruptionsfällen ermittelt wird", sagt Politologe Aguilar.

Dass die unter Korruptionsverdacht stehenden Expräsidenten straffrei ausgehen werden, weil er keine "Hexenjagd" veranstalten wolle, hat Lopez Obrador schon öfter betont. Zuletzt schlug er angesichts der öffentlichen Empörung vor, die Bevölkerung über eine solche Strafverfolgung abstimmen zu lassen - was nach Ansicht von Korruptionsbekämpfer Alvarados völlig jenseits rechtsstaatlicher Prinzipien ist. "Das ist Demagogie. Die Justiz ist nichts, worüber man abstimmt.

Doch Volksabstimmungen haben ihren Sinn in der Logik Amlos, wie die Politologin Daniela Stevens von der American University im "Aula Blog" schreibt: "Sie scheinen dazu zu dienen, Amlos Absichten zu legitimieren und seine Macht zu stärken. Er und seine Partei hegen offenbar Pläne, die Gegengewichte zu untergraben, die den Präsidenten kontrollieren." Ricardo Alvarado sieht es ähnlich. "Amlo ist sehr misstrauisch und setzt auf die Re-Zentralisierung der Macht. Doch die Konzentration in wenigen Händen ist intransparent und erhöht das Korruptionsrisiko."

Ein Zeichen dafür sind - Rubén Aguilar zufolge - die vom Präsidenten neu ernannten "Delegierten" in jedem Bundesstaat, die unter anderem die Sozialprogramme kontrollieren sollen und damit als eine Art Parallelmacht zu den gewählten Gouverneuren agieren. Mit Besorgnis sieht der Politikwissenschaftler auch die zunehmende Polarisierung der Gesellschaft, die manche Funktionäre mit der Rhetorik "Entweder bist du für mich oder gegen mich” noch anheizten. "Ein zwischen zwei Polen derart aufgeriebenes Land kommt nicht voran." Amlos erste große Aufgabe werde sein, diese Logik zu durchbrechen. "Sonst erwarten uns schwere Zeiten."

*Der Beitrag "Andrés Manuel López Obrador: Ein neuer Präsident und ein Haufen alter Probleme" stammt von Deutsche Welle. Es gibt keine redaktionelle Prüfung durch FOCUS Online. Kontakt zum Verantwortlichen hier.

Deutsche Welle
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Der französische Präsident Emmanuel Macron steht unter Druck: Der anhaltende Protest der Bürger mit den gelben Westen könnte für ihn zur Bewährungsprobe werden. Viele Franzosen zeigen der Regierung die gelbe Karte.

Ankunft zum G20-Gipfel: Auf der Treppe der französischen Regierungsmaschine am Flughafen von Buenos Aires drückt Emmanuel Macron die Hand eines Sicherheitsbeamten, der eine neongelbe Weste trägt. Ausgerechnet. Eben solche Warnwesten sind es, die in Frankreich dieser Tage symbolisch für den Zorn der Bürger stehen. Von solch einer versöhnlichen Geste, einem Händedruck mit den "Gelbwesten" ist Emmanuel Macron in Paris weit entfernt.

Frankreichs Wutbürger fühlen sich abgehängt

Während der Präsident auf dem G20-Gipfel in Argentinien die Weltlage bespricht, reißt der soziale Unfrieden auf Frankreichs Straßen nicht ab. Seit Mitte November gehen Franzosen jeden Alters auf die Straße - auf Landstraßen, Verkehrsknotenpunkte und Kreisverkehre. Die "gilêt jaune" wie sich die soziale Bewegung selbst nennt, vereint unterschiedlichste Gesellschaftsschichten. Das gemeinsame Erkennungsmerkmal: Neongelbe Warnwesten, bekritzelt mit Sprüchen oder Botschaften an die Regierung. "Ras-le-bol!" (Schnauze voll!) ist einer der netteren Sprüche. Entfacht hatte sich der Konflikt ursprünglich an der für Januar 2019 geplanten Kraftstoffsteuer. Doch längst wird dieser Streit an den Rand gedrängt durch die allgemeine Forderung der Menschen nach niedrigeren Abgaben und Steuern. Im Mittelpunkt des Frusts: die sinkende Kaufkraft der Franzosen.

"Es ist sehr schwer, diese Bewegung einzuordnen, denn sie entspricht in keiner Weise herkömmlichen Demonstrationen. Neu ist, dass Gewerkschaften und politische Parteien keine Rolle spielen", erklärt Bernard Vivier, Historiker für soziale Fragen des IST (Institut Supérieur du Travail).

Untypisch sei nicht der Protest gegen die Mächtigen, so Vivier, schließlich habe Frankreich seit eh und je eine Protest- und keine Konsenskultur. Die spontan entstandene Bewegung zeige den Unmut der Franzosen gegenüber einer Elite in Paris, die die Bodenhaftung verloren habe. Denkwürdig sei allerdings, dass die jüngste soziale Bewegung "absichtlich ohne Wirbelsäule" operiere, ohne Delegierte, ohne Anführer. Organisiert werde alles auf sozialen Medien wie Facebook; die Organisatoren wollten jede Art von Hierarchie vermeiden, so Vivier.

Macron riskiert den Bruch mit Bürgern

Für Experten ist dies einer der Gründe, warum sich die gegenwärtige Regierung so schwer tue, auf die "gilêt jaune" eine passende Antwort zu finden. "Bislang doktert die Regierung an der Methode herum. Sie erklären, warum sie ihre Haltung nicht ändern werden. Aber ein echter Dialog findet nicht statt", so der Meinungsforscher Jérôme Sainte Marie von PollingVox.

Die Franzosen wollen ernstgenommen werden. Macron sei das Risiko eingegangen, die steigenden Benzinpreise schnellfertig als Energiewende zu verkaufen. "Das nehmen ihm die Franzosen übel", so der Politikwissenschaftler Sainte-Marie. Statt echte Anreize für eine Energiewende zu schaffen, etwa durch eine höhere Besteuerung bestimmter Fahrzeugtypen, habe er Autofahren pauschal verteuern wollen. Allen voran die ländliche Bevölkerung habe ihm das als urbane Arroganz ausgelegt.

"Es war wie eine Themaverfehlung", so die Einschätzung von Maxime Des Gayets von der Jean-Jaurès Stiftung. Dass die geplante Energiewende notgedrungen auf Kosten der Kaufkraft gehe, habe die Regierung bislang nicht auf nachvollziehbare Weise erklären können. "Nun haben einige das Gefühl, sie müssen dafür zahlen, andere nicht".

Politische Extremisten profitieren

Laut einer Umfrage des Meinungsinstituts Opinion Way sind 76 Prozent der Franzosen unzufrieden mit der Art, wie der Élysée den Protesten begegnet. Die Zeit, einen Konsens zu finden zwischen Straßenwut und Politik, ist nicht endlos. Will Macron nicht als Verlierer dastehen, muss seine Regierung rasch einen Weg finden, bevor es andere tun, so Bernard Vivier.

Bislang halten sich Gewerkschaften und Politiker zurück. Keiner der Akteure will sich vorwerfen lassen, Trittbrettfahrer zum eigenen Vorteil zu sein. Doch dieses Wochenende wird das erste Mal Frankreichs größte Gewerkschaft, die CGT (Confédération du Travail) mitmarschieren. Auch der als linksextrem geltende Ex-Präsidentschaftskandidat von "La France Insoumise", Jean-Luc Melenchon, will endlich mitmachen.

Für Emmanuel Macron könnte dies zu einem handfesten Problem werden. Viele Optionen bleiben dem Präsidenten nicht, meint Bernard Vivier. Er kann jetzt die Nähe zu den Gewerkschaften suchen, um als glaubwürdiger Partner eine Lösung anbieten. Oder er kann abwarten und hoffen, dass sich die Bewegung zersplittert und der Druck nachlässt. Doch spätestens im Mai 2019 könnten die französischen Wutbürger ihrem Ärger noch einmal Luft machen - an den Wahlurnen bei den Europawahlen. Gewinner wäre nicht die politische Mitte.

*Der Beitrag "Warum Macron mit den "Gelbwesten" nicht kann" stammt von Deutsche Welle. Es gibt keine redaktionelle Prüfung durch FOCUS Online. Kontakt zum Verantwortlichen hier.

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- G20 tut sich schwer mit globalen Problemen

G20 tut sich schwer mit globalen Problemen
Wie der Welthandel künftig organisiert werden soll, ist beim Gipfel der G20 umstritten. Kanzlerin Merkel kann erst am zweiten Tag in die Gespräche eingreifen. Aus Buenos Aires Bernd Riegert.

Der Gastgeber des Gipfeltreffens, Argentiniens Präsident Maurico Macri, gab sich in seiner Eröffnungsrede alle Mühe, die Differenzen innerhalb der Gruppe der 20 wichtigsten Volkswirtschaften zu übertünchen. "Weltweite Herausforderungen verlangen nach globalen Antworten", sagte Macri im abgeschotteten Gipfelgebäude am Ufer des Rio de la Plata. Er appellierte an das Verantwortungsgefühl der versammelten Präsidenten, Premiers und Autokraten und forderte visionäre Kraft. Lösungen zum Thema Klimaschutz etwa verlangten nach Dialog und noch mehr Dialog, sagte Macri. Wer sich angesprochen fühlte, war an den Gesichtern der Politiker und Politikerinnen am kreisrunden Tisch im Saal nicht abzulesen.

Der Präsident des Europäischen Rates, Donald Tusk, hatte zuvor gemahnt, alle sollten diesen zehnten G20-Gipfel nutzen, um "wirklich ernsthaft" über die echten Probleme und Konflikte in der Welt zu reden. Tusk nannte Handel, den Bürgerkrieg im Jemen und die jüngste Aggression Russlands gegenüber der Ukraine als Beispiele. "Die G20 sollten sich darauf konzentrieren, Probleme zu lösen. Alle Voraussetzungen dafür sind gegeben, es braucht jetzt nur noch guten Willen", sagte Tusk vor Journalisten.

Haltung und Körpersprache am Beispiel Saudi-Arabien

Was hinter verschlossenen Türen im Saal währen der Arbeitssitzungen tatsächlichen besprochen wurde, ist weitgehend nicht bekannt. Aus einigen bilateralen Treffen gab es zumindest einige Informationshäppchen. Wer mit wem in der G20 kann und ob die Chemie zwischen den führenden Köpfen stimmt oder nicht, versuchte der lokale Fernsehsender Kanal 9 in Buenos Aires mit Hilfe eines Therapeuten herauszufinden, der sich mit Gesten und Körpersprache der Teilnehmer beschäftigte. Wer schüttelt wie lange die Hand? Wer umarmt wen? Besondere Aufmerksamkeit bekam der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman, der verdächtigt wird, den Mord an dem saudischen Journalisten Jamal Kashoggi in der Türkei beauftragt zu haben. Mohammed wurde herzlich von Russlands Präsident Wladimir Putin begrüßt. Ein baldiger Besuch Putins in Saudi-Arabien wurde angekündigt. Andere gingen eher auf zu Distanz. Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron sagte dem saudischen Machthaber, er sei sehr besorgt. Dieser soll geantwortet haben, dazu bestehe kein Grund. Den kurzen Dialog der Männer schnappte eine Fernsehkamera auf, die Bilder aus dem Sitzungssaal während der Begrüßung übertrug.

Der chinesische Präsident Xi Jinping hatte weniger Hemmungen. Er empfing den Saudi zu einem formellen bilateralen Gespräch am Rande des Gipfels. US-Präsident Donald Trump wiederum hielt auch ein wenig Distanz zum möglicherweise mörderischen Prinzen, hatte aber zuvor erklärt, der werde die milliardenschweren Geschäfte mit Saudi-Arabien nicht gefährden. Ihm gehe es ums Geschäft für Amerika, hatte Trump in mehreren Interviews erklärt. Auch die britische Premierministerin Theresa May hatte ein bilaterales Treffen mit dem Kronprinzen. Sie sagte ihm nach eigenen Angaben, er sollte wenigstens künftig Mordkomplotte gegen unliebsame Journalisten verhindern.

Putin beschwert sich

Ein Gipfeltreffen zwischen dem russischen und dem amerikanischen Präsidenten wurde vom Weißen Haus abgesagt. Der Grund ist das international verurteilte russische Vorgehen gegen die ukrainische Marine im Schwarzen Meer. EU-Ratspräsident Tusk kündigte die Verlängerung der in der Ukraine-Krise ohnehin schon verhängten Sanktionen gegen Russland an. "Die EU ist geschlossen", sagte Tusk bezog das aber nicht auf neue Sanktionen. "Wir unterstützen die Ukraine." Der russische Präsident Wladimir Putin antwortete mit scharfer Kritik auf seine Ausgrenzung beim G20-Treffen. Es gebe eine beklagenswerte "gemeine Praxis, illegale unilaterale Sanktionen" einzusetzen, sagte Putin. Die Staaten wollten sich so offenbar Wettbewerbsvorteile verschaffen und die Regeln des Welthandels umgehen. "Das führt zu einem Kollaps der Geschäftsbeziehungen und einem Verlust von Vertrauen", sagte Putin. Die Weltwirtschaft werde ernsthaft geschädigt.

Putins Äußerungen wurden in Buenos Aires aus als Kritik an den Strafzöllen der USA gegen China, Europa, Mexiko und Kanada gewertet. Handelsfragen sollen am Samstag im Fokus stehen, wenn der amerikanische Präsident Donald Trump seines chinesisches Gegenüber, Präsident Xi Jinping treffen wird. Trump soll gesagt haben, die Gespräche könnten gut ausgehen. Xi ließ verbreiten, die Gemeinsamkeiten mit den USA wüchsen, es gebe aber noch Differenzen.

Merkel kommt spät

Bundeskanzlerin Angela Merkel wird erst am Samstag in die politischen Gespräche beim Gipfel eingreifen. Sie kam wegen einer Flugzeugpanne erst zum Galadinner am Freitagabend an. Merkel will am Samstag sowohl den russischen Präsidenten als auch den amerikanischen treffen. Die Ukraine und die drohenden Zölle gegen deutsche Autohersteller im USA-Geschäft stehen auf ihrer Liste. Unterdessen laufen die Arbeiten an einer einheitlichen Gipfelerklärung weiter. Bislang wurde noch kein Kompromiss erzielt.

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Von Madrid nach Buenos Aires - Fluggast macht Foto von skeptischer Merkel an Bord von Linienflugzeug

Von Madrid nach Buenos Aires: Fluggast macht Fotos von skeptischer Merkel an Bord von Linienflugzeug

Immerhin durfte sie Business Class fliegen und musste sich nicht in einen Mittelsitz ganz hinten im Flieger hineinquetschen. Mit zwölf Stunden Verspätung ist Bundeskanzlerin Angela Merkel in einer Linienmaschine zum G20-Gipfel in Buenos Aires angekommen. Und wie war es so für die Kanzlerin an Bord des Iberia-Flugs? Ein Fluggast machte Beweisfotos.

„Merkels gesamte Entourage ist gerade in den gleichen Flug eingestiegen, der mich nach Buenos Aires bringen wird“, schrieb der argentinische Vielflieger und Reiseblogger Agustin Agüero auf Twitter. Wenig später teilte Aguero zwei Fotos, die er heimlich von der Kanzlerin aufgenommen hatte. Sie zeigen, wie eine skeptische Merkel zu ihrem Platz in der Business Class zurückgeht – direkt neben dem Platz des Reisebloggers.

Eine unangenehme Situation für die Kanzlerin. Mindestens ebenso unangenehm: das Frühstück, das ihr kredenzt wurde. Agüero teilte nämlich auch davon ein Bild. Zu sehen sind: zwei Toastbrötchen, Butter, ein bisschen Obst sowie ein Teller, der entfernt an Rührei mit Schinken erinnert.

Dabei dürfte die Kanzlerin seit Stunden nichts Ordentliches mehr gegessen haben. Auch im Bonner Hotel, in dem sie mit ihrer Entourage kurzfristig einquartiert worden war, hatte es so spät nachts nur noch für Brötchen gereicht.

Schnell ab zum Gala-Dinner

Am Freitagabend um 21.52 Uhr deutscher Zeit (17.52 Uhr Ortszeit) kam Merkel schließlich in Buenos Aires an. Die argentinische Sicherheitsministerin Patricia Bullrich hatte die Kanzlerin, den mit ihr reisenden Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) und ihre Entourage empfangen und zügig durch den Sicherheitsbereich befördert.

Anschließend wurde Merkel in hohem Tempo in das rund 40 Kilometer vom Flughafen entfernte Zentrum von Buenos Aires gebracht. Im berühmten Teatro Colón standen am Abend eine künstlerische Reise durch Argentiniens Kultur und Geschichte und ein Dinner der G20-Staats- und Regierungschefs an. Dort gab es dann endlich etwas Richtiges zu essen: Königskrabbe, Rindersteaks, Lamm und den berühmten argentinischen „Choripan“-Hotdog.

Im Video: Merkel-Flugzeug musste notlanden – für Luftfahrtexperten war das nur Frage der Zeit  

flr/mit dpa-Material
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Rückkehr der Retter - NGO rettet wieder Flüchtlinge – und diesmal unter deutscher Flagge

Rückkehr der Retter: NGO rettet wieder Flüchtlinge – und diesmal unter deutscher Flagge

Nach monatelanger Zwangspause haben private Hilfsorganisationen wieder damit begonnen, Rettungsschiffe ins Mittelmeer zu entsenden. Hintergrund der erneut anlaufenden Hilfsmissionen sind einerseits diplomatische Anstrengungen, andererseits eine veränderte Strategie der Retter.

Bereits am 24. November lief das Schiff „Professor Albrecht Penck“ der Hilfsorganisation Sea-Eye aus Rostock zu seiner ersten Mission aus. Die „Penck“ wird das erste Rettungsschiff sein, das unter deutscher Flagge fährt und in Deutschland zugelassen ist. Bislang hatten deutsche Organisationen ihre Schiffe und Boote im Ausland registriert, weil dort eine Zulassung als Sportboot möglich war – und damit wesentlich billiger.

„Wir haben uns entschieden, die Herausforderungen der strengen Auflagen der deutschen Flagge erfüllen zu wollen, um mit größtmöglicher Rechtssicherheit in den Einsatz zu starten“, hieß es in einer Mitteilung.

Muss Deutschland Gerettete aufnehmen?

Unklar ist, ob Deutschland damit gezwungen ist, von der „Professor Albrecht Penck“ gerettete Menschen aufzunehmen. Italiens Innenminister Matteo Salvini hatte in der Vergangenheit darauf bestanden, dass der Flaggenstaat des Schiffes die Migranten aufnehmen solle – nicht Italien. Das wäre im Falle des Sea-Eye-Schiffs die Bundesrepublik.

Die Regierung in Italien hatte unter Federführung des rechtsextremen Innenministers bereits mehrmals Rettungsschiffe von privaten Hilfsorganisationen blockiert und verbietet ihnen die Einfahrt in italienische Häfen. Seit der Blockade kommen kaum mehr Migranten in Italien an.

Wegen der Blockade und dem juristischen Vorgehen der EU-Staaten Malta und Italien gegen die privaten Lebensretter war diesen Sommer zeitweise kein einziges Rettungsschiff im Mittelmeer unterwegs. Die Zahl der Toten ist daher stark angestiegen. Laut Statistiken des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR sind 2119 Menschen dieses Jahr bei der Überfahrt von Nordafrika nach Europa entweder gestorben oder gelten als vermisst. Das zeigt: Die Retter werden gebraucht – dringend.

Mission Lifeline schickt Rettungs-Flotte

Neben Sea-Eye wird auch die Nichtregierungsorganisation (NGO) Mission Lifeline demnächst wieder mit der Rettung Schiffbrüchiger Flüchtender aus dem Mittelmeer beginnen. Anders als Sea-Eye verlässt sich Mission Lifeline hierbei aber auf eine neue Strategie statt einer neuen Flagge. Die NGO wird nach eigenen Angaben künftig eine ganze Flotte von Segelyachten einsetzen, um Menschen vor dem Ertrinken zu bewahren. Die Yachten werden von Privatpersonen geliehen.

Im Gegensatz zu den bisher eingesetzten Fischkuttern sind die Segelyachten echte Sportboote und können dementsprechend auch als solche registriert werden. Damit sollen die rechtlichen Probleme, die eine Anmeldung von Nicht-Sportschiffen als Sportschiffe in ausländischen Schiffsregistern mit sich bringen kann, umgangen werden. Malta hielt beispielsweise das Rettungsschiff „Sea Watch 3“ monatelang mit dem Argument fest, es hätten nötige Zulassungen gefehlt.

Zusammenschluss europäischer NGOs

Drei weitere NGOs haben außerdem eine gemeinsame Mittelmeer-Mission zur Rettung von Flüchtlingen begonnen. Die NGOs Proactiva Open Arms aus Spanien, Sea-Watch aus Deutschland und Mediterranea aus Italien teilten in Barcelona mit, dass die „Open Arms“, die „Sea-Watch 3“ und die „Mare Jonio“ seit Freitag in internationalen Gewässern vor Libyen kreuzten. Die "Mare Jonio" war bereits Anfang Oktober in die Gewässer aufgebrochen.

Seit dem erzwungenen Ende der Mission der „Aquarius“ der Organisationen Ärzte ohne Grenzen und SOS Méditerranée verkehrten keine privaten Rettungsschiffe mehr in dem Seegebiet. Derzeit liegt die „Aquarius“ im südfranzösischen Hafen Marseille. Panama hatte dem Schiff nach einer Beschwerde aus Italien die Flagge entzogen. Nach dem Willen der italienischen Justiz soll es beschlagnahmt werden.

Das bislang in Malta festsitzende Rettungsschiff „Seefuchs“ von Sea-Eye darf offenbar auslaufen. Die „Seefuchs“ werde nach Deutschland überführt, wie „Zeit Online“ bereits letzte Woche unter Berufung auf die Schiffseigner berichtete.

Im Video: Flüchtlinge werden mit Lügen auf gefährliche Mittelmeer-Route gelockt 

pcl/mit dpa und AFP
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Margarete van Ackerens Berliner Woche - Geld für Bildungspolitik annehmen vom Bund? Besser nicht!

Margarete van Ackerens Berliner Woche: Geld für Bildungspolitik annehmen vom Bund? Besser nicht!

Es müssen schon spezielle Umstände sein, wenn ein Ministerpräsident der Grünen und ein Ministerpräsident der CSU an einem Strang ziehen. Sind es auch: Es gibt Geld. Der noch speziellere Umstand: Winfried Kretschmann und Markus Söder lehnen den Geldsegen ab. Aus gutem Grund.

Jubel allüberall: Der Bund spendiert dem Ländern Geld. Künftig soll es an Schulen in Deutschland mehr Laptops und Tablets geben. Fünf Milliarden Euro fließen von Berlin in die Länder. Damit kann man Unmengen an Tinte, Kreide und Papier überflüssig machen – tolle Aussicht!

Seit Monaten wird der Plan, für dessen Umsetzung das Grundgesetz geändert werden muss, von Politikern fast aller Parteien gepriesen. Schließlich will doch niemand, dass Deutschlands Schulen im Kreidezeitalter steckenbleiben, während Kinder in den meisten Ländern der Welt längst mit größter Selbstverständlichkeit digital lernen.

Der Bundestag hat der nötigen Grundgesetzänderung schon zugestimmt, auch in der Länderkammer braucht es nun eine Zwei-Drittel-Mehrheit– wer will dazu schon Nein sagen? Baden-Württemberg zum Beispiel und jetzt auch Bayern. Die Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) und Markus Söder (CSU) haben Bedenken angemeldet. Und das aus gutem Grund. „Die Schulpolitik gehört zur Kernkompetenz der Länder. Der Föderalismus darf nicht ausgehöhlt werden“, mahnt Söder. Er fürchtet, dass sich demnächst der Bund – nach der Devise „Mehr Geld gegen mehr Mitsprache“ – verstärkt einmischt und künftig in Berlin bestimmt wird, was Kinder in München, Augsburg oder Nürnberg lernen.

Es geht um mehr als bloßen Berlin-Ekel

Söders Abneigung gegen alles, was aus der Hauptstadt kommt, ist bekannt. Doch diesmal geht es wahrlich um mehr als um seinen latenten Berlin-Ekel. Auch für seinen Amtskollegen aus Baden-Württemberg ist der Plan ein Gräuel. Kretschmann bekam vor einigen Wochen im Bundesrat sogar einen kleinen Wutanfall wegen der Sache.

Die Zustimmung zum Digitalpakt also bröckelt. Die Freude bei klammen Ländern und notleidenden Kommunen wurde zuletzt ohnehin schon etwas gedämpft. Denn der Bund verlangt mittlerweile, dass die Länder die Hälfte des Geldes selbst aufbringen.

Demokratie braucht Transparenz

Ministerpräsidenten, Bildungspolitiker und Finanzminister diskutieren nun immer leidenschaftlicher. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther CDU) will den Vermittlungsausschuss anrufen.

Dabei gibt es einen weiteren, vielleicht sogar noch wichtigeren Grund, den ungeahnten Geldsegen mit großer Skepsis zu betrachten: In einer funktionierenden Demokratie muss klar sein, wer wofür Verantwortung trägt. In einem Modell aber, in dem „eigentlich“ die Länder sind, aber „irgendwie" auch der Bund zuständig ist, mag es vieles geben – nur keine Klarheit über Zuständigkeiten und Verantwortung.

Wer ist wofür zuständig?

Schon die letzten Landtagswahlen in Hessen und Bayern waren – aus anderen Gründen – keine wirklichen Landtagswahlen. Um dem Wähler eine zielgenaue Wahl zu ermöglichen, braucht es aber eine zielgenaue Zuweisung von Verantwortung,

Die Föderalismusreform sollte 2006 die Zuständigkeiten von Bund und Ländern klarer sortieren. Dieser Plan ist erkennbar gescheitert. Jetzt soll offenbar die Devise gelten „Auf ein bisschen mehr Intransparenz kommt es auch nicht an.“

Folgenschwere Verwirrung

Für die Bildungspolitik in – sagen wir – Bremen aber trägt nun einmal die dortige Regierung die Verantwortung.  Wenn jedoch künftig Regierungschefs die miserable Ausstattung an Schulen mit einem Verweis auf mangelnde Unterstützung durch den Bund entschuldigen können, schafft das auf Dauer folgenschwere Verwirrung.

Also: Alles auf seinem bisherigen Platz lassen auf dem Bildungs-Flickenteppich namens Deutschland? Das mit Sicherheit nicht. Es braucht dringender denn je bundesweit einheitliche Bildungsstandards. Da hat die FDP mit ihrer seit Jahren andauernden Klage einfach nur Recht.

Politiker tun gut daran, von den Bürgern Mobilität und Flexibilität einzufordern. So lange aber Schülern beim Umzug ihrer Familie von Berlin nach Grimma die persönliche Katastrophe droht, sind solche mahnenden Hinweise eher ein Bumerang.

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- "Ehrenmorde könnten noch häufiger begangen werden"

"Ehrenmorde könnten noch häufiger begangen werden"
Das Ravensburger Landgericht verurteilte einen Syrer und einen Libanesen wegen eines versuchten Ehrenmordes zu mehreren Jahren Haft. Die DW sprach mit dem Psychologen Jan I. Kizilhan über die Hintergründe des Phänomens.

DW: Herr Kizilhan, die nun verurteilten Täter des Ravensburger Ehrenmordprozesses stammen aus Syrien und dem Libanon, also zwei mediterranen und zugleich muslimischen Ländern. Spielt die Herkunft aus diesem Raum bei den sogenannten Ehrenmorden eine Rolle?

Jan Ilhan Kizilhan: Es ist weltweit statistisch nachgewiesen, dass die sogenannten Ehrenmörder heute vornehmlich aus den arabisch-islamischen Ländern kommen. Das hat aber auch damit zu tun, dass es sich um traditionelle Gesellschaften mit patriarchalischen Strukturen handelt. Das findet man noch in Griechenland, Italien und anderen südeuropäischen Ländern. Dort existiert eine Männergesellschaft, die davon ausgeht, dass Frauen ihr Besitz sind. Sollten Frauen - aus Sicht der Männer - sich moralischer Verfehlungen schuldig machen, dann sind sie zu bestrafen. Das ist die Grundidee einer sogenannten Ehrverletzung.

Wie steht es heute in diesen Ländern um solche Werte? Sie werden ja auch von Frauenrechtlerinnen massiv in Frage gestellt.

In den letzten zehn Jahren gab es etwa auch in der Türkei immer wieder Frauenorganisationen, die dagegen auf die Straße gegangen sind. Sie erklären, dies seien traditionelle Werte, die nichts mit dem Islam zu tun haben, sondern vielmehr einer patriarchalen Vorstellungen entstammen. Für die Frauenrechtlerinnen ist diese Form von Ehre nicht akzeptabel, da sie eine Diskriminierung der Frauen bedeutet. Dennoch erleben wir, dass diese Strukturen in Ländern wie Iran, der Türkei, Irak, Syrien oder Saudi-Arabien seit Jahrhunderten so sehr verfestigt sind, dass die Frauen noch vor einem sehr großen und langen Kampf stehen - und wir natürlich auch, an ihrer Seite.

Zugleich sind die genannten Länder Teil einer globalen Moderne. Hat diese Moderne eine Wirkung?

Wenn wir auf Deutschland schauen: Ich habe in den letzten zehn Jahren 42 Gutachten zu sogenannten Ehrenmorden geschrieben. Vornehmlich beobachte ich, dass die Täter nicht nur der ersten Generation entstammen, die vielleicht in ihren Herkunftsländern sozialisiert wurden, sondern auch der zweiten und dritten Generation. Sie übernehmen diese Werte und Normen unkritisch, ohne zu wissen, was sie hier bedeuten. Darum müssen wir sowohl in den Herkunftsländern, aber auch in Europa viel stärker in die Öffentlichkeit gehen und dem Phänomen der Ehrenmorde präventiv begegnen.

Eine relativ einschneidende Erfahrung wie der Wechsel des Lebensmittelpunkts von einem Land in ein anderes hat demnach wenig Einfluss auf die traditionelle Kultur der Ehre?

Das hängt von den einzelnen Personen ab. Wenn Menschen nach Europa kommen, welche die westliche Vorstellung von der Gleichberechtigung von Mann und Frau begrüßen, wird die Zahl der Ehrenmorde sicherlich fallen. In Extremfällen sehen wir aber auch viele moderne junge Migrantinnen und Migranten mit einem islamischen Hintergrund - Personen, die aus patriarchalischen Gesellschaften stammen. Sind sie überzeugt, ihre Ehre sei verletzt worden, aktiviert sich ein so genanntes Handlungsprogramm. Diesem gegenüber sind die neu erlernten europäischen oder westlichen Wertesysteme noch nicht so stark verinnerlicht, dass sie diese einhegen könnten. Dann geschehen solche Taten.

Kann es auch umgekehrt sein? Dass also die Übersiedlung nach Deutschland diese kulturellen Reflexe verstärkt?

Das ist vor allem bei der ersten und der zweiten Generation der Migranten der Fall. Hier beobachten wir einen sogenannten Diaspora-Konservatismus. Der geht einher mit der Angst, die alten Werte und Normen zu verlieren. Auf diese Art haben sich Subkulturen entwickelt, die mit der Situation in den Herkunftsländern nicht mehr viel zu tun haben. So hat etwa ein durchschnittlicher Migrant aus der Türkei, der vor 50 Jahren nach Deutschland kam, sowohl einen Teil der westlichen deutschen Normen übernommen als auch einen Teil der alten traditionellen Werte beibehalten. Es kommt zu einer Vermischung, mit der man nicht wirklich mehr etwas anfangen kann, denn auch die Werten und Normen der heutigen Türkei haben sich ja verändert. So leben diese Migranten in einer Subkultur, gewissermaßen in einer "Dritten Welt". Das macht die Auseinandersetzung mit den hiesigen Werten sehr schwierig.

Sie haben erklärt, Sie rechneten in der Zukunft mit vermehrten Ehrenmorden.

Die Soziologie kennt Veränderungsprozesse im Verhältnis zweier unterschiedlicher Generationen. Die Migranten der ersten und zweiten Generation beginnen derzeit an Macht zu verlieren. Die erste Generation kommt ins Rentenalter, und die zweite beginnt ihre Macht innerhalb der Community auszubauen. In dieser Situation versuchen die traditionell orientierten Personen die alten Werte wieder auf die Tagesordnung zu setzen - denn so hoffen sie ihre Macht erhalten zu können. Daher meine Prognose - und sie wird durch die vorliegenden Zahlen bestätigt -, dass wir mit mehr Konflikten rechnen müssen. Entsprechend könnten auch sogenannten Ehrenmorde häufiger begangen werden.

Was kann man tun, um das Phänomen Ehrenmord einzudämmen?

Wir müssen viel stärker präventiv - beginnend im Kindergarten und in der Schule - mit Menschen mit Migrationshintergrund vor allem aus den islamischen Ländern diskutieren. Gleichzeitig müssen wir aber auch mit den Eltern und Großeltern in einen Diskurs gehen. Sie müssen erkennen, dass solche Verhaltensweisen nicht richtig sind. Wir erleben häufig, dass die erste Generation auch in traditionellen Gesellschaften mit sogenannten Ehrverletzungen relativ friedlich umgegangen ist. Doch das Wissen, wie man solche Konflikte löst, ist bei den Kindern und Jugendlichen wenig oder kaum vorhanden. Geboten sind darum Kampagnen, einschließlich der Einbindung von Migrationsvereinen. Diese müssen ganz klar Stellung beziehen und erklären, dass solche Handlungen nichts mit Ehre zu tun haben. Sondern dass es sich um Gewalt handelt - und jegliche Form von Gewalt ist zu bestrafen.

Das Interview führte Kersten Knipp.

Jan Ilhan Kizilhan ist ein Psychologe, Autor und Herausgeber. Er ist spezialisiert auf transkulturelle Psychiatrie und Traumatologie und Professor an der Dualen Hochschule Villingen-Schwenningen. 2016 veröffentlichte Kizilhan das Buch "Die Psychologie des IS. Die Logik der Massenmörder".

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- "Diese Spirale des Hasses darf nicht sein" / Eltern getöteter Freiburger Studentin gründen Stiftung

"Diese Spirale des Hasses darf nicht sein" / Eltern getöteter Freiburger Studentin gründen Stiftung
Maria Ladenburger war ein offener, hilfsbereiter Mensch, studierte Medizin und wollte als Ärztin für ihre Mitmenschen da sein. Vor zwei Jahren wurde sie von einem Flüchtling ermordet. Ein Verbrechen, das für bundesweite Aufmerksamkeit sorgte.

DOMRADIO.DE: Die Eltern von Maria Ladenburger haben jetzt im Namen ihrer Tochter eine Stiftung gegründet, die Maria Ladenburger-Stiftung. Den Vorsitz haben Sie übernommen. Welche Verbindung haben Sie zur Familie Ladenburger?

Dr. Michael Lauk (Vorsitzender der Maria Ladenburger-Stiftung): Die Familie Ladenburger habe ich bis Anfang dieses Jahres überhaupt noch nicht gekannt. Ich bin Vorsitzender des Verbands der Freunde der Universität Freiburg. Wir managen Stiftungen, die unselbstständig sind. Wir wurden Anfang Januar von der Familie Ladenburge kontaktiert, die gerne im Umfeld der Universität eine Stiftung gründen wollte. So kam ich praktisch mit der Familie in Verbindung.

Es war damals sehr interessant, selbst zu erleben, wie wenig man sich bis dorthin als Freiburger mit dem Opfer dieser Tat beschäftigt hat. Die Tat war ja in der Stadt präsent. Es war schrecklich, was damals in der Stadt an Unsicherheit unterwegs war – bis heute übrigens. Für uns im Verband war natürlich die Stiftungsgründung relativ ungewöhnlich. Aber so kamen wir eben mit der Familie Ladenburger in Verbindung und haben uns später auch getroffen und viel telefoniert.

DOMRADIO.DE: Das Verbrechen an Maria Ladenburger wurde und wird auch noch von verschiedenen Gruppen politisch instrumentalisiert. Diese Stiftung will jetzt aber betonen, dass sie genau das nicht will. Sie will keinem politischen Zweck, sondern einem karitativen Zweck dienen. Inwiefern?

Lauk: Der Punkt ist natürlich sehr wichtig. Es geht im Grunde genommen darum, dass man den Namen Maria in den Vordergrund stellt, ihre Ideale, ihr Leben, was sie auch gemacht hat. Sie ist Medizinstudentin gewesen, ist dem Studium mit Begeisterung nachgegangen, weil sie Ärztin werden wollte, um anderen Menschen zu helfen. Es war also ganz klar auch ein Teil von ihr.

Dieser karitative Hintergrund soll allerdings auch in der Hinsicht nicht weiter instrumentalisieren, dass überhaupt nicht um die Opfer getrauert wird. Das macht die andere politische Seite - mehr am rechten Rand - ja bei solchen Verbrechen immer wieder, nicht nur bei diesem in Freiburg, sondern auch bei anderen. Damit werden einfach nur die eigenen Ziele in den Vordergrund gestellt. Darum soll es gar nicht gehen.

Was vielleicht auch wichtig ist zu korrigieren: Es wird immer wieder gesagt, dass sie in der Flüchtlingshilfe gearbeitet hat. Das stimmt so gar nicht. Wir sind immer wieder erstaunt, woher das kommt. Das hält sich auch relativ hartnäckig. Sie war in einem Verein tätig, der unter anderem auch ein Projekt hatte, aber sie selbst war mehr in der Entwicklungshilfe im Bereich der Unterstützung von Bildung in Ghana unterwegs, das war ihr Steckenpferd.

DOMRADIO.DE: Die Familie hat tatsächlich zu all dem Leid und der Trauer, die es da zu bewältigen gab und gibt zusätzlich auch noch Hassmails bekommen und ist angegangen worden. Wieso? Was genau ist da vorgefallen?

Lauk: Der Hintergrund ist, dass es Menschen gibt, die der Familie und Angehörigen nahelegen, dass schreckliche Dinge der Lohn seien oder, sage ich mal, die Folge davon seien, dass man weltoffen ist und offene Grenzen hat und auch Kinder weltoffen erzieht. Es gibt sehr viele Menschen, die daraus einen Vorwurf bauen wollen und versuchen, unter den Menschen Hass zu streuen. Aus so einer Tat soll praktisch noch mehr Hass auf bestimmte Gruppen geschöpft werden.

Dem ist die Familie ganz klar entgegengetreten, auf der Veranstaltung letzte Woche zum Beispiel, das kam abends sogar in den Tagesthemen. Der Vater und die Mutter sind dem da noch einmal ganz deutlich entgegengetreten und haben gesagt, dass diese Spirale des Hasses nicht sein darf. Die bringt auch eine Gesellschaft nicht weiter. Und die wäre auch nicht in Marias Sinne gewesen.

DOMRADIO.DE: Wie sind heute die Reaktionen auf diese Stiftung? Gibt es da mittlerweile auch Unterstützer?

Lauk: Es gibt extrem viele Unterstützer, teilweise sogar so viele, dass wir im Verband der Freunde personell und administrativ damit überfordert waren. Davon sind wir sehr angetan. Es gab auch sehr große Unterstützer, teilweise natürlich Freunde, Verwandte, Bekannte der Familie, aber teilweise auch Menschen, die im Grunde genommen mit der Familie oder mit uns im Verband der Freunde nicht direkt in Verbindung stehen, sondern einfach davon gelesen haben, die Idee toll finden und sagen: Das würden wir gerne unterstützen.

Da gab es doch sehr viele positive Signale, viele positive E-Mails und Schreiben, was uns sehr gefreut hat! Wir sind zuversichtlich, dass doch viele Menschen optimistisch in die Zukunft blicken.

Das Interview führte Verena Tröster.

DOMRADIO.DE
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- Schlecht essen in Frankreich?

Schlecht essen in Frankreich?
In das hohe Lied auf Frankreichs Küche mischen sich Misstöne. Der Präsident der Französischen Zentrale für Tourismus hat den Zustand vieler französischer Restaurants kritisiert.

Der Standard in französischen Bistros gehe seit Jahren zurück, so Philippe Faure, Präsident von Frankreichs Tourismusvermarktung "Atout France": "Vor 40 Jahren konnten Sie durch das ganze Land reisen und alle 20 Kilometer für ein gutes Essen anhalten. Überall gab es gute Restaurants." Heute sei das nicht mehr so. Wenn man ohne Gastronomieführer durch Frankreich führe, habe man kaum eine Chance, zufällig auf ein gutes Restaurant zu treffen. Da seien die Möglichkeiten in der Schweiz, Spanien oder Italien größer.

Auch in den Großstädten sei die Situation nicht besser, betont Faure: "Zu wenige gute Bistros und zu wenige junge Leute, die gerne gut kochen wollen."

Bei aller Kritik befinden sich die beiden besten Restaurants der Welt in französischer Hand: "Guy Savoys Riverside" in Paris und das "Le Bernardin" in New York, geführt vom in Frankreich geborenen Eric Ripert. Das geht aus dem internationalen Gastronomie-Ranking "La Liste" 2019 hervor, das seit vier Jahren die weltweit 1000 besten Restaurants auszeichnet - und dessen Initiator Philippe Faure ist.

Das Ranking wertet Millionen von Rezensionen aus und fasst sie in einer App zusammen. Basis sind Bewertungen von Gastroführern wie dem Guide Michelin, Zeitungen wie der New York Times und von Onlineportalen wie Yelp oder Tripadvisor. "La Liste" wurde 2015 als Gegengewicht zum britischen Restaurantführer "The World's 50 Best Restaurants" gegründet, dem seit langem vorgeworfen wurde, Frankreichs Küche zu diskreditieren.

fm/ks (france.fr, leparisien.fr, AFP)

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Rudel verfolgen Mädchen auf Pferden - „Politiker ignorieren unsere Angst“: Wolf-Attacke schürt Wut bei Bauern und Familien

Rudel verfolgen Mädchen auf Pferden: „Politiker ignorieren unsere Angst“: Wolf-Attacke schürt Wut bei Bauern und Familien

Sollte die DNA-Probe den Wolfsangriff auf einen Gärtner in Steinfeld bei Bremen bestätigen, könnte die Schonzeit für das Raubtier, das seit zehn Jahren wieder durch Deutschlands Wälder streift, vorbei sein. Es mehren sich Berichte, dass ganze Wolfsrudel junge Reiterinnen verfolgen. In dem kleinen Ort Steinfeld wachsen indes Angst und Wut von Bürgern und Landwirten. Sie fühlen sich von der Politik verraten.

Die Vorgeschichte für den möglicherweise ersten Angriff eines Wolfs auf einen Menschen nach der Rückkehr des Raubtieres in unsere Wälder klingt wie ein Witz. Denn der Anlass, weswegen der 55-jährige W. überhaupt gebissen wurde, waren Karnickel und Hasen. Der Aushilfsarbeiter der 300-Seelen-Gemeinde Steinfeld 30 Kilometer nordöstlich von Bremen war am Mittwoch mit dem Flicken des Maschendrahtzauns am Friedhofs beschäftigt. Er sollte im Auftrag der Gemeinde eine undichte Stelle schließen, unter der die Tiere durchschlüpften, um Blumen von den Gräbern zu essen. „Als er dann während der Arbeit mit der Hand nach hinten griff, um Werkzeug zu nehmen, hat ihn offenbar ein Wolf in die Hand gebissen“, erzählt Bernd Mindermann, Landwirt und Ratsmitglied von Steinfeld.

Angebliches Opfer kennt sich mit Tieren aus

So wie es aussieht, hat W. noch einmal Glück gehabt. Er soll nur leicht verletzt worden sein, was er womöglich auch seiner Unerschrockenheit zu verdanken hat. Der 55-Jährige wird von der Gemeinde abgeschirmt vor den Medien, W. selbst wolle mit niemandem sprechen, sagt Mindermann, der das Opfer kennt. „W. ist in der Landwirtschaft aufgewachsen, kennt sich mit Tieren aus. Ein Landwirt lässt sich nicht von einem Wolf beeindrucken. Der nimmt einen Stock, macht sich groß und brüllt den Wolf an, Punkt. Dann trollt der sich schon.“ W. soll den Wolf mit einem Hammer in die Flucht geschlagen haben.

Als er attackiert wurde, hat W. offenbar noch drei weitere Wölfe gesehen, sagt Mindermann und zeigt auf die Stelle im Wald, der direkt an den Friedhof grenzt. „Da sind 15 Quadratkilometer Moorland, ideal als Lebensraum für die Wölfe“.

Das einzige, was Mindermann bislang an der Geschichte von dem Wolf zweifeln lässt, ist die Farbe eines der drei anderen Tiere. „Zwei waren grau, ein dritter offenbar schwarz. Es gibt aber keine schwarzen Wölfe.“ Vielleicht waren es doch Hunde? Bevor man „voreilige Schlüsse zieht“, solle man daher nun erst einmal das Ergebnis der DNA-Probe abgewartet werden, die das Tier mit seinem Speichel an der Hand von W. hinterlassen hat, sagt Mindermann.

Sorge um Sicherheit

Doch der 58-Jährige hat einen klaren Standpunkt zum Thema Wolf – und ist in Steinfeld einer der wenigen, die überhaupt noch über das Thema reden. Nicht von ungefähr ist er Ortsvertrauensmann der Landwirte von Steinfeld.

Der „emotionalste Aspekt“ sei natürlich die Sicherheit der Menschen. Vor allem, was kleine Kinder betrifft. „Meine Kinder sind zum Glück inzwischen groß. Wenn sie noch klein wären, würde ich mir jetzt sicher auch Sorgen machen“, sagt Mindermann, der 300 Rinder hat und mit 200 Hektar Land einer von drei verbliebenen Vollerwerbsbauern in Steinfeld ist. „Es ist kein Zufall, dass der Mensch den Wolf zum Hund domestiziert hat. Beide suchen die Nähe zueinander.“ Der Mensch zähle nicht zum Beuteschema des Wolfs. „Doch ich hätte Bedenken, Kinder allein auf dem Hof zu lassen. Es ist hier in der Gegend schon oft passiert: Plötzlich stand da einfach ein Wolf auf dem Gehöft.“

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Nicht die einzigen Vorfälle, sagt Mindermann. „Ich habe inzwischen mehrere Berichte von Wölfen gehört, die Reiter im Wald oder auf dem Feld verfolgt haben. Und auf den Pferden sitzen oft keine erfahrenen Landwirte, sondern junge Mädchen, die nicht wissen, wie sie sich verhalten sollen“, erzählt Mindermann. Einmal soll sogar ein ganzes Rudel eine Reiterin verfolgt haben. Er selbst habe im vorigen Jahr einen Wolf auf einer seiner Weiden gesehen, als er mit dem Traktor Dünger ausgefahren habe. „Er hat mich 20 Sekunden lang angestarrt und ich ihn, und dann ist er weitergetrottet.“

Ärger über Politik

Das, was die Bauern dabei am meisten ärgert, ist die Reaktion der Politiker. „Sie nehmen die Ängste der Bevölkerung nicht wahr und wundern sich dann, dass die Menschen immer öfter radikale Parteien wählen.“ Die Ankündigung von Niedersachsens Landwirtschaftminister Olaf Lies (SPD), den Steinfelder Wolf dem Wildbestand zu „entnehmen“, wie der Abschuss politisch korrekt heißt, habe bei den Bauern „schallendes Gelächter“ ausgelöst. „Wie will er das denn machen?“, fragt Mindermann.

Um rauszubekommen, welches Tier genau W. angegriffen hat, müsste der Minister alle Tiere töten lassen, und das werde er niemals machen. „Typisch SPD: Sie kündigen etwas an, um niemandem weh zu tun, aber machen am Ende nichts“, ärgert sich Mindermann. Sie wollten es sich mit den Tier- und Naturschützern „nicht verscherzen“, sagt der Landwirt: „Die Politik vertuscht die Probleme mit dem Wolf“.

Wut über Regelungen

Das zweite große Problem bei der Rückkehr der Wölfe betreffe vor allem die Landwirte. Keiner der Bauern wolle mehr über die Tiere sprechen, da sie von der Politik nicht ernstgenommen würden, schimpft der Steinfelder. Immer öfter würden Wölfe Vieh auf den Weiden reißen. Doch viele Landwirte trauten sich nicht mehr, die Behörden zu verständigen. Denn: Eine Meldung habe zur Folge, dass Polizei, Veterinärsamt und andere Behörden eine "Bürokratiewelle" losträten, unter der "Bauern erstickten", sagt Mindermann.

Es gäbe zwar Entschädigungen, aber nur für Landwirte, die Wolfszäune errichtet hätten. Die wiederum kosteten den Steuerzahler „ein Heidengeld“, obwohl sie „nutzlos“ seien, weil die Wölfe drüberspringen. Mindermann ärgert sich über die "völlig irrsinnige Regelungswut“. „Die Politik macht die Landwirschaft systematisch kaputt. Wir werden alleingelassen mit unseren Sorgen."

Bauer befürwortet Abschuss

Er selbst habe bislang noch keine Probleme mit den Wölfen gehabt. Aber inzwischen denkt auch er über Sicherungsmaßnahmen nach. „Ich lasse die Muttertiere ein halbes Jahr im Freien kalben. Die Kälber sind ein gefundenes Fressen für die Wölfe, es ist für sie ja auch viel leichter, diese Tiere zu reißen.“

Für ihn sei klar, dass es „nur noch eine Frage der Zeit ist, bis es zum ersten richtig schlimmen Angriff auf einen Menschen kommt". Die Schäden entstünden nicht nur in der Landwirtschaft, sondern auch beim Deichschutz, wo Schafe gezielt zur Verfestigung der Böden zum Weiden hingetrieben würden. Und auch der Tourismus hänge von den Schafen ab. „Ich bin mir sicher, dass es in zehn Jahren ganz normal sein wird, dass Wölfe abgeschossen werden. Anders wird es nicht gehen“, ist sich der Steinfelder Gemeinderat sicher.

Kein Kommentar des Bürgermeisters

Die Verwaltungsebene reagiert nach dem Zwischenfall in Steinfeld jedenfalls hochgradig nervös. „Das Thema Wolf ist bei uns seit langem präsent“, sagt Jochen Albinger, Bürgermeister von Bülstedt. Die zuständigen Landesbehörden seien derzeit mit der genauen Untersuchung des Angriffs beschäftigt. Bevor die DNA-Probe nicht endgültige Gewissheit bringe, das es sich wirklich um einen Wolf gehandelt hat, der den 55-järhigen W. angegriffen hat, zieht es Albinger vor, den Vorfall nicht zu kommentieren.

Sollte sich der Wolfsverdacht bestätigen, könnte dies eine Debatte auslösen, die sich auch mit gezielten Abschüssen von Wolfen beschäftigt. Doch auch das will Albinger nicht kommentieren. „Die Regeln, wie dann reagiert werden soll, um die Sicherheit zu gewährleisten, legen nicht die Kommunen fest, sondern die Landespolitiker.“

Im Video: Gab es eine Attacke auf einen Menschen? Experte bezweifelt Wolfsangriff

 

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*Der Beitrag "G20: Erst Kaffeerunde, dann Handelskonflikte" stammt von Deutsche Welle. Es gibt keine redaktionelle Prüfung durch FOCUS Online. Kontakt zum Verantwortlichen hier.

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