DOMRADIO.DE: Wie sehr ist die ökologische Landwirtschaft von der Hitze beziehungsweise der Dürre betroffen?
Felix Prinz zu Löwenstein ( Öko-Pionier, Agrarwissentschaftler und Vorstandsvorsitzender des Bunds ökologischer Lebensmittelwirtschaft): Das ist regional sehr unterschiedlich. Dort, wo es seit Monaten nicht mehr geregnet hat, sind Biobauern von der Dürre betroffen und auch in großen Nöten. Wir müssen uns mit diesen Wetterextremen auseinandersetzen: ob Dürre oder eben manchmal auch extremer Starkregen mit Überschwemmungen. Wir müssen über ganz neue Landbau-Methoden nachdenken, die besser mit solchen Extremen umgehen können.
DOMRADIO.DE: Und was wären das für Methoden?
Felix Prinz zu Löwenstein: Da denke ich jetzt an den ökologischen Landbau, weil er durch mehr Bodenleben, durch eine höhere Bodenfruchtbarkeit, durch mehr Humus im Boden und durch vielfältigere Fruchtfolgen widerstandsfähiger ist.
DOMRADIO.DE: Das heißt ein Beispiel: Die Kartoffeln werden ja dieses Jahr zum Beispiel im konventionellen Anbau kleiner ausfallen, die Fritten kürzer. Das ist bei Ihnen auch so? Oder nicht so?
Felix Prinz zu Löwenstein: Ich will jetzt nicht den Eindruck erwecken, als ob man nur Öko-Landbau machen müsste. Auch dann ist man nicht vor all diese Probleme sicher. Es ist ja nur die Frage: Wie wird man widerstandsfähiger. Denn diese Extreme nehmen durch den Klimawandel immer mehr zu. Und: Wir haben selber bei uns Zuhause Kartoffeln. Wir werden natürlich kleinere Kartoffeln haben und eine geringere Ernte. Das ist keine Frage.
DOMRADIO.DE: Aber Sie haben schon gesagt, ein Mittel ist eben mehr Leben in den Boden zu bekommen. Was noch? Was muss passieren, damit man besser für den Klimawandel gerüstet ist?
Felix Prinz zu Löwenstein: Wir müssen, glaube ich, über ganz andere Agrarlandschaft nachdenken. Warum trocknen Böden schnell aus? Ein Grund ist etwa der Wind. Den können zum Beispiel Hecken abbremsen. Denken Sie gerade an diese riesigen Felder, die wir in Ostdeutschland haben. Das ist etwas, was auf Dauer so nicht funktioniert.
DOMRADIO.DE: Wind ist das Eine. Und bei was schützt vor der Hitze?
Felix Prinz zu Löwenstein: Der Boden trocknet schnell aus, da er etwa beim Säen nackt ist. Hier gibt es die Möglichkeit, den Boden ständig begrünt zu halten. Wie kriegen wir da eine Begrünung das gesamte Jahr über hin? Da gibt es auch bei den Biobetrieben noch viel zu lernen.
DOMRADIO.DE: Kann man das denn so pauschal sagen?
Felix Prinz zu Löwenstein: Da ist nicht jede Methode das Rezept für überall. Sondern da muss jeder seine eigene Methode suchen. Aber klar ist, wir können so nicht weitermachen und hoffen, dass dann im Schadensfall irgendjemand dafür eintritt. Das wird nicht funktionieren.
DOMRADIO.DE: Es ist auf alle Fälle ein heißer und trockener Sommer mit vielen Schwierigkeiten für Landwirte. Ist das so ein Moment, wo Se dann auch viel mehr gehört werden, als vorher? Merken Sie, dass Ihre Forderungen ernster genommen werden?
Felix Prinz zu Löwenstein: Das merke ich in der Tat. Zum Glück nicht erst seit der Trockenheit. Ich habe das auch schon bei der Diskussion um das Insektensterben gemerkt, dass solche Themen eine öffentliche Warnung bekommen.
DOMRADIO.DE: Werden die Menschen sensibler?
Felix Prinz zu Löwenstein: Wir Menschen merken, dass wir von unserem Ökosystem abhängen. Am Ende sind auch die Lebensgrundlagen künftiger Generationen gefährdet. Sie sprechen uns an und wollen wissen, wie wir das anders machen, welche Erfahrungen wir haben, welche Wege man gehen könnte, damit die Landwirtschaft auf Dauer enkeltauglich wird.
DOMRADIO.DE: Und wie?
Felix Prinz zu Löwenstein: Wir müssen die Art und Weise verändern, wie wir mit unseren natürlichen Ressourcen, wie wir mit den Böden und den Landschaften umgehen. Sonst destabilisieren wir unsere Ökosysteme.
DOMRADIO.DE: Der Bauernverband fordert Unterstützung von der Regierung. Bekommen denn die Ökolandwirte auch was davon ab. Oder: Müssten sie da selber Forderungen stellen?
Felix Prinz zu Löwenstein: Nein, die Unterstützung ist ja erst einmal nur so in den Raum gesetzt worden. Das ist ja in der Durchführung nicht ganz so einfach. Da geht es um EU-Wettbewerbsrecht, da geht es um die Frage: Wie weiß denn jemand, dass er schlechtere Ernten hat als im Durchschnitt der Vorjahre. Das wird alles nicht so ganz einfach werden.
DOMRADIO.DE: Wo könnte man also ansetzen?
Felix Prinz zu Löwenstein: Als allererstes sollten mal die Verpächter - also die deren Pachteinnahmen aus der Wirtschaftskraft ihrer Pächter erzeugt werden - darüber nachdenken, ob sie in diesem Jahr nicht mal die Pacht-Preise runtersetzen.
Und da denke ich gerade in Ostdeutschland als allererstes an den Staat. Der ist nämlich dort der größte Verpächter, das ist der Bundesfinanzminister. Und ich finde es ein Unding, dass man dann einfach sagt, wie es meinen Bauern geht, das ist mir ganz egal. Sie sollen genauso viel zahlen wie vorher.
Das Interview führte Heike Sicconi.