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Friday, August 31, 2018

Panne mit Folgen - Polizei Sachsen hätte früher Verstärkung bekommen können, rief aber falsche Nummer an

Panne mit Folgen: Polizei Sachsen hätte früher Verstärkung bekommen können, rief aber falsche Nummer an
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Einem Medienbericht zufolge ist der sächsischen Landespolizei eine folgenschwere Panne unterlaufen. Wie die „Welt am Sonntag“ (WamS) schreibt, hätte die Polizei bereits bei den Demonstrationen am Montag Unterstützung durch die Bundespolizei bekommen können.

Jedoch habe man sich an die falsche Stelle gewandt: Statt dem für solche Anfragen zuständigen zentralen Bundespolizeipräsidium in Potsdam sei bei der Bundespolizei in Pirna angefragt worden, die jedoch keine Beamten entsenden konnte. Warum der übliche Verfahrensweg nicht eingehalten wurde, sei unklar, schreibt die WamS. Der Vorgang sei der Zeitung vom sächsischen Innenminister Roland Wöller bestätigt worden. Auch die Bundespolizeidirektion Pirna bestätigte, dass die Anfrage nicht wie üblich beim Bundespolizeipräsidium Potsdam ankam.

Am Montag standen in Chemnitz nur rund 600 Polizeibeamte etwa 7500 Demonstranten gegenüber. 20 Menschen wurden unter anderem durch Stein- und Flaschenwürfe verletzt, darunter zwei Polizisten. Die Polizeiführung war kritisiert worden, weil sie nicht mehr Beamte eingesetzt hatte.

Für die Absicherung von am Samstag geplanten Demonstrationen hat Sachsen diesmal wie zuvor von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) angeboten die Unterstützung der Bundespolizei angefordert.

Polizei ist grundsätzlich Sache der Länder. Das Bundespolizeigesetz sieht aber ausdrücklich vor, dass die Bundespolizei die Landespolizei in bestimmten Fällen unterstützen darf. So kann ein Bundesland die „zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung in Fällen von besonderer Bedeutung“ um Hilfe bitten, wenn das Land sonst die Aufgabe „nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten erfüllen kann“.

Video: Migranten sollen in Wohnungen bleiben? Falschmeldungen über Chemnitz verbreiten sich

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Nach Beschwerde gegen die Kandidatur - Brasiliens Ex-Präsident Lula von Wahl ausgeschlossen

Nach Beschwerde gegen die Kandidatur: Brasiliens Ex-Präsident Lula von Wahl ausgeschlossen
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Brasiliens inhaftierter Ex-Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva darf bei der anstehenden Präsidentenwahl nicht kandidieren. Das entschied das Oberste Wahlgericht am späten Freitagabend (Ortszeit). Der ehemalige Präsident (2003-2010), der wegen Korruption eine zwölfjährige Haftstrafe absitzt, hatte sich für die Wahl vom 7. Oktober als Spitzenkandidat der linken Arbeiterpartei (PT) eingeschrieben.

Ein von ihm selbst eingebrachtes Gesetz verbietet allerdings die Kandidatur von Vorbestraften.

Generalstaatsanwältin Raquel Dodge und eine Reihe rechter Politiker hatten Beschwerde gegen die Kandidatur Lulas eingelegt. am Freitag (Ortszeit)stimmten vier von sieben Richtern des Obersten Wahlgerichts in Brasília gegen den von der Arbeiterpartei (PT) nominierten 72-Jährigen.

Vizekandidat Haddad geht für PT ins Rennen

Lula war nach jüngsten Umfragen mit rund 40 Prozent der mit Abstand beliebteste Bewerber. Jetzt dürfte statt ihm sein Vizekandidat Fernando Haddad für die PT ins Rennen gehen. Fraglich bleibt, wie weit er von der Popularität des Ex-Präsidenten profitieren könnte. Zweitplatzierter in den Umfragen ist der ultra-rechte Ex-Fallschirmjäger Jair Bolsonaro.

Im Video: Kim Jong Un und Nordkoreas geheime Geldquellen

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Täter hatte deutsche Aufenthaltserlaubnis - Terrorverdacht nach Messerangriff in Amsterdamer Bahnhof

Täter hatte deutsche Aufenthaltserlaubnis: Terrorverdacht nach Messerangriff in Amsterdamer Bahnhof
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Nach einem Messerangriff eines Mannes im Hauptbahnhof von Amsterdam ermittelt die Polizei auch wegen eines möglichen terroristischen Motivs. Bei dem Täter, der am Freitag mit einem Messer zwei Personen schwer verletzte, handele es sich um einen 19 Jahre alten Afghanen, teilten die Stadt und die Polizei gemeinsam mit. Der Mann sei im Besitz einer deutschen Aufenthaltserlaubnis gewesen.

Man stehe daher mit den deutschen Behörden in "intensivem Kontakt", um mehr Klarheit über ein mögliches terroristisches Tatmotiv zu bekommen.

Die Polizei habe den Eindruck gewonnen, dass der Mann die beiden Personen, die er in der Halle des Hauptbahnhofs niederstach, nicht bewusst oder mit einer besonderen Absicht ausgewählt habe. Die beiden Opfer wurden schwer verletzt in ein Krankenhaus gebracht.

Der Täter wurde durch die Schüsse, mit denen die Polizei ihn stoppte, nicht lebensgefährlich im Unterleib verletzt, hieß es. Bürgermeisterin Femke Halsema dankte der Polizei für schnelles und besonnenes Eingreifen. Nach der Tat war der Bahnhof kurzzeitig gesperrt worden. Es gab zahlreiche Verspätungen.

Karikaturenwettbewerb hatte heftige Proteste hervorgerufen

Erst am Donnerstag war ein 26 Jahre alter Pakistaner in Den Haag festgenommen worden, weil er in einem Video per Facebook angekündigt hatte, er wolle einen Anschlag auf den niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders (54) verüben. Grund dafür seien Wilders Pläne, einen Wettbewerb für Karikaturen des Propheten Mohammed zu veranstalten.

Wilders hatte wenig später erklärt, er habe den für November geplanten Wettbewerb gestoppt. Er wolle nicht, dass der Wettbewerb "als Entschuldigung für islamistische Gewalt gebraucht wird". Der Karikaturenwettbewerb hatte in islamischen Staaten zum Teil heftige Proteste hervorgerufen.

Im Video: Studie zeigt: Kein Anstieg von Antisemitismus durch Zuwanderung

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Stimmen aus Sachsen - Chemnitz: Zwei "Wutbürger" sprechen über ihren Frust

Stimmen aus Sachsen: Chemnitz: Zwei "Wutbürger" sprechen über ihren Frust
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Sie sind ziemlich beste Freunde und ziemlich wütende Bürger. Der eine schließt sich am Montagabend in Chemnitz einer von Rechtspopulisten initiierten, mit Neonazis durchmischten Demonstration an. Der andere verurteilt den Aufmarsch scharf.

Der eine buht und schreit drei Tage später während des Bürgergesprächs mit Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU). Der andere regt sich bei einem Kameramann darüber auf, dass er nur die Rechten im Saal filmt.

Der eine will wegen bereits erlebter Anfeindungen nur seinen Vornamen nennen, der andere nur seinen Nachnamen: Andreas und Feldmann.

Was beide eint, ist ihr Ärger über die amtierende Regierung – und die große Liebe zum Chemnitzer FC. Sie sind im gleichen Fanclub.

Und das bringt sie trotz unterschiedlicher politischer Gesinnung zusammen. "Das ist wie eine Ehe. Die Chemie stimmt einfach", beschreibt Feldmann die Freundschaft zu Andreas. Der nickt. "Wir respektieren die Meinung des anderen", sagt er. Meist gehe es in ihren Gesprächen aber ohnehin nur um Fußball.

Nicht so am Donnerstagabend im Chemnitzer Stadion. Feldmann wird im Gespräch mit Regina Kraushaar, Staatssekretärin des sächsischen Ministeriums für Soziales und Verbraucherschutz, so emotional, dass er währenddessen schwungvoll aufsteht. Seine Augen röten sich vor Zorn und Frust. Irgendwann gibt er auf. "Du bekommst hier keine Antworten. Die hören nur das, was sie hören wollen", ärgert er sich.

Rechter Chemnitzer spricht über Frust

Eigentlich will er nicht mit der Presse sprechen. Sie schreibe vom Nazi-Osten, vom rechtsextremen Chemnitz, stelle Leute wie ihn in die rechte Ecke.

Am Montag ist er bei der Demonstration mitgelaufen, weil Sachsens Regierung den Mord an einem 35-jährigen Mitbürger in seinen Augen verharmlost und ignoriert. Die Tatverdächtigen kommen aus Syrien und dem Irak. Deswegen hat Feldmann Angst. Um seine zehnjährige Tochter, seinen 15-jährigen Sohn und seine Frau.

Er verliert sich in persönlichen Negativerlebnissen, die er mit Flüchtlingen hatte, erzählt von deren großkotzigem und aggressivem Auftreten. Dankbar sollten sie sein, für das Leben, das sie hier in Deutschland führen können.

Stimmen aus Sachsen

Ein Mann wird in Chemnitz auf offener Straße erstochen, danach kommt es zu Demonstrationen und Ausschreitungen. Sachsen steht derzeit international im Fokus. FOCUS Online wollte wissen: Wie sieht es dort wirklich aus und was denken die Menschen vor Ort über die Ereignisse? Unsere Reporter sind auf Spurensuche in Sachsen gegangen. Sie zeigen, welche Themen die Sachsen in ihrem Alltag beschäftigen. Haben Sie Angst, verspüren sie Hass? Schämen sie sich für ihr Bundesland? Und: Welche Forderungen stellen sie an die Politik?

"Die lassen sich nichts sagen, weil sie so erzogen sind. Bei denen sind Frauen nichts wert", sagt Feldmann – und tut genau das, was er auch den Medien vorwirft: pauschalisieren. Dass er etwas gegen Ausländer hat, verneint Feldmann aber vehement. "Die können hier gerne alle rein kommen", sagt er. Auch Gewalt verabscheue er. Kriminelle Flüchtlinge müsse die Regierung aber resoluter verurteilen und abschieben.

Chemnitzer fordert: Politik muss für Ruhe sorgen

Andreas widerspricht den Ansichten seines Freundes. Begegne er einem Flüchtling auf der Straße, mache er auch mal ein kleines Späßchen mit demjenigen. Wenn dann mal das Eis gebrochen ist, "passieren die witzigsten Sachen", sagt Andreas. Man flachst oder geht zusammen ein Bierchen trinken.

Sich selbst sieht er politisch eher in der Mitte. Eine Zeit lang hat er die SPD gewählt. Er fühlte sich von ihr als Arbeiterpartei mal gut vertreten. Inzwischen nicht mehr. Dann hat er es mit der FDP probiert. Ebenfalls nicht zufriedenstellend: "Das, was der Kubicki jetzt gebracht hat, geht überhaupt nicht". Die Politik müsse nun für Ruhe sorgen, anstatt die angespannte Stimmung noch weiter aufzuheizen.

Am Samstag hat die AfD zu einem weiteren Schweigemarsch in Chemnitz aufgerufen. Auch Björn Höcke wird dabei sein. Davor graust Andreas. Das bedeute nur weitere Hetze. Eben diese Partei liegt in aktuellen Meinungsumfragen in Sachsen aber bei 25 Prozent.

Aus Andreas' Sicht wählen viele im Freistaat die AfD, um den etablierten Parteien einen Denkzettel zu verpassen. Hinzu komme, dass Kretschmer und sein Kabinett unter den Bürgern zu wenig bekannt sind.

Ex-Ministerpräsident Kurt Biedenkopf sei da anders gewesen. Der CDU-Politiker habe Präsenz gezeigt, sei durch die Straßen gegangen und habe Hände geschüttelt. Ein Politiker zum Anfassen. "Das hat den Leuten gefallen, sie haben ihn geliebt. Die wollen hier verhätschelt und getätschelt werden", erklärt Andreas.

Kretschmer als Marionette

Stattdessen aber wächst in vielen Köpfen die Distanz. Feldmann hat sein Urteil über Kretschmer und seine Lakaien längst gefällt: Marionetten in Anzügen mit eigenem Fahrdienst, die in vom Bürger bezahlten schicken Wohnungen leben und nur auf eine Erhöhung ihrer Diäten aus sind.

Feldmanns Frust ist groß – und komplex. Ihn plagen Existenzängste. Er ist Gebäudereiniger, schrubbt fünf Stunden täglich die Toiletten in der TU Chemnitz und liest die Kippen auf, die Studenten achtlos wegwerfen. Jeden Monat kämpft er auf Mindestlohnbasis dafür, dass er Wohnung, Auto und Strom bezahlen kann.

1200 Euro netto monatlich sind das Höchste der Gefühle. Im Jahr reicht das mit dem ähnlich geringen Einkommen seiner Frau für zehn Tage Urlaub an der Ostsee. 2019 kann sich Familie Feldmann vielleicht mal was gönnen und um vier Tage verlängern. Für finanzielle Rücklagen reicht ihr Verdienst kaum. Die Rente ist gering. Feldmann sieht hier nach wie vor ein großes Ost-West-Gefälle, am Rentenpaket müsse die Regierung zwingend ansetzen.

Auch Andreas hat große Zukunftssorgen. Teile seiner Familie starben an Chorea Huntington, einem vererbbaren Gendefekt. Er ist nicht betroffen, bildet sich das aber häufig ein. "Ich bin schwer krank. Ich habe Panikattacken, Depressionen und Angstzustände".

Hinzu kommt ein Belastungssyndrom. Sein Kopf schaltet sich nach wenigen Stunden Arbeit einfach ab. Vor zwei Jahren arbeitete er noch in der Autoaufbereitung. Dann sagte ihm sein Chef, dass es keinen Sinn mehr mit ihm habe. Inzwischen betreut Andreas drei Stunden täglich behinderte Menschen. 58 Jahre jung ist er jetzt.

"Ich muss von 650 Euro leben, das ist knapp. Im letzten Monat wurde meine Miete erhöht. Ich habe Angst vor der Zukunft", gibt Andreas zu. Von der Regierung erwartet er ebenfalls, dass sie endlich etwas gegen das von Feldmann angesprochene Ost-West-Gefälle tut. In Krankenhäusern habe er sich mit anderen Huntington-Patienten aus westlichen Bundesländern unterhalten. "Die haben das Doppelte und Dreifache in meiner Branche verdient", sagt Andreas.

Kindheitserinnerungen aus Karl-Marx-Stadt

Feldmann war zuletzt wirklich glücklich, als er ein Micky-Maus-Shirt trug. Damals als kleiner Junge in der DDR hatte er es in einem Intershop gekauft. Als er mit dem Shirt durch die Straßen von Karl-Marx-Stadt lief, platzte er schier vor stolz. Weil das etwas aus dem Westen war. Das hatte sonst niemand.

Und für den kleinen Jungen machte diese Tatsache das Shirt in einem System, wo er sonst für rationierte trockene Apfelsinen aus Kuba anstehen musste oder ihm die Lehrerin das "Frösi"-Magazin wegnahm und den Inhalt unter den Mitschülern aufteilte, zu etwas ganz Besonderem. Der Westen hatte etwas Fantastisches an sich.

Umso größer war die Enttäuschung, als die Mauer fiel. 100 Westmark Begrüßungsgeld, das wars. Seither fühlen sich sowohl Feldmann als auch Andreas vom Westen in Schubladen gesteckt und nicht gewollt. Dieses Gefühl verstärkt sich angesichts der deutschlandweiten Reaktionen auf die Ausschreitungen in Chemnitz wieder.

Wann er zuletzt so stolz und glücklich gewesen sei – wie damals als Kind im Micky-Maus-Shirt? Feldmann erinnert sich nicht. Seit der Wende sei er das definitiv nicht mehr gewesen. Und er bezweifelt, ob er das jemals wieder sein wird. Dafür laufe zu viel falsch in seinem Land.

Am späten Donnerstagabend überwindet sich zumindest noch Andreas, den Kontakt zu Kretschmer zu suchen. Als er wiederkommt, ist er aufgeregt. "Ich habe den Ministerpräsidenten zum nächsten Heimspiel eingeladen", sagt Andreas zu Feldmann. "Er hat gesagt, er kommt!" Keine Reaktion.

Kretschmer hat zu Beginn des Sachsengespräch gesagt, dass er nicht alle im Saal von sich würde überzeugen können. Bei Feldmann konnte ihm das von Anfang an nicht gelingen. Andreas aber findet: "Man kann sich schon mit ihm unterhalten."

Video: Merkel Schuld an Chemnitz? Als Lanz Kubicki kritisiert, wird der schnippisch

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CDU/CSU wählt Ende September neue Spitze - Kampfkandidatur gegen Fraktionschef Kauder: Welche Chance hat Brinkhaus?

CDU/CSU wählt Ende September neue Spitze: Kampfkandidatur gegen Fraktionschef Kauder: Welche Chance hat Brinkhaus?
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Die Bundestagsabgeordneten der Union werden wohl in einer Kampfabstimmung über ihre künftige Spitze entscheiden: Volker Kauder bekommt einen Gegenkandidaten. Das ist für die Union etwa so kühn, als würden die Grünen sich auf einen rein männlichen Vorstand einigen. Sehr ungewohnt.

Der CSU-Finanzexperte Ralph Brinkhaus will Ende September in einer Kampfkandidatur gegen den Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder antreten. Gegen den Mann, der diesen Posten so lange innehat wie Angela Merkel Kanzlerin ist. Seit Herbst 2005. Vor vier Jahren wäre das eine Sensation gewesen, in diesem Frühsommer hätte es nicht wirklich überrascht, jetzt aber wirkt die Nachricht von der Kampfkandidatur befremdlich. Denn das Rennen, das zum Beispiel im Juni keineswegs komplett aussichtslos gewesen wäre, erscheint nun ziemlich gewagt.

Volker Kauder, über Jahre Angela Merkels politischer Mehrheitsbeschaffer vom Dienst, war lange Zeit die unangefochtene Nr. 1 unter den Unionsabgeordneten. Kämpfen für Merkel bis zur Selbstaufgabe – dabei ging es ihr gut und ihm meist auch. Zuletzt allerdings nahm die Kritik deutlich zu. Einigen war Kauder zu altmodisch, anderen zu langweilig, wieder anderen zu merkelfreundlich. Kurz: Teile der Fraktion zeigten sich seiner überdrüssig. Vor allem Jüngere gaben sich zunehmend genervt. Etwas Neues sollte her, notfalls auch gegen den Willen der Kanzlerin.

Es gab Putsch-Pläne, die aber sind alt

Und es gab ziemlich konkrete Gedankenspiele, wie man einen anderen (eine andere war nicht im Gespräch) nach oben hieven könnte. Der stellvertretende Faktionsvorsitzende Ralph Brinkhaus hätte, angetrieben von einigen Mitstreitern des Wirtschaftsflügels, die Chance gehabt, Kauders Zukunft an der Spitze der Union zu gefährden. Jedenfalls in der „Putsch-Variante“ dieses Gedankenspiels, bei der aufmüpfige Abgeordnete davon ausgingen, dass die CDU-Vorsitzende Angela Merkel von sich aus Kauder nicht in Frage stellen würde.

In der „Friedens-Variante“ dieses Gedankenspiels rechneten viele dem früheren Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe gute Chancen aus. In dem Fall hätte Merkel von sich aus auf eine Ablösung für Kauder gesetzt. Hierzu gab es viele wilde Spekulationen, aber niemals belastbare Anzeichen.

Revolte erwogen, Revolte abgeblasen

Doch die Phase des großen Personal-Schach-Spiels hinter den Kulissen fand ein jähes Ende. Nach dem hochdramatischen Streit zwischen Angela Merkel und den CSU-Matadoren haben viele Putschisten in Lauerstellung kalte Füße bekommen. Eiskalte Füße. Sie rollten die Fahnen wieder ein und schwärmten – etwas unvermittelt – von Kauders Qualitäten in der großen Krise der Union. „Wir können uns keinen Streit mehr erlauben“, meint ein erfahrener Stratege. „Das geht jetzt gar nicht.“ Die Sache schien gegessen. Revolte erwogen, Revolte abgeblasen.

Vor knapp zwei Wochen hatte Kauder im Interview mit FOCUS Online erklärt: „Ich habe immer gesagt, in der gesamten Wahlperiode Fraktionsvorsitzender bleiben zu wollen, um in der Koalition die Positionen der Fraktion zu vertreten, aber auch die Koalition mit zum Erfolg zu führen.“ Er werde kandidieren.  Kauder gab sich kühl entschlossen, allerdings nicht siegesgewiss.

Nett, klug, nicht uneitel

„Ich habe für die anstehende Wahl des Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion mein Interesse angemeldet“, sagte Brinkhaus nun der Funke-Mediengruppe. „Das sollte in einer Demokratie kein ungewöhnlicher Vorgang sein.“ Der 50-Jährige gilt als sehr solider Finanzexperte, als „netter und verlässlicher Kollege“, aber auch als „nicht uneitel“, wie Kollegen es formulieren. Gesellschaftspolitisch ist der Mann aus Nordrhein-Westfalen ein ziemlich unbeschriebenes Blatt; ob er zum Beispiel zu Fragen von Integration und Zusammenhalt die passenden Worte finden kann, müsste er noch beweisen. Der Brinkhaus, den alle in der Union kennen, ist Fachpolitiker, kein Breitband-Politiker.

Dass Brinkhaus ausgerechnet jetzt aus der Deckung kommt, ist überraschend. Denn offenbar haben sowohl Merkel als auch der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer Amtsinhaber Kauder signalisiert, dass sie ihn weiter als Fraktionschef sehen wollen. Und: Viele Parlamentarier haben Kauder inzwischen persönlich ihre Unterstützung zugesichert. Die Union ist wahrlich keine intrigenfreie Zone, aber dass Abgeordnete scharenweise ein perfekt durchtriebenes Doppelspiel – Kauder Zustimmung signalisieren und Brinkhaus ebenfalls Zustimmung signalisieren – betreiben, ist nicht sehr wahrscheinlich.

Brinkhaus im Alleingang?

„Hat der Ralph Brinkhaus kein Update bekommen“, fragt ein ziemlich wichtiger CDU-Abgeordneter. Noch vor Wochen waren in der Tat einige aufgeschlossen für die Option Brinkhaus. Der Mann ist äußerst beliebt. Bei der Wahl als Fraktionsvize bekam der Steuerberater vor einigen Monaten satte 99,5 Prozent der Stimmen. Nur: Die Lage der Union hat sich in diesem Sommer dramatisch geändert. Kauders gleichbleibende Art, vor Monaten noch von einigen verspottet, erscheint vielen nun als unersetzliche Qualität: Er verkörpert für sie genau das, was die Union jetzt braucht – Ruhe.

Und: Haben die anderen starken Figuren der Fraktion wie Jens Spahn, Carsten Linnemann oder der Vorsitzende der Jungen Union, Paul Ziemiak, bei genauer Betrachtung wirklich ein Interesse, einen Vertreter der mittleren Generation auf eine exzellente Karriere-Startrampe zu setzen? Eher nicht.

„Viele positive Rückmeldungen"

Brinkhaus selbst berichtet, er habe „viele positive Rückmeldungen" bekommen. Das ist zweifellos korrekt. Die spannende Frage: Wann genau gab es diese Rückmeldungen? Einzelne Parlamentarier wie Klaus-Peter Willsch, Kritiker von Merkels Euro-Rettungskurs, stellten sich auch jetzt öffentlich hinter den Finanzexperten. Mächtige Mitstreiter aus seinem eigenen Landesverband Nordrhein-Westfalen aber zeigen sich sehr erstaunt über Brinkhaus‘ Plan. Er will daran festhalten.

Am 25. September wird gewählt.

Im Video: Merkel Schuld an Chemnitz? Als Lanz Kubicki kritisiert, wird dieser schnippisch

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- Im Alpha-Kurs über Gott ins Gespräch kommen

Im Alpha-Kurs über Gott ins Gespräch kommen
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Ein neues Gemeindekonzept? Manche wissen nicht, was sie erwartet. Fragen an das Leben, die sich oft ganz automatisch mit Sinn- und Glaubensfragen verknüpfen, haben viele. Sie sind froh, dass es in Bensberg nun ein Forum dafür gibt.

Die Tafel ist festlich gedeckt. Efeuranken und kleine Bütenstauden setzen auf dem seidig glänzenden Tischtuch einen wirkungsvollen Farbakzent. Die vielen Kerzen sorgen für gedämmtes Licht, und den zahlreichen Gästen, die sich aus der dampfenden Suppenterrine bedienen, steht ihre freudige Erwartung ins Gesicht geschrieben. Hier geht es nicht darum, mal eben schnell gemeinsam eine Mahlzeit einzunehmen, um ein Bedürfnis zu stillen. Hier wird Gastfreundschaft gelebt und ausgekostet. Dazu gehören Genuss und Muße: mit dem Tischnachbarn in ein Gespräch kommen und dabei gleichzeitig mit Aufmerksamkeit umsorgt zu werden.

Ins Gespräch bei Wein und Essen

"Bevorzugen Sie Rot oder Weiß", fragt Pfarrer Andreas Süß, der mit zwei Weinflaschen in der Hand an den Stuhlreihen entlang geht. Denn zusammen mit einem Orga-Team, das die Bewirtung der zahlreichen Besucher an diesem Abend im Blick hat, gibt er den Gastgeber: wie so oft mit einem gewinnenden Lächeln, authentisch positiv und um das Wohl derer bemüht, die sich zum ersten Mal im "Treffpunkt", dem Gemeindehaus von St. Nikolaus, begegnen. Dem Seelsorger geht es darum, auch denen, die nicht aus der eigenen Pfarreiengemeinschaft kommen, den Einstieg in diese Veranstaltung so angenehm wie möglich zu machen und Brücken zu bauen zwischen denen, die hier in der Pfarrei verwurzelt sind, und denen, die zum ersten Mal Kontakt zur lokalen Kirche aufnehmen.

Zuvor hat ein Empfangskomitee draußen vor der Tür die Ankommenden begrüßt und zu diesem ersten Alpha-Kurs in der Gemeinde St. Nikolaus willkommen geheißen. Der Button mit dem Vornamen auf Kleid und Hemd hilft, die sonst konventionelleren Umgangsformen klein zu halten und sich vielmehr mit bewusst herzlichen Gesten und dem persönlicheren "Du" rasch als Gleichgesinnte zu verstehen. Denn wer zu einem "Alpha"-Abend kommt, ist auf der Suche. So oder so. Entweder ist er engagierter Christ und hofft auf eine Vertiefung seiner Glaubensüberzeugung. Oder aber er hatte bislang wenig Kontakt mit Religion, Kirche und Glaube und will einmal hineinschnuppern in dieses niederschwellige Angebot, Nichtwissen und Zweifel offen in der Gemeinschaft bekennen zu dürfen. "Alpha ist ein Angebot und beruht auf Freiwilligkeit", betont Süß, um Missverständnissen vorzubeugen. "Jeder darf hier sein, wie er ist. Nichts von dem Gesagten wird be- oder verurteilt. Das bedeutet, uns ist auf der Skala zwischen Null und Zehn, was den eigenen Glauben oder auch das Hadern damit angeht, jeder willkommen, der sich selbst mit seinen Fragen oder aber auch Gewissheiten öffnen und darüber in einen Austausch mit anderen kommen will."

Samenkorn für mehr Lebendigkeit in der Gemeinde

Joscha Teubert und seiner Frau Canshia, gebürtig aus Sri Lanka, liegt gerade an dieser Form der Auseinandersetzung. Vor einem Jahr hat Pfarrer Süß das Paar getraut und nun eingeladen, diese Gelegenheit zu nutzen, als Neuhinzugezogene andere Gemeindemitglieder kennenzulernen. "Wir hoffen mit unserer Teilnahme auf eine Vertiefung unseres Glaubenswissen und darauf, uns hier integrieren zu können und heimisch zu werden", sagt der 43-Jährige. Ute Rind, die gemeinsam mit Theologe Theodor Gatzweiler eine der Kleingruppen leitet, in denen es nach dem Essen und einem Impulsfilm um ein Gespräch über die Frage "Warum starb Jesus?" gehen soll, argumentiert: "Ich finde es immer bereichernd, mit Menschen über den Glauben zu sprechen. Auch wenn jemand nicht glaubt, interessieren mich seine Gründe, um seine Sichtweise zu verstehen. Das ist doch hochspannend."

Gerhard Bauer leitet ebenfalls eine der Gesprächseinheiten und hat Alpha-Kurse schon 2012 bei der Freikirche kennengelernt. Nun ist er von Pfarrer Süß dafür geworben worden, über seine persönlichen Erfahrungen zu sprechen. Sein Antrieb sei, so erklärt der Leverkusener, andere zu einer liebenden Beziehung zu Gott zu führen. Mit einem Essen zu starten sei doch "total Klasse", findet er. Beispiele dafür in der Bibel gebe es genug. Schließlich habe sich Jesus sogar mit Zöllnern an einen Tisch gesetzt, um ungezwungen mit ihnen in Kontakt zu kommen. Alpha mache es einem leicht, diesem Vorbild nachzueifern und sich mit zunächst fremden Menschen zu verständigen. "Das Großartige ist doch, dass ich hier darüber sprechen kann, was ich vom Evangelium verstanden habe." Ein Alpha-Kurs sei wie ein Samenkorn für die Verlebendigung der Gemeinde- und Seelsorgearbeit, so Bauer.

Den Glauben auffrischen

Wilhelm Frings schätzt die heimelige Atmosphäre bei Tisch. Der 81-Jährige gesteht, dass er sich schon lange nicht mehr mit Glaubensthemen beschäftigt hat. "Irgendwie wächst man in seinen Glauben hinein und hinterfragt ihn später nicht mehr groß." Nun aber sei für ihn der richtige Zeitpunkt gekommen, manches nochmals aufzufrischen. Außerdem kämen im fortgeschrittenen Alter noch einmal andere Überlegungen mit hinzu, meint er.

Anna Berghäuser nimmt gemeinsam mit ihrem Mann am Alpha-Kurs teil. "Wir wussten überhaupt nicht, was hier auf uns zukommt", sagt die 29-Jährige, die immer auch ihr drei Monate altes Baby mitbringt. Die junge Familie, die Pfarrer Süß bewusst zu anderen Paaren ihrer Generation an einen Tisch gesetzt hat, findet es "interessant, über den Glauben zu sprechen" und freut sich über die Gelegenheit, auf diese Weise an die Gemeinde andocken zu können. Gerade auch weil demnächst ihre Tochter in St. Nikolaus getauft werden soll, sie dort bislang noch kaum jemanden kennen und der Lebensmittelpunkt nun in Bensberg liegt. Manches zum Thema "Glaube" weiß die junge Frau noch aus ihrer Kindheit; Kontakt mit der Kirche hatte sie zuletzt während des Studiums aber eher nur sporadisch. "Trotzdem fühlen wir uns hier willkommen", betont sie. "Wir lernen Leute in unserem Alter kennen und sind eher überrascht: Alpha ist ja gar nicht wie Religionsunterricht."

Gleichgesinnte auf Augenhöhe

Auch sie genießt die Tischrunde mit der von Woche zu Woche variierenden Speisekarte. Doch damit auch dieser Teil des Abends – das gemütliche Essen – gelingt, gibt es fleißige Mitarbeiter im Hintergrund. Sie sind Teil eines Teams um Magdalena Gralka, die das "Küchenkommando" übernommen hat und jede Woche neu überlegt, was den mitunter 70 Gästen serviert werden kann. Primär aber kommt auch sie wegen der Glaubensgespräche. Denn Gralka schätzt die Ernsthaftigkeit dieser Begegnungen und den Tiefgang, der in ihrer Gruppe zu spüren ist.

"Hier erlebe ich, dass andere genauso wie ich auf der Suche nach Antworten und Erfahrungen mit Gott sind und sich trauen, darüber zu sprechen. Früher oder später kommt man für sich ja doch immer an eine Grenze. Daher tut es gut, den Glauben miteinander teilen zu können." Schließlich könne man niemandem beibringen zu glauben; Glauben lasse sich nur erfahren. "Vorurteilsfrei, ohne Vorkenntnisse und auf Augenhöhe", so ist der Glaubenskurs "Alpha" in der offiziellen Ausschreibung definiert. In Bensberg wird das seit drei Wochen wörtlich genommen.

*Der Beitrag "Im Alpha-Kurs über Gott ins Gespräch kommen" stammt von DOMRADIO.DE. Es gibt keine redaktionelle Prüfung durch FOCUS Online. Kontakt zum Verantwortlichen hier.

DOMRADIO.DE
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In Washington wehen Fahnen auf halbmast - Trauer um John McCain: Politiker würdigen verstorbenen US-Senator

In Washington wehen Fahnen auf halbmast: Trauer um John McCain: Politiker würdigen verstorbenen US-Senator
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Die USA trauern um John McCain. In Washington wehen die Fahnen auf halbmast, Politiker und Parteifreunde würdigen McCain als großen Patrioten und aufrichtigen Senatoren. Aber einer hält sich auffallend zurück.

Politiker in den USA und im Ausland haben mit Bestürzung und Trauer auf den Tod von John McCain reagiert, einem streitbaren US-Republikaner und scharfen Kritiker von Präsident Donald Trump. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel würdigte den verstorbenen Senator als unermüdlichen "Kämpfer für ein starkes transatlantisches Bündnis". Die früheren US-Präsidenten Barack Obama, George W. Bush, dessen Vater George H.W. Bush sowie Jimmy Carter zollten ihm ihren Respekt. Donald Trump kondolierte zwar der Familie seines wohl größten innerparteilichen Kritikers, hielt sich aber ansonsten auffällig zurück - und erntete dafür Kritik.

McCain starb am Samstag im Alter von 81 Jahren auf seiner Ranch in Arizona. Er litt an einem Glioblastom, einem bösartigen und extrem aggressiven Gehirntumor. Hoffnung gibt es für Menschen mit dieser Diagnose kaum, trotz Operation, Chemo- und Strahlentherapie. Bei McCain wurde der Tumor im Juli 2017 festgestellt. Vor kurzem entschied er sich dazu, die Behandlung gegen den Krebs einzustellen.

Trump erntet Kritik für seine Worte

Der republikanische Senator aus Arizona zählte als Fachmann in der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu den prominentesten Mitgliedern des US-Kongresses. Er erwarb sich über die Parteigrenzen hinweg große Achtung - allerdings nicht bei seinem Parteikollegen Trump.

Der Präsident veröffentlichte nach dem Tod McCains eine knappe Nachricht auf Twitter. "Mein tiefstes Mitgefühl und Respekt gehen an die Familie von Senator John McCain", schrieb der US-Präsident. "Unsere Herzen und Gebete sind bei Euch!", fügte er hinzu. Würdigende Worte fand Trump zunächst nicht, auch das Weiße Haus schickte keine längere Erklärung heraus. Auf Twitter löste Trumps Nachricht einen Sturm der Kritik aus. Auch Brit Hume, ein Kommentator des Trump oft wohlgesonnenen Senders Fox News, sdchrieb: "Immer noch kein freundliches Wort über McCain".

Trumps und McCains Verhältnis war von gegenseitiger Abneigung geprägt. Der Präsident steht für vieles, was der Senator rundherum ablehnte: Respektlosigkeit gegenüber anderen Menschen, eine Verrohung der politischen Kultur, einen russlandfreundlichen Kurs. McCain stach unter den Republikanern auch deshalb so als Kritiker von Trump heraus, weil es in der Partei nicht viele gibt, die sich offen und dauerhaft gegen ihren Präsidenten stellen. Trump hat sich die Partei in weiten Teilen untergeordnet.

Gegenseitige Verachtung zwischen Trump und McCain

Die gegenseitige Verachtung zwischen Trump und McCain zeigte sich schon während des Wahlkampfes des politischen Außenseiters. Als Trump bekannt gab, Präsident werden zu wollen und dabei mexikanische Einwanderer als "Kriminelle" und "Vergewaltiger" bezeichnete, kritisierte McCain das als "widerwärtig".

Trump erklärte wenig später, McCain sei kein Kriegsheld, weil er während des Vietnam-Krieges gefangen genommen worden sei. "Ich mag Leute, die nicht gefangen genommen worden sind." Das Entsetzen war groß, Trumps Beleidigungen und Provokationen waren noch ungewohnt, eine Entschuldigung lehnte er ab.

McCain war als Pilot der US-Navy in Vietnam in Gefangenschaft geraten und von den Vietcong gefoltert worden. Als Politiker sprach er sich immer wieder gegen Folter aus. Er warb zudem dafür, dass das umstrittene Gefangenenlager Guantánamo auf Kuba geschlossen wird.

Bis zuletzt erhob McCain seine Stimme gegen Trump. Als dieser sich bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin Mitte Juli gegen die Einschätzung seiner eigenen Geheimdienste stellte, wonach sich Moskau in die Präsidentschaftswahl 2016 eingemischt habe, veröffentlichte McCain eine lange und bissige Pressemitteilung. Trumps Auftritt bezeichnete er als den "schändlichsten Auftritt eines amerikanischen Präsidenten in der Erinnerung".

"Trauriger Tag"

Die "New York Times" und andere US-Medien hatten im Mai berichtet, McCain wolle nicht, dass Trump bei seiner Beerdigung dabei sei. Die Zeitung berichtete am Sonntag, die früheren Präsidenten Barack Obama und George W. Bush seien gebeten worden, Reden bei der Beerdigung zu halten.

Obama zollte McCain am Samstagabend (Ortszeit) seinen Respekt: "Wenige von uns wurden so herausgefordert, wie John es einst wurde, oder mussten den Mut zeigen, den er gezeigt hat", hieß es in einer Erklärung des Demokraten. Man stehe in McCains Schuld. Obama und der Republikaner waren bei der Präsidentschaftswahl 2008 gegeneinander angetreten. Obama gewann.

Der Republikaner Bush würdigte McCain als "Patrioten höchsten Ranges". Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nannte ihn einen "Ausnahmepolitiker". Regierungssprecher Steffen Seibert teilte am Sonntag im Namen Merkels mit: "John McCain war geleitet von der festen Überzeugung, dass der Sinn jeglicher politischer Arbeit im Dienst für Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu finden sei. Sein Tod ist ein Verlust für alle, die diese Überzeugung teilen".

Der Mehrheitsführer der Republikaner im Senat, Mitch McConnell, sprach von einem "traurigen Tag" für die USA. McCains Freund und Parteikollege Lindsey Graham schrieb auf Twitter: "Amerika und die Freiheit haben einen ihrer größten Verfechter verloren. ...Und ich habe einen meiner liebsten Freunde und einen Mentor verloren."

"Mein Herz ist gebrochen"

Der demokratische Fraktionschef im Senat, Chuck Schumer, kündigte an, eine Resolution in die Kammer einbringen zu wollen, mit der ein Gebäude des Senats nach McCain benannt werden solle. Der Verstorbene sei ein "großartiger Mensch" gewesen. McCain habe nie Angst davor gehabt, gegenüber den Mächtigen die Wahrheit aussprechen. Das sei selten geworden.

McCain saß seit 1987 im US-Senat und hat sich im Laufe der Zeit den Ruf eines "Mavericks" erworben - eines Mannes, der der Parteiräson nicht immer folgt und auch unbequeme Meinungen vertritt.

Neben seiner Frau Cindy und sieben Kindern aus zwei Ehen hinterlässt McCain auch seine Mutter Roberta. Sie ist 106 Jahre alt.

Cindy McCain zeigte sich in einer Mitteilung tief traurig über den Tod ihres Mannes. "Mein Herz ist gebrochen", schrieb sie auf Twitter. "Er ist gegangen, wie er gelebt hat, zu seinen eigenen Bedingungen, umgeben von den Menschen, die er liebte, an dem Ort, den er am meisten liebte." In Washington wehten die Fahnen auf halbmast.

Im Video: Nach Tod von McCain: Video zeigt, wie er sogar im Wahlkampf gegen Obama Größe bewies

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Nach einem tödlichen Streit auf dem Stadtfest in Chemnitz demonstrieren am Sonntag über 800 Rechte in der Innenstadt, es kommt zu hässlichen Jagdszenen auf Linke und Migranten. Am Montag dann versammeln sich Tausende Nazis und Gegendemonstranten in der Stadt. Die Bilanz: Mehrere Verletzte und eine Polizei, die einräumen muss, zu wenige Beamte aufgeboten zu haben. Alle Entwicklungen im News-Ticker von FOCUS Online.

  • Tödliche Auseinandersetzung auf Stadtfest
  • Ist die Abschiebefrist des Verdächtigen verstrichen? Erkenntnisse zu seinem Asylstatus
  • Am Sonntag kam es in Chemnitz am Rande eines Stadtfestes zu spontanen Demonstrationen
  • Videos in sozialen Medien zeigten Übergriffe auf Migranten
  • FOCUS-Online-Reporter Sebastian Lang ist in Chemnitz vor Ort

Partie zwischen Dresden und dem HSV wird abgesagt

18.15 Uhr: Nun steht es fest, die Zweitligapartie zwischen Dresden und dem HSV wird abgesagt. Das teilte die Deutsche Fußballliga auf ihrer Seite mit. Die für die Partie eigentlich vorgesehenen Polizeikräfte stünden aufgrund der neuen Demos in Chemnitz nicht zur Verfügung.

Die sächsische Polizei geht bei den für Samstag in Chemnitz angemeldeten Demonstrationen und Versammlungen von einer Teilnehmerzahl "im unteren fünfstelligen Bereich" aus. Das sagte Landespolizeipräsident Jürgen Georgie am Freitag in Dresden. Der Freistaat habe Unterstützung aus anderen Bundesländern angefordert und alle verfügbaren Kräfte bekommen. Auch Wasserwerfer und Reiter stünden bereit. "All denen, die Gewalt suchen oder ausüben, werden wir mit aller Konsequenz entgegentreten", erklärte Georgie.

Die Begründung der DFL im Wortlaut: "Auf Weisung des Staatsministeriums des Innern des Landes Sachsen hat die DFL Deutsche Fußball Liga heute das für den morgigen Samstag geplant gewesene Spiel der 2. Bundesliga zwischen der SG Dynamo Dresden und dem Hamburger SV abgesagt. Hintergrund ist eine Verfügung des Staatsministeriums, dass aufgrund von Demonstrationen in Chemnitz am Samstag für das Spiel in Dresden vorgesehene Polizeikräfte dort nicht zur Verfügung stehen können. Die DFL bedauert die Absage, respektiert gleichwohl die Entscheidung des Staatsministeriums des Innern".

Barley kritisiert Teilnehmer an Chemnitzer Krawalldemos

17.24 Uhr: Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) hat scharfe Kritik an den Teilnehmern der rechtsgerichteten Demonstrationen in Chemnitz geübt, bei denen es Anfang der Woche zu Ausschreitungen gekommen war. "Wer auf solchen Demos unterwegs ist, der muss sich das zurechnen lassen", sagte Barley am Freitag im Südwestrundfunk (SWR). Sie forderte ein hartes Vorgehen gegen derartige Auftritte von Radikalen.

Einwände, viele Teilnehmer der Kundgebungen seien bloß "besorgte Bürger" gewesen, ließ Barley nicht gelten. Wenn jemand "auf einer Demo unterwegs ist, wo die Leute rechtsradikale Sprüche brüllen, Menschen angreifen und den Hitlergruß zeigen, der kann sich nicht mehr verstecken und sagen: 'Ich bin ja nur ein besorgter Bürger'", sagte sie im SWR. "Dann ist man Teil eines rechtsradikalen Mobs."

Anlass der Demonstrationen war die Tötung eines 35-jährigen Manns am vergangenen Wochenende gewesen. Zwei Asylbewerber aus dem Irak und Syrien befinden sich unter dem Verdacht, den Mann erstochen zu haben, in Haft.

Bei den Kundgebungen waren unbeteiligte Menschen, die fremdländisch aussahen, attackiert worden. Zudem hatte es bei Zusammenstößen mit Gegendemonstranten mehrere Verletzte gegeben. Für das Wochenende sind neue Kundgebungen angekündigt.

AfD-Landtagsabgeordneter bietet suspendiertem Vollzugsbeamten Job an

16.45 Uhr: Der baden-württembergische Landtagsabgeordnete Stefan Räpple (AfD) hat dem Justizbeamten, der den Haftbefehl eines mutmaßlichen Täters der Messerattacke von Chemnitz veröffentlicht hat, eine Stelle angeboten. Der Betreffende könne sein Team im baden-württembergischen Landtag verstärken, sagte Räpple der Deutschen Presse-Agentur am Freitag. Das Job-Angebot hatte Räpple auf Facebook veröffentlicht. Nun prüft die Justiz den Vorgang.

Man werde den Sachverhalt umfassend und nicht nur auf bestimmte Straftatbestände prüfen, teilte die Staatsanwaltschaft Stuttgart mit. "Welche genau in Betracht kommen, muss nunmehr die Fachabteilung im Rahmen der anstehenden Prüfung entscheiden."

Räpple hatte dem sächsischen Beamten in dem Post für seine "wahrhaftige Zivilcourage, die eigene Existenz zu riskieren, um auf die Missstände in unserem Staatswesen hinzuweisen" gedankt. Er habe vielleicht gegen eine Dienstvorschrift verstoßen. "Aber was ist daran auszusetzen, wenn die Regierung ständig die Verfassung bricht?", fragte Räpple. Dann sei es auch für einen Beamten Pflicht, Widerstand und Ungehorsam zu leisten.

Als Reaktion auf den Facebook-Eintrag erwartet Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) von der AfD eine Stellungnahme. "Äußerungen, die Beamten eine Pflicht zum Ungehorsam zuschreiben, zeigen eine mit dem Grundgesetz unvereinbare Haltung", sagte Aras am Freitag.

Hauptverdächtiger in Chemnitzer Messer-Attacke legte in Asylverfahren "Totalfälschungen" vor

12.31 Uhr: Der Hauptverdächtige in der tödlichen Messer-Attacke von Chemnitz soll in seinem Asylverfahren gefälschte Dokumente vorgelegt haben. Zwei der von ihm eingereichten Unterlagen seien "Totalfälschungen" gewesen. Das berichtet der "Spiegel" unter Berufung auf eine Untersuchung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf). Yousif A. sei im Herbst 2015 über die Balkanroute nach Deutschland gekommen. Ursprünglich hätte der junge Mann nach Bulgarien abgeschoben werden sollen - doch nach Verstreichen einer Frist sei Deutschland für ihn zuständig gewesen.

Wie das Magazin weiter berichtet, sei A. zwei Mal vom Bamf befragt worden. Weil das Amt seine Angaben für unglaubwürdig gehalten hatte, sei Yousif A.s Antrag schließlich abgelehnt worden - drei Tage nach der tödlichen Messerattacke in Chemnitz. Der junge Mann ist mehrfach vorbestraft. Unter anderem, wie der "Spiegel" weiter berichtet, wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr - nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft, auf die sich das Magazin beruft, habe er sich 2016 mit einem Schneepflug, den er in parkende Autos rammte, das Leben nehmen wollen.

Kretschmer wertet Gespräche in Chemnitz als "sehr wichtig"

Freitag, 31. August 2018, 11.13 Uhr: Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat seine Gespräche in Chemnitz als "sehr wichtig" bezeichnet. Diese könnten aber nur ein Anfang sein, sagte Kretschmer im ZDF-"Morgenmagazin". Der Regierungschef war am Donnerstagabend zu einem schon länger geplanten Bürgergespräch in Chemnitzgewesen, wo es in den vergangenen Tagen zu massiven Ausschreitungen gekommen war.

Er habe den Eindruck gewonnen, dass viele Menschen sich ungerecht behandelt fühlten, sagte Kretschmer. Es sei "ganz wichtig", zwischen denen zu trennen, die Gewalt säten oder Hass streuten, sowie den Menschen aus der bürgerlichen Mitte. Das dürfe nicht in einen Topf gerührt werden.

Er zeigte sich aber überzeugt, dass jetzt die Chance bestehe, die Menschen aufzurütteln. Es müsse dafür gesorgt werden, "dass die Extremisten an den Rand gedrückt werden".

Es dürfe nicht vergessen werden, dass ein Tötungsdelikt der Ausgangspunkt der Auseinandersetzungen gewesen sei, sagte Kretschmer. Doch es gebe keine Rechtfertigung dafür, Menschen anzugehen, die anders aussähen. In Chemnitz war am Wochenende ein 35-jähriger Deutscher getötet worden. Tatverdächtig sind zwei Flüchtlinge aus dem Irak und Syrien.

Kretschmer hatte am Donnerstagabend in Chemnitz um Vertrauen in die staatliche Ordnung geworben. Die Veranstaltung wurde von einer neuen Kundgebung der rechtsextremen Organisation Pro Chemnitz begleitet - die Polizei registrierte mindestens acht Straftaten.

Im Video: Nach Chemnitz-Demos rät Schweiz zur Vorsicht in Deutschland

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Bericht - Mutmaßlicher Chemnitzer Messerstecher tauchte über Wochen in den Niederlanden ab

Bericht: Mutmaßlicher Chemnitzer Messerstecher tauchte über Wochen in den Niederlanden ab
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Der mutmaßliche Chemnitzer Messerstecher Yousif A. konnte vor der Bluttat wochenlang in Holland untertauchen, weil die Ausländerbehörde in Sachsen ihn nicht abschob.

Das berichtet die "Bild"-Zeitung.

Nach BamS-Informationen hatte der gebürtige Iraker 2015 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) einen Asylantrag gestellt. Weil die Behörden aber mittels Fingerabdrücken erkannten, dass bereits ein Verfahren in Bulgarien lief, lehnten sie den Bescheid nach den sogenannten Dublin-Regeln ab und ordneten die Abschiebung nach Bulgarien an. 

In die Niederlande geflüchtet

Einen Widerspruch Yousif A.s lehnte das Chemnitzer Verwaltungsgericht am 13. Mai 2016 ab. Nur sechs Tage später forderte das BAMF die zuständige Zentrale Ausländerbehörde in Chemnitz schriftlich auf, die Abschiebung von Yousif A. bis zum 13. November 2016 die Wege zu leiten. Ansonsten sei Deutschland für den Mann zuständig und das Asylverfahren müsse erneut beginnen.

Auf das Schreiben reagierte die Ausländerbehörde offenbar nicht und trug nach "Bild"-Informationen Anfang Oktober in das Ausländerzentralregister ein, dass Yousif A. untergetaucht sei. Später stellte sich heraus, dass A. in die Niederlande geflüchtet war und dort ebenfalls einen Asylantrag gestellt hatte.

Ausweispapiere gefälscht

Im Dezember kam Yousif A. nach Deutschland zu einer Anhörung im Bamf zurück. Erneut lehnte das Bamf Anfang März 2017 seinen Asyl-Antrag ab, doch dieses Mal hob ein Gericht im August den Bescheid auf. Bei zwei weiteren Anhörungen im November 2017 und August dieses Jahres kam fanden die Behörden heraus, dass die Ausweispapiere von Yousif A. gefälscht waren und lehnten den Bescheid am 29. August zum dritten Mal ab.

Kretschmer-Klatsche: Gerade mal 3 Prozent trennen CDU und AfD in Sachsen

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FOCUS-Titel - Zeitbombe Altersversorgung

FOCUS-Titel: Zeitbombe Altersversorgung
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Weil die geburtenstarken Jahrgänge jetzt in Rente gehen, steht das System vor dem Kollaps. Durchschnittsverdienern drohen Renten an der Armutsgrenze. Wegen der Niedrigzinsen wackelt auch die private Absicherung. In den Bilanzen der Lebensversicherer schlummern Milliardenrisiken. Finanzminister Scholz will eine Garantie des Rentenniveaus bis 2040. Kanzlerin Merkel lehnt das wegen der hohen Kosten ab

Reinhard Ströbing hat sein Leben lang gearbeitet. Der 63-jährige Berliner war gelernter Restaurantmeister und unterrichtete nach der Wende als Ausbilder in der Gastronomie den Nachwuchs. Seit September 2017 ist er in Rente. „Ich konnte nicht mehr, die Knochen machen nicht mehr mit“, sagt Ströbing. Sein Arzt hat Arthrose festgestellt. Eine chronische Erkrankung, sehr schmerzhaft, nichts mehr zu machen. „Mit 16 habe ich angefangen, mit 62 aufgehört“, erzählt Ströbing. „Das sind 46 Jahre Arbeit, ich finde, das muss reichen.“ Als Rente erhält er 925 Euro. Das reicht nur so gerade.

Zeitbombe Altersversorgung

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Warum unser Rentensystem trotz neuer Milliardenversprechen kaum zu retten ist

Reinhard Ströbing steht zusammen mit seiner Frau Vera in einer Schlange an der Tafel der Evangelischen Kirchengemeinde Prenzlauer Berg. Sie warten auf Lebensmittel, die gespendet wurden und jetzt von der Kirche an Bedürftige verteilt werden. Mindestens 50 Menschen stehen hier geduldig an. Es gibt zwei Mütter mit kleinen Kindern und eine arabisch aussehende, junge Familie, doch der Großteil der Wartenden sind ältere Leute.
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Viele Fake News in Umlauf - Hitlergruß-Demonstrant eingeschleust? Welche Falschmeldungen zu Chemnitz kursieren

Viele Fake News in Umlauf: Hitlergruß-Demonstrant eingeschleust? Welche Falschmeldungen zu Chemnitz kursieren
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Rund um die Tötung eines 35-jährigen Mannes in Chemnitz und Ausschreitungen Rechtsextremer bei Demonstrationen in der Stadt kursieren viele Falschmeldungen – vor allem in den sozialen Netzwerken. Welche Meldungen zu Chemnitz nachweislich falsch sind.

Falschmeldung 1: Ein Demonstrant, der den Hitlergruß zeigt, sei eigentlich ein eingeschleuster Linker.

Die Polizei ermittelt zu mehreren Fällen, in denen Demonstranten den in Deutschland verbotenen Hitlergruß zeigen. Einen solchen Fall dokumentierte das Magazin „Vice“ im Video: Ein Mann mit einem Kapuzenpullover zeigt wiederholt den Hitlergruß und ruft rechte Parolen. Die Redaktion postete das Video mit der Sequenz auf ihrer Facebook-Seite – prompt fanden sich einige Kommentatoren, die in Frage stellten, ob der Demonstrant wirklich ein Rechtsextremer sei. „Nope, das ist ein Antifatrottel, der sich als Rechter ausgibt“, behauptete ein User. Andere posten ein Statement, das zuvor auf der Facebook-Seite „AfD Kyffhäuser-Sömmerda-Weimarer Land“ auftauchte. Darin wird behauptet, es gebe Hinweise, dass der Mann dem linken Spektrum angehöre. Er sei ein „Agent provocateur“, also jemand, der sich unter die Demonstranten gemischt habe, um andere zu Straftaten anzustacheln.

Auf Facebook behaupten einige User, den Mann zu kennen. Er stamme aus der Punkszene, lautet eine der Behauptungen. Auf Nachfrage anderer User, ob sie nähere Angaben dazu machen könnten, blieben jedoch weitere Details aus. Viele wiesen auf die Kleidung und die langen Haare des Mannes hin, die ihrer Ansicht nach nicht ausreichend szenetypisch sei.

Das sagt die „Vice“-Redaktion zu den Behauptungen

Laura Himmelreich, Chefredakteurin der „Vice“, sagte auf Anfrage von FOCUS Online, dass der „Vice“-Reporter rund fünf Minuten mit dem Mann gesprochen habe. In dieser Zeit, habe er sich mehrfach ausländerfeindlich und rassistisch geäußert – „auch in die Kamera“, so Himmelreich. Das ist auch im Video zu sehen. Die Aussagen des Mannes, der zudem offen den Hitlergruß – ein Straftatbestand – zeigt, seien ein eindeutiges Indiz für die rassistische Gesinnung des Mannes. Nur weil der Mann nicht den optischen Klischees eines Neo-Nazis entspreche, könne man nicht schlussfolgern, dass er kein rechtes Gedankengut habe, argumentiert die „Vice“-Chefredakteurin.

Die Redaktion habe vor Ort mit Dutzenden Leuten gesprochen, die Demo gefilmt und zunächst keine Backgroundchecks über die Protagonisten des Videos machen können. Ein normales Vorgehen von Reporterteams, betont Himmelreich. Die Redaktion will den Gerüchten über den Mann nun allerdings hinterherrecherchieren: „Wir haben die Menschen, die auf Facebook behaupten, ihn zu kennen, angeschrieben, und versuchen ihre Vorwürfe zu verifizieren“, sagt Himmelreich.

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Falschmeldung 2: Opfer habe Frau gegen Belästiger verteidigen wollen.

Am Rande des Chemnitzer Stadtfestes wurde der 35-jährige Daniel H. nach einem Streit erstochen. Als dringend tatverdächtig gelten laut Staatsanwaltschaft ein Syrer und ein Iraker. Sie sitzen in Untersuchungshaft. Schon kurz nach Bekanntwerden der Bluttat kursierten im Internet Gerüchte, Daniel H. sei einer Frau zur Hilfe geeilt, die belästigt worden sei. Ermittlungen der Polizei bestätigten diese Vorgeschichte jedoch nicht. Die sächsische Landespolizei wies zum Beispiel auf Twitter darauf hin, dass es „keinerlei Anhaltspunkte“ dafür gebe, dass vor der Tat eine Frau belästigt wurde.

Falschmeldung 3: Es habe ein zweites Todesopfer gegeben.

Das Opfer Daniel H. erlag im Krankenhaus seinen schweren Stichverletzungen. In den vergangenen Tagen kursierte immer wieder die Behauptung, es habe ein zweites Todesopfer gegeben, über das die Öffentlichkeit aber nicht informiert worden sei. Dies behauptete zum Beispiel der AfD-Politiker Maximilian Krah auf Twitter.

Die Polizei Sachsen wies dies mehrfach zurück, unter anderem auf Twitter: „Klarstellung! Entgegen anderslautender Gerüchte gibt es nach dem Zwischenfall Chemnitz keinen zweiten Todesfall.“

Im Video: Merkel Schuld an Chemnitz? Als Lanz Kubicki kritisiert, wird dieser schnippisch

Falschmeldung 4: Ausländische Medien würfen der deutschen Presse mangelnde Neutralität vor.

Im Netz kursiert außerdem ein ziemlich schlecht gemachter Fake über angebliche Kritik an der deutschen Berichterstattung über Chemnitz. Auf dem Bild ist ein Text zu sehen, der einen Zeitungsartikel zeigen soll. Als Absender der Kritik an der „einseitigen und irreführenden Berichterstattung“ ist ein Verband namens „European Press Watch“ angegeben. Eine solche Organisation gibt es jedoch nicht. Dasselbe gilt für das „Glaubwürdigkeits-Ranking“, in dem diese Organisation die deutschen Medien herabstufen wolle. Über den Fake berichtete unter anderem das Medienblog „Flurfunk Dresden“.

Falschmeldung 5: Die Kanzlerin wolle Demonstrationen von der Bundespolizei unterdrücken lassen.

Das rechtspopulistische Blog "Journalistenwatch" verbreitete die – zumindest auf den ersten Blick – wie eine Meldung gestaltete Behauptung, die Kanzlerin schicke die Bundespolizei nach Chemnitz, um Protestveranstaltungen zu unterdrücken. In dem Text tauchen verkürzte Statements aus der Bundesregierung auf. Ein ähnlicher Text erschien auf der rechtspopulistischen Seite „anonymousnews.ru“ unter der Überschrift „Merkel will Bürgerproteste in Chemnitz von Bundespolizei brutal niederknüppeln lassen“.

Anders als in diesen Texten dargestellt ist es jedoch nichts Ungewöhnliches, dass die Bundespolizei die Landespolizei in Einzelfällen unterstützt. Die Bundeskanzlerin hat damit nichts zu tun, die Bundespolizei gehört als Behörde zum Geschäftsbereich des Bundesinnenministeriums. Merkel kann also gar keinen „Marschbefehl“ geben, anders als in den genannten Texten behauptet.

Bundespolizei darf Länder unterstützen

Polizei ist grundsätzlich Sache der Länder. Das Bundespolizeigesetz sieht aber ausdrücklich vor, dass die Bundespolizei die Landespolizei in bestimmten Fällen unterstützen darf. So kann ein Bundesland die „zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung in Fällen von besonderer Bedeutung“ um Hilfe bitten, wenn das Land sonst die Aufgabe „nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten erfüllen kann“.

In den Texten wird der Eindruck erweckt, die Bundespolizei sei von der Bundesregierung angewiesen worden, besonders scharf gegen rechte Demonstranten vorzugehen. Laut Gesetz unterliegt die Bundespolizei bei solchen Einsätzen aber den „fachlichen Weisungen“ des Landes. Ein solcher Befehl, absichtlich brutal gegen Demonstranten vorzugehen, ist erstens schwer vorstellbar und müsste zweitens vom Land Sachsen ausgehen. Bei den bisherigen Demonstrationen in Chemnitz hatte es nicht den Anschein, als würden die eingesetzten Polizisten unverhältnismäßig hart gegen Demonstranten vorgehen.

Video: Migranten sollen in Wohnungen bleiben? Falschmeldungen über Chemnitz verbreiten sich

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Alexander Sachartschenko - Bericht: Separatistenchef von Donezk bei Bombenexplosion getötet

Alexander Sachartschenko: Bericht: Separatistenchef von Donezk bei Bombenexplosion getötet
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Der Anführer der prorussischen Separatisten in Donezk in der Ostukraine, Alexander Sachartschenko, ist Medien zufolge getötet worden. Er starb demnach bei einer Bombenexplosion, wie russische Medien am Freitag berichteten.

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Thilo Sarrazin - SPD will ihn loswerden: Wie Sarrazin zu dem Menschen wurde, der er ist

Thilo Sarrazin: SPD will ihn loswerden: Wie Sarrazin zu dem Menschen wurde, der er ist
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Er ist wieder da: Genau acht Jahre nach „Deutschland schafft sich ab“ hat Thilo Sarrazin am Donnerstag sein neuestes Buch präsentiert. „Feindliche Übernahme. Wie der Islam den Fortschritt behindert und die Gesellschaft bedroht“, heißt es.

Die Thesen darin haben es in sich. Das Buch gipfelt in der Forderung Sarrazins, die Zuwanderung von Muslimen nach Deutschland gänzlich zu unterbinden.

Die eigene Partei will ihn loswerden – dabei war seine Kompetenz lange unumstritten

Entsprechend groß ist der Wirbel um das Werk. Islamwissenschaftler widersprechen Kernbehauptungen Sarrazins, Kritiker werfen ihm Ausländerfeindlichkeit vor und der SPD reicht es wieder einmal. „Wer wie Thilo Sarrazin“, so das SPD-Präsidium, „Menschen pauschal diffamiert und damit bei anderen massive Ängste schürt, sollte sich eine andere politische Heimat suchen.“

Die eigene Partei will Sarrazin seit Jahren loswerden – dabei war seine fachliche Exzellenz auch in der SPD lange unbestritten. Begonnen hatte Sarrazin seine Laufbahn als Beamter im Bonner Finanzministerium. Nach Volkswirtschaftsstudium und Promotion machte er dort schnell Karriere und diente seit 1975 allen Bundesfinanzministern von Hans Apel (SPD) bis Theo Waigel (CSU).

Als Finanzsenator setzte Sarrazin in Berlin einen rigiden Sparkurs durch

Unter letzterem arbeitete Sarrazin 1990 maßgeblich die Grundzüge der deutsch-deutschen Währungsunion aus. Später arbeitete er bei der Treuhandanstalt, dann als Staatssekretär in Rheinland-Pfalz und Anfang der 2000er kurz bei der Deutschen Bahn. Dort trennte er sich 2001 im Streit mit Bahn-Chef Hartmut Mehdorn.

Im Anschluss wurde er Finanzsenator in Berlin. In der überschuldeten Hauptstadt setzte Sarrazin zusammen mit dem damaligen Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) einen drastischen Sparkurs durch und verhalf dem Land 2007 und 2008 zu den ersten ausgeglichenen Haushalten seit 1949.

Erst gegen Hartz-IV-Bezieher, dann gegen Migranten: 2009 kam es zum Eklat

Schon damals fiel Sarrazin jedoch immer wieder auf mit provokanten Äußerungen über angeblich faule Hartz-IV-Empfänger. 2008 ließ er im Detail ausrechnen, dass man sich vom Hartz-IV-Tagessatz für Essen - vier Euro - ausreichend und gesund ernähren könne. Seine Partei schäumte schon da.

2009 dann kam es zum Eklat, kurz nachdem Sarrazin Vorstandsmitglied der Bundesbank geworden war. In einem Interview kritisierte er türkisch- und arabischstämmige Menschen wegen angeblich fehlender Integrationsbemühungen und sprach von der Produktion neuer „Kopftuchmädchen“. Die Bundesbank entzog ihm die Aufsicht für den Bereich Bargeld. Die SPD wollte ihn ausschließen, scheiterte aber mit dem Verfahren.

Im Video: Sarrazin fordert Einwanderungsstopp für Muslime – die meisten Deutschen sehen das anders

Sarrazin beschreibt selbst, wie er zu seinen fragwürdigen Einstellungen gelangte

Wie konnte es so weit kommen? Wie Sarrazin zu dem Menschen wurde, der er nun ist, wie er zu seinen islamkritischen Einstellungen gelangte, beschreibt der 73-Jährige in der Einleitung seines neuen Buches selbst.

„In den letzten zehn Jahren hat es sich ergeben, dass ich immer mehr Artikel und Bücher las, die in irgendeiner Form die Religion des Islam berühren“, schreibt Sarrazin, der sich selbst eher als Agnostiker denn als religiös bezeichnet. Er habe früher an ein Ende eines unaufgeklärten religiösen Glaubens geglaubt, welcher sich irgendwann vor den Gesetzen der Logik und des Wissenschaftlichen beugen würde, so Sarrazin.

Schon in den 90ern habe er gemerkt, dass er sich getäuscht habe. „Aber ich blieb grundsätzlich unbesorgt“, schreibt der 73-Jährige. „Wenn die Mullahs im Iran die persischen Frauen unter das Kopftuch zwangen“, dann schien das „doch ziemlich weit weg“. Das Buch „Kampf der Kulturen“, in dem der polarisierende Autor Samuel Huntington Konflikte im 21. Jahrhundert zwischen der westlichen Zivilisation mit dem islamischen Kulturraum prophezeite, habe er „eher lustlos“ durchgeblättert, sagt Sarrazin.

Umfrage: Welche Partei hat Ihrer Meinung nach die größte Kompetenz in der Migrations- und Integrationspolitik?

 
 

„Danach beschlich mich in Bezug auf den Islam erstmals ein Gefühl der Sorge oder des Alarms“

Nach den Terroranschlägen am 11. September 2001 stieß Sarrazin dann auf das Buch „Among the Believers. An Islamic Journey“ von V.S. Naipaul. „Nach seiner Lektüre beschlich mich in Bezug auf den Islam erstmals ein Gefühl der Sorge oder des Alarms“, schreibt Sarrazin im Rückblick. Das Buch handelt von Naipauls Reise nach Iran, Pakistan, Malaysia und Indonesien.

„Eindrucksvoll beschreibt er in seinen persönlichen Begegnungen und Erlebnissen das Erstarken des islamischen Fundamentalismus vom Nahen Osten bis Ostasien und die dahinterstehende Gedankenwelt“, so Sarrazin.

Nachdem er Finanzsenator wurde, fühlte sich Sarrazin in seinen Eindrücken bestätigt

In seiner Zeit als Finanzsenator ab 2002 lernte Sarrazin nach eigenen Angaben die „besonderen Integrationsschwierigkeiten bei vielen Türken und Arabern“ kennen. Er stellte für sich fest: „Die soziale Problematik dieser Stadt war offenbar nicht zu trennen von der Problematik der muslimischen Minderheit.“

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Als er 2006 das Buch „Die fremde Braut“ von Necla Kelek las, sah er seine Eindrücke bestätigt. „Am Beispiel türkischer Einwanderer nach Deutschland zeigt es, dass diese größtenteils nicht etwa unsere Kultur annehmen, sondern ihre Kultur quasi in einer virtuellen Blase zu uns tragen und Assimilation verweigern“, schreibt Sarrazin. Das Buch wurde damals im Allgemeinen gelobt, jedoch auch wegen fehlender Differenzierung und pauschalisierender Vorurteile kritisiert.

Islamwissenschaftler wirft ihm "Angstmache" und "Dilettantismus" vor

Die Vorwürfe, die Sarrazin sich für sein neues Werk anhören muss, sind deutlich weitgreifender. Von „Angstmache“ und fachlichem „Dilettantismus“ sprach Islamwissenschaftler Mathias Rohe, der nicht nur Sarrazins Wortwahl und Interpretationen, sondern auch eine Faktenverdreherei kritisierte. Die SPD unterdessen lässt Sarrazins Buch auf mögliche parteischädigende Äußerungen überprüfen. Sollte ein Parteiausschluss Sarrazins beim dritten Anlauf doch gelingen, hat ihm übrigens bereits die AfD eine neue politische Heimat angeboten. 

mit Agenturmaterial

Im Video: So reagiert Sarrazin auf drohenden Ausschluss aus SPD

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Buchauszug aus "Inside AfD" - AfD-Insiderin: Eine Menge AfD-Leute sehnten sich einen Terroranschlag herbei

Buchauszug aus "Inside AfD": AfD-Insiderin: Eine Menge AfD-Leute sehnten sich einen Terroranschlag herbei
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Seit September ist die AfD mit 92 Abgeordneten im Bundestag vertreten und inszeniert einen medienwirksamen Konfrontationskurs zu den etablierten Parteien. Was treibt die Partei hinter den Kulissen an – und ist die Fremdenfeindlichkeit eine geteilte Grundposition aller? Das beschreibt Franziska Schreiber, die noch 2017 im Vorstand der Jungen Alternativen saß, in ihrem Buch "Inside AfD".

FOCUS Online veröffentlicht einen Auszug aus dem Buch. Darin beschreibt Schreiber, dass sich eine Menge Leute in der AfD einen Terroranschlag herbeisehnte. Außerdem berichtet sie, wie sich die AfD die Angst der Bürger in Deutschland zunutze mache:

Nachdem der Münchner Hauptbahnhof Anfang 2016 wegen eines Bombenalarms evakuiert worden war, wandte sich Petr Bystron direkt an die Journalisten der "Lügenpresse". Die Münchner, so schrieb er in einer E-Mail, müssten auf dem Weg zur Arbeit "um ihr Leben fürchten. Wir müssen in ständiger Angst leben." Die Politik arbeite "Hand in Hand" mit den Terroristen, schrieb er allen Ernstes. "Und in dem Moment, in dem der erste Terroranschlag auch in Deutschland erfolgreich verübt wird, ist eine solche Politik mit Beihilfe zum Mord gleichzusetzen."

Tatsächlich sehnte eine Menge Leute in der AfD einen Terroranschlag geradezu herbei. "Jetzt müsste es mal krachen", hörte ich immer wieder. "Dann würden die Leute sehen, wie recht wir haben." Und dann geschah es tatsächlich. Nach dem Attentat in Berlin im Dezember 2016 war im Umfeld der AfD oft die Becker-Faust zu sehen. Wir haben es ja gesagt, sollte das heißen. Hätte die Merkel, hätten die Leute mal auf uns gehört. Das haben sie nun davon. Bedauern und Mitleid für die Opfer? Kaum. Wir mussten unsere Heißsporne zügeln, im Netz keine Häme und Schadenfreude zu äußern.

Der AfD-Anhänger lebt in einer Blase der Angst

Der Mensch will recht behalten, er will Bestätigung. Der ängstliche Mensch will hören, dass seine Sorgen berechtigt sind. Der AfD-Anhänger lebt unter seinesgleichen und deshalb in einer Blase der Angst. Die Partei hat nichts davon, wenn sie die Blase platzen lässt. Also gaben wir ihnen, was sie haben wollten.

Im Februar 2017 veröffentlichte der NDR die Ergebnisse einer Umfrage, wonach drei Viertel der Deutschen (Männer 78 Prozent, Frauen 72 Prozent) sich auf öffentlichen Plätzen, Straßen oder in Verkehrsmitteln sicher oder sogar sehr sicher fühlten. Eher unsicher oder sogar sehr unsicher fühlten sich unter den Frauen 27 Prozent. Jede dritte dieser Frauen (34 Prozent) gab an, dass sich dieses Gefühl wegen der Zuwanderung in den vergangenen zwei Jahren verstärkt habe. Das sind also rund 9 Prozent aller befragten Frauen. Die Sorge galt vier Unterpunkten: Diebstahl, Überfall, die Befürchtung, geschlagen oder verletzt oder – viertens – sexuell bedrängt zu werden. "Immer", "häufig" oder "manchmal" befürchten Letzteres (von den vier Punkten die geringste Zahl) 17 Prozent.

Der Halt der Ängstlichen ist die Partei, und umgekehrt

Generell vermeiden 70 Prozent der Frauen, viel Geld bei sich zu tragen, 62 Prozent betreten abends bestimmte Straßen, Parks oder Plätze nicht mehr, 58 Prozent weichen Fremden im Dunkeln aus, 31 Prozent verzichten abends auf öffentliche Verkehrsmittel, 29 Prozent gehen abends nicht aus dem Haus, und 13 Prozent tragen Reizgas oder eine Waffe bei sich. Von den Frauen, die solche Vorsichtsmaßnahmen ergreifen, meiden 44 Prozent öffentliche Verkehrsmittel und 36 Prozent abends bestimmte Straßen, Parks oder Plätze – in den vergangenen zwei Jahren häufiger. Ein gesteigertes Bedrohungsgefühl, so resümiert der NDR, zeige sich vor allem daran, dass 13 Prozent aller befragten Frauen Reizgas bei sich tragen.

Der Halt der Ängstlichen ist die Partei, und umgekehrt. "Wir brauchen die Ängstlichen", sagte Frauke Petry immer wieder, "um Mehrheiten zu bewegen. Die Ängstlichen sind nicht unsere Gegner, sondern unsere Verbündeten." Weil diese Angst Geschäftsgrundlage der AfD ist, gaben wir dem Publikum, was es verlangte: Wir von der JA griffen die Ergebnisse der Umfrage auf und posteten: "Umfrage enthüllt: Die Angst unserer Frauen". Als "Fakten" präsentierte sie: "Jede Dritte meidet öffentliche Verkehrsmittel", "62 Prozent meiden abends bestimmte Straßen, Parks und Plätze" und "32 Prozent fühlen sich vor allem durch Ausländer oder Flüchtlinge bedroht". Angst, Frauen, dunkle Orte, Bedrohung "unserer Frauen" sowie Ausländer – damit waren Triggerwörter gesetzt sowie eine Fehlentwicklung und deren Ursache benannt, ohne zu sagen, dass Ausländer Vergewaltiger sind; aber alle unsere Leser, das war uns klar, würden es so verstehen.

Die Angst wachzuhalten, ist das Lebenselexier der AfD

Den Faktencheck vermag eine simple Frage zu ersetzen: War Deutschland ein friedlicherer Ort, bevor die Ausländer kamen? Natürlich nicht. Der NDR hatte auch eine Einschätzung von Dominic Kudlacek vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen verbreitet, die wir unterschlugen. Danach hatte sich die Sicherheit in Deutschland über Jahre kontinuierlich verbessert und sei "nach wie vor auf sehr hohem Niveau".

In der AfD gilt jedoch: Wären die Ausländer und Flüchtlinge zu Hause geblieben, Deutschland wäre ein weniger gefährlicher Ort. Doch schon vor der Aufnahme von rund einer Million Flüchtlingen, sogar schon vor der Ankunft der ersten "Gastarbeiter" in Westdeutschland, hatten Menschen, insbesondere Frauen, Angst vor Diebstahl und Überfällen, Verletzungen oder sexuellen Gewalttaten. Denn nicht nur Ausländer und Flüchtlinge verursachen Angst. Von den Befragten beiderlei Geschlechts, die sich durch bestimmte Personengruppen besonders bedroht fühlen (47 Prozent), nannten diese (Mehrfachnennungen möglich) neben Ausländern und Flüchtlingen (32 Prozent; das heißt ein knappes Drittel der Frauen, die überhaupt Angst haben, mithin 15 Prozent aller Frauen) Neonazis und Rechte (13), Jugendliche in Gruppen (12), Betrunkene (11) sowie Männer und männliche Jugendliche (9), größere Gruppen (6), Fußballfans/Hooligans (4) und aggressive, aufdringliche Menschen (4). Solche Differenzierungen will bei der AfD niemand hören. Die Angst wachzuhalten, auch wenn Fakten sie nicht zu begründen vermögen, ist das Lebenselixier der AfD. Und so haben wir von der JA täglich eine Grafik für unsere Facebook-Seite erstellt.

Über die Autorin

Die heute 27-jährige Franziska Schreiber trat 2013 in die AfD ein. Innerhalb eines Jahres wurde sie die Vorsitzende der Jungen Alternativen in Sachsen. 2017 ist sie im Bundesvorstand angekommen. Gegen den immer stärker und radikaler werdenden Flügel um Björn Höcke bezieht sie an Frauke Petrys Seite Stellung.

Entsetzt von den Aussagen, die innerhalb der AfD inzwischen üblich und akzeptiert sind, unternimmt sie mit anderen liberalen Mitgliedern im März 2017 einen letzten Versuch zur Kurskorrektur auf dem Bundesparteitag in Köln. Doch der Versuch scheitert.

Ihren Parteiaustritt vollzieht sie eine Woche vor der Bundestagswahl 2017 öffentlich. Mit ihrem Buch möchte sie deutlich machen, warum die Partei und ihre Anführer heute gefährlicher sind als je zuvor.

Im September 2016 provozierten wir mit einem Tortendiagramm, von dem ein gutes Drittel rot, der Rest blau eingefärbt war. Blau stand für "Deutsche", rot für "mit Migrationshintergrund". Dazu schreiben wir: "Früher hätte man das Umvolkung genannt." Das klang so, als habe jemand entschieden, dass die "Biodeutschen" ersetzt werden, als gäbe es einen großen Plan einer geheimen Macht, eine Verschwörung. Die Grafik fragt: Willst du das? Indem die Antwort der Leser bekannt ist, ruft sie auf zum Widerstand, sprich: zu Maßnahmen, diesen Trend zu stoppen. Vor allem aber benutzte sie ein Wort, das die Nationalsozialisten gebraucht hatten, um ihre Pläne in den eroberten Gebieten zu bezeichnen: Umvolkung. Allerdings ging es den Nazis darum, dem "Volk ohne Raum" neue Gebiete im Osten Europas zu erschließen und die einheimische Bevölkerung dort zu vertreiben.

Die Ängste waren in meinen Alltag eingezogen

Ich war dabei, als diese Grafik entstanden ist. Sie beruhte auf den Daten des Statistischen Bundesamts Destatis. Was wir verschwiegen: Von den 36 Prozent Kindern mit Migrationshintergrund waren die allermeisten in Deutschland als Deutsche geboren: 29 Prozentpunkte. Vier weitere Prozentpunkte waren als Ausländer in Deutschland geboren, der kleine Rest selbst eingewandert, meistens in Begleitung.

Kein Jahr zuvor wäre ich niemals auf die Idee gekommen, so unredlich zu handeln, etwas durch Weglassen absichtlich zu verfälschen. Manchmal fiel ich aber auch selbst auf unsere Propaganda herein. Ich habe mich bei vorurteilsbehaftetem Denken erwischt. Fragte mich, ob ich nachts noch an der Asylunterkunft ganz in der Nähe meiner Wohnung vorbeigehen könnte. Die Ängste waren in meinen Alltag eingezogen.

„Inside AfD – Der Bericht einer Aussteigerin“ von Franziska Schreiber ist im Europa Verlag erschienen und kostet 18 Euro.

Im Video: AfD-Aussteigerin gibt zu: "Dass Merkel Grenzen öffnete, haben wir uns ausgedacht"

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"Wir schaffen das": Merkels berühmtester Satz fiel vor drei Jahren. Er hat das politische Klima verändert. Was ist seitdem in der Flüchtlingshilfe entstanden? "Allerhand" sagt die Flüchtlingsbeauftragte des Diözesan-Caritasverbands des Erzbistums Köln.

DOMRADIO.DE: Der Satz "Wir schaffen das" wird in diesen Tagen wieder heftig diskutiert. Wie verfolgen sie diese Diskussion?

Irene Porsch (Flüchtlingsbeauftragte des Caritas Diözesanverbandes des Erzbistums Köln): Mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Das weinende Auge ist natürlich in der Flüchtlingspolitik in den letzten zwei Jahren enorm groß, weil einfach auf Kosten einer kleinen Minderheit Politik gemacht wird. Das ist einfach schlimm. Mit einem lachenden Auge, weil wir in drei Jahren enorm viel geschafft haben und wir uns gerade auch in einem Umbruch befinden. Ich glaube, wir werden auch nochmal ganz viel schaffen.

DOMRADIO.DE: Schauen wir mal zurück. Wie ist denn eigentlich die "Aktion Neue Nachbarn" entstanden? Was war der Auslöser?

Porsch: Der Auslöser war ein Brief an die Gemeinden von Kardinal Woelki. Er rief in dem Brief dazu auf, den neuen Menschen, die hier in Deutschland ankommen, Heimat zu geben und zu bieten – und zwar auch in den Kirchengemeinden selbst. Er sagte, es ist Aufgabe jeder einzelnen Gemeinde die Willkommenskultur für Zugewanderte zu stärken. Um das nicht nur bei einem Wortbekenntnis zu lassen, hat er damals schon einen Fonds eingerichtet und explizit Geld zur Verfügung gestellt. Somit haben Gemeinden und Engagierte hier im Erzbistum Köln die Möglichkeit, an verschiedenen Punkten die Willkommenskultur zu stärken. Heute sind wir bei einer Integrationskultur. Es arbeiten mindestens genauso viele Menschen an verschiedenen Stellen daran, die Integrationskultur im Erzbistum zu stärken.

DOMRADIO.DE: Die "Aktion neue Nachbarn" ist also durchaus eine Erfolgsgeschichte – kann man das so sagen?

Porsch: Ja, das würde ich so sagen. Es ist immer noch wahnsinnig beeindruckend, wie vielfältig das Engagement der letzten Jahre war und was eigentlich alles möglich gemacht worden ist. Es gab verschiedenste Willkommens-Cafés von Gemeindemitgliedern und es gibt viele Verantwortliche in den Gemeinden, die Integrationsprojekte angeleiert haben. Es wird mit Menschen mit Migrationshintergrund eng und intensiv zusammengearbeitet. Da ist viel in Bewegung geraten.

DOMRADIO.DE: Haben Sie denn das Gefühl, dass die "neue Nachbarschaft" funktioniert, sodass sich Geflüchtete auch wirklich integriert fühlen?

Porsch: Das Gefühl habe ich schon. Das ist natürlich etwas, das nicht von heute auf morgen geschieht, sondern das braucht Zeit. Damit sind wir noch lange nicht am Ende der Fahnenstange angekommen. Aber ich habe schon das Gefühl, dass es an vielen Stellen auch schon gut gelungen ist. Derzeit fährt ein Foodtruck durch das Erzbistum, der EAT&amp;GREET-Foodtruck, der noch mal zeigen soll, dass Vielfalt nicht nur unseren Esstisch, sondern auch unsere Gesellschaft bereichert. Da stehen Geflüchtete zusammen mit Menschen aus Gemeinden, Ehrenamtskreisen und Willkommensinitiativen hinterm Tresen. Da ist Begegnung konkret möglich.

DOMRADIO.DE: Wenn Sie die Diskussionen um die Vorkommnisse in Chemnitz verfolgen, erfüllt Sie der zunehmende Nationalismus mit Sorge?

Porsch: Das erfüllt mich mit Sorge. Das erfüllt auch alle Ehrenamtlichen und Engagierten mit großer Sorge. Und das nicht erst seit gestern. Sie werden manchmal auch selber schon angegriffen oder eben für ihr Engagement in Frage gestellt. Auf der anderen Seite ist hier katholische Kirche stark: Die Engagierten sagen, sie fühlen sich durch das Engagement im Erzbistum Köln, durch das Engagement von Kardinal Woelki wirklich bestärkt. Dadurch erfahren sie den Rückhalt in der Öffentlichkeit, den sie in der Politik so sehr vermissen. Ja, es macht große Sorge, aber es ist auch toll zu sehen, wie zum Beispiel die 10.000 Engagierten und Ehrenamtlichen, die es immer noch im Bistum gibt, sich aktiv gegen Rechtspopulismus und Rechtsextremismus stellen.

DOMRADIO.DE: Wenn wir nach vorne schauen: Was wollen Sie noch schaffen mit der Aktion?

Porsch: Integration in den verschiedensten Feldern. Wir sind schon stark in der Arbeitsmarktintegration. Aktuell gibt es schon 325 Job-Patenschaften, die sie sich in der direkten Begegnung zwischen Geflüchteten und den sogenannten "Mentees" um Integration im Arbeitsmarkt bemühen. Und da geht noch mehr. Gerade wo heute eine OECD-Studie nochmal herausgestellt hat, dass Frauen mit Fluchtgeschichte der Zugang zum Arbeitsmarkt schwerer fällt, können wir uns in Deutschland noch gut aufstellen. Im Bereich Schule passiert auch schon viel, dort kann aber auch noch mehr passieren, damit Geflüchtete in Bildung und Arbeit kommen. Das sind die hauptsächlichen Herausforderungen. Erzbischof Heße hat mal das als "Frischzellenkur" ausgedrückt, was durch die Flüchtlingshilfe in den letzten Jahren geschehen ist.

Das Gespräch führte Dagmar Peters.

*Der Beitrag "Wie eine Willkommenskultur Geflüchtete integrieren kann" stammt von DOMRADIO.DE. Es gibt keine redaktionelle Prüfung durch FOCUS Online. Kontakt zum Verantwortlichen hier.

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